Die Ära Adenauer und die Westintegration

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Überarbeitungen

 

Die Deutsche Wiederbewaffnung

Änderung der Einstellung der Westmächte, Rücktritt Heinemanns, Adenauers Argumentation zur Notwendigkeit eines westdeutschen Verteidigungsbeitrages, Pleven-Plan

In der Anfangsphase der Bundesrepublik konnte sich kaum jemand vorstellen, dass es je wieder eine westdeutsche Armee geben könnte. Einmal hatten die Deutschen selbst damals an einer deutschen Armee kein Interesse und außerdem hielt man es für undenkbar, dass die ehemaligen Kriegsgegner einer solchen Armee zustimmen könnten.

Die Auffassung der Westmächte änderte sich allerdings durch zwei Ereignisse völlig. Bereits Mitte 1948 hatte die sowjetische Besatzungsmacht kasernierte deutsche Polizeiverbände aufgestellt, in denen man eigentlich nur die Vorläufer einer Armee in der Sowjetzone sehen konnte. Dies beunruhigte die Westmächte. Entscheidend aber wurden die Vorgänge in Korea. Die Japaner hatten nach dem Zweiten Weltkrieg das besetzte Korea räumen müssen. Das Land wurde danach in zwei Besatzungszonen aufgeteilt. Der Norden unterstand den Sowjets, der Süden den USA. Im Norden wurde eine kommunistische Volksrepublik Korea und im Süden eine demokratische Republik Südkorea errichtet. Ende Juni 1950 griffen nordkoreanische Truppen Südkorea an.

Da sich eine Parallele zum ebenfalls zweigeteilten Deutschland geradezu aufdrängte, wurde im Westen und insbesondere in den USA fieberhaft überlegt, wie man sich gegen eine mögliche Wiederholung solcher Vorgänge in Deutschland schützen könnte. Als erster führender westeuropäischer Politiker sprach sich der damalige britische Oppositionsführer Winston Churchill im Europarat im August 1950 für die Aufstellung einer westeuropäischen Armee aus, in die auch deutsche Truppenkontingente integriert werden sollten.

Konrad Adenauer, der mehrfach erklärt hatte, dass für die Sicherheit der Bundesrepublik die Westalliierten zuständig seien und eine Remilitarisierung Deutschlands nicht wünschenswert sei, griff dennoch die Churchill-Initiative sofort auf. In einem Schreiben an die drei westalliierten Hohen Kommissare (mit der Ersetzung des Besatzungsstatuts durch den Deutschlandvertrag 1955 wurde die Alliierte Hohe Kommission aufgehoben) bat Adenauer eindringlich um Verstärkung der Besatzungstruppen und sagte für den Fall, dass es zur Bildung einer europäischen Armee kommen sollte, die Bereitstellung eines deutschen Truppenkontingents zu.

Adenauer handelte hierbei völlig eigenmächtig. Die Bundesminister seiner Regierung wurden von ihm erst nach der Übergabe des Schreibens an die Hohe Kommission über den Inhalt informiert, so dass sie praktisch aus der Zeitung erfahren mussten, was geschehen war. Der damalige Innenminister Gustav Heinemann trat daraufhin aus Protest gegen Adenauers Handlungsweise und auch wegen seiner klaren Gegnerschaft gegen die Aufstellung westdeutscher Truppen von seinem Amt zurück. s. Rede

Heinemann war wie Adenauer der Auffassung, dass den West-Alliierten die Verpflichtung obliege, für die Sicherheit gegen Angriffe von außen zu sorgen und dass man sie zur Wahrnehmung dieser Pflicht in aller Deutlichkeit auffordern müsse. Er hielt es aber für völlig falsch, um irgendeine deutsche Beteiligung an militärischen Maßnahmen nachzusuchen oder sie auch nur anzubieten. Er sah in der Forderung nach westdeutschen Truppen eine Vertiefung der Spaltung Deutschlands und damit eine Verringerung der Chancen auf eine Wiedervereinigung. Heinemann befürchtete auch, dass das Militär "wieder eine eigene politische Willensbildung entfalten könnte", was für den Aufbau einer Demokratie schädlich sei. Schließlich war er der Meinung, dass sich ein europäischer Krieg ohnehin "auf deutschem Boden abspielen" würde und man daher alles unterlassen müsse, was das Risiko einer militärischen Auseinandersetzung verstärken könnte.

Adenauer ging davon aus, dass totalitäre Staaten wie die Sowjetunion "nur einen maßgebenden Faktor, (nämlich) ... die Macht" anerkennen würden. Verhandlungen mit der UdSSR könnten "mit Aussicht auf Erfolg nur geführt werden, wenn derjenige, der diese Verhandlungen mit Sowjetrussland führt, ebenso stark, wenn nicht noch stärker ist als Sowjetrussland. "Adenauer war auch der Überzeugung, dass die Westmächte die Opfer, die mit der Schaffung einer Abwehrfront gegen den Kommunismus verbunden sind, nur auf sich nehmen würden, wenn auch Deutschland einen Beitrag dazu leisten würde.

Auf die Churchill-Initiative hatten auch die drei Westmächte positiv reagiert. Ihre Außenminister befürworteten auf einer Konferenz in New York im September 1950 eine Verteidigung Europas mit deutscher Beteiligung.

Dabei wurden allerdings erhebliche Meinungsunterschiede über den Umfang der deutschen Truppenkontingente und der Kommandogewalt über diese Kontingente deutlich. Die Engländer und insbesondere die Franzosen hatten erheblich größere Sicherheitsbedenken als die USA.

Wichtig wurde dann der sog. Pleven-Plan. Der französische Ministerpräsident René Pleven legte im

Oktober 1950 einen Plan für eine europäische Armee vor, an der deutsche Truppenkontingente beteiligt sein sollten. Die deutschen Truppen sollten aber jeweils nur bis zur Bataillonsstärke aufgestellt und diese in europäische Divisionen eingegliedert werden, so dass die Deutschen kein eigenes Oberkommando bekommen konnten. Nachdem das französische Parlament sich für diesen Plan ausgesprochen hatte und Adenauer ihn trotz seiner die Deutschen diskriminierenden Bestimmungen zunächst als Diskussionsbasis akzeptiert hatte, kam es zu offiziellen Verhandlungen über diesen Plan. Adenauer bestand aber zäh auf der militärischen Gleichberechtigung deutscher Truppenkontingente und auf der Ablösung des Besatzungsstatuts.

Auf einer weiteren Konferenz im September 1951 einigten sich die drei Westmächte schließlich, die Deutschen gleichberechtigt in die zu schaffende europäische Gemeinschaft aufzunehmen, das Besatzungsstatut durch einen "Generalvertrag" ("Deutschlandvertrag") zu ersetzen und die Bundesrepublik in eine "Europäische Verteidigungsgemeinschaft" (EVG) aufzunehmen.

Stalins Wiedervereinigungsangebot

Inhalt des Angebots, amerikanische Antwort, Adenauers Sicht des Angebots

Als sich Ende 1950 die Bereitschaft der Bundesrepublik zu einem westdeutschen Verteidigungsbeitrages im Rahmen einer europäischen Armee abzeichnete, schlug der Ministerpräsident der DDR, Otto Grotewohl, in einem Brief an Bundeskanzler Konrad Adenauer gesamtdeutsche Gespräche mit dem Ziele der Wiedervereinigung vor. Adenauer lehnte ab, da die Regierung der DDR nicht durch freie Wahlen zustande gekommen sei und daher nicht als rechtmäßiger Verhandlungspartner gelten könne.

Im September 1950 forderte die Volkskammer der DDR den Bundestag auf, gesamtdeutschen Beratungen mit dem Ziel "freier, gleicher und geheimer demokratischer Wahlen für eine Nationalversammlung" zuzustimmen. Die Volkskammer warnte die Bundesrepublik gleichzeitig vor einem Anschluss an den Westen. Die Bundesrepublik werde von den Westmächten nur zu ihrem Kampf gegen die Sowjetunion missbraucht. Der Bundestag verlangte daraufhin, dass zuerst von einer internationalen Kommission geprüft werden müsse, ob in der DDR überhaupt die Voraussetzungen für eine freie Wahl vorhanden wären.

Auf Antrag der Westmächte, die ein entsprechendes Ersuchen der Bundesregierung an die Vereinten Nationen weitergeleitet hatten, beschäftigte sich ein Ausschuss der UNO mit der Überprüfung der Bedingungen, unter denen derzeit freie Wahlen in Gesamtdeutschland stattfinden könnten. Die Vertreter der Bundesrepublik verneinten gegenüber dem UNO-Ausschuss die Möglichkeit freier Wahlen in der DDR, und die Vertreter der DDR lehnten eine Untersuchung dieser Vorwürfe als Einmischung in die inneren Angelegenheiten der DDR ab. Die UNO entschloss sich dennoch, eine Untersuchungskommission aus Vertretern mehrerer Länder nach Deutschland zu entsenden. Die Sowjetunion und die DDR verweigerten aber der UNO-Kommission die Einreise, so dass diese nach einem Aufenthalt in der Bundesrepublik Ende März unverrichteter Dinge wieder abreisen musste.

Bereits am 10. März 1952 hatte ziemlich überraschend Stalin in einer Note an die drei Westmächte vorgeschlagen, unverzüglich mit Gesprächen über einen Friedensvertrag mit Deutschland zu beginnen. Dieser Friedensvertrag sollte "unter unmittelbarer Beteiligung Deutschlands, vertreten durch eine gesamtdeutsche Regierung, über die Bedingungen zu deren Bildung die UdSSR, die USA, Großbritannien und Frankreich sich einigen müssten, ausgearbeitet werden.

Für den Friedensvertrag machte Stalin konkrete Vorschläge:

  • Wiederherstellung eines einheitlichen deutschen Staates in den Grenzen, wie sie der Potsdamer Vertrag vorsah;
  • Abzug aller Besatzungstruppen spätestens ein Jahr nach Abschluss des Friedensvertrages;
  • Gewährleistung aller demokratischen Rechte einschließlich der Betätigung demokratischer Parteien;
  • Verbot demokratie- und friedensfeindlicher Organisationen;
  • Aufbau eigener Streitkräfte und einer entsprechenden Rüstungsindustrie;
  • Verpflichtung Deutschlands, keine Bündnisse abzuschließen, die sich gegen einen der Staaten richten, die am Krieg gegen Deutschland teilgenommen haben (= Verbot eines Beitritts zur EVG bzw. zur NATO);
Bundeskanzler Adenauer hielt das sowjetische Angebot für reine Taktik, um den Beitritt der Bundesrepublik zur EVG zu verhindern. Er war auch nicht damit einverstanden, dass die Sowjetunion die Oder-Neiße-Linie offenbar als endgültig betrachtete und war überzeugt, dass die Sowjetunion lediglich ein Machtvakuum schaffen wollte, das sie bei nächster Gelegenheit besetzen könnte. Adenauer hielt deshalb die EVG für unverzichtbar.

Die Westmächte lehnten in ihrer mit Adenauer abgestimmten Antwortnote an die Sowjets die Erörterung eines Friedensvertrages mit Deutschland ab, solange nicht freie, gesamtdeutsche Wahlen stattgefunden hätten und verwiesen auf die Untersuchungskommission der UNO, die die Bedingungen für freie Wahlen prüfen solle.

Da die Sowjetunion die Kommission aber nicht einreisen ließ und offenbar das Risiko freier gesamtdeutscher Wahlen unter UNO-Kontrolle unter keinen Umständen einzugehen bereit war, lehnten die Westmächte das sowjetische Wiedervereinigungsangebot ab.

Deutschlandvertrag

Rechte der Westmächte, EVG-Vertrag

Auf der Grundlage der Einigung der Westmächte vom September 1951 wurde im Mai 1952 der "Deutschlandvertrag" zwischen den drei Westmächten und der Bundesrepublik unterzeichnet. Durch diesen Vertrag wurde das Besatzungsstatut beseitigt. Die Bundesrepublik erhielt "die volle Macht eines souveränen Staates über ihre inneren und äußeren Angelegenheiten". Der Vertrag enthielt allerdings noch eine Reihe von Einschränkungen.

Die Truppen der Westmächte blieben weiterhin in der Bundesrepublik stationiert, und die Westmächte behielten sich das Recht vor, bei einer Gefährdung der Sicherheit ihrer Truppen beispielsweise durch einen Umsturzversuch gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung oder eine schwere Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung "in der gesamten Bundesrepublik oder in einem Teil der Bundesrepublik einen Notstand (zu) erklären".

Die Westmächte behielten sich "im Hinblick auf die internationale Lage, die bisher die Wiedervereinigung Deutschlands und den Abschluss eines Friedensvertrages verhindert hat, ... die bisher von ihnen ausgeübten oder innegehabten Rechte und Verantwortlichkeiten in Bezug auf Berlin und auf Deutschland als Ganzes einschließlich der Wiedervereinigung Deutschlands und einer friedensvertraglichen Regelung" vor.

Durch den Deutschlandvertrag verpflichteten sich die Westmächte und die Bundesrepublik "mit friedlichen Mitteln ihr gemeinsames Ziel zu verwirklichen: Ein wiedervereinigtes Deutschland, das eine freiheitlich-demokratische Verfassung, ähnlich wie in der Bundesrepublik, besitzt und das in die europäische Gemeinschaft integriert ist".

Einen Tag nach dem Deutschlandvertrag wurde der Vertrag über die Europäische Verteidigungsgemeinschaft unterzeichnet. Sie sollte sich zunächst auf Frankreich, die Bundesrepublik, Italien und die Beneluxstaaten erstrecken, aber für den Beitritt anderer europäischer Länder offen sein. Der Kern des Vertrages war die Bestimmung, dass "jede bewaffnete Aggression gegen irgendeinen der Mitgliedstaaten in Europa ... als Angriff auf alle angesehen und entsprechend beantwortet (wird)". In einem Zusatzprotokoll wurde bestimmt, dass ein Angriff gegen die EVG auch als Angriff auf die NATO gelten sollte, womit die Bundesrepublik indirekt gleichfalls NATO-Mitglied geworden war.

Die DDR und die Sowjetunion reagierten auf die Unterzeichnung des Deutschland- und des EVG-Vertrages mit dem Ausbau der Zonengrenze zu einer befestigten Grenze und der Ankündigung des Aufbaus von DDR-Streitkräften.

Der Deutsche Bundestag stimmte gegen die Stimmen der Opposition dem Deutschlandvertrag und dem EVG-Vertrag zu. Der EVG-Vertrag konnte aber nicht in Kraft treten, da das französische Parlament im August 1954 seine Zustimmung verweigerte.

Pariser Verträge      NATO-Vertrag  Deutschlandvertrag   Rede Carlo Schmid

Bundeswehr, Souveränität, Saarstatut

Das Nicht-Inkrafttreten des EVG-Vertrages war aber für die westdeutsche Wiederbewaffnung und die militärische Integration ins westliche Bündnis ohne Bedeutung.

Schon Anfang Oktober einigten sich die Vertreter der Westalliierten und der Bundesrepublik auf die baldige Aufnahme der Bundesrepublik in die NATO und den Brüsseler Pakt, und Ende Oktober 1954 wurden in Paris die "Pariser Verträge" unterschrieben. Der Bundestag billigte die Pariser Verträge im Februar 1955. Das Vertragswerk umfasst vier Bereiche: die Neufassung des Deutschlandvertrages, den Beitritt zur Westeuropäischen Union (WEU), die Aufnahme der Bundesrepublik in die NATO und das Saarstatut.

Die Bundesrepublik stellt eigene Streitkräfte auf, die dem Oberkommando der NATO unterstellt werden. Sie verpflichtet sich, auf Herstellung und Einsatz atomarer, biologischer und chemischer Waffen zu verzichten.

Sie verpflichtet sich außerdem auf den defensiven Charakter der NATO und bekräftigt, eine Wiedervereinigung Deutschlands oder eine Änderung der bestehenden Grenzen niemals mit Waffengewalt zu erzwingen.

In dem neuen Deutschlandvertrag (das Inkrafttreten des Deutschlandvertrages von 1952 war an das Inkrafttreten des EVG-Vertrages gebunden) wird das Besatzungsrecht der Alliierten aufgehoben. Dadurch erhält die Bundesrepublik die volle staatliche Souveränität.

Das Saarstatut besagt, dass das Saargebiet, welches bis zu diesem Zeitpunkt französischer Kontrolle unterstanden hatte, einen europäischen Status erhalten und von einer europäischen Kommission kontrolliert werden sollte. Dieses Statut sollte durch eine Volksabstimmung bestätigt werden.

Der neue Deutschlandvertrag, der gemeinhin als die Erlangung der staatlichen Souveränität der Bundesrepublik angesehen wird, trat am 5.5.1955 in Kraft. Die Neufassung enthielt gegenüber der Fassung von 1952 einige wichtige Veränderungen. Die Notstandsrechte der Alliierten sollten zu dem Zeitpunkt erlöschen, an dem eine deutsche Notstandsgesetzgebung vorliegen würde, womit dieses Vorbehaltsrecht der Alliierten 1968 im Zusammenhang mit den Notstandsgesetzen endgültig erlosch. Außerdem musste die Bundesrepublik bei der Stationierung neuer Streitkräfte (nicht aber bei deren Bewaffnung und Ausrüstung) konsultiert werden.

Sofort nach Inkrafttreten des Deutschlandvertrages trat die Bundesrepublik der Westeuropäischen Union (WEU) und der NATO bei. Noch im gleichen Jahr wurden die ersten Freiwilligen eingezogen. Die allgemeine Wehrpflicht und der Ersatzdienst für Kriegsdienstverweigerer wurde 1956 beschlossen.

Was die Saarfrage betrifft, war Adenauer zugunsten des deutsch-französischen Ausgleich bereit gewesen, sich mit einem europäisierten Saargebiet abzufinden, zumal die französische Regierung ihre Zustimmung zu den Pariser Verträgen von einer derartigen Regelung der Saarfrage abhängig gemacht hatte. Es kam aber anders. Die Saarbevölkerung lehnte im Oktober 1955 die im Saarstatut vorgesehene Europäisierung der Saar mit engem wirtschaftlichem Anschluss an Frankreich mit einer Mehrheit von über 67% ab und stimmte damit für die Eingliederung in die Bundesrepublik. Infolge dieses Abstimmungsergebnisses musste eine Neuregelung getroffen werden, und am 1. Januar 1957 wurde das Saargebiet von den Franzosen an die Bundesrepublik zurückgegeben. Saar-Vertrag

Atomwaffen auf deutschem Boden

Mit der Einführung der allgemeinen Wehrpflicht war die Diskussion über die Wiederbewaffnung nicht beendet. Als 1957 bekannt wurde, dass die neu geschaffene Bundeswehr möglicherweise Atomwaffen erhalten sollte, kam es zu heftigen innenpolitischen Auseinandersetzungen. Während Adenauer und Bundesverteidigungsminister Franz Josef Strauß (1956-62) in der Ausrüstung der Bundeswehr mit Atomwaffen ein Mehr an Sicherheit gegenüber dem Osten, aber auch ein Zeichen der Gleichberechtigung gegenüber den westlichen Partnern sahen, lehnte die Opposition eine atomare Ausrüstung der Bundeswehr grundsätzlich ab.

Gegen den Widerstand der SPD-Opposition stimmte Ende März 1958 der Bundestag der atomaren Bewaffnung der Bundeswehr zu. Es war aber klar, dass die Entscheidung über den Einsatz der Atomwaffen weiterhin bei den Amerikanern lag. Der Beschluss des Bundestages hatte aber keine weitere Bedeutung, da die Amerikaner die Atomwaffen auch unter amerikanischem Verschluss beließen.

Wie in anderen westeuropäischen Ländern hatte sich auch in der Bundesrepublik eine Massenbewegung gegen die Atombewaffnung organisiert. Ein Ausschuss "Kampf dem Atomtod", dem auch der spätere Bundespräsident Heinemann angehörte, wandte sich vor der Abstimmung im Bundestag mit der Erklärung an die Öffentlichkeit, dass das deutsche Volk diesseits und jenseits der Zonengrenze im Falle eines Krieges zwischen Ost und West dem sicheren Atomtod ausgeliefert sei. Die Beteiligung am atomaren Wettrüsten könne diese Bedrohung nur verstärken, und das Ziel der deutschen Politik müsse daher die Entspannung zwischen Ost und West sein. Ein wesentlicher Beitrag zu dieser Entspannung sei die Forderung nach einer atomwaffenfreien Zone in Europa.

An den Mehrheitsverhältnissen im Bundestag hatte diese Erklärung nichts ändern können.

Adenauers Ostpolitik

Kriegsgefangene, Aufnahme diplomatischer Beziehungen zur UdSSR, Hallstein-Doktrin

Im September 1955 besuchte Konrad Adenauer auf Einladung der sowjetischen Regierung Moskau. Das Ziel dieses Besuchs war eine Verbesserung der deutsch-sowjetischen Beziehungen.

In zähen Verhandlungen erreichte Adenauer, dass die letzten 10000 Kriegsgefangenen freigelassen wurden. Als Gegenleistung hatte er der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zur Sowjetunion zugestimmt.

Das war insofern eine Besonderheit, als es nun zwei deutsche Botschaften in Moskau gab, die der DDR und die der Bundesrepublik. Dieser Zustand sollte aber nach Auffassung der Bundesrepublik eine Ausnahme bleiben, denn sie erkannte die DDR nach wie vor nicht als selbständigen Staat an, da sie nicht aus freien Wahlen hervorgegangen war.

Die Bundesrepublik vertrat daher gegenüber anderen Staaten einen Alleinvertretungsanspruch für Deutschland. Diesen Grundsatz hatte der damalige Staatssekretär im Auswärtigen Amt, Walter Hallstein, formuliert. Infolge dieser Hallstein-Doktrin drohte die Bundesregierung jedem Land den Abbruch der diplomatischen Beziehungen an, das mit der DDR Botschafter austauschte. Bis 1966 konnte die Bundesregierung mit der Hallstein-Doktrin eine internationale Aufwertung der DDR weitgehend verhindern. Nur in drei Fällen (darunter Jugoslawien und Kuba) mussten die diplomatischen Beziehungen abgebrochen werden.

Aufgrund dieser Doktrin gab es allerdings auch für viele Jahre kaum deutsch-deutsche Kontakte.

Von der Ära Adenauer zur Großen Koalition

Deutsch-französischer-Vertrag, Ludwig Erhard, Regierung Kiesinger/Brandt, Aufgabe der Hallstein-Doktrin

Anfang 1963 verbuchte Adenauer einen letzten großen außenpolitischen Erfolg. Die 1962 begonnenen Verhandlungen über einen deutsch-französischen Vertrag waren abgeschlossen, so dass er im Januar 1963 zusammen mit Staatspräsident Charles de Gaulle den "Vertrag über die deutsch-französische Zusammenarbeit" (Vertragstext) in Paris unterzeichnen konnte. Dieser Vertrag sollte die Aussöhnung zwischen Frankreich und Deutschland besiegeln.

In einer gemeinsamen Erklärung äußerten General de Gaulle und Adenauer die Überzeugung, dass die Versöhnung zwischen dem deutschen und dem französischen Volk ein geschichtliches Ereignis darstelle, das das Verhältnis der beiden Völker zueinander von Grund auf neu gestalte. Sie sprachen von einer engen Solidarität der beiden Völker hinsichtlich ihrer Sicherheit, aber auch ihrer wirtschaftlichen und kulturellen Entwicklung. Sie gingen davon aus, dass der Jugend eine entscheidende Bedeutung bei der Festigung der deutsch-französischen Freundschaft zukomme. Schließlich machten sie klar, dass die Verstärkung der Zusammenarbeit beider Länder einen unerlässlichen Schritt auf dem Weg zu einem vereinten Europa bedeute.

Der Vertrag selbst sieht periodische Zusammenkünfte der Regierungschefs beider Länder, der Außen- und Verteidigungsminister vor. Die Regierungschefs treffen sich mindestens zweimal pro Jahr und die Außen- bzw. Verteidigungsminister mindestens alle drei Monate. Auch die Verantwortlichen für Erziehungs- und Jugendfragen treffen mindestens alle drei bzw. zwei Monate zusammen. Alle Austauschprogramme für Jugendliche gehen von diesem Vertrag aus.

Als Folge des Vertrages wurde 1963 das deutsch-französische Jugendwerk errichtet, das Kontakte zwischen Jugendlichen aus beiden Ländern organisiert.

Im Oktober 1963 legte Konrad Adenauer siebenundachtzigjährig sein Amt nieder.

Nachfolger wurde Ludwig Erhard, der als Bundeswirtschaftsminister von 1949 bis 1963 als "Vater des Wirtschaftswunders" galt und ähnlich populär wie Adenauer war. Verhängnisvoll für die Regierung Erhard wurde es, dass sie gerade in der Wirtschaftspolitik Rückschläge hinnehmen musste. Als es 1966 zu einem Rückgang des Wirtschaftswachstums kam, der Warenabsatz eine rückläufige Tendenz bekam und die Arbeitslosenzahl besorgniserregend anstieg, verlor Erhard zunehmend das Vertrauen seiner Partei, da er keine weiteren Wahlsiege garantieren konnte.

Nach einem Streit um eine kleine Steuererhöhung verließ die FDP die Koalition, Hinter dem Rücken von Erhard nahm die CDU unter R. Barzel und K.-G. Kiesinger mit der SPD unter W. Brandt und H. Wehner Gespräche auf. Es kam noch im gleichen Jahr zur Bildung einer "Großen Koalition" aus CDU/CSU und SPD. Bundeskanzler wurde der CDU-Politiker Kurt Georg Kiesinger, der dafür sein Amt als Ministerpräsident von Baden-Württemberg aufgab. Vizekanzler und Außenminister wurde Willy Brandt (SPD), der zuvor Regierender Bürgermeister Berlins gewesen war. Franz Josef Strauß (CSU) wurde Finanzminister und Karl Schiller (SPD) Wirtschaftsminister.

In der Zeit der Großen Koalition begann auch eine Neuorientierung der Außenpolitik. Die Hallstein-Doktrin wurde aufgegeben, was u.a. in der Neu-Aufnahme diplomatischer Beziehungen zu Jugoslawien im Januar 1968 sichtbar wurde. Als Jugoslawien 1957 die DDR anerkannte, hatte die Bundesrepublik den Abbruch der diplomatischen Beziehungen beschlossen. Weitere Vorhaben waren die Notstandsgesetze und eine Wahlrechtsreform. Die "Wirtschaftskrise" wurde durch die Einführung der Mehrwertssteuer und Staatsinvestitionsprogramme überwunden.