Die Spiegel-Affäre

 

Im September 1960 rüttelte die "Spiegel-Affäre" die Bundesbürger, die bis dahin aufgrund der Erfahrungen der NS-Zeit die Haltung "Ohne mich!" eingenommen hatten und sich kaum aktiv in die Politik einmischten, wach. Verteidigungsminister Franz Josef Strauß ließ (Richter wurden übergangen) den Herausgeber des Spiegels, Rudolf Augstein, sowie leitende Redakteure des Wochenmagazins verhaften, die Redaktionsräume durchsuchen und Materialien beschlagnahmen. Der Spiegel hatte in dem Artikel "Bedingt abwehrbereit" über Pläne der NATO und der Bundesrepublik berichtet, im Falle "als sicher erkannter" sowjetischer Angriffsabsichten Atomwaffen als Präventivschlag einzusetzen. Das Schreiben und Verlegen des Artikels wurde von der Regierung als Landesverrat angesehen. Vor allem, dass F.J. Strauß den Redakteur des Artikels Konrad Ahlers durch einen Telefonanruf bei der Diktatur in Spanien ohne jegliche Rechtsgrundlage verhaften ließ, war eine Übertretung der Kompetenzen und eine Verletzung der Verfassung. Auch das Eingreifen von Bundeswehrstellen in das Verfahren und das persönliche, zuerst im Parlament geleugnete, des Verteidigungsministers führt zu heftigen Protesten der Bevölkerung. Das Verhalten der Bundesregierung löste bei der Bevölkerung große Empörung aus, die das Vorgehen als massiven Eingriff in die Pressefreiheit betrachtete. Infolge dieser Regierungskrise musste Verteidigungsminister Strauß abgelöst werden. (FDP-Minister treten aus Protest gegen Strauß zurück) Strauß, der als erster Verteidigungsminister für die Erstbeschaffungen der Bundeswehr Entscheidungen getroffen hatte, geriet in diesem Zusammenhang mehrmals in Korruptionsverdacht und andere Skandale. Ermittlungen wurden aber nie ernsthaft geführt. Strauß zog sich bis 1966 (große Koalition) nach Bayern zurück.

Der SpiegelAbdruck des Spiegel-Artikels