Stilmittel

Übertreibung (Hyperbel)
Zur Hyperbel (Übermaß) greift der Karikaturist, wenn er durch übertriebene, überdeutliche Darstellung in der Form und im Inhalt das Charakteristische und Wesenhafte des Karikierten darstellen will. Typische Attribute werden übermäßig vergrößert. [...] Die Typendarstellung ist nicht persönlich gemeint, sondern hat die Funktion eines allgemeinen Straf- und Spottbildes. Die überdeutliche Pose zeigt als ein typisch-charakteristisches Signum Wesen- haftes des Karikierten. Sie wird bis zum unwirklich Lächerlichen übertrieben und kritisiert so, daß für den Darge- stellten die Äußerlichkeit seiner "Schau" im Grunde wichtiger ist als, seine inhaltliche Leistung. [...] Das inhaltlich Bedeutende wird auch, abweichend von der naturalistischen Darstellung, graphisch bedeutend, d. h. auffallend übergroß hervorgehoben. [...] Die Darstellung des Karikierten beschränkt sich auf das Wesentliche, das wiederum stark übertrieben verdeutlicht werden kann. Komplizierte Zusammenhänge werden komprimiert, bildlich verein- facht und so durchschaubar. [...] [D]ie Karikatur [hebt] gleichsam wie ein Zerrspiegel Charakteristisches hervor und [macht] so durch die Verzerrung die verzerrte Wirklichkeit sichtbar: die herabgesetzten Kleinen dienen den snobisti- schen Großen. Verzerrte Physiognomie wird in ihrer Häßlichkeit zum Symbol des charakterlich bzw. rollenmäßig Häßlichen. Die Analyse hat die Aufgabe, zu untersuchen, ob die Häßlichkeit des Dargestellten lediglich äußerlicher Vorwand einer rein ideell begründeten Verspottung ist oder ob sie [...] tatsächlich symbolisch zu verstehen ist. 

Verallgemeinerung und Typisierung (Synekdoche)
Die Synekdoche (Mitverstehen bzw. Mitaufnehmen eines Ausdrucks durch einen anderen) stellt einen engen Begriff durch einen umfassenden oder umgekehrt dar. Am häufigsten ist die Form des pars-pro-toto. Reichtum wird durch einen Beutel mit Geld, Hunger durch eine Fischgräte symbolisiert. Auf der Synekdoche beruhen die vielen "Typen" der Karikatur. Einzelne Attribute werden herausgestellt und verallgemeinert. Der "deutsche Michel" steht für "die" Deutschen bzw. für Deutschland, eine verlauste, bärtige Gestalt in Pelzbekleidung für "die" Russen. Auch hier muß die Analyse Klischeevorstellungen und Vorurteile zurechtrücken, denn mit der automatischen Rezeption dieser Ty- pen werden unbefragt Werturteile übernommen.

Ironische Hervorhebung (Litotes) 
Die Litotes (Einfachheit) ist eine stark ironische Technik. Im Sprachbereich verstärkt sie einen Begriff durch die Ver- neinung des Gegenteils, z. B.: "Das ist nicht übel!". Die Karikatur hat sich diese "uneigentliche" Sprechweise auch zu eigen gemacht, wenn sie auch nur selten in Reinform vorkommt.

Metapher und Allegorie
Die bedeutendste Technik der karikaturistischen Kritik ist die Metapher. Sie ist der wörtlich genommene, gezeichnete Vergleich, die Veranschaulichung des Wesentlichen eines Prozesses, einer Situation oder Person. Ihre Möglichkeiten sind unerschöpflich, ihre Grenzen liegen lediglich in Stimmigkeit des gewählten Vergleichs und seiner Verständlich- keit.
Die Allegorie personifiziert abstrakte Inhalte. In der Gestalt des Knochenmannes wird der Tod darstellbar, der Krieg betritt als blutvergießender Riesen-Ritter die Welt. Die Karikatur ist bemüht, anschauliche, formal und inhaltlich ein- leuchtende Analogien (Übereinstimmung, Ähnlichkeit) herzustellen. Sie entlarvt politische, kulturelle, allgemein- menschliche kritisierwürdige Sachverhalte oder Personen, indem sie sie in ein fremdes Kostüm kleidet. Im Vergleich werden Sport, Zirkus, Theater zur Bühne, Pflanzen, Mineralien oder Maschinen zum charakteristischen Symbol.

Zitat
Ebenfalls großer Beliebtheit erfreut sich die Technik der Zitation. Dabei dient als Vorbild das ganze Spektrum kulturell-künstlerischer Produktion: Bildende Kunst, Plastik, Film, Plakatkunst, Oper, Operette, Liedgut, Schlager, Literatur aller Gattungen, die historische Karikatur selbst usw. Voraussetzung ist, daß ein Bezug einsichtig wirkt und daß das Vorbild der implizierten Zielgruppe bekannt ist. Dabei kann die Verwertung des Vorbildes unterschiedlich sein. Mit der Parodie sollen das Vorbild, eine Aussage, die künstlerische Richtung, der Künstler selbst getroffen werden. Zum anderen wird die inhaltliche Aussage des Vorbildes als kritische Aussage auf das karikierte Objekt übertragen. [...] Die meistzitierte Karikatur, deren Aussage, im Personenspiel modifiziert, jeweils historisch aktualisiert wird, ist J. Tenniels "Der Lotse geht von Bord" (1890), mit der der Engländer die Ablösung Bismarcks durch Wilhelm II. kommentiert. 

Wort-Bild-Verknüpfung
Als letzter großer Bereich der karikaturistischen Technik soll das Wort-Bild-Verhältnis angesprochen werden, zumal gerade hier große Möglichkeiten für die praktische Eigenarbeit der Schüler liegen. Die Anwendung des Wortes in der Aussage der Karikatur ist vielseitig. In der einfachsten Anwendung dient die Schrift zur Erleichterung der Rezeption durch Namenszüge u. ä.; oft wird erst durch die treffende Unterschrift eine Zeichnung, ein Foto in der Gesamtaussa- ge zum Witz bzw. zur Satire; eine entsprechende Typographie kann zur Satire werden (der Schriftsatz bekommt eine seinem Inhalt widersprechende gegenständliche Form); Buchstaben werden als graphische inhaltliche Elemente be- nutzt; Worte (Sprichworte, Redensarten, Redewendungen) werden wörtlich ins Zeichnerische übersetzt [...].
(Dieter Grünwald: Die Karikatur im Kunstunterricht. In: Kunst + Unterricht Nr. 43 (1977) S. 22 – 25.)