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Die von Westeuropa seit etwa 1690 ausgehende geistige
Bewegung der Aufklärung bringt eine neue Geisteshaltung,
die auf der Grundlage der Erkenntnisse der Philosophie und
der Naturwissenschaften im 17.118. Jahrhundert beruht.
Durch Kopernikus, Kepler, Galilei und den Engländer
Isaak Newton (1693-1727, Gravitationsgesetze) hat sich der
Durchbruch zu einem neuen Weltbild vollzogen. Bedeutsame Erfindungen und
Entdeckungen im Bereich der Naturwissenschaften (S. Z) haben das Bewusstsein gestärkt,
dass
der Mensch mit Hilfe des Verstandes in der Lage sei, die
Geheimnisse der Natur zu enträtseln. In der Philosophie
hatte bereits Rene Descartes (1596-1650) die neue Denkweise begründet: »Ich
denke, also bin ich.« Diese neue Denkweise, Gott und die Welt mit dem Verstand zu begreifen,
nennt man Rationalismus. Auf dieser Grundlage wollen die
Anhänger der Aufklärung der menschlichen Vernunft in
allen Bereichen des menschlichen Lebens zum Sieg verhelfen und den Menschen
aus seiner »selbstverschuldeten Unmündigkeit« herausführen. Dies bedeutet,
dass alle Traditionen in Staat, Gesellschaft und Religion einer scharfen Kritik
unterzogen werden. Besonders scharf werden der Wunderund Offenbarungsglaube der Kirche, der Aberglaube und
Hexenwahn bekämpft und religiöse Toleranz gefordert. Ziel
der Aufklärung ist es, humane (=vernünftige) Verhältnisse zu schaffen, die
geistige Freiheit, Toleranz, Frieden, Fortschritt, Glück des einzelnen sowie Wohlfahrt aller
gewährleisten sollen.
In England übt der Schriftsteller Jonathan Swift (»Gullivers
Reisen«) Kritik an den gesellschaftlichen Zuständen und
Daniel Defoe (»Robinson Crusoe«) zeigt, wie sich der
Mensch kraft seiner Vernunft in einer feindlichen Umwelt
behaupten kann. Zur Verbreitung aufklärerischen Ideen
entsteht in England der Geheimbund der Freimaurer
(1717). Von hier aus verbreitet sich die Aufklärung über
ganz Europa. Die neue Bewegung wird hauptsächlich vom
Bildungsbürgertum getragen, z. T. auch von den Fürsten,
die durch Verbesserung der Verhältnisse den Forderungen
der Aufklärung nachkommen wollen (aufgeklärter Absolutismus).
Bedeutende Vertreter der Aufklärung sind:
Die Schriftsteller Diderot und d'Alemben, die in der 35Bändigen »Enzyklopädie« (1751-77) das Wissen ihrer Zeit im
aufklärerischen Sinn darstellen und verbreiten wollen. Der Engländer John
Locke (1632-1704), der den Herrschaftsvertrag seines Landsmannes Hobbes zu einem
vom Volk kündbaren Gesellschaftsvertrag umwandelt, wenn der Monarch das
jedem Bürger zukommende Naturrecht verletzt. Zur Beschränkung des Herrschers fordert er
nach dem Vorbild der Glorreichen Revolution (1688) in England die Teilung
der Gewalten im Staat in eine gesetzgebende und ausführende. Der Franzose
Montesquieu (1689-1755) greift diesen Gedanken auf und fordert die
Dreiteilung der Gewalten (Legislative, Exekutive, Judikative) als Mittel zur
Verhinderung des Machtmissbrauchs. Damit schafft er den Grundgedanken des liberal-bürgerlichen Staates.
Voltaire (1694-1778) wendet sich mit scharfem Spott gegen
das christliche Dogma (»Nieder mit dem abscheulichen
Aberglauben«).
Jean Jacques Rousseau (1712-78) vertritt die Idee des
Gesellschaftsvertrags und macht das Volk zum eigentlichen
Träger der Macht im Staat, den Monarchen zu seinem
Beauftragten (Volkssouveränität). Der »allgemeine Wille«
(volonte general) soll die Entscheidungen treffen. Er sieht
den Menschen als von Natur aus gut, der nur durch die Zivilisation verdorben
sei, deshalb seine Forderung: »Zurück zur Natur«.
Die Physiokraten üben Kritik am Merkantilismus mit seiner Begünstigung von Handel und Gewerbe. Sie fordern
die Gleichberechtigung der Landwirtschaft und die Befreiung der Bauern aus der Abhängigkeit.
Der Engländer Adam Smith (1723-90) tritt für eine freie
Entfaltung der gesamten Wirtschaft ein (Liberalismus). Dies bedeutet freier
Wettbewerb, Gewerbefreiheit, Freihandel, Angebot und Nachfrage sollen allein Löhne und
Preise bestimmen. Er ist der Überzeugung, dass der Egoismus des einzelnen Unternehmers dem Wohl des Ganzen
zugute kommt.
In Deutschland werden die aufklärerischen Ideen vertreten
durch Gottfried Wilhelm Leibniz (1646-1716), durch den
Dichter und Schriftsteller Gotthold Ephraim Lessing
(1729-81), der in seinem Drama »Nathan der Weise«
religiöse Toleranz und Humanität verkündet, sowie durch
Immanuel Kant (1724-1804). Er verkündet das Sittengesetz, das den Menschen verpflichtet, frei von Egoismus, so
zu handeln, dass seine Handlungsweise als Grundlage der
Gesetzgebung für alle gelten könne.
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Thomas Hobbes
Immanuel kant
Lessing
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