Deutschland und Europa zwischen Kaltem
Krieg und Entspannung (S.• F--)
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Die Gründung der Bundesrepublik Deutschland war ein
Teil der US-Strategie gegen die UdSSR im Rahmen der Containment-Politik. Die
Politik der Regierung der Bundesrepublik unter Konrad Adenauer strebt im Rahmen der
gegebenen Situation in den ersten Jahren nach Erlangen der
Souveränität, der Gleichberechtigung und Sicherheit im
Rahmen eines westeuropäischen Bündnisses. Die Verschärfung des
Ost-West-Gegensatzes durch den Koreakrieg begünstigt die Wiedererlangung der
Souveränität bei gleichzeitiger Wiederbewaffnung. Die Eingliederung der
Bundesrepublik in das westliche Verteidigungssystem und der DDR in
den Warschauer Pakt bedeutet die Verhärtung der deutschen
Spaltung. Die Wiedervereinigung, ein erklärtes Ziel der westdeutschen Politik, das man bis 1961 durch eine »Politik der
Stärke« zu verwirklichen hofft, kann nicht erreicht werden.
Im Zeichen der weltweiten Entspannungspolitik seit dem
Ende der 60er Jahre vollzieht sich auch ein Wandel in der
Ost- und Deutschlandpolitik durch Annäherung. |
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1949
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Nov. Das Petersberger Abkommen
Quelle zwischen der Bundesrepublik und den drei Westmächten lockert die
wirtschaftlichen Beschränkungen, gibt der Bundesrepublik die Berechtigung zu
selbständigem Außenhandel und zum Abschluss völkerrechtlicher Verträge. Beitritt zu der im Apr.
errichteten Internationalen Ruhrbehörde. |
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1950
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Jan. Beitritt der Bundesrepublik zur ERP.
Juni. Beginn des Koreakriegs =>.
Aug. In einem Sicherheitsmemorandum fordert Adenauer angesichts des
Koreakriegs und der Aufstellung von kasernierten Volkspolizeiverbänden in der DDR eine Verstärkung der
westalliierten Streitkräfte in der Bundesrepublik und bietet die
Aufstellung und Beteiligung deutscher Truppen zur Verteidigung Europas an, stößt aber bei den westlichen Alliierten
auf Ablehnung.
Churchill fordert im Europarat in Straßburg die Aufstellung einer europäischen
Verteidigungsstreitmacht mit
deutscher Beteiligung. |
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1951
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März. Revision des Besatzungsstatuts. Die Bundesrepublik
kann Beziehungen zu befreundeten Staaten aufnehmen.
Adenauer übernimmt das neu gebildete Außenministerium.
Apr. Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle
und Stahl (EGKS, Montanunion), in der die Bundesrepublik gleichberechtigtes Mitglied neben Frankreich, Italien
und den Beneluxstaaten wird.
Mai. Gesetz über die paritätische Mitbestimmung der Arbeitnehmer in Unternehmen der Montanindustrie über
1000 Mitglieder.
Juli-Okt. Die westlichen Siegermächte beenden den
Kriegszustand mit Deutschland.
Sep. Auf der Washingtoner Konferenz wird von den drei
Westalliierten ein deutscher Verteidigungsbeitrag erörtert,
welcher die Bundesrepublik zugleich die Souveränität bringen soll. Die USA
und Großbritannien gestehen Frankreich Sicherheitsgarantien bei einer
deutschen Wiederbewaffnung zu. Der französische Ministerpräsident Pleven
legt einen Plan vor, nach dem die Bundesrepublik in einer
Europäischen Verteidigungsgemeinschaft (EVG) voll integrierte Truppen stellt. |
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1952
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März. im Zusammenhang mit den Verhandlungen um eine
Wiederbewaffnung der Bundesrepublik bietet Stalin in einem Friedensvertragsentwurf die Wiedervereinigung durch
gesamtdeutsche Wahlen und ein neutralisiertes Deutschland
an. Dieser Plan wird von der Bundesregierung und den westlichen Alliierten
angesichts der politischen Spannungen ignoriert und abgelehnt.
Mai. Unterzeichnung des Vertrags zur Gründung der EVG
durch die Bundesrepublik und 5 westeuropäische Staaten. Abschluss des Deutschlandvertrags. Er hebt das
Besatzungsstatut auf. Die Bundesrepublik wird souveräner Staat. Alliierte
Vorbehalte hinsichtlich der Behandlung Deutschland als Ganzes, der
Wiedervereinigung, äußerer und
innerer/'Bedrohung und der Stationierurig von Streitkräften
der Westalliierten bleiben bestehen. Alliierte Truppen bleiben
extraterritorial. |
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1953
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März. Annahme des EVG-Vertrags durch den Bundestag.
Das Bundesverfassungsgericht erklärt auf Anrufung durch die SPD-Opposition
und den Bundespräsidenten den Vertrag für verfassungswidrig.
17. 6. Aus einer Protestdemonstration der Bauarbeiter gegen Normenerhöhung in Ostberlin entwickelt sich ein
Volksaufstand, der die DDR erfasst und von Panzern der
sowjetischen Armee niedergeschlagen wird. Massenverhaftungen, Standgerichte und eine zunehmende
Fluchtbewegung sind die Folge.
Sep. Im Londoner Schuldenabkommen übernimmt die
Bundesrepublik die deutschen Auslandsschulden seit 1914.
Okt. Die Bundestagswahlen ergeben für die Regierungsparteien eine 2/3 Mehrheit. |
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1954
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März. Der Bundestag nimmt das die
Verfassung ändernde
Wehrgesetz an.
Aug. Die Französische Nationalversammlung (nach Neuwahlen nach der
Niederlage im Vietnamkrieg neu zusammen gesetzt) lehnt den
EVG-Vertrag ab, da sie nicht bereit ist, auf nationale
Souveränitätsrechte zu verzichten. Damit ist der EVG-Plan
gescheitert.
Okt. Pariser Verträge Quelle. Die Bundesrepublik und Italien
treten dem Brüsseler Pakt => bei und werden in die NATO
aufgenommen. Ihre Truppen werden voll dem NATO-Oberbefehl unterstellt. Die
Bundeswehr hat keinen eigenen Generalstab! |
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1955
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Jan. Die UdSSR beendet den
Kriegszustand mit Deutschland.
5.5. Die Pariser Verträge treten in Kraft. Die Bundesrepublik als Mitglied der NATO verzichtet auf die Herstellung
atomarer Waffen und erlangt die innere und äußere Souveränität. Die
Vorbehaltsrechte der Alliierten bleiben bestehen. Die Integration der Bundesrepublik in das
westliche Bündnissystem ist damit abgeschlossen.
14.5. Da die UdSSR die militärische Westintegration der BRD nicht
verhindern kann (auch nicht durch das Beispiel Österreichs -> Neutralität ->
Abzug der Sieger -> Souveränität ), kommt es zur Gründung des Warschauer Pakts. Die bilateralen
Verteidigungsverträge der UdSSR mit den Ostblockstaaten
werden durch einen kollektiven Verteidigungspakt ersetzt. Die DDR wird als
souveränes und gleichberechtigtes Mitglied aufgenommen.
Juli. Der sowjetische Ministerpräsident Chruschtschow
verkündet die Zwei-Staaten-These für Deutschland und macht die
Wiedervereinigung zur Sache der beiden deutschen Staaten.
Sep. Eine Reise des Bundeskanzlers nach Moskau führt zur Freigabe der
letzten deutschen Kriegsgefangenen und zur Aufnahme diplomatischer Beziehungen.
Die Hallsteindoktrin bestimmt, dass die Bundesrepublik die
Beziehungen zu jenen Staaten abbricht, welche die DDR
anerkennen. Sie beansprucht das Alleinvertretungsrecht
für alle Deutschen.
Okt. Ablehnung des Saarstatuts (Europäisierung des Saarlands) durch 2/3 der Saarbevölkerung. |
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1956
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Jan. Gründung der Nationalen Volksarmee in der DDR.
Juli. Wiedereinführung der allgemeinen Wehrpflicht in der
Bundesrepublik.
Aug. Das Bundesverfassungsgericht erklärt die KPD für
verfassungswidrig.
Okt. Ein deutsch-französisches Saarabkommen bringt die
politische Rückgliederung des Saarlands an die Bundesrepublik (die wirtschaftliche erfolgt im Juli 1959). |
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1957
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Jan. Das Bundesverfassungsgericht erklärt die 5 % Klausel
bei Bundestagswahlen für verfassungsgemäß.
März. Römische Verträge Quelle. Gründung der Europäischen
Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) und der Europäischen
Atomgemeinschaft (Euratom) durch die sechs Montanunionsländer in Rom. Die Handels- und Zollschranken sollen
stufenweise wegfallen. Der wirtschaftliche Zusammenschluss soll ein weiterer Schritt auf dem Weg zu einer
politischen Einheit Westeuropas sein. Zusammenarbeit bei
der friedlichen Nutzung der Atomenergie. Gründung eines
Europäischen Parlaments mit Sitz in Straßburg. |
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1958
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Berlin-Ultimatum. Die neue offensive Außenpolitik der
UdSSR unter Chruschtschow => löst die 2. Berlinkrise aus. Die UdSSR fordert
den Abzug der westlichen Streitkräfte. Die Westsektoren sollen entmilitarisiert und zur
Freien Stadt erklärt werden. Alle Rechte und Funktionen
in Bezug auf Berlin werden der DDR übertragen. Die
Westmächte weisen das Ultimatum zurück und verweisen auf die Abmachungen von
Potsdam => |
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1959
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Jan. Die UdSSR legt den Entwurf eines deutschen
Friedensvertrags mit beiden deutschen Staaten vor, der diese aus ihren
Militärbündnissen lösen und in ein neu zu schaffendes europäisches Bündnissystem integrieren soll. Eine
Wiedervereinigung soll durch Bildung einer Konföderation
der beiden deutschen Staaten erfolgen. Verhandlungen auf einer Genfer
Außenministerkonferenz bleiben jedoch ohne Ergebnis. Zu dieser
Konföderationen müsste die BRD Vorleistungen erbringen
Quelle.
Juli. Wahl Heinrich Lübkes, CDU (1894-1972) zum Bundespräsidenten.
Nov. Die SPD beschließt das Godesberger Programm (Quelle), mit
dem sie sich von marxistischen Vorstellungen distanziert,
um als Volkspartei neue Wählerschichten zu gewinnen. |
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1960
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Juni. Zusammenschluss von
Nicht-EWG-Staaten (Dänemark, Schweden, Norwegen, Großbritannien, Österreich,
Schweiz, Portugal) zur EFTA (European Free Trade Association). Sie sieht einen stufenweisen
Abbau der Zollschranken zwischen den Mitgliedsstaaten vor.
Sep. Walter Ulbricht erlangt in der DDR als Staatsratsvorsitzender und Parteichef die entscheidende Machtstellung. |
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1961
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Juni. Chruschtschow stellt bei einer Begegnung mit dem
US-Präsidenten Kennedy in Wien diesen vor die Alternative: Frieden mit beiden deutschen Staaten oder
Separatfrieden der UdSSR mit der DDR. Er verlangt erneut die
Umwandlung Westberlins in eine neutrale Stadt. Demgegenüber fordert Kennedy den Verbleib der Westmächte in
Westberlin, uneingeschränkte Verkehrsverbindung und
Erhalt der Lebensfähigkeit der Stadt (3 Essentials).
13.8. Berlinkrise. Die schlechte Wirtschaftslage und die
anhaltende Fluchtbewegung der Bevölkerung in den Westen (seit 1949 über 3 Mio Flüchtlinge) führen mit
Zustimmung der UdSSR zum Bau der Mauer in Berlin, zur Unterbindung des
innerstädtischen Verkehrs, zur Zwangsräumung der Grenzzonen, zur Errichtung von
Grenzsicherungsanlagen und zum Schießbefehl. Der Westen verzichtet auf ein
Eingreifen in Berlin, bestätigt aber die Sicherheitsgarantien für die Bundesrepublik und Westberlin. Die
UdSSR gibt das Berlin-Ultimatum und die Drohung mit
einem Separatfrieden auf. Die deutsche Frage muss sich
seitdem mehr und mehr den globalen Entspannungsbemühungen einfügen. Die »Politik der Stärke« ist gescheitert.
Wirtschaft und Staat der DDR stabilisieren sich.
Dez. Umwandlung der OEEC in die OECD (Organization
of Economic Cooperation and Development) durch Beitritt der USA und Kanadas. In den folgenden Jahren
schließen sich Japan, Finnland, Australien und Neuseeland
an. Sie wird zu einem Zusammenschluss der wichtigsten
westlichen Industriestaaten. |
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1962 |
Der Plan Kennedys von einer »Atlantischen Partnerschaft«
mit einem geeinten Europa scheitert am Konzept des französischen Staatspräsidenten de Gaulle (1890-1970) vom
»Europa der Vaterländer«. Er erstrebt einen Bund souveräner europäischer Staaten unter französischer Führung
neben den beiden Weltmächten. Damit tritt die europaische Idee Schumans, Churchills, de Gasperis und Adenauers
aus den ersten Nachkriegsjahren, die eine volle Integration forderten in den
Hintergrund
- es wird deutlich, dass die
Vorstellung eines Vereinigten Europas nicht zu verwirklichen ist. Die Versuche Großbritanniens und anderer
EFTA-Staaten, der EWG beizutreten, scheitern am Einspruch Frankreichs. |
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1963
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Jan. Der deutsch-französische Vertrag
Quelle beendet die traditionellen Gegensätze der beiden Staaten. Es werden
regelmäßige Konsultationen über außenpolitische Fragen vereinbart. Damit
soll nach französischer Auffassung die Bundesrepublik als Gegengewicht zu
den USA stärker an Frankreich gebunden werden und die Mitsprache Frankreichs in
der Lösung der deutschen Frage erhalten bleiben.
Okt. Rücktritt Adenauers. Nachfolger wird der bisherige
Bundeswirtschaftsminister Ludwig Erhard, CDU (1897-1977). Mit der Errichtung von Handelsvertretungen in
Ostblockstaaten durchbricht die Bundesregierung die Hallsteindoktrin. |
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1965
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Apr. Zusammenschluss der europäischen Institutionen zur
EG (Europäische Gemeinschaft) mit gemeinsamer Kommission und gemeinsamem Rat. |
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1966
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März. Mit einer Friedensnote der Bundesregierung an die
osteuropäischen Staaten und dem Angebot von Gewaltverzichtsabkommen wird eine neue deutsche Ostpolitik
eingeleitet.
Nov. Auseinandersetzungen um die Ost-, Deutschlandund Entspannungspolitik sowie wirtschaftliche
Rückschläge führen zum Rücktritt Erhards.
Dez. Bildung der »Großen Koalition« unter dem Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger, CDU und Willi
Brandt, SPD, als Außenminister. Sie versucht
den Wandel der Ost- und Deutschlandpolitik durch Annäherung. Das Angebot eines Gewaltverzichts an die DDR
und die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zu Rumänien und Jugoslawien sind erste Schritte dazu. |
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1967
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Feb. In der DDR wird das
Staatsbewusstsein durch Einführung einer eigenen DDR-Staatsbürgerschaft gestärkt. |
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1968
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Mai. Der Bundestag billigt die Notstandsgesetze, die in
bestimmten Fällen bei innerer und äußerer Bedrohung
wirksam werden und die Möglichkeit bieten, einzelne Artikel des
Grundgesetzes außer Kraft zu setzen. Damit werden die alliierten Vorbehalte aus dem Deutschlandvertrag
abgelöst. Die außerparlamentarische Opposition (APO) gegen das starke Übergewicht der »Großen Koalition« im
Bundestag und deren Notstandsgesetze erreicht den Höhepunkt ihrer öffentlichen Wirksamkeit. |
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1969
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März. Gustav Heinemann, SPD (1899-1976), wird neuer
Bundespräsident.
Sep. Nach den Bundestagswahlen kommt es zur Bildung
einer Koalitionsregierung aus SPD und FDP (Sozialliberale
Koalition) unter Bundeskanzler Willi Brandt, SPD, und
Walter Scheel, FDP. Ziel der Außenpolitik: Verständigung mit dem Osten und
der DDR durch Verhandlungen als Teil der Entspannungspolitik. Erste Schritte
dazu sollen die Zusicherung »menschlicher Erleichterungen« und die Festlegung rechtsverbindlicher Formen im
Nebeneinander der beiden deutschen Staaten unter Wahrung der Rechte der Alliierten in Deutschland sein. |
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1970
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März-Mai. Treffen zwischen Bundeskanzler Brandt und
Ministerpräsident Willi Stoph in Erfurt und Kassel.
Aug. Moskauer Vertrag zwischen der UdSSR und der
Bundesrepublik: Gegenseitiger Verzicht auf Gewaltandrohung und -anwendung, Anerkennung der Unverletzlichkeit
aller bestehenden europäischen Grenzen. Quelle
Dez. Warschauer Vertrag zwischen Polen und der Bundesrepublik: Anerkennung der polnischen Westgrenze (Oder-Neiße-Grenze) und deren Unverletzlichkeit, Verzicht auf
gegenseitige Gebietsansprüche, Ausreisemöglichkeit für
Volksdeutsche aus Polen auf Antrag. Quelle |
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1971
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Mai. Rücktritt Walter Ulbrichts als 1. Sekretär des ZK der
SED - Nachfolger Erich Honecker.
Sep. Viermächte-Abkommen über Berlin: Zusicherung des
freien Transitverkehrs zwischen Westberlin und der Bundesrepublik und der Bindungen Westberlins an die
Bundesrepublik durch die UdSSR, jedoch Erhalt des besonderen Status von
Westberlin=> |
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