2. Schulaufgabe in Geschichte
18.Mai 2000
Gk g Neubig-Scherf
Aus der Rede des Reichskanzlers Müller, der
zu den Unterzeichnern des Versailler Vertrages (Delegation Erzberger) gehörte,
und den Aufzeichnungen des britischen Botschafters d'Abernon
Ich mache kein Hehl daraus, daß mich der
Stand der Abrüstungsfrage mit ernster Sorge erfüllt... Die Entwaffnung
Deutschlands darf nicht länger bestehen als der einseitige Akt der den Siegern
des Weltkrieges in die Hand gegebenen Gewalt. Es muß endlich zur Erfüllung des
vertraglichen Versprechens kommen, daß der Entwaffnung Deutschlands die
allgemeine Abrüstung folgen soll. Es darf einfach nicht dazu kommen, daß der
große Aufstieg, der mit der Errichtung des Völkerbundes begonnen hat, sich in
einen Abstieg verwandelt, der uns sicher auf ein tieferes Niveau des
internationalen Lebens führen würde, als es vorher bestand... Der Mann aus dem
Volke denkt einfach und denkt deshalb richtig. Er liest, daß die Regierungen
sich feierlich auf die Erhaltung des Friedens verpflichten, und er sieht
andererseits, daß diese Regierungen gleichwohl an ihren alten Machtpositionen
festhalten und neue zu gewinnen suchen. Er liest, daß bei internationalen
Verhandlungen in beredten Worten das gegenseitige Vertrauen der Staaten
zueinander proklamiert und die gegenseitige Verständigung der Völker als
Ereignis gefeiert wird, und er sieht andererseits, daß in der Praxis die Dinge
beim alten bleiben, daß es nicht einmal gelungen ist, die aus dem Weltkrieg
herrührenden Schranken völlig zu beseitigen. So ist es nicht verwunderlich,
wenn er schließlich dazu kommt, ein doppeltes Gesicht der internationalen
Politik zu konstatieren. In der Tat, es ist unmöglich, in der Politik auf
beiden Wegen zugleich zu wandeln. Die Regierungen müssen es über sich
gewinnen, sich für einen der Wege zu entscheiden, und es kann nicht zweifelhaft
sein, auf welchen die Wahl fallen muß, wenn die Menschheit und ihre Kultur
glücklich fortschreiten sollen. Das ist keine leere Ideologie, es ist
Realpolitik im besten Sinne des Wortes.
Richard Freyh, Stärke und Schwäche der Weimarer Republik.
Hefte zum Zeitgeschehen, H. 3, 1960, S.38
Lord d'Abernon Über das Verhalten der
alliierten Regierungen gegenüber Deutschland, Juli 1925
Während der ganzen Verhandlungen seit dem Jahr 1920 haben die
alliierten Regierungen es nicht genügend berücksichtigt, daß man den
deutschen Ministern positive Erfolge geben müßte, um ihre Stellung im
Reichstag zu festigen.
D'Abernon-Memoiren,Bd.III,S.206
1.1 Fassen Sie die Aussagen Müllers in Thesen zusammen! (4
BE)
1.2 Erläutern Sie die im Text angesprochene Problematik. (10 BE)
1.3 Nennen Sie dabei die angesprochenen Verträge und die entsprechenden
Bestimmungen! (8 BE)
2 Stellen Sie die Position des englischen Botschafters in Berlin dar. Erklären
Sie diese. (8 BE)
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