Material für den Geschichtsunterricht am Städtischen Louise-Schroeder-Gymnasium in München

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Deutsch-Französischer Krieg 1870/71

   

Preußens erfolgreiche Kriege gegen Dänemark (1864) und Österreich (1866) ließen Frankreich in die preußische Politik eingreifen, ohne daß Napoleon III. militärische Beteiligung noch wirksam hätte androhen und Kompensationsansprüche durchsetzen können. Napoleon vermittelte am 13./14. Juli 1866 die von Bismarck diktierten Friedensbedingungen für Österreich: (u. a.) Neuordnung Deutschlands ohne österreichische Beteiligung, Errichtung eines Norddeutschen Bundes unter preußischer Führung und eines unabhängigen Südbundes. Am 22. Juli stimmte Napoleon auch der preußischen Annexion von Hannover, Kurhessen, Nassau und Frankfurt zu. Dafür erklärte Bismarck die vorläufige Beschränkung preußischer Vorherrschaft auf Norddeutschland, band aber die süddeutschen Staaten durch geheime Schutz- und Trutzbündnisse und neue Zollvereinsverträge an den preußisch beherrschten Norden.
Frankreich hatte Preußens Aufstieg in Deutschland und als bestimmende Konkurrenz auf dem europäischen Kontinent nicht verhindern können. Offensichtliches Ausgreifen über Norddeutschland hinaus drohte zum Krieg mit Frankreich zu führen.
Die spanische Thronfolge brachte Preußen und Frankreich wieder miteinander ins Spiel. Seit September 1868 suchte die provisorische spanische Regierung einen Kandidaten für die Nachfolge der Königin Isabella II., die von Heer und Marine gestürzt worden war. Marschall Prim bot den spanischen Thron auch dem Erbprinzen Leopold von Hohenzollern-Sigmaringen an. In den Geheimverhandlungen unterstellte sich in dieser Frage das Haus Sigmaringen dem Befehl des Königs von Preußen, der führenden Kraft innerhalb des hohenzollernschen Hausverbandes. Preußens Ministerpräsident, Otto von Bismarck, sprach sich für die Kandidatur aus, um einen Verbündeten in Frankreichs Rücken zu haben, der deutschen Industrie einen Absatzmarkt zu sichern, das Haus Hohenzollern zum führenden Herrscherhaus in Europa zu machen und über dieses Ansehen dessen Akzeptanz als zukünftige nationale Dynastie in ganz Deutschland zu erhöhen. König Wilhelm sah zu große Gefahren für die Hohenzollernfamilie und für Preußen. Der König gab nicht den Befehl, und Prinz Leopold lehnte die Kandidatur leichten Herzens ab, wenig später auch sein jüngerer Bruder Friedrich (Mai 1870). Bismarck gelang es aber, das Haus Sigmaringen darin zu bestärken, der preußischen Staatsräson zu dienen, d.h. die Kandi-datur des Prinzen Leopold zu erneuern. König Wilhelm fügte sich in die mit ihm nicht abgesprochene Politik Bismarcks: "Die Zukunft allein kann uns belehren, ob wir Gottes Willen getan haben".
Bismarck wollte Frankreich diplomatisch isolieren, Napoleons Stellung in Frankreich schwächen und diese Zeit für seine nationale Einigungspolitik nutzen, ohne Frankreich einen Vorwand zu geben, deswegen gegen Preußen diplomatisch und militärisch vorzugehen. Bismarcks Plan, Frankreich zu überraschen, scheiterte, weil die Kandidatur vorzeitig bekannt wurde. Seiner Erklärung, Preußen habe mit der Familienangelegenheit des Hauses Hohenzollern-Sigmaringen nichts zu tun, wurde in Paris kein Glauben geschenkt, führte aber in Sigmaringen zum Verzicht auf die spanische Krone. König Wilhelm hatte sich für den Verzicht ausgesprochen, die Entscheidung aber dem Haus Sigmaringen überlassen. Europäische Fürsten hatten zum Verzicht gedrängt, um Europa den Frieden zu erhalten.
Die französische Regierung wollte mehr: die Zusage des Königs von Preußen, "niemals wieder (seine) Zustimmung zu geben, wenn die Hohenzollern auf ihre Kandidatur zurückkämen". Frankreichs Botschafter Benedetti hatte so den König auf der Kurpromenade in Bad Ems angesprochen. Der "wies ihn zuletzt, etwas ernst, zurück, da man a tout jamais dergleichen Engagements nicht nehmen dürfe noch könne. Und er ließ ihm mitteilen, daß er vom Fürsten (Bismarck) die Bestätigung der Nachricht erhalten, die Benedetti aus Paris schon gehabt, und dem Botschafter nichts weiter zu sagen habe". Der König ließ Bismarck freie Hand, die "Emser Depesche" (13. Juli 1870) mit diesen Aussagen zu veröffentlichen. Der "Fürst" befürchtete Preußens Demütigung, kürzte den Text und machte aus der Ablehnung eines erneuten Empfangs ein letztes Wort des Königs: "Seine Maj. ... hat es ... abgelehnt, den Franz. Botschafter nochmals zu empfangen, und demselben durch den Adjutanten vom Dienst sagen lassen, daß s. Majestät dem Botschafter nichts weiter mitzutheilen habe".
Am 19. Juli 1870 erklärte Frankreich Preußen den Krieg, den nun beide Regierungen gewollt haben, erstere, um Preußen zu schwächen, und letztere, um Deutschlands Einigung unter preußischer Führung durchzusetzen, auf beiden Seiten getragen von nationaler Begeisterung und vom Glauben an die deutsch-französische Erbfeindschaft (vgl. die Anm. 45 und 146). Am 1. September wurde Napoleon III. gefangengenommen (Schlacht bei Sedan), am 4. September war Frankreich Republik, am 18. Januar 1871 König Wilhelm Deutscher Kaiser und damit das Deutsche Reich gegründet. Am 10. Mai 1871 hatte Frankreich den Krieg verloren, gedemütigt auf eigenem Boden durch den Verlust von Elsaß und Lothringen, durch die deutsche Kaiserproklamation im Schloß von Versailles und durch den Verlust von Vorherrschaft und Gleichgewicht im kontinentalen Westeuropa: "Heil euch im Siegerkranz / Streiter des Vaterlands! / Gott war mit euch. / Glorreich in Wacht und Schlacht / Bracht ihr des Erbfeinds Macht, / Halft in verjüngter Pracht / Bauen das Reich", dichtete Emanuel Geibel zum "Einzug der Sieger". 

 

 
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