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Biographie
Am 26. November 1885 wird Heinrich Brüning
als Sohn eines Essigfabrikanten und Weinhändlers in Münster geboren. Er
studiert Geschichte, Rechtswissenschaft und Volkswirtschaft und erwirbt
das Staatsexamen für das höhere Lehramt. Er ist Kriegsfreiwilliger im 1.
Weltkrieg und erlangt Offiziersrang.1919 wird er persönlicher Referent
von Adam Stegerwald und nur ein Jahr später Geschäftsführer des
Christlichen Deutschen Gewerkschaftsbundes. Nachdem er 5 Jahre als
Reichsabgeordneter für die Zentrumspartei tätig war wird Brüning
am 5.Dezember 1929 als Fraktionsvorsitzender in den Reichstag gewählt.
Ernennung zum Reichskanzler eines
Präsidialkabinetts
Am 30.März 1930 wird Heinrich Brüning durch Paul von Hindenburg, den
Reichspräsidenten, Reichskanzler. Dieser hatte ihn am 28. März mit der
Regierungsbildung beauftragt. (Vor dem Bruch
der Großen Koalition hatte Brüning versucht die Regierung Müller
durch einen Kompromissvorschlag zu retten, diesem wurde allerdings nicht
zugestimmt.)
Brüning bildet ein Kabinett, das nicht mehr von einer
Koalitionsmehrheit und damit vom Reichstag abhängig war, sondern nur vom
Vertrauen des Reichspräsidenten von Hindenburg. Brünings und Hindenburgs
Vorstellung war, dass auch noch politische Entscheidungen getroffen werden
konnten wenn das Parlament nicht mehr fähig war, die Politik des
Reichskanzlers und des Reichspräsidenten zu tragen. Sie nahmen auch in
Kauf, dass diese Verfahren gegen die Prinzipien der parlamentarischen
Demokratie richtete. Das Kabinett setzte sich aus Angehörigen der
Parteien der bürgerlichen Mitte, meist Mitgliedern der Regierung Hermann
Müllers zusammen. Arbeitsminister wurde Adam Stegerwald. Brünings
Konzept "mehr Macht dem Reichspräsidenten" war insbesondere
auch das Verfassungsziel der Volkskonservativen. Von der
Sozialdemokratischen Partei Deutschland wird das Kabinett erst später
toleriert um Schlimmeres zu verhindern, denn bei den Wahlen im Jahr 1930
verzehnfachte die NSDAP die Zahl ihrer Sitze.
Deflationspolitik
Das zunächst dringendste Problem war der Ausgleich der
Staatsfinanzen. Denn die Krise der US-Wirtschaft schwappte nach Europa
über, da die USA die kurzfristigen Kredite an Deutschland (vgl.
Dawes-Plan zur Regelung der Reparationen) zurückforderten. Der Staat
musste bezahlen, hatte aber seinerseits die Kredite langfristig an
deutsche Unternehmen weitergegeben, um die Wirtschaft anzukurbeln. Jetzt
drohte Deutschland wie nach dem ersten Weltkrieg riesige Schulden. Brünings Politik war auf eine Deflationspolitik
(=Geldwertsteigerungspolitik) gerichtet, die auf eine Sanierung der Reichsfinanzen und auf einen
ausgeglichenen Staatshaushalt zielten. Deflationspolitik bedeutet in der
Praxis radikale Kürzung
der Staatsausgaben auf der einen Seite und Erhöhung der Steuern auf der
anderen. Dies musste allerdings zu einer Steigerung der Arbeitslosenzahlen
führen, da alle Staatsinvestitionen aufgegeben wurden. Brüning legte sein Finanzprogramm dem Reichstag vor, nachdem
erste Sanierungsmaßnahmen nur eine schwache Mehrheit gefunden hatten.
Diese Vorlage wurde entschieden abgelehnt. (Durch Stimmen der KPD, SPD,
NSDAP und des größten Teils der Deutschnationalen).
Nun griff Brüning auf Artikel 48 der Weimarer Verfassung zurück und erließ zwei
Notverordnungen. Notverordnungen konnten gemäß Artikel 48 vom Reichstag
außer Kraft gesetzt werden. Dies geschah auf Antrag der SPD. Brüning
hatte sich, für den Fall der Ablehnung seiner Notverordnungen, durch
Hindenburg bevollmächtigen lassen den Reichstag (nach Artikel 23) aufzulösen. Dies
geschah am 18. Juli 1930. Neuwahlen wurden für den 15. September
angesetzt. Bei den Septemberwahlen zeigte sich dass die Reichtagsauflösung
vom 30.7. ein Fehler gewesen war. Sie brachten den radikalen
Parteien (KPD, DNVP und NSDAP) erhebliche Zugewinne. Im Reichstag konnte keine
positive Mehrheit mehr gebildet werden. Die SPD wagte nicht
mehr die Aufhebung der Verordnungen zu verlangen, da die allgemeine Angst
vor einer rechtsradikalen Nachfolge Brünings wuchs. So konnte Brüning
seine Politik mit Hilfe unzähliger Notverordnungen weiterführen, eine
parlamentarisch tolerierte Präsidialregierung (manche sagen
Präsidialdiktatur) entstand.
Bis 1932 stieg die Arbeitslosigkeit durch die deflationspolitik auf 6 Millionen. Brüning erwartete
den Rückgang der Arbeitslosigkeit aber von einer generellen
wirtschaftlichen Erholung und nicht von gezielten Maßnahmen. So blieb er
bei der Deflationpolitik, die allein auf die Wahrung der
Währungsstabilität und ein Gesundschrumpfen der Industrie setzte. Seine Angst oder sein Trauma war, dass sich
die Inflation von 1923 wiederholen könnte. Seine Sparpolitik hinterließ
den Nachfolgern bei extrem hoher Arbeitslosigkeit eine solide
Staatsfinanzierung ohne Schulden. Gab
es Alternativen zu dieser Politik
Außenpolitisch konnte Brüning den Aufschub und Abschluss der Reparationsfrage
bewirken.
Ein Projekt zur festerer politischer Zusammenarbeit der europäischen
Staaten lehnte Brüning jedoch ab, da er fürchtete dass die Zustimmung
zur europäischen Föderation gleichzeitig der Verzicht auf eine Revision
der Ostgrenzen aus dem Versailler Vertrag bedeutete.
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