Der Zeitungsmarkt in der Weimarer Republik – Schwerpunkt Berlin (1928)



Unter den Massenmedien, die in der Weimarer Republik eine rasante Entwicklung erlebten, behielt die Presse ihre Spitzenstellung: 1928 erschienen 3356 verschiedene Tageszeitungen (davon 147 in Berlin); allerdings wurden nur 26 in mehr als 100 000 Exemplaren gedruckt. Die „Berliner Illustrirte Zeitung“ („B. I. Z.“) erreichte 1930 eine Auflage von 1,9 Millionen, die „Münchner Illustrierte Presse“ immerhin 650 000.


Der Berliner Zeitungsmarkt

Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs und der Befreiung vom Militarismus erlebte Berlin einen Aufschwung aller geistigen, künstlerischen und gesellschaftlichen Kräfte. Berlin entwickelte sich zu der größten und vielfältigsten Zeitungsstadt der Welt. Nach dem Ende des Krisenjahres 1923 setzte eine stürmische Ausdehnung auf dem Gebiet des Zeitschrif-tenwesens ein. Mit dem Aufkommen der Massenpresse entstanden erstmals Großverlage, die auch Zeitschriften verlegten und neue Pressetypen wie die Illustrierte und die Boulevardzeitung hervorbrachten (Mosse, Ullstein, Scherl, Hugenberg).

In der Millionenstadt Berlin war nicht nur der Einfluss aus dem Westen vertreten, sondern auch der kommunistisches Gedankengut drang in die Berliner Zeitungswelt. Ein Beispiel ist „Die Rote Fahne“, die Tageszeitung der Kommunistischen Partei. Außerdem fand Willi Münzberg u.a. mit zwei Tageszeitungen („Berlin am Morgen“ und „Welt am Abend“) weit über die kommunistisch organisierte Arbeiterschaft hinaus Verbreitung.  
Am 19. Januar 1919 tritt die „Neue Berliner Zeitung“ (später umbenannt in das „12-Uhr-Blatt“) mit der Sensationsnachricht von der Ermordung Karl Liebknechts und Rosa Luxemburgs in Erscheinung. 
Auch der Hugenberg-Konzern erfuhr während der Goldenen Zwanziger einen gewaltigen Zuwachs an Macht und Einfluss. Neben den bereits etablierten Tageszeitungen des Scherl-Verlags, dem „Berliner Lokal Anzeiger“ und dem „Tag“, brachte Hugenberg ab 1921 den „Montag“ (bezeichnete sich selbst als einzige rechtsstehende Montagszeitung Berlins und war als Konkurrenz zur Ullsteinschen liberalen „Morgenpost“ gedacht) auf den Markt.
1910 geht die „Nationalzeitung“ im „8-Uhr-Blatt“ auf und wird zum ersten Spätabendblatt von Berlin. 1922 bringt Hugenberg ebenfalls ein Spätabendblatt heraus, die „Nachtaus-gabe“. Anfangs ein ausgesprochener Misserfolg (mit einer Auflage von 30.000), setzte ab 1925 ein steiler Aufstieg ein und 1929, auf der Höhe der Berliner Zeitungskonjunktur, überflügelte die „Nachtausgabe“ (mit einer Auflage von 200.000) sogar das „8-Uhr-Blatt“ und die „B.Z. am Mittag“.       
1923 erscheint zum ersten Mal der linksdemokratische „Montag Morgen“ und damit die journalistisch weitaus beste der Berliner Montagszeitungen. Einer der Mitbegründer, der Wirtschaftsjournalist Leopold Schwarzschild, entwickelte sich zu einem der gefürchtetsten Journalisten Berlins.

Anspruchsvolle Kultur fand ihren Ausdruck in den zwanziger Jahren hauptsächlich auf den Feuilletonseiten der angesehenen liberalen, überregionalen Tageszeitungen („Vossische Zeitung“, „Frankfurter Zeitung“) und in literarisch-politischen Zeitschriften („Die Weltbühne“, „Neue Rundschau“, „Die Linkskurve“ ).

In den Goldenen 20iger Jahren hatte ein starker Aufschwung der Massenmedien statt-gefunden. Neugründungen und Verschmelzungen mit schon existierenden Zeitungen sind sehr charakteristisch für diese Zeit (vor allem in Berlin). Es bildete sich eine lebhafte Konkurrenz der verschiedenen Zeitungen u.a. aus den vier großen Verlagen. Mit der Gründung von neuen Zeitungen bzw. Zeitungstypen (Wochenzeitungen; Zeitungen, die zu verschiedenen Tageszeiten erschienen; usw.) versuchte man, Leser der anderen Seite zu gewinnen. Neue Ideen einer Zeitung wurden von den anderen teilweise übernommen (Die Idee von Ullsteins „Grüne(r) Post“ (Zeitung gedruckt auf blassgrünem Papier) wurde von den Nationalsozialisten mit der detailgetreuen „Braune(n) Post“ versucht nachzu-ahmen). Wegen parteipolitischer, ideologischer oder wirtschaftlicher Bindungen infor-mierten Zeitungen nur sehr einseitig oder unzulänglich. Die politisch führenden Zeitungen – Vossische Zeitung, Berliner Tageblatt, Frankfurter Zeitung – hatten eine viel zu geringe Auflage, um die Breite zu erreichen, außerdem waren sie zum Teil von anderen Verlagsobjekten abhängig.
In der Blütezeit des Zeitungsmarkts in Berlin um 1928 hatte der „Pressezar“ Hugenberg bereits den größten Einfluss durch den Besitz von Verlagen, Nachrichtendiensten usw. erlangt. Er dominierte den Berliner Zeitungsmarkt bis zur Machtergreifung Hitlers (1933), bis er dann, mittlerweile ohne jeden politischen Einfluss, von den Nationalsozialisten zum Verkauf seines Pressekonzerns und zur Verstaatlichung der Ufa sowie des Scherl-Verlags gezwungen wurde.


Entstehung der ersten Nachrichtendienste

In den Zwanziger Jahren kam verstärkt das Phänomen der Maternkorrespondenz auf. Hierunter versteht man die Belieferung von Kreis- und Heimatblättern mit Nachrichten-material aus den Großstädten. Diese Zeitungen brauchten damit nur noch ihren lokalen Teil selbst zu gestalten, alles weitere wie Nachrichten, Leitartikel, Marktberichte, Unterhaltungsbeiträge etc. wurde täglich bereits fertig gemartert geliefert. Davon versprachen sich die "Provinzzeitungen" besser mit den großen Blättern mithalten zu können und gleichzeitig konnten sie Kosten und Arbeit sparen. Besonders bekannt war die Berliner Maternkorrespondenz von Anton Levin. Dieses "Zentralbureau für die deutsche Presse" vertrat eine weitgehend unpolitische Haltung. Hugenberg erkannte, welche Möglichkeiten in der Maternkorrespondenz lagen und gründete er 1922 die "Wirtschaftsstelle der Provinzpresse" (kurz Wipro) mit Sitz in Berlin. Weiterhin besaß Hugenberg die Nachrichtenagentur "Telegraphen-Union". Im Jahr 1928 war die Telegraphen-Union so mächtig geworden, dass sie sogar einen allgemeinen Weltnachrichtendienst betreiben konnte, den TU-Pressefunk mit eigenem Sender. Nur sehr wenige der großen deutschen Tageszeitungen konnten es sich leisten, den TU-Dienst bis zuletzt zu meiden.


Die Entwicklung des Hugenberg-Konzerns (wichtige Stationen)

Alfred Hugenberg, Sohn eines Schatzrates und Mitglieds im preußischen Landtag, pflegte schon vor seiner Karriere als Wirtschaftsführer und Politiker Kontakte zur Wegener Gruppe, die rassistisches Gedankengut schürte. Er sah es als seine Aufgabe dieses Gedankengut zu verbreiten.
Schon 1913 war Hugenberg am deutschen Nachrichtenwesen interessiert, weil er darin eine gute Möglichkeit sah sein Gedankengut zu verbreiten. In dieser Zeit kaufte er vier kleinere Nachrichtenbüros und schloss sie zu der "Telegraphen Union GmbH (TU)" zusammen.
1914 gründet er die "Auslands GmbH" sowie die "Auslands Anzeigen GmbH" mit Sitz in Berlin. Sie war für die Anzeigen deutscher Industrieller im Ausland gedacht.
Um sich die Anteilsmehrheit des Scherl-Verlags zu sichern, gründete Hugenberg die „Hanseatische Treuhand GmbH“ und versicherte dem „Deutschen Verlagsverein“ die Tilgung der Schulden zu übernehmen, die das Scherl-Unternehmen aufgebaut hatte (1916). Damit hatte Hugenberg einen Grundstein zum Aufbau seines Konzerns gelegt.
Weiterhin gründete er 1916 die „Allgemeine Anzeigen GmbH“, die mit der Firma „Haasenstein und Vogler“ sowie „Daube und Co.“ fusionierte. Es folgten noch die Gründungen der „VERA“ Verlagsanstalt GmbH (1917) und die der „Mutuum Darlehen Aktiengesellschaft“, einer Zeitungsbank.
1927 kaufte Hugenberg die Universum-Film AG und sanierte sie wirtschaftlich.



Mit dem Ankauf des Scherl-Verlags und der zweitgrößten deutschen Nachrichtenagentur, der Telegraphen-Union, begann der Aufbau des sogenannten Hugenberg-Konzerns, der ein Medienkonglomerat aus Verlag, Nachrichtendiensten, Werbeagenturen, Korrespon-denzdiensten, Filmgesellschaften und zahlreichen Zeitungsbeteiligungen wurde. Der erste „Multimedia-Konzern“ war entstanden. Zu Beginn der zwanziger Jahre übte Hugenberg vor allem über seine Nachrichtendienste einen beherrschenden Einfluss auf die rechtsgerichtete Presse aus.



Quellen: -  http://home.ifkw.uni-muenchen.de/~fskw/zp/21-1-mendelssohn.htm
                Titel:
Exzerpt – Mendelssohn, Peter de: Zeitungsstadt Berlin
            -  http://home.ifkw.uni-muenchen.de/~fskw/zp/21-0-mendelssohn.htm
                Titel: Zeitungsstadt Berlin
             -  http://www.dhm.de/lemo/html/biografien/HugenbergAlfred/               
                Biographie: Alfred Hugenberg, 1865-1951
             -  http://www.bpb.de/info-franzis/info_261/body_i_261_3.html
                Informationen zur politischen Bildung (261)
             -  http://www.hausarbeiten.de/rd/archiv/kw/kw-pressegeschichte.shtml
                Die Pressegeschichte, Autor: Patrick Hammer, 1998