Die Rote Fahne
Mitteilungsblatt des Stuttgarter Arbeiter- und
Soldatenrates
Nr. 1 Stuttgart, 5. November 1918
Die Forderungen des Arbeiter- und Soldatenrates
1. Sofortiger Waffenstillstand und Abschluß des
Friedens durch den Arbeiter- und Soldatenrat.
2. Abdankung aller Dynastien, einschließlich
Wilhelm II. von Württem-berg.
3. Auflösung des Landtags und des Reichstags. Die
Regierung übernehmen sofort zu wählende Delegierte der Arbeiter,
Soldaten, Kleinbauern und der Landarbeiter.
4. Sofortige und vollständige Aufhebung des
Belagerungszustandes. Aufhebung jeder Zensur, volle Preßfreiheit;
Aufhebung des Hilfsdienstgesetzes.
5. Sofortige Freilassung aller politisch
Inhaftierten und aller Militärgefangener ohne Ausnahme in Württemberg
und im Reich.
6. Banken und Industrien sind zugunsten des
Proletariats zu enteignen.
7. Annullierung der Kriegsanleihen von 1000 Mark
aufwärts.
8. 7stündige Arbeitszeit; Festsetzung von
Mindestlöhnen durch die Arbeiterausschüsse. Gleiche Löhne für
männliche und weibliche Arbeiter.
9. Streiktage sind voll zu bezahlen.
10. Durchgreifende Umgestaltung des Heerwesens,
nämlich
a) Verleihung des Vereins und Versammlungsrechts an
die Soldaten in dienstlichen und außerdienstlichen Angelegenheiten;
b) Aufhebung des Disziplinarstrafrechts der
Vorgesetzten; die Disziplin wird durch Soldatendelegierte
aufrechterhalten;
c) Abschaffung der Kriegsgerichte;
d) Entfernung von Vorgesetzten auf
Mehrheitsbeschluß der ihnen Untergebenen hin;
11. Abschaffung der Todesstrafe und der
Zuchthausstrafe für politische und militärische Vergehen.
12. Übergabe der Lebensmittelverteilung an
Vertrauensleute der Arbeiter.
In: lernen subversiv, Geschichte: Weimarer Republik,
S. 20
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