Forderungen verschiedener Soldatenräte

 

8.11.1918, Forderungen des Lahrer Soldatenrats

1. Freilassung sämtlicher inhaftierten politischen Gefangenen und der wegen leichten disziplinarischen Vergehen Verurteilten. Entehrende Strafen sind nicht einbegriffen. Zuteilung von 2 Beisitzern von der Seite der Soldaten zum Militärgericht.

2. Vollständige Rede- und Pressefreiheit, auch in den Kasernen. Politische Beeinflussung mittels Dienstgewalt nicht statthaft. Vorträge des sogenanten vaterländischen Unterrichts fallen weg.

3. Sachgemäße Unterbringung und Behandlung der Mannschaften durch die Vorgesetzten in den Kasernen.

4. Straffreier Verkehr sämtlicher Kameraden untereinander.

5. Tansporte ins Feld unterbleiben, bis die Unterhandlungen über Waffenstillstand abgeschlossen sind.

6. Alle Schutzmaßnahmen mit Blutvergießen haben zu unterbleiben, fremde Truppenteile sind sofort zurückzuziehen.

7. Alle Maßnahmen zum Schutz des Privateigentums und gegen undisziplinarische Ausschreitungen werden vom Soldatenrat selbst getroffen und festgesetzt. Von jeder Formation sind ständige Patrouillen von fünf Mann bestimmt, die durch weiße Binden kenntlich gemacht sind, gegen alle Ausschreitungen vorzugehen. Diese tragen vorläufig keine Schußwaffen.

8. Es gibt außer Dienst keine Vorgesetzten, der Gruß außer Dienst ist kameradschaftlich und ohne Zwang. Der außerdienstliche Verkehr zwischen dienstlichen Vorgesetzten und Untergebenen soll kameradschaftlich sein.

9. Unbeschränkte persönliche Freiheit jedes Mannes von Beendigung des Dienstes bis nun Wiederbeginn desselben. Um 10 Uhr nachts hat jeder Soldat in der Kaserne zu sein. Urlauber werden in weitgehendstem Maße berücksichtigt. Begründeten Gesuchen, außerhalb der Kasernen wohnen zu dürfen, muß stattgegeben werden.

10. Jeder Angehörige der Zentralkommission, deren Zahl noch festgesetzt wird, sowie die den einzelnen Kompanien und Batterien zugeteilten Vertrauensleute sind vollständig dienstfrei. Die Immunität dieser Leute wird zugesichert. Angehörige der Zentralkommission und die Vertrauensleute können nur von Soldaten gewählt werden. Eine Versetzung ist unmöglich.

11. Alle in Zukunft nötigen Maßnahmen sind durch Mitglieder der Zentralkommission zu prüfen.

12. Alle Vorgesetzten, welche mit diesen Maßnahmen einverstanden sind, werden als Kameraden begrüßt, wer damit nicht einverstanden sind, hat den Dienst zu quittieren.

Heinz, Revolution

4. November 1918: SPD: Schleunigst Frieden

Arbeiter! Parteigenossen!

Durch unterschriftlose Flugblätter und durch Agitation von Mund zu Mund ist an Euch die Aufforderung ergangen, in den nächsten Tagen die Betriebe zu verlassen und auf die Straße zu gehen.

Wir raten Euch dringend, dieser Aufforderung nicht zu folgen.

Wie Ihr alle wißt, befindet sich die sozialdemokratische Partei im Zuge einer sehr wichtigen Aktion. Sie hat einige Genossen in die Regierung entsandt, damit diese schleunigts Frieden schließen und im Innern alle bürgerlichen Freiheiten herstelle, deren die Arbeiterklasse zu ihrer weiteren Entwicklung bedarf.

Seit dem Eintritt unserer Genossen in die Regierung hat diese an die Gegner ein Angebot gerichtet, das in kürzester Zeit zu Waffenstillstand und Frieden führen muß;

das gleiche Wahlrecht in Preußen durchgesetzt;

dem Reichstag die Stellung der eigentlichen Zentralgewalt im Reiche verschafft und das persönliche Regimentbeseitigt;

die Unterstellung der Militärgewalt unter die Zivilgewalt durchgeführt und damit den Militarismus des stärksten Rückhalts beraubt;

die Preß- und Versammlungsfreiheit erweitert; Liebknecht und viele andere aus dem Gefängnis befreit.

Dies alles genügt uns nicht. . . Wie Ihr alle aus den Zeitungen wißt, hat Genosse Scheidemann im Einvernehmen mit der Partei dem Reichskanzler empfohlen, er möge dem Kaiser raten, zurückzutreten...

 

 

4.11.1918, Forderungen des Kieler Soldatenrats

1. Freilassung sämtlicher Inhaftierten und politischen Gefangenen.

2. Vollständige Rede- und Pressefreiheit.

[3. Aufhebung der Briefzensur.]

4.Sachgemäße Behandlung der Mannschaften durch Vorgesetzte.

5. Straffreie Rückkehr sämtlicher Kameraden an Bord und in die Kasernen.

6. Die Ausfahrt der Flotte hat unter allen Umständen zu unterbleiben.

7. Jegliche Schutzmaßnahmen mit Blutvergießen haben zu unterbleiben.

9. Alle Maßnahmen zum Schutze des Privateigentums werden sofort vom Soldatenrat festgesetzt.

[8. Zurückziehung sämtlicher nicht zur Garnison gehöriger Truppen.]

10. Es gibt außer Dienst keine Vorgesetzte mehr.

11. Unbeschränkte persönliche Freiheit jedes Mannes von Beendigung des Dienstes bis zum Beginn des nächsten Dienstes.

13. Jeder Angehörige des Soldatenrates ist von jeglichem Dienste zu befreien.

14. Sämtliche in Zukunft zu treffenden Maßnahmen sind nur mit Zustimmung des Soldatenrates zu treffen.

12. Offiziere, die sich mit den Maßnahmen des jetzt bestehenden Soldatenrates einverstanden erklären, begrüßen wir in unserer Mitte. Alles übrige hat ohne Anspruch auf Versorgung den Dienst zu quittieren.

Diese Forderungen sind für jede Militärperson Befehle des Soldatenrates.

Der Soldatenrat.

Nach G.A. Ritter/S. Miller, Die deutsche Revolution 1918-1919, Frankfurt 1968, S. 23 in Grundkurse Geschichte (Winklers) S. 230