1. Freilassung sämtlicher inhaftierten
politischen Gefangenen und der wegen leichten disziplinarischen Vergehen
Verurteilten. Entehrende Strafen sind nicht einbegriffen. Zuteilung von
2 Beisitzern von der Seite der Soldaten zum Militärgericht.
2. Vollständige Rede- und Pressefreiheit, auch in
den Kasernen. Politische Beeinflussung mittels Dienstgewalt nicht
statthaft. Vorträge des sogenanten vaterländischen Unterrichts fallen
weg.
3. Sachgemäße Unterbringung und Behandlung der
Mannschaften durch die Vorgesetzten in den Kasernen.
4. Straffreier Verkehr sämtlicher Kameraden
untereinander.
5. Tansporte ins Feld unterbleiben, bis die
Unterhandlungen über Waffenstillstand abgeschlossen sind.
6. Alle Schutzmaßnahmen mit Blutvergießen haben
zu unterbleiben, fremde Truppenteile sind sofort zurückzuziehen.
7. Alle Maßnahmen zum Schutz des Privateigentums
und gegen undisziplinarische Ausschreitungen werden vom Soldatenrat
selbst getroffen und festgesetzt. Von jeder Formation sind ständige
Patrouillen von fünf Mann bestimmt, die durch weiße Binden kenntlich
gemacht sind, gegen alle Ausschreitungen vorzugehen. Diese tragen
vorläufig keine Schußwaffen.
8. Es gibt außer Dienst keine Vorgesetzten, der
Gruß außer Dienst ist kameradschaftlich und ohne Zwang. Der
außerdienstliche Verkehr zwischen dienstlichen Vorgesetzten und
Untergebenen soll kameradschaftlich sein.
9. Unbeschränkte persönliche Freiheit jedes
Mannes von Beendigung des Dienstes bis nun Wiederbeginn desselben. Um 10
Uhr nachts hat jeder Soldat in der Kaserne zu sein. Urlauber werden in
weitgehendstem Maße berücksichtigt. Begründeten Gesuchen, außerhalb
der Kasernen wohnen zu dürfen, muß stattgegeben werden.
10. Jeder Angehörige der Zentralkommission, deren
Zahl noch festgesetzt wird, sowie die den einzelnen Kompanien und
Batterien zugeteilten Vertrauensleute sind vollständig dienstfrei. Die
Immunität dieser Leute wird zugesichert. Angehörige der
Zentralkommission und die Vertrauensleute können nur von Soldaten
gewählt werden. Eine Versetzung ist unmöglich.
11. Alle in Zukunft nötigen Maßnahmen sind durch
Mitglieder der Zentralkommission zu prüfen.
12. Alle Vorgesetzten, welche mit diesen
Maßnahmen einverstanden sind, werden als Kameraden begrüßt, wer damit
nicht einverstanden sind, hat den Dienst zu quittieren.
Heinz, Revolution
Arbeiter! Parteigenossen!
Durch unterschriftlose Flugblätter und durch
Agitation von Mund zu Mund ist an Euch die Aufforderung ergangen, in den
nächsten Tagen die Betriebe zu verlassen und auf die Straße zu gehen.
Wir raten Euch dringend, dieser Aufforderung nicht
zu folgen.
Wie Ihr alle wißt, befindet sich die
sozialdemokratische Partei im Zuge einer sehr wichtigen Aktion. Sie hat
einige Genossen in die Regierung entsandt, damit diese schleunigts
Frieden schließen und im Innern alle bürgerlichen Freiheiten
herstelle, deren die Arbeiterklasse zu ihrer weiteren Entwicklung
bedarf.
Seit dem Eintritt unserer Genossen in die
Regierung hat diese an die Gegner ein Angebot gerichtet, das in
kürzester Zeit zu Waffenstillstand und Frieden führen muß;
das gleiche Wahlrecht in Preußen durchgesetzt;
dem Reichstag die Stellung der eigentlichen
Zentralgewalt im Reiche verschafft und das persönliche
Regimentbeseitigt;
die Unterstellung der Militärgewalt unter die
Zivilgewalt durchgeführt und damit den Militarismus des stärksten
Rückhalts beraubt;
die Preß- und Versammlungsfreiheit erweitert;
Liebknecht und viele andere aus dem Gefängnis befreit.
Dies alles genügt uns nicht. . . Wie Ihr alle aus
den Zeitungen wißt, hat Genosse Scheidemann im Einvernehmen mit der
Partei dem Reichskanzler empfohlen, er möge dem Kaiser raten,
zurückzutreten...
4.11.1918, Forderungen des Kieler
Soldatenrats
1. Freilassung sämtlicher Inhaftierten und
politischen Gefangenen.
2. Vollständige Rede- und Pressefreiheit.
[3. Aufhebung der Briefzensur.]
4.Sachgemäße Behandlung der Mannschaften durch
Vorgesetzte.
5. Straffreie Rückkehr sämtlicher Kameraden an
Bord und in die Kasernen.
6. Die Ausfahrt der Flotte hat unter allen
Umständen zu unterbleiben.
7. Jegliche Schutzmaßnahmen mit Blutvergießen
haben zu unterbleiben.
9. Alle Maßnahmen zum Schutze des Privateigentums
werden sofort vom Soldatenrat festgesetzt.
[8. Zurückziehung sämtlicher nicht zur Garnison
gehöriger Truppen.]
10. Es gibt außer Dienst keine Vorgesetzte mehr.
11. Unbeschränkte persönliche Freiheit jedes
Mannes von Beendigung des Dienstes bis zum Beginn des nächsten
Dienstes.
13. Jeder Angehörige des Soldatenrates ist von
jeglichem Dienste zu befreien.
14. Sämtliche in Zukunft zu treffenden Maßnahmen
sind nur mit Zustimmung des Soldatenrates zu treffen.
12. Offiziere, die sich mit den Maßnahmen des
jetzt bestehenden Soldatenrates einverstanden erklären, begrüßen wir
in unserer Mitte. Alles übrige hat ohne Anspruch auf Versorgung den
Dienst zu quittieren.
Diese Forderungen sind für jede Militärperson
Befehle des Soldatenrates.
Der Soldatenrat.
Nach G.A. Ritter/S. Miller, Die deutsche
Revolution 1918-1919, Frankfurt 1968, S. 23 in Grundkurse Geschichte
(Winklers) S. 230
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