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Ziele des russischen Imperialismus:
Die Ziele des russischen Imperialismus lagen nicht
wie bei den übrigen Kolonialmächten in Übersee. Vielmehr konnte
Russland in Übersee nicht expandieren und so wurde auf dem Kontinent
allmählich sein eigentliches Staatsgebiet ausdehnt, indem
Russland die angrenzenden Gebiete eroberte. Russland sollte eins bleiben
und keine neuen Zentren politischer Gesellschaften in weiter Entfernung
bilden. Seit dem 16. Jahrhundert dehnte sich Russland in vier Richtungen
aus: im fernen Osten, in Mitteleuropa, im Gebiet des Kaukasus und auf
dem Balkan.
Das Ergebnis dieser Politik war ein Imperium, dessen wichtigste
Verbindung ab Mitte des 19. Jahrhunderts die Eisenbahn war. Erst diese
(und der Telegraph) machte die wirtschaftliche und politische
Erschließung der Weiten Asiens möglich. Dies galt besonders für die
Transsibirische Eisenbahn (Bau: 1891-1916). Zusammengehalten wurden die
annektierten Gebiete durch eine straffe Unterordnung gegenüber des
Mutterlandes unter autokratischem Regime, auch wenn die Kolonien
aufgrund des territorialen Zusammenhangs teilweise schwer von ihm zu
unterscheiden waren. Klammer wurde die zwangsweise eingeführte
russische Sprache (sonst fast 120 verschiedene Sprachen im Zarenreich)
und die Religion.
Überseeische Aktivitäten von russischer Seite gab es nur kurzzeitig in
Nordamerika. Einige russische Siedler ließen sich in Kalifornien nieder
und Alaska wurde 1867 für 6,7 Millionen Dollar an die USA verkauft.
Verlauf der Expansion: (einige wichtige Daten)
Beginn: ca. Mitte des 16. Jahrhunderts über den
Ural hinaus
Mitte des 17. Jahrhunderts drangen die Russen in Ostsibirien bis an die
Nordgrenze Chinas vor. Die Folge davon war 1689 der erste bedeutende
Grenzvertrag zwischen China und Russland, der Vertrag von Nertschinsk,
der besagte, dass Russland wieder auf das linke Amurufer verzichten
musste.
1801 unterwirft sich Georgien.
1828/29: In einem russisch-türkischen Krieg besetzt Russland die Donaufürstentümer,
überschreitet den Balkan und erobert Gebiete südlich des Kaukasus.
1829: Nach dem Krieg gehen fast das ganze Donaudelta und ein Teil
Armeniens an Russland (Friede von Adrianopel).
1853-56: Krimkrieg (siehe Philipp)
1858: Russland besetzt das linke Amurufer, und China muß aufgrund eines
"ungleichen Vertrages" die Amurprovinz an Russland abtreten.
1860: Gründung der Hafenstadt Wladiwostok, deren Name übersetzt
"Beherrsche den Osten" heißt und ein gutes Beispiel für das
russische Herrschaftsstreben ist
1864-68: Turkestan, Taschkent und Samarkant werden erobert
1876: Weiterer Vormarsch nach Adischan, Kokan und Ferghana
Seit den 80ern des 19. Jahrhunderts richtete sich der russische
Imperialismus auf Persien, Afghanistan, Singkiang, die Mongolei und die
Mandschurei, was teilweise zu Konflikten mit englischen Interessen in
Indien und im fernen Osten führte. Diese wurden aber in einem
Ausgleichsvertrag (1907) geregelt.
1904/05: Russisch-japanischer Krieg (siehe Philipp)
Die Ideologie des Panslawismus
Panslawismus ist die allslawische Bewegung, die im
19. und frühen 20. Jahrhundert den kulturellen und politischen Zusammenschluss
aller Slawen unter russischer Führung anstrebte. Diese Ideologie ging
von dem Rassegedanken und dem Kulturbegriff slawisch aus. Die
Minderachtung der Slawen im "germanischen/romanischen Europa"
führte zu diesem Zusammenrücken und Besinnen auf eigene Werte. Aus dem
Minderwertigkeitskomplex gegenüber Westeuropas entwickelt sich ein
Überlegenheitsgefühl gegen asiatische Völker. Diese werden
unterdrückt und russifiziert.
Vor allem auf dem Balkan, einem konfliktträchtigen Nebenschauplatz
russischer Expansionsbemühungen, stand die russische Politik unter dem Einfluss
panslawischer Ideen. Dem russischen Herrschaftsstreben wurde noch die
Vorstellung einer großen slawischen Schicksalsgemeinschaft hinzugefügt.
Alle Slawen sollten unter russischer politischer wie religiöser
Herrschaft vereint werden.
Um über diese Theorien zu diskutieren gab es zwei allslawische
Kongresse (1848 in Prag und 1867 in Moskau).
Bekannte Panlawismus-Propagandisten waren Fadéjew (Schriftsteller) und
Katkow (Publizist). Ihr Ziel war es einen panslawischen Staatenbund
unter der Führung des Zaren zu schaffen und Österreich-Ungarn zu
zerschlagen, damit die West- und Südslawen frei würden. Damit war
automatisch die Gegnerschaft zu Österreich-Ungarn gegeben. Dieser
Antagonismus besteht als feste Konstante der internationalen Politik von
der Auflösung der Hl. Allianz bis zum 1. Weltkrieg.
Auch wenn der Panslawismus für die Slawen des Balkan ein willkommenes
Mittel im Kampf um Unabhängigkeit war, standen ihm viele slawische Völker
argwöhnisch gegenüber. Sie glaubten er sei nur Machtpolitik der Russen
und sahen die Russifizierungspolitik in Polen und dem Kaukasusgebiet als
Beweis dafür an.
Quellen:
Ploetz - Auszug aus der Geschichte
Der Brock Haus in einem Band
Klett: Grundriss der Geschichte Band 2
Georg nach einer Vorlage von Thomas Ahlbrecht
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