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Drei Winter, vier Sommer
Quelle: Deutsches
Volksliedarchiv, Blatt. Nr. 5491, nach: Das kleine dicke Liederbuch, S.
531
Die Autoren schreiben: Während des 18. Jahrhunderts wurden in vielen
deutschen Städten Arbeits - und Zuchthäuser eingerichtet. Darin
sollten vagabundierende, verarmte Personen, landlos gewordene Bauern,
Bettler und Waisenkinder zu einer "fleißigen und arbeitssamen
Lebensweise" erzogen werden. Im Göttingen wurde um 1730 ein
Arbeitshaus bei der damaligen St. Crucis-Kirche gegründet, wo junge Männer
und Frauen Kammwolle für ein paar Unternehmer herstellen mußten.
Drei Winter, vier Sommer, drei Äpfel
am Baum
Jetzt komm' ich zu mei'm Schatz aus dem Arbeitshaus heim
Vom Spinnrad, vom Spinnrad, vom Spinnrad, trira
vom Spinnrad, vom Spinnrad, vom Spinnrad, halt's an
Jetzt hat mich mein Vater ins Arbeitshaus gegeben
das wegen meinem lustigen und liederlichen Leben
Zum Spinnrad...
Drunten im Arbeitshaus im extra Zimmer
da tun die schönen Mädchen die Baumwolle spinnen
Die Göttinger Mädchen, die sind auch so rar
sie betteln das Brot und krausen das Haar
Ein Kreuzer, ein Kreuzer, ist um und um rund
Mein Schatz sitzt drunten, spinnt anderthalb Pfund
Spinnen brav Baumwoll und spinnen brav Seide
du kannst noch drei Jahre im Arbeitshaus bleiben
Drei Jahre im Arbeitshaus und achtzehn Jahre alt
jetzt bitt' ich Herr Verwalter, entlassen Sie mich bald !
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Das Blutsgericht
In Peterswaldau verbreitet. In den Prozeßakten
über den Weberaufstand 1844 in den Kreisen Reichenbach, Schweidnitz und
Waldenburg heißt es:
"Am Abend des 3ten Juni zogen ungefähr 20 Personen bei den Gebäuden
der Kaufleute Zwanziger vorbei und sangen ein Spottlied auf die
genannten Kaufleute; es entstand hierdurch Lärm und der Gerichtsmann
Wagner verhaftete einen Theilnehmer, den Webergesellen Wilhelm Maeder
und brachte ihn in das Polizeigefängnis. Das abgesungene Gedicht wurde
ebenfalls ergriffen." (Steinitz), noch um 1918 bekannt im
Eulengebirge
Hier im Ort ist ein Gericht, viel schlimmer
als die Vehme
wo man nicht erst ein Urtheil spricht, das Leben schenn zu nehmen
Hier wird der Mensch langsam gequält, hier ist die Folterkammer
hier werden Seufzer viel gezählt als Zeuge von dem Jammer
Hier Herren Zwanziger die Henker sind, die Diener
ihre Schergen
davon ein jeder tapfer schindt, anstatt was zu verbergen
Ihr Schurken all, ihr Satansbrut, ihr höllischen Dämone
ihr freßt den Armen Hab und Gut, und Fluch wird Euch zum Lohne
Ihr seyd die Quelle aller Noth, die hier den Armen
drücket
Ihr seyd´s, die ihm das trockene Brot noch vor dem Mund wegrücket
Kömmt nun ein armer Weber an, die Arbeit wird besehen
findt sich der kleinste Fehler dran, so ist`s um Euch geschehen
Erhält er dann den kargen Lohn wird ihm noch
abgezogen
zeigt ihm die Thür, und Spott und Hohn kommt ihm noch nachgeflogen
Hier hilft kein Bitten und kein Flehn, umsonst ist alles Klagen
gefällt’s euch nicht, so könnt ihr geh’n, am Hungertuche nagen
Nun denke man sich diese Noth und Elend solcher
Armen
zu Hause oft kein Bissen Brodt, ist das nicht zum Erbarmen ?
Erbarmen, ha! Ein schön Gefühl, euch Kannibalen fremde,
und jedes kennt schon Euer Ziel, der Armen Haut und Hemde
O, Euer Geld und Euer Gut, das wird dereinst
vergehen
wie Butter an der Sonne Gluth ,wie wird`s dann um Euch stehen
Wenn ihr dereinst nach dieser Zeit, nach diesem Freudenleben
Dort, dort in jener Ewigkeit, sollt Rechenschaft abgeben
Doch ha, sie glauben keinen Gott noch weder Hölle,
Himmel,
Religion ist nur ihr Spott, hält sich an´s Weltgetümmel.
Ihr fangt stets an zu jeder Zeit, den Lohn herabzubringen
und andere Schurken sind bereit, dem Beispiel nachzuringen
Der Reihe nach folgt Fellmann jetzt, ganz frech
ohn alle Bande
bei ihm ist auch herabgesetzt, das Lohn zur wahren Schande
Die Gebrüder Hoferichter hier, was soll ich von ihn´n sagen
geschindet wird hier nach Willkühr, dem Reichtum nachzujagen
Und hat ja Einer noch den Muth, die Wahrheit Euch
zu sagen
so kommt´s soweit, es kostet Blut, und den will man verklagen
Herr Kamlot, Langer genannt, der wird dabei nicht fehlen
Einem jeden ist es wohlbekannt, viel Lohn mag er nicht zählen
Von Euch wird für ein Lumpengeld die Ware
hingeschmissen
was Euch dann zum Gewinne fehlt, wird Armen abgerissen
Sind ja noch welche, die der Schmerz der armen Leut beweget
in deren Busen noch ein Herz voll mitgefühle schläget
Die müssen von der Zeit gedrängt auch in das
Gleis einlenken
und Eurer Beispiel eingedenk sich in den Lohn einschränken
Ich frage: Wem ist’s wohlbekannt, wer sah vor zwanzig Jahren
den übermüthgen Fabrikant in Staatskarossen fahren?
Sah man wohl dort zu jener Zeit Paläste
hocherbauen
Mit Thüren, Fenstern prächtig weit, fast fürstlich anzuschauen.
Wer traf wohl da Hauslehrer an, bei einem Fabrikanten
Mit Livreen Kutscher angetan, Domestiken, Gouvernanten ?
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MARTHA 1927
Der Textilarbeiter, Nummer 13, 1.4.1927
Obgleich sie starke Wehen durchzuckten
schon wie Flammen
hielt sie doch aufrecht, bleich und stumm am Webstuhl aus.
Und als die Arbeit schloß, lief eilig sie nach Haus
beim scharfen Nord und brach an ihrer Tür zusammen.
Sie stöhnt und wimmerte, und als der Morgen
wieder
heraufdämmerte bleich, da kam das arme Weib
aufschreiend wie ein Tier, dem man zerriß den Leib
mit einem toten Kind in bitteren Qualen nieder
Daß ihre Augen nicht den Jammer mehr erschauen
nahm man stillschweigend ihr den kleinen Leichnam fort
Drei Tage lag sie dann noch auf dem Kissen dort;
das starre Angesicht schien wie aus Stein gehauen
allein am vierten Tag - des Nordwinds eis´ges
Wehen
hat noch nicht aufgehört - da rafft sie sich empor,
und totenblaß, als ob sie alles Blut verlor...
... so sah man sie zerstört zurück zum Webstuhl gehen.
Unbekannter Autor
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