Die Soziale Frage

Was ist die Soziale Frage?

Als soziale Frage wird die Summe der ökonomischen Probleme und die rechtliche Schlechterstellung der Arbeiterschicht, die aus der industriellen Revolution resultieren und damit das bürgerliche Leben im 19.Jahrhundert, dem Zeitalter der Industrialisierung, prägen, bezeichnet.
Jedoch wurden die sozialen Probleme von jeder Bevölkerungsgruppe anders bewertet. So meinten Teile des Besitzbürgertums, dass das Problem seine Ursprünge in der fehlenden Moral, Trunksucht und Faulheit der Arbeiter habe. Die Soziale Frage selbst war für sie die Frage danach, ob sich die Arbeiterschaft als in ihr Weltbild integrierbar erweisen würde.
Demgegenüber meinten Teile des Bildungsbürgertums mit sozialistischer politischer Orientierung, das Problem liege in der Klassenunterschieden zwischen Bourgeoisie und Arbeiterklasse. Vor allem wird die rechtliche Stellung der Arbeiter, ihre Unterdrückung und ihre Nicht-Beteiligung an der Politik als Ursache gesehen.
Für die Betroffenen ist die Ursachendiskussion wenig sinnvoll, sie führen vor allem eine Auseinandersetzung um konkrete Verbesserungen der sozialen und rechtlichen Stellung ihrer Gruppe. 
Diese unterschiedlichen Anschauungen machten eine einheitliche Lösung, die alle Beteiligten zufrieden stellen würde, nicht möglich. 

Woraus resultiert die soziale Frage?

Wie bereits im Kapitel „Was ist die soziale Frage?" erwähnt, stellt sich letztgenannte als Summe einer Anzahl von Problemen dar, die durch den Industrialisierungsprozess hervorgerufen wurden. Die Industrialisierung selbst ist als der Wandel der feudalen Agrargesellschaft zur kapitalistischen Industriegesellschaft zu sehen, durch den es nicht zuletzt zu eklatanten Veränderungen in den Familien- und in dem Zusammenhang auch in den Arbeitsverhältnissen kam.
Durch den Wegfall der Feudalherrlichkeit und der damit verbundenen Ehehemmnisse, konnte jeder heiraten, ohne dabei seine finanzielle Situation berücksichtigen zu müssen. Die Folge war eine  Bevölkerungsexplosion, die nicht nur ihre Ursache in der Industrialisierung hatte (wesentlich wichtiger ist die Senkung der Säuglingssterblichkeit und die Steigerung der Lebenserwartung), sondern auch deren Fortschreiten enorm vorantrieb.
Die ländlichen Gegenden boten der wachsenden Bevölkerung nicht mehr genug Verdienstmöglichkeiten und es kam zu einer Landflucht. Die Menschen strömten in die Städte, um hier Arbeit zu finden und ihre Familien ernähren zu können.
Tauschhandel war in den Städten nicht möglich, also musste Geld verdient werden, auch musste man eine Unterkunft bezahlen, da nun die Arbeitstätte nicht mehr gleich Wohnstätte war, wie es größtenteils in der Agrargesellschaft der Fall gewesen war. Auch die Gewinnung von Nahrung durch Sammeln in der NAtur ist im städtischen Raum nicht mehr möglich (=> Hunger).
Da die Bevölkerungsexplosion jedoch sehr viele Menschen in sehr kurzer Zeit in die Städte wandern ließ, kam es zu einem deutlichen Überangebot an Arbeitskräften, so dass die Arbeiter in ihrer Not auch schlecht bezahlte Arbeitsplätze unter schlechten Arbeitsbedingungen annahmen und somit gemeinsam mit dem gnadenlosen Konkurrenzkampf der Fabriken untereinander zu einer so rapiden Absenkung des Lohnniveaus beitrugen, dass die alleinige Arbeitsleistung des Familienvaters oft nicht ausreichte, um die Familie zu versorgen.
Der Grundstein zu einer Ära der Kinder- und Frauenarbeit war gelegt. Frauen und Kinder waren billigere Arbeitskräfte, denen trotz quantitativ und qualitativ gleichwertiger Arbeit häufig nur die Hälfte des Lohnes, den ein Mann dafür erhalten hätte, gezahlt werden musste. Das eherne Lohngesetz sagte, dass einem Arbeiter, wenn er nicht faul werden sollte, nicht zu viel Lohn bezahlt werden darf. 
Dies machten sich vor allem die besonders stark konkurrenzgeplagten Betriebe der Textilindustrie zunutze, die schon bald größtenteils schlecht bezahlte Frauen und Kinder beschäftigten. Der Konkurrenzdruck auf dem Arbeitsmarkt stieg dadurch noch mehr, was zu noch stärkerem Absinken des Lohnniveaus führte.
Das Phänomen der Arbeitslosigkeit griff um sich und mit ihm wurde das ganze damit in Verbindung stehende soziale Elend zum Alltag der Arbeiterfamilie.
Während die berufstätigen Frauen einer Doppelbelastung ausgesetzt waren, da sie noch immer die Verantwortung für Haushalt und Kinder hatten, ergaben sich viele der arbeitslosen Männer dem Alkoholismus.
Totale Verarmung, Krankheiten, die ihren Ursprung in Mangel- und Fehlernährung oder den katastrophalen hygienischen Verhältnissen hatten, Wohnungsnot, Familienstrukturen, die sich langsam auflösten, psychische Probleme und häufig völlig fehlende Schulbildung waren die Folgen, die, mit dem stark verharmlosenden Begriff der „sozialen Frage" umschrieben, das frühe 19. Jahrhundert prägten. Diese Probleme wurden aber nicht durch die Besserung der Ursachen bekämpft, sondern durch polizeistaatliche Instrumente (Armenhaus, Arbeitshaus, Streikverbote, Gefängnis für "revolutionäre" Reden, Organisationsverbote, so dass das Problem noch schlimmer wurde. Die Arbeiterklasse wurde zwischen den sozialen Problemen und der staatlichen Repression eingesperrt, so dass an eine Integration der Arbeiter in den Staat nicht zu denken war. Die Arbeiterklasse entwickelt sich zu einem revolutionären Potenzial.

Die Situation der Arbeiter im 19. Jahrhundert:
Obwohl die meisten Unternehmer Kalvinisten waren, also aus dem protestantischem Christentum stammten, Menschlichkeit, Gerechtigkeit und Wohltätigkeit zu ihren Wertvorstellung zählten und sie sicher weder Unmenschen noch Sklaventreiber sein wollten, zwang der unerbittliche Konkurrenzkampf der freien Wirtschaft sie doch dazu, das Lohnniveau extrem niedrig zu halten, da die Höhe der Löhne direkt die Höhe des Gewinnes und damit den Erfolg und Bestand des Betriebes bestimmte.
Damit brachten sie ohne dies zu wollen viele Menschen aus der Arbeiterschaft in große soziale Not.
Die Arbeiter, die in der glücklichen Situation waren, einen Arbeitsplatz zu haben, verbrachten oft bis zu 14 Stunden am Tag in der Fabrik, bekamen wenn überhaupt maximal eine Woche Urlaub im Jahr und das oft auch nur, wenn sie bereits 10 Jahre von der Volljährigkeit an in dem Betrieb gearbeitet hatten, ohne Ausfälle aufzuweisen. Aber auch dann konnten sie den Zeitpunkt des Urlaubes nicht selbst bestimmen.
Während der Arbeitszeit bestimmte der Takt der Maschinen den Arbeitsrhythmus der Arbeiter in der Fabrik. Ein Verlangsamen des Arbeitstempos oder gar eine individuelle Pause, um vielleicht eine Toilette aufzusuchen oder ähnliches, war nicht möglich. Zudem mussten sich die Arbeiter dem strengen, fast militärischen Fabrikreglement unterwerfen, das sowohl den Arbeitsablauf, als auch das Verhalten auf dem Gelände der Fabrik regelte, von den Arbeitern ein Höchstmaß an Disziplin einforderte und all das mittels harter Strafen durchsetzte. 

Statistiken zu den Symptomen der "Sozialen Frage"  

Soziale Folgen

Pauperismus: Die Preise für Nahrungsmittel lagen zwischen 1806 und 1820 – als Folge der Kriege – sehr hoch, die Löhne waren niedrig. Zwischen 1820 und 1826 gingen die Agrarpreise zurück, um dann wieder anzusteigen und auf hohem Niveau zu bleiben. Zwischen 1803 und 1813 sind in Wien in den Polizeiberichten bereits regelmäßige kleine Hungerkrawalle erwähnt.

Kinderarbeit: Dies zwang die Kinder und Frauen zur Mitarbeit: In einer Spinnerei betrug der Jahreslohn für Kinder (die ab 4 Jahren dort arbeiteten) 20 bis 30 Taler, für einen Erwachsenen 80 Taler, ohne daß er das Dreifache geleistet hätte. Gearbeitet wurde zwischen 11 und 13 Stunden
Als die Tauglichkeit der Rekruten abnahm, schritt die Regierung ein und erließ am 9. März 1839 ein Gesetz, daß Kinder unter 9 Jahren nicht mehr zur Arbeit in Fabriken herangezogen werden dürften; für Heimarbeit und Landwirtschaft galt dies nicht. Jugendliche zwischen 9 und 16 Jahren durften nicht mehr als 10 Stunden arbeiten. Auch Bayern (1840) und Österreich (1842) erließen ähnliche Gesetze zugunsten von Kindern. Erst 1878 wurde die Inspektion von Fabriken obligatorisch in Preußen eingeführt.

Auswanderung: Sie bot einen Weg, der Notsituation zu entkommen. Zwischen 1816 und 1826 wanderten 250.000 Menschen nach Russland aus, zur gleichen Zeit in die USA etwa 100.000 Personen, unter denen die Lohnarbeiter und die ländlichen Handwerker weit überwogen.

Lösungsansätze

Pauperismus