Liberalismus in Deutschland

 

Der Begriff Liberalismus:

Der Begriff Liberalismus steht für eine freiheitliche und freigeistige Welt- Staats- und Wirtschaftsauffassung. Der Liberalismus basiert auf dem Glauben an die Allgemeingültigkeit der menschlichen Vernunfterkenntnis. Dieser Vernunftoptimismus forderte nicht nur Gedankenfreiheit, sondern auch wirtschaftlichte und politische Freiheit. Er glaubte an den Fortschritt der Menschheit durch das freie Spiel der Konkurrenz. Er lehnt jede Bevormundung des Individuums ab.

Die Wurzeln des Liberalismus:

Die Gedanken des Liberalismus werden das erste mal während der Aufklärung formuliert. Hier stehen besonders folgende Theoretiker im Vordergrund:

John Locke Begründung der Gewaltenteilung, Sicherung des Besitzes; Volkssouveränität / Freiheit des Individuums
Montesquieu Gesellschaftsvertrag / Gewaltenteilung
Bodin Definition der Souveränität (Einleitung des Absolutismus)
Smith Der Staat soll die Wirtschaft den Bürgern und ihrem Egoismus überlassen, da so die besten Ergebnisse für einen Staat zu erzielen sind  =>Wirtschaftsliberalismus
Machiavelli Ein Fürst wird nur an Erfolg gemessen, Staatsraison
Rousseau Gleichheit der Menschen - Freiheit der Menschen

Die Entwicklung des Liberalismus bis 1870

Aufgegriffen werden diese Ideen in der amerikanischen und der französischen Revolution, wo sie vor allem in die Praxis umgesetzt werden. Die Besonderheit der französischen Revolution liegt vor allem in den allgemeingültig formulierten Menschenrechten. Die Ideen werden nach Deutschland getragen, als Napoleon seinen Feldzug siegreich beendet hat und Süddeutschland völlig unter seiner Kontrolle gerät. Dadurch werden die Ideen der französischen Revolution nach Deutschland gebracht, dies geschieht z.B. durch den Code Civil. 

In den darauf folgenden Befreiungskriegen kommen die liberalen Tendenzen auch zum ersten Mal in Deutschland zum tragen, hier aber noch deutlich vermischt mit nationalen Tendenzen.

Durch die Vereinbarungen des Wiener Kongress werden die Erwartungen der Liberalen aber enttäuscht. Die weitere Entwicklung des Liberalismus in Deutschland wurde durch die Karlsbader Beschlüsse von 1819 stark eingeschränkt.

Durch die Ereignisse der Julirevolution in Frankreich werden diese liberalen Tendenzen auch in Deutschland wieder stärker und schließlich kommt es auf dem Hambacher Fest zu einer größeren Versammlung.

Der nächste wesentliche Punkt der liberalen Entwicklung in Deutschland bildet die Revolution von 1848: Durch eine anhaltende Wirtschaftskrise und Anregungen von der Februarrevolution in Frankreich verursacht kam es zu Spannungen in Deutschland und damit verbunden zu Volksversammlungen, Bauernrevolten und Petitionen. Ihre Forderungen werden in den sogenannten Märzforderungen zusammengefasst formuliert. Später kommt es zur Bildung eines Vorparlamentes, zuständig für die Ausarbeitung einer Verfassung. Durch die Ablehnung der Kaiserkrone eines vereinigten Deutschlandes durch F. Willhelm und ein schwaches uneiniges Bürgertum scheitert die Revolution und alle Errungenschaften der teilweise durchgesetzten Märzforderungen werden durch die alten Mächte wieder beseitigt. Vor der Revolution 1848 kommt es auch zur ersten Spaltung der Liberalen, der eine Teil, die Demokraten, fordern wie auch die Liberalen einen einheitlichen Nationalstaat, aber zusätzlich auch die Republik, das allgemeine Wahlrecht und eine aktive Sozialpolitik.

Das Bürgertum hatte nach dem Scheitern der Revolution und der Niederlage im preußischen Verfassungskonflikt 1862, der zur Spaltung des Bürgertums und Nationalliberale und fortschrittliche Liberale führte, seine direkten politischen Emanzipationsbewegungen zugunsten der indirekten über den wirtschaftlichen Bereich aufgegeben. Vor allem die Nationalliberalen wurden durch die Verwirklichung von nationalen Wünschen, die durch liberale Gesetzgebung geförderte wirtschaftliche Prosperität und Besitzinteressen gegenüber der politisch erstarkten Arbeiterschaft in ein Interdependenzverhältnis mit dem politischen System. So gab die industrielle Bürgerliche Elite ihre ursprüngliche politische Grundüberzeugung, selbst politischer Träger des Staates zu werden aus wirtschaftlichen und sozialen Interessen auf. Dies waren zum einen die Sicherung der wirtschaftlichen Handlungsfreiheit und zum anderen Verhinderung der Emanzipation der Arbeiterschaft. Dies führte zu einer Einfügung des Bürgertums in die bestehenden Herrschaftsordnung.

Das nächste wichtige Ereignis in der Entwicklung ist die Reichsgründung, in deren Verlauf eine weitere Spaltung der Liberalen stattfindet. Auf der einen Seite stehen die Liberalen, die bei ihrer Forderung Freiheit und Einheit bleiben, die aber dadurch eine Niederlage erleiden. Denn das entstandene Deutsche Reich war zur Sicherung der Herrschaft des Königs und zu einer Einschränkung der parlamentarischen Entwicklung konstruiert. Die zweite Gruppe der Liberalen, mit der neuen Losung Freiheit durch Einheit, erhoffte sich durch Reformen den neu entstandenen Staat in ihrer Hinsicht zu reformieren.