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Philip Scheidemann schildert in seinen
Memoiren die Vorgänge im Berliner Reichstag am 9.11.1918:
Philipp Scheidemann (SPD)
Ausrufung der Republik am 9. November
1918
"Arbeiter und Soldaten! Furchtbar
waren die vier Kriegsjahre, grauenhaft waren die Opfer, die das Volk an
Gut und Blut hat bringen müssen, der unglückselige Krieg ist zu Ende.
Das Morden ist vorbei. Die Folgen des Kriegs, Not und Elend, werden noch
viele Jahre lang auf uns lasten. Die Niederlage, die wir unter allen Umständen
verhüten wollten, ist uns nicht erspart geblieben. Unsere Verständigungsvorschläge
wurden sabotiert, wir selbst wurden verhöhnt und verleugnet. Die Feinde
des werktätigen Volkes, die wirklichen inneren Feinde, die Deutschlands
Zusammenbruch verschuldet haben, sind still und unsichtbar geworden. Das
waren die Daheimkrieger, die ihre die Eroberungsforderungen bis zum
gestrigen Tage ebenso aufrechterhielten, wie sie den verbissensten Kampf
gegen jede Reform der Verfassung und besonders des schändlichen preußischen
Wahlsystems, geführt haben. Diese Volksfeinde sind hoffentlich für immer
erledigt. Der Kaiser hat abgedankt. Er und seine Freunde sind
verschwunden, über sie alle hat das Volk auf der ganzen Linie gesiegt.
Prinz Max von Baden hat sein Reichskanzleramt dem Abgeordneten Ebert übergeben.
Unser Freund wird eine Arbeiterregierung bilden, der alle sozialistischen
Parteien angehören werden. Die neue Regierung darf nicht gestört werden,
in ihrer Arbeit für den Frieden und der Sorge um Arbeit und Brot.
Arbeiter und Soldaten, seid euch der geschichtlichen Bedeutung dieses
Tages bewußt: Unerhörtes ist geschehen. Große und unübersehbare Arbeit
steht uns bevor. Alles für das Volk. Alles durch das Volk. Nichts darf
geschehen, was der Arbeiterbewegung zur Unehre gereicht. Seid einig, treu
und pflichtbewußt. Das alte und morsche, die Monarchie ist
zusammengebrochen. Es lebe das Neue. Es lebe die deutsche Republik."
ca. 1924 nachgesprochen
Quelle: Deutsches Rundfunkarchiv,
Frankfurt am Main
die zweite
Republikgründung an diesem Tag von Karl Liebknecht
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