Goebbels zum Beginn des Ostfeldzuges
Joseph Goebbels, Tagebucheintragung vom 22. Juni 1941:
"Gestern: ... Der Angriff beginnt nachts 3.30h Ich bin mir noch nicht ganz
klar darüber, ob der Aufruf des Führers dann gleich, oder erst morgens um 7h
im Rundfunk verlesen werden soll. Wir wollen gleich am ersten Tage eine Warnung
vor Sabotagetrupps russischer Fallschirmspringer im Rundfunk verbreiten. Eine
Geheimmeldung eines Agenten warnt dringend vor diesen geplanten Versuchen. Im
Übrigen überschattet die Frage Rußland alle anderen öffentlichen Themen.
Aber die internationale Öffentlichkeit tappt doch noch vollkommen im Dunkeln.
Dem werden wir ja bald abhelfen. ...
Der Zeitpunkt der Proklamation soll noch zwischen Führer und mir festgelegt
werden. ... Der Führer macht eine kleine Spazierfahrt. Er sieht vollkommen
übermüdet aus, als er zurückkommt. Dann gleich an die Lagebesprechung. Er hat
einen neuen Aufruf an das Volk diktiert, der den an die Soldaten noch etwas
übertrifft. Ich schlage ein paar kleine Änderungen vor. Er ist großartig und
legt den ganzen Sachverhalt vor.
Um 3.30h beginnt der Angriff. 160 komplette Divisionen. 3000 km lange
Angriffslinie. ... Alles steht gut. Größter Aufmarsch der Weltgeschichte. Der
Führer ist von einem Alpdruck befreit, je näher die Entscheidung kommt. Das
ist immer so bei ihm. Er taut direkt auf. Alle Müdigkeit scheint von ihm
gewichen. Wir spazieren 3 Stunden in seinem Salon auf und ab. Ich kann wieder
mal einen tiefen Blick in sein Inneres tuen. Es bleibt uns nichts anderes übrig
als anzugreifen. Dieses Krebsgeschwür muß ausgebrannt werden. Stalin wird
fallen. Dekanosow in Berlin ist wieder vorstellig geworden wegen unserer
Grenzüberfliegungen. Ausweichende Antwort! Der Duce bekommt Sonntag Bescheid.
In großen Zügen ist er schon letztes Mal am Brenner orientiert worden. Wir
legen die Tendenz des Kampfes fest. Sie ist eindeutig und klar. Vor allem auch
mit dem Argument arbeiten, daß Rußlands Zwiespältigkeit bisher eine
Entscheidung England gegenüber verhindert hat. Der Führer schätzt die
Friedenspartei in England sehr hoch. ...
Als Zeitpunkt für die Verlesung der Proklamation wird nach langem Hin und Her
5.30 festgelegt. Dann weiß der Feind Bescheid, und dann soll auch das Volk und
die Welt es wissen. ... Neue Fanfaren ausprobiert. Eine volle Stunde lang. Und
dann bleiben wir bei der von mir vorgeschlagenen zuzüglich eines kurzen Motivs
aus dem Horst Wessellied. Der Führer ist von unserer Arbeit auf diesem Gebiet
sehr angetan. Dann sind unsere Vorbereitungen zu Ende. Seit Juli vorigen Jahres
hat er daran gearbeitet, und nun ist der Zeitpunkt da. Alles ist getan worden,
was man überhaupt tuen konnte. Jetzt muß das Kriegsglück entscheiden.
...
Und dann Abschied. Es ist ½ 3h nachts. Der Führer ist sehr ernst. Er will noch
ein paar Stunden schlafen. Das ist auch das Beste, was er jetzt tuen kann. Ich
gehe ins Amt herüber. Es ist noch stockfinster. Meine Mitarbeiter ins Bild
gesetzt. Maßlose Verblüffung auf der ganzen Linie. Die meisten hatten die
halbe, oder auch schon die ganze Wahrheit erraten. Es beginnt gleich eine
fieberhafte Arbeit. Rundfunk, Presse und Wochenschau werden mobilgemacht. Alles
klappt wie am Schnürchen. Ich studiere noch die letzten Telegramme: alles
Quatsch. Unsere Kanonen werden dementieren. Ich erkläre kein Wort mehr.
Rundfunklage in Rußland studiert. Wir werden einiges zu tuen haben. 3.30h. Nun
donnern die Geschütze. Gott segne unsere Waffen!
Draußen auf dem Wilhelmplatz ist alles still und leer. Berlin schläft, das
Reich schläft. Ich habe eine halbe Stunde Zeit, aber ich kann nicht schlafen.
Ich gehe ruhelos im Zimmer auf und ab. Der Atem der Geschichte ist hörbar.
Große, wunderbare Zeit, in der ein neues Reich geboren wird. Unter Schmerzen
zwar, aber es steigt empor zum Licht. Die neue Fanfare ertönt. Machtvoll,
brausend und majestätisch. Ich verlese über alle Sender die Proklamation des
Führers an das deutsche Volk. Auch für mich ein feierlicher Augenblick. Die
Last vieler Wochen und Monate fällt herunter. Ich fühle mich ganz frei. Noch
einiges Dringende zu erledigen. Dann fahre ich nach Schwanenwerder. Die Sonne
steht schon groß und schön am Himmel. Im Garten draußen zwitschern die
Vögel. Ich falle ins Bett. Und schlafe 2 Stunden einen tiefen, gesunden Schlaf.
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