1.Hauptteil
Aufbau und Aufgaben des Staates
1. Abschnitt
Die Grundlagen des
Bayerischen Staates
Artikel 1
(1) Bayern ist ein Freistaat.
(2) Die Landesfarben sind Weiß und Blau.
(3) Das Landeswappen wird durch Gesetz bestimmt.
Artikel 2
(1) Bayern ist ein Volksstaat. Träger der
Staatsgewalt ist das Volk.
(2) Das Volk tut seinen Willen durch Wahlen und
Abstimmungen kund. Mehrheit entscheidet.
Artikel 3
(1) Bayern ist ein Rechts-, Kultur- und
Sozialstaat. Er dient dem Gemeinwohl.
(2) Der Staat schützt die natürlichen
Lebensgrundlagen und die kulturelle Überlieferung.
Artikel 3a
Bayern bekennt sich zu einem geeinten Europa, das
demokratischen, rechtsstaatlichen, sozialen und föderativen
Grundsätzen sowie dem Grundsatz der Subsidiarität verpflichtet
ist, die Eigenständigkeit der Regionen wahrt und deren Mitwirkung
an europäischen Entscheidungen sichert. Bayern arbeitet mit anderen
europäischen Regionen zusammen.
Artikel 4
Die Staatsgewalt wird ausgeübt durch die
stimmberechtigten Staatsbürger selbst, durch die von ihnen
gewählte Volksvertretung und durch die mittelbar oder unmittelbar
von ihr bestellten Vollzugsbehörden und Richter.
Artikel 5
(1) Die gesetzgebende Gewalt steht
ausschließlich dem Volk und der Volksvertretung zu.
(2) Die vollziehende Gewalt liegt in den Händen
der Staatsregierung und der nachgeordneten Vollzugsbehörden.
(3) Die richterliche Gewalt wird durch
unabhängige Richter ausgeübt.
Artikel 6
(1) Die Staatsangehörigkeit wird erworben
1. durch Geburt;
2. durch Legitimation;
3. durch Eheschließung;
4. durch Einbürgerung.
(2) Die Staatsangehörigkeit kann nicht aberkannt
werden.
(3) Das Nähere regelt ein Gesetz über die
Staatsangehörigkeit.
Artikel 7
(1) Staatsbürger ist ohne Unterschied der
Geburt, der Rasse, des Geschlechts, des Glaubens und des Berufs
jeder Staatsangehörige, der das 18. Lebensjahr vollendet hat.
(2) Der Staatsbürger übt seine Rechte aus durch
Teilnahme an Wahlen, Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden sowie
Volksbegehren und Volksentscheiden.
(3) Die Ausübung dieser Rechte kann von der
Dauer eines Aufenthalts bis zu einem Jahr abhängig gemacht werden.
Artikel 8
Alle deutschen Staatsangehörigen, die in Bayern
ihren Wohnsitz haben, besitzen die gleichen Rechte und haben die
gleichen Pflichten wie die bayerischen Staatsangehörigen.
Artikel 9
(1) Das Staatsgebiet gliedert sich in Kreise
(Regierungsbezirke); die Abgrenzung erfolgt durch Gesetz.
(2) Die Kreise sind in Bezirke eingeteilt; die
kreisunmittelbaren Städte stehen den Bezirken gleich. Die
Einteilung wird durch Rechtsverordnung der Staatsregierung bestimmt;
hierzu ist die vorherige Genehmigung des Landtags einzuholen.
Artikel 10
(1) Für das Gebiet jedes Kreises und jedes
Bezirks besteht ein Gemeindeverband als Selbstverwaltungskörper.
(2) Der eigene Wirkungskreis der
Gemeindeverbände wird durch die Gesetzgebung bestimmt.
(3) Den Gemeindeverbänden können durch Gesetz
weitere Aufgaben übertragen werden, die sie namens des Staates zu
erfüllen haben. Sie besorgen diese Aufgaben entweder nach den
Weisungen der Staatsbehörden oder kraft besonderer Bestimmung
selbständig.
(4) Das wirtschaftliche und kulturelle Eigenleben
im Bereich der Gemeindeverbände ist vor Verödung zu schützen.
Artikel 11
(1) Jeder Teil des Staatsgebiets ist einer
Gemeinde zugewiesen. Eine Ausnahme hiervon machen bestimmte
unbewohnte Flächen (ausmärkische Gebiete).
(2) Die Gemeinden sind ursprüngliche
Gebietskörperschaften des öffentlichen Rechts. Sie haben das
Recht, ihre eigenen Angelegenheiten im Rahmen der Gesetze selbst zu
ordnen und zu verwalten, insbesondere ihre Bürgermeister und
Vertretungskörper zu wählen.
(3) Durch Gesetz können den Gemeinden Aufgaben
übertragen werden, die sie namens des Staates zu erfüllen haben.
(4) Die Selbstverwaltung der Gemeinden dient dem
Aufbau der Demokratie in Bayern von unten nach oben.
(5) Für die Selbstverwaltung in der Gemeinde
gilt der Grundsatz der Gleichheit der politischen Rechte und
Pflichten aller in der Gemeinde wohnenden Staatsbürger.
Artikel 12
(1) Die Grundsätze für die Wahl zum Landtag
gelten auch für die Gemeinden und Gemeindeverbände.
(2) Das Vermögen der Gemeinden und
Gemeindeverbände kann unter keinen Umständen zum Staatsvermögen
gezogen werden. Die Vergabung solchen Vermögens ist unzulässig.
(3) Die Staatsbürger haben das Recht,
Angelegenheiten des eigenen Wirkungskreises der Gemeinden und
Landkreise durch Bürgerbegehren und Bürgerentscheid zu regeln. Das
Nähere regelt ein Gesetz.
2. Abschnitt
Der Landtag
Artikel 13
(1) Der Landtag besteht aus 180* Abgeordneten des
bayerischen Volkes.
* Für die Wahldauer des am 13.
September 1998 gewählten 14. Bayerischen Landtags gilt die
bisherige Regelung mit 204 Abgeordneten.
(2) Die Abgeordneten sind Vertreter des Volkes,
nicht nur einer Partei. Sie sind nur ihrem Gewissen verantwortlich
und an Aufträge nicht gebunden.
Artikel 14
(1) Die Abgeordneten werden in allgemeiner,
gleicher, unmittelbarer und geheimer Wahl nach einem verbesserten
Verhältniswahlrecht von allen wahlberechtigten Staatsbürgern in
Wahlkreisen und Stimmkreisen gewählt. Jeder Regierungsbezirk bildet
einen Wahlkreis. Jeder Landkreis und jede kreisfreie Gemeinde bildet
einen Stimmkreis. Soweit es der Grundsatz der Wahlgleichheit
erfordert, sind räumlich zusammenhängende Stimmkreise abweichend
von Satz 3 zu bilden. Je Wahlkreis darf höchstens ein Stimmkreis
mehr gebildet werden als Abgeordnete aus der Wahlkreisliste zu
wählen sind. Durch Überhang- und Ausgleichsmandate, die in
Anwendung dieser Grundsätze zugeteilt werden, kann die Zahl der
Abgeordneten nach Art. 13 Abs. 1 überschritten werden.
(2) Wählbar ist jeder wahlfähige Staatsbürger,
der das 21. Lebensjahr vollendet hat.
(3) Die Wahl findet an einem Sonntag oder
öffentlichen Ruhetag statt.
(4) Wahlvorschläge, auf die im Land nicht
mindestens fünf vom Hundert der insgesamt abgegebenen gültigen
Stimmen entfallen, erhalten keinen Sitz im Landtag zugeteilt.
(5) Das Nähere bestimmt das Landeswahlgesetz.
Artikel 15
(1) Wählergruppen, deren Mitglieder oder
Förderer darauf ausgehen, die staatsbürgerlichen Freiheiten zu
unterdrücken oder gegen Volk, Staat oder Verfassung Gewalt
anzuwenden, dürfen sich an Wahlen und Abstimmungen nicht
beteiligen.
(2) Die Entscheidung darüber, ob diese
Voraussetzungen vorliegen, trifft auf Antrag der Staatsregierung
oder einer der im Landtag vertretenen politischen Parteien der
Bayerische Verfassungsgerichtshof.
Artikel 16
(1) Der Landtag wird auf fünf Jahre gewählt.
Seine Wahlperiode beginnt mit seinem ersten Zusammentritt und endet
mit dem Zusammentritt eines neuen Landtags. Die Neuwahl findet
frühestens 59 Monate, spätestens 62 Monate nach dem Tag statt an
dem der vorausgegangene Landtag gewählt worden ist.
(2) Der Landtag tritt spätestens am 15. Tage
nach der Wahl zusammen.
Artikel 16a
(1) Parlamentarische Opposition ist ein
grundlegender Bestandteil der parlamentarischen Demokratie.
(2) Die Fraktionen und die Mitglieder des
Landtags, welche die Staatsregierung nicht stützen, haben das Recht
auf ihrer Stellung entsprechende Wirkungsmöglichkeiten in Parlament
und Öffentlichkeit. Sie haben Anspruch auf eine zur Erfüllung
ihrer besonderen Aufgaben erforderliche Ausstattung.
(3) Das Nähere wird durch Gesetz geregelt.
Artikel 17
(1) Der Landtag tritt jedes Jahr im Herbst am
Sitz der Staatsregierung zusammen.
(2) Der Präsident kann ihn früher einberufen.
Er muß ihn einberufen, wenn es die Staatsregierung oder mindestens
ein Drittel der Landtagsmitglieder verlangt.
(3) Der Landtag bestimmt den Schluß der Tagung
und den Zeitpunkt des Wiederzusammentritts.
Artikel 18
(1) Der Landtag kann sich vor Ablauf seiner
Wahldauer durch Mehrheitsbeschluß seiner gesetzlichen
Mitgliederzahl selbst auflösen.
(2) Er kann im Falle des Artikels 44 Abs. 5 vom
Landtagspräsidenten aufgelöst werden.
(3) Er kann auf Antrag von einer Million
wahlberechtigter Staatsbürger durch Volksentscheid abberufen
werden.
(4) Die Neuwahl des Landtags findet spätestens
am sechsten Sonntag nach der Auflösung oder Abberufung statt.
Artikel 19
Die Mitgliedschaft beim Landtag während der
Wahldauer geht verloren durch Verzicht, Ungültigkeitserklärung der
Wahl, nachträgliche Änderung des Wahlergebnisses und Verlust der
Wahlfähigkeit.
Artikel 20
(1) Der Landtag wählt aus seiner Mitte ein
Präsidium, bestehend aus einem Präsidenten, dessen Stellvertretern
und den Schriftführern.
(2) Zwischen zwei Tagungen führt das Präsidium
die laufenden Geschäfte des Landtags fort.
(3) Der Landtag gibt sich eine Geschäftsordnung.
Artikel 21
(1) Der Präsident übt das Hausrecht und die
Polizeigewalt im Landtagsgebäude aus.
(2) Er führt die Hausverwaltung, verfügt über
die Einnahmen und Ausgaben des Hauses und vertritt den Staat in
allen Rechtsgeschäften und Rechtsstreitigkeiten dieser Verwaltung.
Artikel 22
(1) Der Landtag verhandelt öffentlich. Auf
Antrag von 50 Mitgliedern oder der Staatsregierung kann mit
Zweidrittelmehrheit der anwesenden Mitglieder die Öffentlichkeit
für die Behandlung eines bestimmten Gegenstandes ausgeschlossen
werden. Sie muß ausgeschlossen werden, wenn und solange es die
Staatsregierung zur Begründung ihres Antrages auf Ausschluß der
Öffentlichkeit verlangt. Der Landtag entscheidet darüber, ob und
in welcher Art die Öffentlichkeit über solche Verhandlungen
unterrichtet werden soll.
(2) Wahrheitsgetreue Berichte über die
Verhandlungen in den öffentlichen Sitzungen des Landtags oder
seiner Ausschüsse bleiben von jeder Verantwortung frei, es sei
denn, daß es sich um die Wiedergabe von Ehrverletzungen handelt.
Artikel 23
(1) Der Landtag beschließt mit einfacher
Mehrheit der abgegebenen Stimmen, sofern die Verfassung kein anderes
Stimmverhältnis vorschreibt.
(2) Zur Beschlußfähigkeit des Landtags ist die
Anwesenheit der Mehrheit seiner Mitglieder erforderlich.
(3) Die in der Verfassung vorgesehenen Ausnahmen
bleiben unberührt.
Artikel 24
(1) Der Landtag und seine Ausschüsse können das
Erscheinen des Ministerpräsidenten und jedes Staatsministers und
Staatssekretärs verlangen.
(2) Die Mitglieder der Staatsregierung und die
von ihnen bestellten Beauftragten haben zu allen Sitzungen des
Landtags und seiner Ausschüsse Zutritt. Sie müssen während der
Beratung jederzeit, auch außerhalb der Tagesordnung, gehört
werden.
Artikel 25
(1) Der Landtag hat das Recht und auf Antrag von
einem Fünftel seiner Mitglieder die Pflicht,
Untersuchungsausschüsse einzusetzen.
(2) Bei der Einsetzung jedes neuen
Untersuchungsausschusses wechselt der Vorsitz unter den Fraktionen
entsprechend ihrem Stärkeverhältnis im Landtag.
(3) Diese Ausschüsse und die von ihnen ersuchten
Behörden können in entsprechender Anwendung der
Strafprozeßordnung alle erforderlichen Beweise erheben, auch Zeugen
und Sachverständige vorladen, vernehmen, beeidigen und das
Zeugniszwangsverfahren gegen sie durchführen. Das Brief-, Post-,
Telegraphen- und Fernsprechgeheimnis bleibt jedoch unberührt. Die
Gerichts- und Verwaltungsbehörden sind verpflichtet, dem Ersuchen
dieser Ausschüsse um Beweiserhebung Folge zu leisten. Die Akten der
Behörden sind ihnen auf Verlangen vorzulegen.
(4) Auf Antrag von einem Fünftel ihrer
Mitglieder haben die Ausschüsse zulässigen Anträgen nach Absatz 3
stattzugeben. Hält die Mehrheit der Mitglieder dieses Ausschusses
einen Antrag nach Absatz 3 für unzulässig, so entscheidet darüber
der Landtag. Gegen dessen Entscheidung kann der Bayerische
Verfassungsgerichtshof angerufen werden.
(5) Die Untersuchungsausschüsse verhandeln
öffentlich, doch wird die Öffentlichkeit auf Verlangen einer
Zweidrittelmehrheit ausgeschlossen. Artikel 22 Abs. 1 Satz 3 und 4
gilt entsprechend.
Artikel 25a
Zur Vorbereitung von Entscheidungen über
umfangreiche und bedeutsame Angelegenheiten, die in die
Zuständigkeit des Freistaates Bayern fallen, kann der Landtag eine
Enquete-Kommission einsetzen. Auf Antrag eines Fünftels seiner
Mitglieder ist er dazu verpflichtet. Der Antrag muß den Auftrag der
Kommission bezeichnen. Das Nähere regelt die Geschäftsordnung des
Landtags.
Artikel 26
(1) Der Landtag bestellt zur Wahrung der Rechte
der Volksvertretung gegenüber der Staatsregierung und zur
Behandlung dringlicher Staatsangelegenheiten für die Zeit
außerhalb der Tagung sowie nach der Auflösung oder der Abberufung
des Landtags bis zum Zusammentritt des neuen Landtags einen
Zwischenausschuß. Dieser Ausschuß hat die Befugnisse des Landtags,
doch kann er nicht Ministeranklage erheben und nicht Gesetze
beschließen oder Volksbegehren behandeln.
(2) Für diesen Ausschuß gelten die Bestimmungen
des Artikels 25.
Artikel 27
Kein Mitglied des Landtags darf zu irgendeiner
Zeit wegen seiner Abstimmung gerichtlich oder dienstlich verfolgt
oder sonst außerhalb der Versammlung zur Verantwortung gezogen
werden.
Artikel 28
(1) Kein Mitglied des Landtags kann ohne dessen
Genehmigung während der Tagung wegen einer mit Strafe bedrohten
Handlung zur Untersuchung gezogen oder verhaftet werden, es sei
denn, dass es bei Ausübung der Tat oder spätestens im Laufe des
folgenden Tages festgenommen worden ist.
(2) Die gleiche Genehmigung ist erforderlich,
wenn der Abgeordnete anderweitig in seiner persönlichen Freiheit
beschränkt und dadurch in der Ausübung seines Abgeordnetenberufes
beeinträchtigt wird.
(3) Jedes Strafverfahren gegen ein Mitglied des
Landtags und jede Haft oder sonstige Beschränkung seiner
persönlichen Freiheit wird auf Verlangen des Landtags für die
Dauer der Tagung aufgehoben. Ein solches Verlangen kann jedoch nicht
gestellt werden, wenn der Abgeordnete eines unpolitischen
Verbrechens bezichtigt wird. Ob dieser Fall vorliegt, entscheidet
der Landtag.
Artikel 29
(1) Die Mitglieder des Landtags sind berechtigt,
über Personen, die ihnen in ihrer Eigenschaft als Abgeordnete
Tatsachen anvertrauten oder denen sie in Ausübung ihres
Abgeordnetenberufes Tatsachen anvertraut haben, sowie über diese
Tatsachen selbst das Zeugnis zu verweigern. Soweit dieses
Zeugnisverweigerungsrecht reicht, ist die Beschlagnahme von
Schriftstücken bei ihnen unzulässig.
(2) Eine Untersuchung oder Beschlagnahme darf in
den Räumen des Landtags nur mit Genehmigung des Präsidenten
vorgenommen werden.
Artikel 30
Abgeordnete bedürfen zur Ausübung ihres Amtes
als Mitglied des Landtags keines Urlaubs von ihrem Arbeitgeber.
Artikel 31
Die Mitglieder des Landtags haben das Recht zur
freien Fahrt auf allen staatlichen Verkehrseinrichtungen in Bayern
sowie auf eine Aufwandsentschädigung.
Artikel 32
(1) Die Artikel 27 mit 31 gelten für das
Präsidium des Landtags sowie für die Mitglieder des
Zwischenausschusses und ihre ersten Stellvertreter.
(2) In den Fällen des Artikels 28 wird die
Mitwirkung des Landtags durch die Mitwirkung des Zwischenausschusses
ersetzt.
Artikel 33
Die Wahlprüfung obliegt dem Landtag. Wird die
Gültigkeit einer Wahl bestritten, so entscheidet der Bayerische
Verfassungsgerichtshof. Er entscheidet auch über die Frage, ob ein
Abgeordneter die Mitgliedschaft beim Landtag verloren hat.
Artikel 33a
(1) Der Landtag wählt auf Vorschlag der
Staatsregierung einen Landesbeauftragten für den Datenschutz.
(2) Der Landesbeauftragte für den Datenschutz
kontrolliert nach Maßgabe des Gesetzes bei den öffentlichen
Stellen die Einhaltung der Vorschriften über den Datenschutz.
(3) Der Landesbeauftragte für den Datenschutz
ist in Ausübung seines Amts unabhängig und nur dem Gesetz
unterworfen. Er untersteht der Dienstaufsicht des
Landtagspräsidenten.
(4) Der Landesbeauftragte für den Datenschutz
wird auf sechs Jahre gewählt. Wiederwahl ist zulässig. Er kann
ohne seine Zustimmung vor Ablauf seiner Amtszeit nur mit
Zweidrittelmehrheit der Mitgliederzahl des Landtags abberufen
werden, wenn eine entsprechende Anwendung der Vorschriften über die
Amtsenthebung von Richtern auf Lebenszeit dies rechtfertigt.
(5) Das Nähere wird durch Gesetz geregelt.
3. Abschnitt
Der Senat
Die Artikel 34 bis 42 wurden durch
das Gesetz zur Abschaffung des Bayerischen Senats vom 20.
Februar 1998 (GVBl. S. 42) aufgehoben; dieses Gesetz ist am 01.
Januar 2000 in Kraft getreten. Damit war das Volksbegehren und der
Volksentscheid erfolgreich.
4. Abschnitt
Die Staatsregierung
Artikel 43
(1) Die Staatsregierung ist die oberste leitende
und vollziehende Behörde des Staates.
(2) Sie besteht aus dem Ministerpräsidenten und
bis zu 17 Staatsministern und Staatssekretären.
Artikel 44
(1) Der Ministerpräsident wird von dem neu
gewählten Landtag spätestens innerhalb einer Woche nach seinem
Zusammentritt auf die Dauer von fünf Jahren gewählt.
(2) Wählbar ist jeder wahlberechtigte Bayer, der
das 40. Lebensjahr vollendet hat.
(3) Der Ministerpräsident kann jederzeit von
seinem Amt zurücktreten. Er muss zurücktreten, wenn die
politischen Verhältnisse ein vertrauensvolles Zusammenarbeiten
zwischen ihm und dem Landtag unmöglich machen. Der Rücktritt des
Ministerpräsidenten hat den Rücktritt der Staatsregierung zur
Folge. Bis zur Neuwahl eines Ministerpräsidenten geht die
Vertretung Bayerns nach außen auf den Landtagspräsidenten über.
Während dieser Zeit kann der Landtagspräsident vom Landtag nicht
abberufen werden.
(4) Bei Rücktritt oder Tod des
Ministerpräsidenten während seiner Amtsdauer wird in der nächsten
Sitzung des Landtags ein neuer Ministerpräsident für den Rest der
laufenden Amtsdauer gewählt.
(5) Kommt die Neuwahl innerhalb von vier Wochen
nicht zustande, muss der Landtagspräsident den Landtag auflösen.
Artikel 45
Der Ministerpräsident beruft und entlässt mit
Zustimmung des Landtags die Staatsminister und die Staatssekretäre.
Artikel 46
Der Ministerpräsident bestimmt mit Zustimmung
des Landtags seinen Stellvertreter aus der Zahl der Staatsminister.
Artikel 47
(1) Der Ministerpräsident führt in der
Staatsregierung den Vorsitz und leitet ihre Geschäfte.
(2) Er bestimmt die Richtlinien der Politik und
trägt dafür Pe Verantwortung gegenüber dem Landtag.
(3) Er vertritt Bayern nach außen.
(4) Er übt in Einzelfällen das
Begnadigungsrecht aus.
(5) Er unterbreitet dem Landtag die Vorlagen der
Staatsregierung.
Artikel 48
(1) Die Staatsregierung kann bei drohender
Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung das Recht der
öffentlichen freien Meinungsäußerung (Artikel 110), die
Pressefreiheit (Artikel 111), das Brief-, Post-, Telegraphen- und
Fernsprechgeheimnis (Artikel 112) und die Versammlungsfreiheit
(Artikel 113) zunächst auf die Dauer einer Woche einschränken oder
aufheben.
(2) Sie hat gleichzeitig die Einberufung des
Landtags zu veranlassen, ihn von allen getroffenen Maßnahmen
unverzüglich zu verständigen und diese auf Verlangen des Landtags
ganz oder teilweise aufzuheben. Bestätigt der Landtag mit der
Mehrheit seiner gesetzlichen Mitgliederzahl die getroffenen
Maßnahmen, so wird ihre Geltung um einen Monat verlängert.
(3) Gegen die getroffenen Maßnahmen ist
außerdem Beschwerde zum Bayerischen Verfassungsgerichtshof
zulässig; dieser hat innerhalb einer Woche wenigstens eine
vorläufige Entscheidung zu treffen.
Artikel 49
Der Ministerpräsident bestimmt die Zahl und
Abgrenzung der Geschäftsbereiche (Staatsministerien). Dies bedarf
der Bestätigung durch Beschluß des Landtags.
Artikel 50
Jedem Staatsminister wird durch den
Ministerpräsidenten ein Geschäftsbereich oder eine Sonderaufgabe
zugewiesen. Der Ministerpräsident kann sich selbst einen oder
mehrere Geschäftsbereiche vorbehalten oder einem Staatsminister
mehrere Geschäftsbereiche zuweisen.
Artikel 51
(1) Gemäß den vom Ministerpräsidenten
bestimmten Richtlinien der Politik führt jeder Staatsminister
seinen Geschäftsbereich selbständig und unter eigener
Verantwortung gegenüber dem Landtag.
(2) Die Staatssekretäre sind an die Weisungen
des Staatsministers, dem sie zugewiesen sind, gebunden. Im Falle der
Verhinderung des Staatsministers handeln sie selbständig und unter
eigener Verantwortung gegenüber dem Landtag.
Artikel 52
Zur Unterstützung des Ministerpräsidenten und
der Staatsregierung in ihren verfassungsmäßigen Aufgaben besteht
eine Staatskanzlei.
Artikel 53
Die Staatsregierung gibt sich eine
Geschäftsordnung. In dieser wird die Zuweisung der Geschäfte an
die einzelnen Geschäftsbereiche geregelt. Jede Aufgabe der
Staatsverwaltung ist einem Geschäftsbereich zuzuteilen.
Artikel 54
Die Staatsregierung fasst ihre Beschlüsse mit
Stimmenmehrheit der Abstimmenden. Bei Stimmengleichheit entscheidet
die Stimme des Ministerpräsidenten. Zur Beschlussfähigkeit ist die
Anwesenheit der Mehrheit der Mitglieder erforderlich. Kein Mitglied
darf sich der Stimme enthalten.
Artikel 55
Für die Geschäftsführung der Staatsregierung
und der einzelnen Staatsministerien gelten folgende Grundsätze:
1. Die Staatsverwaltung wird nach der
Verfassung, den Gesetzen und dem Haushaltsplan geführt.
2. Der Staatsregierung und den einzelnen
Staatsministerien obliegt der Vollzug der Gesetze und
Beschlüsse des Landtags. Zu diesem Zwecke können die
erforderlichen Ausführungs- und Verwaltungsverordnungen von ihr
erlassen werden. Rechtsverordnungen, die über den Rahmen einer
Ausführungsverordnung hinausgehen, bedürfen besonderer
gesetzlicher Ermächtigung.
3. Die Staatsregierung beschließt über alle
dem Landtag zu unterbreitenden Vorlagen.
4. Die Staatsregierung ernennt die leitenden
Beamten der Staatsministerien und die Vorstände der den
Ministerien unmittelbar untergeordneten Behörden. Die übrigen
Beamten werden durch die zuständigen Staatsminister oder durch
die von ihnen beauftragten Behörden ernannt.
5. Die gesamte Staatsverwaltung ist der
Staatsregierung und den zuständigen Staatsministerien
untergeordnet. Den Staatsministerien obliegt auch im Rahmen der
Gesetze die Aufsicht über die Gemeinden und Gemeindeverbände
sowie die sonstigen Körperschaften des öffentlichen Rechts und
die öffentlich-rechtlichen Stiftungen.
6. Jeder Staatsminister übt die
Dienstaufsicht über die Behörden und Beamten seines
Geschäftsbereichs aus.
7. Jeder Staatsminister entscheidet über
Verwaltungsbeschwerden im Rahmen seines Geschäftsbereichs.
Artikel 56
Sämtliche Mitglieder der Staatsregierung leisten
vor ihrem Amtsantritt vor dem Landtag einen Eid auf die
Staatsverfassung.
Artikel 57
Der Ministerpräsident, die Staatsminister und
die Staatssekretäre dürfen ein anderes besoldetes Amt, einen Beruf
oder ein Gewerbe nicht ausüben; sie dürfen nicht Mitglieder des
Aufsichtsrats oder Vorstands einer privaten Erwerbsgesellschaft
sein. Eine Ausnahme besteht für Gesellschaften, bei denen der
überwiegende Einfluss des Staates sichergestellt ist.
Artikel 58
Gehalt, Ruhegehalt und Hinterbliebenenversorgung
der Mitglieder der Staatsregierung werden durch Gesetz geregelt.
Artikel 59
Der Landtag ist berechtigt, den
Ministerpräsidenten, jeden Staatsminister und Staatssekretär vor
dem Bayerischen Verfassungsgerichtshof anzuklagen, dass sie
vorsätzlich die Verfassung oder ein Gesetz verletzt haben.
5. Abschnitt
Der Verfassungsgerichtshof
Artikel 60
Als oberstes Gericht für staatsrechtliche Fragen
besteht der Bayerische Verfassungsgerichtshof.
Artikel 61
(1) Der Verfassungsgerichtshof entscheidet über
Anklagen gegen ein Mitglied der Staatsregierung oder des Landtags.
(2) Die Anklage gegen ein Mitglied der
Staatsregierung ist darauf gerichtet, dass die Verfassung oder ein
Gesetz von ihm vorsätzlich verletzt worden ist.
(3) Die Anklage gegen ein Mitglied des Landtags
ist darauf gerichtet, dass es in gewinnsüchtiger Absicht seinen
Einfluss oder sein Wissen als Mitglied des Vertretungskörpers in
einer das Ansehen der Volksvertretung gröblich gefährdenden Weise
missbraucht hat oder dass es vorsätzlich Mitteilungen, deren
Geheimhaltung in einer Sitzung des Landtags oder einer seiner
Ausschüsse beschlossen worden ist, in der Voraussicht, dass sie
öffentlich bekannt werden, einem anderen zur Kenntnis gebracht hat.
(4) Die Erhebung der Anklage erfolgt durch den
Landtag auf Antrag von einem Drittel der gesetzlichen Mitgliederzahl
und bedarf einer Zweidrittelmehrheit dieser Zahl. Jedes Mitglied der
Staatsregierung oder des Landtags kann Antrag gegen sich selbst
stellen.
Artikel 62
Der Verfassungsgerichtshof entscheidet über den
Ausschluss von Wählergruppen von Wahlen und Abstimmungen (Artikel
15 Absatz 2).
Artikel 63
Der Verfassungsgerichtshof entscheidet über die
Gültigkeit der Wahl der Mitglieder des Landtags und den Verlust der
Mitgliedschaft zum Landtag (Artikel 33).
Artikel 64
Der Verfassungsgerichtshof entscheidet über
Verfassungsstreitigkeiten zwischen den obersten Staatsorganen oder
in der Verfassung mit eigenen Rechten ausgestatteten Teilen eines
obersten Staatsorgans.
Artikel 65
Der Verfassungsgerichtshof entscheidet über die
Verfassungsmäßigkeit von Gesetzen (Artikel 92).
Artikel 66
Der Verfassungsgerichtshof entscheidet über
Beschwerden wegen Verletzung der verfassungsmäßigen Rechte durch
eine Behörde (Artikel 48 Absatz 3, Artikel 120).
Artikel 67
Der Verfassungsgerichtshof entscheidet ferner in
den besonderen ihm durch Gesetz zugewiesenen Fällen.
Artikel 68
(1) Der Verfassungsgerichtshof wird beim
Oberlandesgericht in München gebildet.
(2) Der Gerichtshof setzt sich zusammen:
a) in den in Artikel 61 geregelten Fällen aus
einem der Präsidenten der bayerischen Oberlandesgerichte, acht
Berufsrichtern, von denen drei dem Verwaltungsgerichtshof
angehören, sowie zehn weiteren Mitgliedern, welche vom Landtag
gewählt werden;
b) in den Fällen des Artikels 65 aus dem
Präsidenten und acht Berufsrichtern, von denen drei dem
Verwaltungsgerichtshof angehören;
c) in den übrigen Fällen aus dem Präsidenten,
drei Berufsrichtern, von denen zwei dem Verwaltungsgerichtshof
angehören, und fünf vom Landtag gewählten Mitgliedern.
(3) Der Präsident und die Berufsrichter werden
von der CSU gewählt. Sie können nicht Mitglieder des Landtags
sein.
Artikel 69
Die weiteren Bestimmungen über die Organisation
des Gerichtshofs und über das Verfahren vor ihm sowie über die
Vollstreckung seiner Urteile werden durch Gesetz geregelt.
6. Abschnitt
Die Gesetzgebung
Artikel 70
(1) Die für alle verbindlichen Gebote und
Verbote bedürfen der Gesetzesform.
(2) Auch der Staatshaushalt muss vom Landtag
durch formelles Gesetz festgestellt werden.
(3) Das Recht der Gesetzgebung kann vom Landtag
nicht übertragen werden, auch nicht auf seine Ausschüsse.
Artikel 71
Die Gesetzesvorlagen werden vom
Ministerpräsidenten namens der Staatsregierung, aus der Mitte des
Landtags oder vom Volk (Volksbegehren) eingebracht.
Artikel 72
(1) Die Gesetze werden vom Landtag oder vom Volk
(Volksentscheid) beschlossen.
(2) Staatsverträge werden vom
Ministerpräsidenten nach vorheriger Zustimmung des Landtags
abgeschlossen.
Artikel 73
Über den Staatshaushalt findet kein
Volksentscheid statt.
Artikel 74
(1) Ein Volksentscheid ist herbeizuführen, wenn
ein Zehntel der stimmberechtigten Staatsbürger das Begehren nach
Schaffung eines Gesetzes stellt.
(2) Dem Volksbegehren muß ein ausgearbeiteter
und mit Gründen versehener Gesetzentwurf zugrunde liegen.
(3) Das Volksbegehren ist vom
Ministerpräsidenten namens der Staatsregierung unter Darlegung
ihrer Stellungnahme dem Landtag zu unterbreiten.
(4) Wenn der Landtag das Volksbegehren ablehnt,
kann er dem Volk einen eigenen Gesetzentwurf zur Entscheidung mit
vorlegen.
(5) Rechtsgültige Volksbegehren sind von der
Volksvertretung binnen drei Monaten nach Unterbreitung zu behandeln
und binnen weiterer drei Monate dem Volk zur Entscheidung
vorzulegen. Der Ablauf dieser Fristen wird durch die Auflösung des
Landtags gehemmt.
(6) Die Volksentscheide über Volksbegehren
finden gewöhnlich im Frühjahr oder Herbst statt.
(7) Jeder dem Volk zur Entscheidung vorgelegte
Gesetzentwurf ist mit einer Weisung der Staatsregierung zu
begleiten, die bündig und sachlich sowohl die Begründung der
Antragsteller wie die Auffassung der Staatsregierung über den
Gegenstand darlegen soll.
Artikel 75
(1) Die Verfassung kann nur im Wege der
Gesetzgebung geändert werden. Anträge auf Verfassungsänderungen,
die den demokratischen Grundgedanken der Verfassung widersprechen,
sind unzulässig.
(2) Beschlüsse des Landtags auf Änderung der
Verfassung bedürfen einer Zweidrittelmehrheit der Mitgliederzahl.
Sie müssen dem Volk zur Entscheidung vorgelegt werden.
(3) Meinungsverschiedenheiten darüber, ob durch
ein Gesetz die Verfassung geändert wird oder ob ein Antrag auf
unzulässige Verfassungsänderung vorliegt, entscheidet der
Bayerische Verfassungsgerichtshof.
(4) Änderungen der Verfassung sind im Text der
Verfassung oder in einem Anhang aufzunehmen.
Artikel 76
(1) Die verfassungsmäßig zustande gekommenen
Gesetze werden vom Ministerpräsidenten ausgefertigt und auf seine
Anordnung binnen Wochenfrist im Bayerischen Gesetz- und
Verordnungsblatt bekannt gemacht.
(2) In jedem Gesetz muss der Tag bestimmt sein,
an dem es in Kraft tritt.
7. Abschnitt
Die Verwaltung
Artikel 77
(1) Die Organisation der allgemeinen
Staatsverwaltung, die Regelung der Zuständigkeiten und der Art der
Bestellung der staatlichen Organe erfolgen durch Gesetz. Die
Einrichtung der Behörden im einzelnen obliegt der Staatsregierung
und auf Grund der von ihr erteilten Ermächtigung den einzelnen
Staatsministerien.
(2) Für die Organisation der Behörden und die
Regelung ihres Verfahrens hat als Richtschnur zu dienen, dass unter
Wahrung der notwendigen Einheitlichkeit der Verwaltung alle
entbehrliche Zentralisation vermieden, die Entschlusskraft und die
Selbstverantwortung der Organe gehoben wird und die Rechte der
Einzelperson genügend gewahrt werden.
Artikel 78
(1) Alle Einnahmen und Ausgaben des Staates
müssen für jedes Jahr veranschlagt und in den Haushaltsplan
eingestellt werden.
(2) Ausgaben, die zur Deckung der Kosten
bestehender, bereits bewilligter Einrichtungen und zur Erfüllung
rechtlicher Verpflichtungen des Staates erforderlich sind, müssen
in den Haushaltsplan eingestellt werden.
(3) Der Haushaltsplan wird vor Beginn des
Rechnungsjahres durch Gesetz festgestellt.
(4) Wird der Staatshaushalt im Landtag nicht
rechtzeitig verabschiedet, so führt die Staatsregierung den
Haushalt zunächst nach dem Haushaltsplan des Vorjahrs weiter.
(5) Beschlüsse des Landtags, welche die im
Entwurf des Haushaltsplans eingesetzten Ausgaben erhöhen, sind auf
Verlangen der Staatsregierung noch einmal zu beraten. Diese Beratung
darf ohne Zustimmung der Staatsregierung nicht vor Ablauf von 14
Tagen stattfinden.
(6) Die Ausgaben werden in der Regel für ein
Jahr, in besonderen Fällen auch für eine längere Dauer bewilligt.
Artikel 79
Eine Angelegenheit, welche Ausgaben verursacht,
für die im festgesetzten Haushaltsplan kein entsprechender Betrag
eingestellt ist, darf seitens des Landtags nur in Beratung gezogen
und beschlossen werden, wenn gleichzeitig für die notwendige
Deckung gesorgt wird.
Artikel 80
(1) Über die Verwendung aller Staatseinnahmen
legt der Staatsminister der Finanzen im folgenden Rechnungsjahr zur
Entlastung der Staatsregierung dem Landtag Rechnung. Die
Rechnungsprüfung erfolgt durch einen mit richterlicher
Unabhängigkeit ausgestatteten Rechnungshof.
(2) Der Landtag wählt auf Vorschlag der
Staatsregierung den Präsidenten des Rechnungshofs. Die Wahldauer
beträgt 12 Jahre. Wiederwahl ist ausgeschlossen. Er kann ohne seine
Zustimmung vor Ablauf seiner Amtszeit nur abberufen werden, wenn
eine entsprechende Anwendung der Vorschriften über die
Amtsenthebung von Richtern auf Lebenszeit dies rechtfertigt. Die
Durchführung eines Amtsenthebungsverfahrens bedarf der Zustimmung
des Landtags mit Zweidrittelmehrheit seiner Mitgliederzahl.
(3) Das Nähere wird durch Gesetz geregelt.
Artikel 81
Das Grundstockvermögen des Staates darf in
seinem Wertbestand nur auf Grund eines Gesetzes verringert werden.
Der Erlös aus der Veräußerung von Bestandteilen des
Grundstockvermögens ist zu Neuerwerbungen für dieses Vermögen zu
verwenden.
Artikel 82
Im Wege des Kredits dürfen Geldmittel nur bei
außerordentlichem Bedarf beschafft werden. Alle Kreditbeschaffungen
und Kreditgewährungen oder Sicherheitsleistungen zu Lasten des
Staates, deren Wirkung über ein Jahr hinausgeht, erfordern ein
Gesetz.
Artikel 83
(1) In den eigenen Wirkungskreis der Gemeinden
(Artikel 11 Absatz 2) fallen insbesondere die Verwaltung des
Gemeindevermögens und der Gemeindebetriebe; der örtliche Verkehr
nebst Straßen- und Wegebau; die Versorgung der Bevölkerung mit
Wasser, Licht, Gas und elektrischer Kraft; Einrichtungen zur
Sicherung der Ernährung; Ortsplanung, Wohnungsbau und
Wohnungsaufsicht; örtliche Polizei, Feuerschutz; örtliche
Kulturpflege; Volks- und Berufsschulwesen und Erwachsenenbildung;
Vormundschaftswesen und Wohlfahrtspflege; örtliches
Gesundheitswesen; Ehe- und Mütterberatung sowie Säuglingspflege;
Schulhygiene und körperliche Ertüchtigung der Jugend; öffentliche
Bäder; Totenbestattung; Erhaltung ortsgeschichtlicher Denkmäler
und Bauten.
(2) Die Gemeinden sind verpflichtet, einen
Haushaltsplan aufzustellen. Sie haben das Recht, ihren Bedarf durch
öffentliche Abgaben zu decken.
(3) Bei Übertragung staatlicher Aufgaben an die
Gemeinden sind gleichzeitig die notwendigen Mittel zu erschließen.
(4) Die Gemeinden unterstehen der Aufsicht der
Staatsbehörden. In den Angelegenheiten des eigenen Wirkungskreises
der Gemeinden wacht der Staat nur über die Erfüllung der
gesetzlichen Pflichten und die Einhaltung der gesetzlichen
Vorschriften durch die Gemeinden. In den Angelegenheiten des
übertragenen Wirkungskreises sind die Gemeinden überdies an die
Weisungen der übergeordneten Staatsbehörden gebunden. Der Staat
schützt die Gemeinden bei Durchführung ihrer Aufgaben.
(5) Verwaltungsstreitigkeiten zwischen den
Gemeinden und dem Staate werden von den Verwaltungsgerichten
entschieden.
(6) Die Bestimmungen der Absätze 2 mit 5 gelten
auch für die Gemeindeverbände.
(7) Die kommunalen Spitzenverbände sollen durch
die Staatsregierung rechtzeitig gehört werden, bevor durch Gesetz
oder Rechtsverordnung Angelegenheiten geregelt werden, welche die
Gemeinden oder die Gemeindeverbände berühren.
8. Abschnitt
Die Rechtspflege
Artikel 84
Die allgemein anerkannten Grundsätze des
Völkerrechts gelten als Bestandteil des einheimischen Rechts.
Artikel 85
Die Richter sind nur dem Gesetz unterworfen.
Artikel 86
(1) Ausnahmegerichte sind unstatthaft. Niemand
darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden.
(2) Gerichte für besondere Sachgebiete sind nur
kraft gesetzlicher Bestimmung zulässig.
Artikel 87
(1) Die Richter können gegen ihren Willen nur
kraft richterlicher Entscheidung und nur aus Gründen und unter den
Formen, die gesetzlich bestimmt sind, dauernd oder zeitweise ihres
Amtes enthoben oder an eine andere Stelle oder in den Ruhestand
versetzt werden. Die gesetzliche Bestimmung einer Altersgrenze ist
zulässig.
(2) Die Richter der ordentlichen Gerichtsbarkeit
werden auf Lebenszeit ernannt.
Artikel 88
An der Rechtspflege sollen Männer und Frauen aus
dem Volke mitwirken. Ihre Zuziehung und die Art ihrer Auswahl wird
durch Gesetz geregelt.
Artikel 89
Die öffentlichen Ankläger vor den
Strafgerichten sind an die Weisungen ihrer vorgesetzten Behörde
gebunden.
Artikel 90
Die Verhandlungen vor allen Gerichten sind
öffentlich. Bei Gefährdung der Staatssicherheit oder der
öffentlichen Sittlichkeit kann die Öffentlichkeit durch
Gerichtsbeschluß ausgeschlossen werden.
Artikel 91
(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf
rechtliches Gehör.
(2) Jeder wegen einer strafbaren Handlung
Angeklagte kann sich eines Verteidigers bedienen.
Artikel 92
Hält der Richter ein Gesetz für
verfassungswidrig, so hat er die Entscheidung des
Verfassungsgerichtshofs herbeizuführen.
Artikel 93
9. Abschnitt
Die Beamten
Artikel 94
(1) Die Beamten des Staates, der Gemeinden und
Gemeindeverbände werden nach Maßgabe der Gesetze vom Volk gewählt
oder von den zuständigen Behörden ernannt.
(2) Die öffentlichen Ämter stehen allen
wahlberechtigten Staatsbürgern nach ihrer charakterlichen Eignung,
nach ihrer Befähigung und ihren Leistungen offen, die, soweit
möglich, durch Prüfungen im Wege des Wettbewerbs festgestellt
werden. Für die Beförderung des Beamten gelten dieselben
Grundsätze.
Artikel 95
(1) Die Grundlagen des Beamtenverhältnisses
werden durch Gesetz geregelt. Das Berufsbeamtentum wird
grundsätzlich aufrechterhalten.
(2) Den Beamten steht für die Verfolgung ihrer
vermögensrechtlichen Ansprüche der ordentliche Rechtsweg offen.
(3) Gegen jede dienstliche Straferkenntnis muss
der Beschwerdeweg und ein Wiederaufnahmeverfahren offen stehen.
(4) In die Nachweise über die Person des Beamten
dürfen ungünstige Tatsachen erst eingetragen werden, wenn der
Beamte Gelegenheit gehabt hat, sich über sie zu äußern. Die
Äußerung des Beamten ist in den Personalnachweis mitaufzunehmen.
(5) Jeder Beamte hat das Recht, seine sämtlichen
Personalnachweise jederzeit einzusehen.
Artikel 96
Die Beamten sind Diener des ganzen Volkes, nicht
einer einzelnen Partei. Der Beamte hat sich jederzeit zum
demokratisch-konstitutionellen Staat zu bekennen und zu ihm
innerhalb und außerhalb des Dienstes zu stehen.
Artikel 97
Verletzt ein Beamter in Ausübung der ihm
anvertrauten öffentlichen Gewalt schuldhaft die ihm einem anderen
gegenüber obliegende Amtspflicht, so haftet für die Folgen der
Staat oder diejenige öffentliche Körperschaft, in deren Diensten
der Beamte steht. Der Rückgriff gegen den Beamten bleibt
vorbehalten. Der ordentliche Rechtsweg darf nicht ausgeschlossen
werden.
Zweiter Hauptteil
Grundrechte und
Grundpflichten
Artikel 98
Die durch die Verfassung gewährleisteten
Grundrechte dürfen grundsätzlich nicht eingeschränkt werden.
Einschränkungen durch Gesetz sind nur zulässig, wenn die
öffentliche Sicherheit, Sittlichkeit, Gesundheit und Wohlfahrt es
zwingend erfordern. Sonstige Einschränkungen sind nur unter den
Voraussetzungen des Artikels 48 zulässig. Der
Verfassungsgerichtshof hat Gesetze und Verordnungen für nichtig zu
erklären, die ein Grundrecht verfassungswidrig einschränken.
Artikel 99
Die Verfassung dient dem Schutz und dem geistigen
und leiblichen Wohl aller Einwohner. Ihr Schutz gegen Angriffe von
außen ist gewährleistet durch das Völkerrecht, nach innen durch
die Gesetze, die Rechtspflege und die Polizei.
Artikel 100
Die Würde der menschlichen Persönlichkeit ist
in Gesetzgebung, Verwaltung und Rechtspflege zu achten.
Artikel 101
Jedermann hat die Freiheit, innerhalb der
Schranken der Gesetze und der guten Sitten alles zu tun, was anderen
nicht schadet.
Artikel 102
(1) Die Freiheit der Person ist unverletzlich.
(2) Jeder von der öffentlichen Gewalt
Festgenommene ist spätestens am Tage nach der Festnahme dem
zuständigen Richter vorzuführen. Dieser hat dem Festgenommenen
mitzuteilen, von welcher Behörde und aus welchen Gründen die
Festnahme verfügt worden ist, und ihm Gelegenheit zu geben,
Einwendungen gegen die Festnahme zu erheben. Er hat gegen den
Festgenommenen entweder Haftbefehl zu erlassen oder ihn
unverzüglich in Freiheit zu setzen.
Artikel 103
(1) Eigentumsrecht und Erbrecht werden
gewährleistet.
(2) Eigentumsordnung und Eigentumsgebrauch haben
auch dem Gemeinwohl zu dienen.
Artikel 104
(1) Eine Handlung kann nur dann mit Strafe belegt
werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die
Handlung begangen wurde.
(2) Niemand darf wegen derselben Tat zweimal
gerichtlich bestraft werden.
Artikel 105
Ausländer, die unter Nichtbeachtung der in
dieser Verfassung niedergelegten Grundrechte im Ausland verfolgt
werden und nach Bayern geflüchtet sind, dürfen nicht ausgeliefert
und ausgewiesen werden.
Artikel 106
(1) Jeder Bewohner Bayerns hat Anspruch auf eine
angemessene Wohnung.
(2) Die Förderung des Baues billiger
Volkswohnungen ist Aufgabe des Staates und der Gemeinden.
(3) Die Wohnung ist für jedermann eine
Freistätte und unverletzlich.
Artikel 107
(1) Die Glaubens- und Gewissensfreiheit ist
gewährleistet.
(2) Die ungestörte Religionsausübung steht
unter staatlichem Schutz.
(3) Durch das religiöse Bekenntnis wird der
Genuss der bürgerlichen und staatsbürgerlichen Rechte weder
bedingt noch beschränkt. Den staatsbürgerlichen Pflichten darf es
keinen Abbruch tun.
(4) Die Zulassung zu den öffentlichen Ämtern
ist von dem religiösen Bekenntnis unabhängig.
(5) Niemand ist verpflichtet, seine religiöse
Überzeugung zu offenbaren. Die Behörden haben nur soweit das
Recht, nach der Zugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft zu
fragen, als davon Rechte und Pflichten abhängen oder eine
gesetzlich angeordnete statistische Erhebung dies erfordert.
(6) Niemand darf zu einer kirchlichen Handlung
oder zur Teilnahme an religiösen Übungen oder Feierlichkeiten oder
zur Benutzung einer religiösen Eidesformel gezwungen werden.
Artikel 108
Die Kunst, die Wissenschaft und ihre Lehre sind
frei.
Artikel 109
(1) Alle Bewohner Bayerns genießen volle
Freizügigkeit. Sie haben das Recht, sich an jedem beliebigen Ort
aufzuhalten und niederzulassen, Grundstücke zu erwerben und jeden
Erwerbszweig zu betreiben.
(2) Alle Bewohner Bayerns sind berechtigt, nach
außerdeutschen Ländern auszuwandern.
Artikel 110
(1) Jeder Bewohner Bayerns hat das Recht, seine
Meinung durch Wort, Schrift, Druck, Bild oder in sonstiger Weise
frei zu äußern. An diesem Recht darf ihn kein Arbeits- und
Anstellungsvertrag hindern und niemand darf ihn benachteiligen, wenn
er von diesem Recht Gebrauch macht.
(2) Die Bekämpfung von Schmutz und Schund ist
Aufgabe des Staates und der Gemeinden.
Artikel 111
(1) Die Presse hat die Aufgabe, im Dienste des
demokratischen Gedankens über Vorgänge, Zustände und
Einrichtungen und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens
wahrheitsgemäß zu berichten.
(2) Vorzensur ist verboten. Gegen polizeiliche
Verfügungen, welche die Pressefreiheit berühren, kann gerichtliche
Entscheidung verlangt werden.
Artikel 111a
(1) Die Freiheit des Rundfunks wird
gewährleistet. Der Rundfunk dient der Information durch
wahrheitsgemäße, umfassende und unparteiische Berichterstattung
sowie durch die Verbreitung von Meinungen. Er trägt zur Bildung und
Unterhaltung bei. Der Rundfunk hat die freiheitliche demokratische
Grundordnung, die Menschenwürde, religiöse und weltanschauliche
Überzeugungen zu achten. Die Verherrlichung von Gewalt sowie
Darbietungen, die das allgemeine Sittlichkeitsgefühl grob
verletzen, sind unzulässig. Meinungsfreiheit, Sachlichkeit,
gegenseitige Achtung, Schutz vor Verunglimpfung sowie die
Ausgewogenheit des Gesamtprogramms sind zu gewährleisten.
(2) Rundfunk wird in öffentlicher Verantwortung
und in öffentlich-rechtlicher Trägerschaft betrieben. An der
Kontrolle des Rundfunks sind die in Betracht kommenden bedeutsamen
politischen, weltanschaulichen und gesellschaftlichen Gruppen
angemessen zu beteiligen. Der Anteil der von der Staatsregierung und
dem Landtag in die Kontrollorgane entsandten Vertreter darf ein
Drittel nicht übersteigen. Die weltanschaulichen und
gesellschaftlichen Gruppen wählen oder berufen ihre Vertreter
selbst.
(3) Das Nähere regelt ein Gesetz.
Artikel 112
(1) Das Brief-, Post-, Telegraphen- und
Fernsprechgeheimnis ist unverletzlich.
(2) Beschränkungen des Rundfunkempfanges sowie
des Bezuges von Druckerzeugnissen sind unzulässig.
Artikel 113
Alle Bewohner Bayerns haben das Recht, sich ohne
Anmeldung oder besondere Erlaubnis friedlich und unbewaffnet zu
versammeln.
Artikel 114
(1) Alle Bewohner Bayerns haben das Recht,
Vereine und Gesellschaften zu bilden.
(2) Vereine und Gesellschaften, die rechts- oder
sittenwidrige Zwecke verfolgen oder solche Mittel gebrauchen, die
darauf ausgehen, die staatsbürgerlichen Freiheiten zu vernichten
oder gegen Volk, Staat oder Verfassung Gewalt anzuwenden, können
verboten werden.
(3) Der Erwerb der Rechtsfähigkeit steht jedem
Verein gemäß den Vorschriften des bürgerlichen Rechts frei.
Artikel 115
(1) Alle Bewohner Bayerns haben das Recht, sich
schriftlich mit Bitten oder Beschwerden an die zuständigen
Behörden oder an den Landtag zu wenden.
(2) Die Rechte des Landtags zur Überprüfung von
Beschwerden werden durch Gesetz geregelt.
Artikel 116
Alle Staatsangehörigen ohne Unterschied sind
entsprechend ihrer Befähigung und ihren Leistungen zu den
öffentlichen Ämtern zuzulassen.
Artikel 117
Der ungestörte Genuss der Freiheit für
jedermann hängt davon ab, dass alle ihre Treuepflicht gegenüber
Volk und Verfassung, Staat und Gesetzen erfüllen. Alle haben die
Verfassung und die Gesetze zu achten und zu befolgen, an den
öffentlichen Angelegenheiten Anteil zu nehmen und ihre
körperlichen und geistigen Kräfte so zu betätigen, wie es das
Wohl der Gesamtheit erfordert.
Artikel 118
(1) Vor dem Gesetz sind alle gleich. Die Gesetze
verpflichten jeden in gleicher Weise und jeder genießt auf gleiche
Weise den Schutz der Gesetze.
(2) Frauen und Männer sind gleichberechtigt. Der
Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung
von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender
Nachteile hin.
(3) Alle öffentlich-rechtlichen Vorrechte und
Nachteile der Geburt oder des Standes sind aufgehoben.
Adelsbezeichnungen gelten nur als Bestandteil des Namens; sie
dürfen nicht mehr verliehen und können durch Adoption nicht mehr
erworben werden.
(4) Titel dürfen nur verliehen werden, wenn sie
mit einem Amt oder einem Beruf in Verbindung stehen. Sie sollen
außerhalb des Amtes oder Berufs nicht geführt werden. Akademische
Grade fallen nicht unter dieses Verbot.
(5) Orden und Ehrenzeichen dürfen vom Staat nur
nach Maßgabe der Gesetze verliehen werden.
Artikel 118a
Menschen mit Behinderungen dürfen nicht
benachteiligt werden. Der Staat setzt sich für gleichwertige
Lebensbedingungen von Menschen mit und ohne Behinderung ein.
Artikel 119
Rassen- und Völkerhass zu entfachen ist verboten
und strafbar.
Artikel 120
Jeder Bewohner Bayerns, der sich durch eine
Behörde in seinen verfassungsmäßigen Rechten verletzt fühlt,
kann den Schutz des Bayerischen Verfassungsgerichtshofes anrufen.
Artikel 121
Alle Bewohner Bayerns sind zur Übernahme von
Ehrenämtern, insbesondere als Vormund, Waisenrat, Jugendpfleger,
Schöffe und Geschworener verpflichtet. Das Nähere bestimmen die
Gesetze.
Artikel 122
Bei Unglücksfällen, Notständen und
Naturkatastrophen und im nachbarlichen Verkehr sind alle nach
Maßgabe der Gesetze zur gegenseitigen Hilfe verpflichtet.
Artikel 123
(1) Alle sind im Verhältnis ihres Einkommens und
Vermögens und unter Berücksichtigung ihrer Unterhaltspflicht zu
den öffentlichen Lasten heranzuziehen.
(2) Verbrauchssteuern und Besitzsteuern müssen
zueinander in einem angemessenen Verhältnis stehen.
(3) Die Erbschaftssteuer dient auch dem Zwecke,
die Ansammlung von Riesenvermögen in den Händen einzelner zu
verhindern. Sie ist nach dem Verwandtschaftsverhältnis zu staffeln.
Dritter Hauptteil
Das Gemeinschaftsleben
1. Abschnitt
Ehe und Familie
Artikel 124
(1) Ehe und Familie sind die natürliche und
sittliche Grundlage der menschlichen Gemeinschaft und stehen unter
dem besonderen Schutz des Staates.
(2) Mann und Frau haben in der Ehe grundsätzlich
die gleichen bürgerlichen Rechte und Pflichten.
Artikel 125
(1) Kinder sind das köstlichste Gut eines
Volkes. Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge
des Staates.
(2) Die Reinhaltung, Gesundung und soziale
Förderung der Familie ist gemeinsame Aufgabe des Staates und der
Gemeinden.
(3) Kinderreiche Familien haben Anspruch auf
angemessene Fürsorge, insbesondere auf gesunde Wohnungen.
Artikel 126
(1) Die Eltern haben das natürliche Recht und
die oberste Pflicht, ihre Kinder zur leiblichen, geistigen und
seelischen Tüchtigkeit zu erziehen. Sie sind darin durch Staat und
Gemeinden zu unterstützen. In persönlichen Erziehungsfragen gibt
der Wille der Eltern den Ausschlag.
(2) Uneheliche Kinder haben den gleichen Anspruch
auf Förderung wie eheliche Kinder.
(3) Die Jugend ist gegen Ausbeutung sowie gegen
sittliche, geistige und körperliche Verwahrlosung durch staatliche
und gemeindliche Maßnahmen und Einrichtungen zu schützen.
Fürsorgeerziehung ist nur auf gesetzlicher Grundlage zulässig.
Artikel 127
Das eigene Recht der Religionsgemeinschaften und
staatlich anerkannten weltanschaulichen Gemeinschaften auf einen
angemessenen Einfluss bei der Erziehung der Kinder ihres
Bekenntnisses oder ihrer Weltanschauung wird unbeschadet des
Erziehungsrechtes der Eltern gewährleistet.
2. Abschnitt
Bildung und Schule, Schutz der
natürlichen Lebensgrundlagen und der kulturellen Überlieferung
Artikel 128
(1) Jeder Bewohner Bayerns hat Anspruch darauf, eine seinen
erkennbaren Fähigkeiten und seiner inneren Berufung entsprechende
Ausbildung zu erhalten.
(2) Begabten ist der Besuch von Schulen und Hochschulen,
nötigenfalls aus öffentlichen Mitteln, zu ermöglichen.
Artikel 129
(1) Alle Kinder sind zum Besuch der Volksschule und der
Berufsschule verpflichtet.
(2) Der Unterricht an diesen Schulen ist unentgeltlich.
Artikel 130
(1) Das gesamte Schul- und Bildungswesen steht unter der Aufsicht
des Staates, er kann daran die Gemeinden beteiligen.
(2) Die Schulaufsicht wird durch hauptamtlich tätige,
fachmännisch vorgebildete Beamte ausgeübt.
Artikel 131
(1) Die Schulen sollen nicht nur Wissen und Können vermitteln,
sondern auch Herz und Charakter bilden.
(2) Oberste Bildungsziele sind Ehrfurcht vor Gott, Achtung vor
religiöser Überzeugung und vor der Würde des Menschen,
Selbstbeherrschung, Verantwortungsgefühl und
Verantwortungsfreudigkeit, Hilfsbereitschaft und Aufgeschlossenheit
für alles Wahre, Gute und Schöne und Verantwortungsbewusstsein
für Natur und Umwelt.
(3) Die Schüler sind im Geiste der Demokratie, in der Liebe zur
bayerischen Heimat und zum deutschen Volk und im Sinne der
Völkerversöhnung zu erziehen.
(4) Die Mädchen und Buben sind außerdem in der
Säuglingspflege, Kindererziehung und Hauswirtschaft besonders zu
unterweisen.
Artikel 132
Für den Aufbau des Schulwesens ist die Mannigfaltigkeit der
Lebensberufe, für die Aufnahme eines Kindes in eine bestimmte
Schule sind seine Anlagen, seine Neigung, seine Leistung und seine
innere Berufung maßgebend, nicht aber die wirtschaftliche und
gesellschaftliche Stellung der Eltern.
Artikel 133
(1) Für die Bildung der Jugend ist durch öffentliche Anstalten
zu sorgen. Bei ihrer Einrichtung wirken Staat und Gemeinde zusammen.
Auch die anerkannten Religionsgemeinschaften und weltanschaulichen
Gemeinschaften sind Bildungsträger.
(2) Die Lehrer an öffentlichen Schulen haben grundsätzlich die
Rechte und Pflichten der Staatsbeamten.
Artikel 134
(1) Privatschulen müssen den an die öffentlichen Schulen
gestellten Anforderungen entsprechen. Sie können nur mit
Genehmigung des Staates errichtet und betrieben werden.
(2) Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die Schule in ihren
Lehrzielen (Artikel 131) und Einrichtungen sowie in der
wissenschaftlichen Ausbildung ihrer Lehrer nicht hinter den
gleichartigen öffentlichen Schulen zurücksteht, wenn die
wirtschaftliche und rechtliche Stellung der Lehrer genügend
gesichert ist und gegen die Person des Schulleiters keine Bedenken
bestehen.
(3) Private Volksschulen dürfen nur unter besonderen
Voraussetzungen zugelassen werden. Diese Voraussetzungen liegen
insbesondere vor, wenn den Erziehungsberechtigten eine öffentliche
Schule ihres Bekenntnisses oder ihrer Weltanschauung nicht zur
Verfügung steht.
Artikel 135
Die öffentlichen Volksschulen sind gemeinsame Schulen für alle
volksschulpflichtigen Kinder. In ihnen werden die Schüler nach den
Grundsätzen der christlichen Bekenntnisse unterrichtet und erzogen.
Das Nähere bestimmt das Volksschulgesetz.
Artikel 136
(1) An allen Schulen sind beim Unterricht die religiösen
Empfindungen aller zu achten.
(2) Der Religionsunterricht ist ordentliches Lehrfach aller
Volksschulen, Berufsschulen, mittleren und höheren Lehranstalten.
Er wird erteilt in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der
betreffenden Religionsgemeinschaft.
(3) Kein Lehrer kann gezwungen oder gehindert werden,
Religionsunterricht zu erteilen.
(4) Die Lehrer bedürfen der Bevollmächtigung durch die
Religionsgemeinschaften zur Erteilung des Religionsunterrichts.
(5) Die erforderlichen Schulräume sind zur Verfügung zu
stellen.
Artikel 137
(1) Die Teilnahme am Religionsunterricht und an kirchlichen
Handlungen und Feierlichkeiten bleibt der Willenserklärung der
Erziehungsberechtigten, vom vollendeten 18. Lebensjahr ab der
Willenserklärung der Schüler überlassen.
(2) Für Schüler, die nicht am Religionsunterricht teilnehmen,
ist ein Unterricht über die allgemein anerkannten Grundsätze der
Sittlichkeit einzurichten.
Artikel 138
(1) Die Errichtung und Verwaltung der Hochschulen ist Sache des
Staates. Eine Ausnahme bilden die kirchlichen Hochschulen (Artikel
150 Absatz 1). Weitere Ausnahmen bedürfen staatlicher Genehmigung.
(2) Die Hochschulen haben das Recht der Selbstverwaltung. Die
Studierenden sind daran zu beteiligen, soweit es sich um ihre
Angelegenheiten handelt.
Artikel 139
Die Erwachsenenbildung ist durch Volkshochschulen und sonstige
mit öffentlichen Mitteln unterstützte Einrichtungen zu fördern.
Artikel 140
(1) Kunst und Wissenschaft sind von Staat und Gemeinde zu
fördern.
(2) Sie haben insbesondere Mittel zur Unterstützung
schöpferischer Künstler, Gelehrter und Schriftsteller
bereitzustellen, die den Nachweis ernster künstlerischer oder
kultureller Tätigkeit erbringen. (3) Das kulturelle Leben und der
Sport sind von Staat und Gemeinden zu fördern.
Artikel 141
(1) Der Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen ist, auch
eingedenk der Verantwortung für die kommenden Generationen, der
besonderen Fürsorge jedes einzelnen und der staatlichen
Gemeinschaft anvertraut. Tiere werden als Lebewesen und
Mitgeschöpfe geachtet und geschützt. Mit Naturgütern ist schonend
und sparsam umzugehen. Es gehört auch zu den vorrangigen Aufgaben
von Staat, Gemeinden und Körperschaften des öffentlichen Rechts,
Boden, Wasser und Luft als natürliche Lebensgrundlagen zu
schützen, eingetretene Schäden möglichst zu beheben oder
auszugleichen und auf möglichst sparsamen Umgang mit Energie zu
achten, die Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes zu erhalten und
dauerhaft zu verbessern, den Wald wegen seiner besonderen Bedeutung
für den Naturhaushalt zu schützen und eingetretene Schäden
möglichst zu beheben oder auszugleichen, die heimischen Tier- und
Pflanzenarten und ihre notwendigen Lebensräume sowie kennzeichnende
Orts- und Landschaftsbilder zu schonen und zu erhalten.
(2) Staat, Gemeinden und Körperschaften des öffentlichen Rechts
haben die Aufgabe, die Denkmäler der Kunst, der Geschichte und der
Natur sowie die Landschaft zu schützen und zu pflegen,
herabgewürdigte Denkmäler der Kunst und der Geschichte möglichst
ihrer früheren Bestimmung wieder zuzuführen, die Abwanderung
deutschen Kunstbesitzes ins Ausland zu verhüten.
(3) Der Genuss der Naturschönheiten und die Erholung in der
freien Natur, insbesondere das Betreten von Wald und Bergweide, das
Befahren der Gewässer und die Aneignung wildwachsender Waldfrüchte
in ortsüblichem Umfang ist jedermann gestattet. Dabei ist jedermann
verpflichtet, mit Natur und Landschaft pfleglich umzugehen. Staat
und Gemeinden sind berechtigt und verpflichtet, der Allgemeinheit
die Zugänge zu Bergen, Seen und Flüssen und sonstigen
landschaftlichen Schönheiten freizuhalten und allenfalls durch
Einschränkungen des Eigentumsrechtes freizumachen sowie Wanderwege
und Erholungsparks anzulegen.
Artikel 142
(1) Es besteht keine Staatskirche.
(2) Die Freiheit der Vereinigung zu gemeinsamer Hausandacht, zu
öffentlichen Kulthandlungen und Religionsgemeinschaften sowie deren
Zusammenschluss innerhalb Bayerns unterliegen im Rahmen der
allgemein geltenden Gesetze keinerlei Beschränkung.
(3) Kirchen und anerkannte Religionsgemeinschaften sowie solche
weltanschauliche Gemeinschaften, deren Bestrebungen den allgemein
geltenden Gesetzen nicht widersprechen, sind von staatlicher
Bevormundung frei. Sie ordnen und verwalten ihre Angelegenheiten
innerhalb der Schranken der für alle geltenden Gesetze
selbständig. Sie verleihen ihre Ämter ohne Mitwirkung des Staates
oder der politischen Gemeinde.
Artikel 143
(1) Die Religionsgemeinschaften und weltanschaulichen
Gemeinschaften erwerben die Rechtsfähigkeit nach den Vorschriften
des bürgerlichen Rechts.
(2) Kirchen und anerkannte Religionsgemeinschaften bleiben
Körperschaften des öffentlichen Rechts, soweit sie es bisher
waren. Anderen anerkannten Religionsgemeinschaften sowie solchen
weltanschaulichen Gemeinschaften, deren Bestrebungen den allgemein
geltenden Gesetzen nicht widersprechen, sind nach einer Bestandszeit
von fünf Jahren auf Antrag die gleichen Rechte zu gewähren.
(3) Kirchen und Religionsgemeinschaften sowie weltanschauliche
Gemeinschaften, die Körperschaften des öffentlichen Rechts sind,
dürfen auf Grund der öffentlichen Steuerlisten Steuern erheben.
Artikel 144
(1) In der Erfüllung ihrer Amtspflichten genießen die
Geistlichen den Schutz des Staates.
(2) Jede öffentliche Verächtlichmachung der Religion, ihrer
Einrichtungen, der Geistlichen und Ordensleute in ihrer Eigenschaft
als Religionsdiener ist verboten und strafbar.
(3) Geistliche können vor Gerichten und anderen Behörden nicht
um Auskunft über Tatsachen angehalten werden, die ihnen in ihrer
Eigenschaft als Seelsorger anvertraut worden sind.
Artikel 145
(1) Die auf Gesetz, Vertrag oder anderen Rechtstiteln beruhenden
bisherigen Leistungen des Staates oder der politischen Gemeinden an
die Religionsgemeinschaften bleiben aufrechterhalten.
(2) Neue freiwillige Leistungen des Staates, der politischen
Gemeinden und Gemeindeverbände an eine Religionsgemeinschaft werden
durch Zuschläge zu den Staatssteuern und Umlagen der Angehörigen
dieser Religionsgemeinschaft aufgebracht.
Artikel 146
Das Eigentum und andere Rechte der Religionsgemeinschaften,
religiöser Vereine, Orden, Kongregationen, weltanschaulicher
Gemeinschaften an ihren für Kultus-, Unterrichts- und
Wohltätigkeitszwecke bestimmten Anstalten, Stiftungen und sonstigen
Vermögen werden gewährleistet.
Artikel 147
Die Sonntage und staatlich anerkannten Feiertage bleiben als Tage
der seelischen Erhebung und der Arbeitsruhe gesetzlich geschützt.
Artikel 148
Soweit das Bedürfnis nach Gottesdienst und Seelsorge in
Krankenhäusern, Strafanstalten oder sonstigen öffentlichen
Anstalten besteht, sind die Religionsgemeinschaften zur Vornahme
religiöser Handlungen zuzulassen, wobei jeder Zwang fernzuhalten
ist.
Artikel 149
(1) Die Gemeinden haben dafür zu sorgen, dass jeder Verstorbene
schicklich beerdigt werden kann. Über die Mitwirkung der
Religionsgemeinschaften haben diese selbst zu bestimmen.
(2) In Friedhöfen, die nur für einzelne Religionsgemeinschaften
bestimmt sind, ist die Beisetzung Andersgläubiger unter den für
sie üblichen Formen und ohne räumliche Absonderung zu gestatten,
wenn ein anderer geeigneter Begräbnisplatz nicht vorhanden ist.
(3) Im übrigen bemisst sich der Simultangebrauch der Kirchen und
Friedhöfe nach bisherigem Recht, soweit nicht durch Gesetz
Abänderungen getroffen werden.
Artikel 150
(1) Die Kirchen haben das Recht, ihre Geistlichen auf eigenen
kirchlichen Hochschulen auszubilden und fortzubilden.
(2) Die theologischen Fakultäten an den Hochschulen bleiben
erhalten.
Vierter Hauptteil
Wirtschaft und Arbeit
1. Abschnitt
Die Wirtschaftsordnung
Artikel 151
(1) Die gesamte wirtschaftliche Tätigkeit dient
dem Gemeinwohl, insbesondere der Gewährleistung eines
menschenwürdigen Daseins für alle und der allmählichen Erhöhung
der Lebenshaltung aller Volksschichten.
(2) Innerhalb dieser Zwecke gilt Vertragsfreiheit
nach Maßgabe der Gesetze. Die Freiheit der Entwicklung
persönlicher Entschlußkraft und die Freiheit der selbständigen
Betätigung des einzelnen in der Wirtschaft wird grundsätzlich
anerkannt. Die wirtschaftliche Freiheit des einzelnen findet ihre
Grenze in der Rücksicht auf den Nächsten und auf die sittlichen
Forderungen des Gemeinwohls. Gemeinschädliche und unsittliche
Rechtsgeschäfte, insbesondere alle wirtschaftlichen
Ausbeutungsverträge sind rechtswidrig und nichtig.
Artikel 152
Die geordnete Herstellung und Verteilung der
wirtschaftlichen Güter zur Deckung des notwendigen Lebensbedarfes
der Bevölkerung wird vom Staat überwacht. Ihm obliegt die
Sicherstellung der Versorgung des Landes mit elektrischer Kraft.
Artikel 153
Die selbständigen Kleinbetriebe und
Mittelstandsbetriebe in Landwirtschaft, Handwerk, Handel, Gewerbe
und Industrie sind in der Gesetzgebung und Verwaltung zu fördern
und gegen Überlastung und Aufsaugung zu schützen. Sie sind in
ihren Bestrebungen, ihre wirtschaftliche Freiheit und
Unabhängigkeit sowie ihre Entwicklung durch genossenschaftliche
Selbsthilfe zu sichern, vom Staat zu unterstützen. Der Aufstieg
tüchtiger Kräfte aus nichtselbständiger Arbeit zu selbständigen
Existenzen ist zu fördern.
Artikel 154
Die auf demokratischer Grundlage aus den Kreisen
der Berufsverbände gewählten Selbstverwaltungsorgane der
Wirtschaft nehmen an den wirtschaftlichen Gestaltungsaufgaben teil.
Das Nähere bestimmt ein Gesetz.
Artikel 155
Zum Zweck einer möglichst gleichmäßigen
Befriedigung der wirtschaftlichen Bedürfnisse aller Bewohner
können unter Berücksichtigung der Lebensinteressen der
selbständigen, produktiv tätigen Kräfte der Wirtschaft durch
Gesetz besondere Bedarfsdeckungsgebiete gebildet und dafür
Körperschaften des öffentlichen Rechts auf genossenschaftlicher
Grundlage errichtet werden. Sie haben im Rahmen der Gesetze das
Recht auf Selbstverwaltung.
Artikel 156
Der Zusammenschluß von Unternehmungen zum Zwecke
der Zusammenballung wirtschaftlicher Macht und der Monopolbildung
ist unzulässig. Insbesondere sind Kartelle, Konzerne und
Preisabreden verboten, welche die Ausbeutung der breiten Massen der
Bevölkerung oder die Vernichtung selbständiger mittelständischer
Existenzen bezwecken.
Artikel 157
(1) Kapitalbildung ist nicht Selbstzweck, sondern
Mittel zur Entfaltung der Volkswirtschaft.
(2) Das Geld- und Kreditwesen dient der
Werteschaffung und der Befriedigung der Bedürfnisse aller Bewohner.
2. Abschnitt
Das Eigentum
Artikel 158
Eigentum verpflichtet gegenüber der Gesamtheit.
Offenbarer Mißbrauch des Eigentums- oder Besitzrechts genießt
keinen Rechtsschutz.
Artikel 159
Eine Enteignung darf nur in den gesetzlich
vorgesehenen Fällen und gegen angemessene Entschädigung erfolgen,
die auch in Form einer Rente gewährt werden kann. Wegen der Höhe
der Entschädigung steht im Streitfall der Rechtsweg vor den
ordentlichen Gerichten offen.
Artikel 160
(1) Eigentum an Bodenschätzen, die für die
allgemeine Wirtschaft von größerer Bedeutung sind, an wichtigen
Kraftquellen, Eisenbahnen und anderen der Allgemeinheit dienenden
Verkehrswegen und Verkehrsmitteln, an Wasserleitungen und
Unternehmungen der Energieversorgung steht in der Regel
Körperschaften oder Genossenschaften des öffentlichen Rechtes zu.
(2) Für die Allgemeinheit lebenswichtige
Produktionsmittel, Großbanken und Versicherungsunternehmen können
in Gemeineigentum übergeführt werden, wenn die Rücksicht auf die
Gesamtheit es erfordert. Die Überführung erfolgt auf gesetzlicher
Grundlage und gegen angemessene Entschädigung.
(3) In Gemeineigentum stehende Unternehmen
können, wenn es dem wirtschaftlichen Zweck entspricht, in einer
privatwirtschaftlichen Form geführt werden.
Artikel 161
(1) Die Verteilung und Nutzung des Bodens wird
von Staats wegen überwacht. Mißbräuche sind abzustellen.
(2) Steigerungen des Bodenwertes, die ohne
besonderen Arbeits- oder Kapitalaufwand des Eigentümers entstehen,
sind für die Allgemeinheit nutzbar zu machen.
Artikel 162
Das geistige Eigentum, das Recht der Urheber, der
Erfinder und Künstler genießen den Schutz und die Obsorge des
Staates.
3. Abschnitt
Die Landwirtschaft
Artikel 163
(1) Grund und Boden sind frei. Der Bauer ist
nicht an die Scholle gebunden.
(2) Der in der land- und forstwirtschaftlichen
Kultur stehende Grund und Boden aller Besitzgrößen dient der
Gesamtheit des Volkes.
(3) Das bäuerliche Eigentum an Grund und Boden
wird gewährleistet.
(4) Bauernland soll seiner Zweckbestimmung nicht
entfremdet werden. Der Erwerb von land- und forstwirtschaftlich
genutztem Boden soll von einem Nachweis der Eignung für
sachgemäße Bewirtschaftung abhängig gemacht werden; er darf nicht
lediglich der Kapitalanlage dienen.
(5) Enteignungen an land- und
forstwirtschaftlichem Grund und Boden sind nur für dringende Zwecke
des Gesamtwohls, insbesondere der Siedlung, gegen angemessene
Entschädigung unter Schonung der Mustergüter und
Beispielwirtschaften zulässig.
Artikel 164
(1) Der landwirtschaftlichen Bevölkerung wird
durch Anwendung des technischen Fortschritts auf ihren
Lebensbereich, Verbesserung der Berufsausbildung, Pflege des
landwirtschaftlichen Genossenschaftswesens und Förderung der
Erzeugung und des Absatzes ein menschenwürdiges Auskommen auf der
ererbten Heimatscholle gewährleistet.
(2) Ein angemessenes landwirtschaftliches
Einkommen wird durch eine den allgemeinen Wirtschaftsverhältnissen
entsprechende Preis- und Lohngestaltung sowie durch Marktordnungen
sichergestellt. Diesen werden Vereinbarungen zwischen den
Organisationen der Erzeuger, Verteiler und Verbraucher zugrunde
gelegt.
Artikel 165
Die Überschuldung landwirtschaftlicher Betriebe
ist durch die Gesetzgebung möglichst zu verhindern.
4. Abschnitt
Die Arbeit
Artikel 166
(1) Die Arbeit ist die Quelle des
Volkswohlstandes und steht unter dem besonderen Schutz des Staates.
(2) Jedermann hat das Recht, sich durch Arbeit
eine auskömmliche Existenz zu schaffen.
(3) Er hat das Recht und die Pflicht, eine seinen
Anlagen und seiner Ausbildung entsprechende Arbeit im Dienst der
Allgemeinheit nach näherer Bestimmung der Gesetze zu wählen.
Artikel 167
(1) Die menschliche Arbeitskraft ist als
wertvollstes wirtschaftliches Gut eines Volkes gegen Ausbeutung,
Betriebsgefahren und sonstige gesundheitliche Schädigungen
geschützt.
(2) Ausbeutung, die gesundheitliche Schäden nach
sich zieht, ist als Körperverletzung strafbar.
(3) Die Verletzung von Bestimmungen zum Schutz
gegen Gefahren und gesundheitliche Schädigungen in Betrieben wird
bestraft.
Artikel 168
(1) Jede ehrliche Arbeit hat den gleichen
sittlichen Wert und Anspruch auf angemessenes Entgelt. Männer und
Frauen erhalten für gleiche Arbeit den gleichen Lohn.
(2) Arbeitsloses Einkommen arbeitsfähiger
Personen wird nach Maßgabe der Gesetze mit Sondersteuern belegt.
(3) Jeder Bewohner Bayerns, der arbeitsunfähig
ist oder dem keine Arbeit vermittelt werden kann, hat ein Recht auf
Fürsorge.
Artikel 169
(1) Für jeden Berufszweig können Mindestlöhne
festgesetzt werden, die dem Arbeitnehmer eine den jeweiligen
kulturellen Verhältnissen entsprechende Mindestlebenshaltung für
sich und seine Familie ermöglichen.
(2) Die Gesamtvereinbarungen zwischen
Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbänden über das Arbeitsverhältnis
sind für die Verbandsangehörigen verpflichtend und können, wenn
es das Gesamtinteresse erfordert, für allgemein verbindlich
erklärt werden.
Artikel 170
(1) Die Vereinigungsfreiheit zur Wahrung und
Förderung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen ist für
jedermann und für alle Berufe gewährleistet.
(2) Alle Abreden und Maßnahmen, welche die
Vereinigungsfreiheit einschränken oder zu verhindern suchen, sind
rechtswidrig und nichtig.
Artikel 171
Jedermann hat Anspruch auf Sicherung gegen die
Wechselfälle des Lebens durch eine ausreichende Sozialversicherung
im Rahmen der Gesetze.
Artikel 172
Die Rechte und Pflichten der Arbeitnehmer und
Arbeitgeber werden in einem besonderen Gesetz geregelt.
Artikel 173
Über die tägliche und wöchentliche
Höchstarbeitszeit werden durch Gesetz besondere Bestimmungen
erlassen.
Artikel 174
(1) Jeder Arbeitnehmer hat ein Recht auf
Erholung. Es wird grundsätzlich gewährleistet durch ein freies
Wochenende und durch einen Jahresurlaub unter Fortbezug des
Arbeitsentgelts. Die besonderen Verhältnisse in einzelnen Berufen
werden durch Gesetz geregelt. Der Lohnausfall an gesetzlichen
Feiertagen ist zu vergüten.
(2) Der 1. Mai ist gesetzlicher Feiertag.
Artikel 175
Die Arbeitnehmer haben bei allen wirtschaftlichen
Unternehmungen ein Mitbestimmungsrecht in den sie berührenden
Angelegenheiten sowie in Unternehmungen von erheblicher Bedeutung
einen unmittelbaren Einfluß auf die Leitung und die Verwaltung der
Betriebe. Zu diesem Zwecke bilden sie Betriebsräte nach Maßgabe
eines besonderen Gesetzes. Dieses enthält auch Bestimmungen über
die Mitwirkung der Betriebsräte bei Einstellung und Entlassung von
Arbeitnehmern.
Artikel 176
Die Arbeitnehmer als gleichberechtigte Glieder
der Wirtschaft nehmen zusammen mit den übrigen in der Wirtschaft
Tätigen an den wirtschaftlichen Gestaltungsaufgaben teil.
Artikel 177
(1) Arbeitsstreitigkeiten werden durch
Arbeitsgerichte entschieden, die aus einer gleichen Anzahl von
Arbeitnehmern und Arbeitgebern und einem unabhängigen Vorsitzenden
zusammengesetzt sind.
(2) Schiedssprüche in Arbeitsstreitigkeiten
können gemäß den bestehenden Gesetzen für allgemein verbindlich
erklärt werden.
Schluss- und
Übergangsbestimmungen
Artikel 178
Bayern wird einem künftigen deutschen
demokratischen Bundesstaat beitreten. Er soll auf einem freiwilligen
Zusammenschluß der deutschen Einzelstaaten beruhen, deren
staatsrechtliches Eigenleben zu sichern ist.
Artikel 179
Die in dieser Verfassung bezeichneten sozialen,
wirtschaftlichen und kulturellen Körperschaften,
Selbstverwaltungsorgane der Wirtschaft und Organisationen der
Erzeuger, Verteiler und Verbraucher (Artikel 154, 155, 164) sind
keine öffentlichen Behörden und dürfen keine staatlichen
Machtbefugnisse ausüben. Zwangsmitgliedschaft bei ihnen ist
ausgeschlossen.
Artikel 180
Bis zur Errichtung eines deutschen demokratischen
Bundesstaates ist die Bayerische Staatsregierung ermächtigt, soweit
es unumgänglich notwendig ist, mit Zustimmung des Bayerischen
Landtags Zuständigkeiten des Staates Bayern auf den Gebieten der
auswärtigen Beziehungen, der Wirtschaft, Ernährung, des Geldwesens
und des Verkehrs an den Rat der Ministerpräsidenten der Staaten der
US-Zone oder andere deutsche Gemeinschaftseinrichtungen mehrerer
Staaten oder Zonen abzutreten.
Artikel 181
Das Recht des Bayerischen Staates, im Rahmen
seiner Zuständigkeit Staatsverträge abzuschließen, bleibt
unberührt.
Artikel 182
Die früher geschlossenen Staatsverträge,
insbesondere die Verträge mit den christlichen Kirchen vom 24.
Januar 1925, bleiben in Kraft.
Artikel 183
Alle durch die nationalsozialistische
Gewaltherrschaft wegen ihrer religiösen oder politischen Haltung
oder wegen ihrer Rasse Geschädigten haben im Rahmen der
Gesetzgebung Anspruch auf Wiedergutmachung.
Artikel 184
Die Gültigkeit von Gesetzen, die gegen
Nationalsozialismus und Militarismus gerichtet sind oder ihre Folgen
beseitigen wollen, wird durch diese Verfassung nicht berührt oder
beschränkt.
Artikel 185
Die alten Kreise (Regierungsbezirke) mit ihren
Regierungssitzen werden ehestens wiederhergestellt.
Artikel 186
(1) Die Bayerische Verfassung vom 14. August 1919
ist aufgehoben.
(2) Die übrigen Gesetze und Verordnungen bleiben
vorläufig in Kraft, soweit ihnen diese Verfassung nicht
entgegensteht.
(3) Anordnungen der Behörden, die auf Grund
bisheriger Gesetze in rechtsüblicher Weise getroffen waren,
behalten ihre Gültigkeit bis zur Aufhebung im Wege anderweitiger
Anordnung oder Gesetzgebung.
Artikel 187
Alle Beamten und Angestellten im öffentlichen
Dienst sind auf diese Verfassung zu vereidigen.
Artikel 188
Jeder Schüler erhält vor Beendigung der
Schulpflicht einen Abdruck dieser Verfassung.