Franz von Papen (parteilos)

Rundfunkansprache des Reichskanzlers vom 4. November 1932 zu den Reichstagswahlen

"Meine deutschen Landsleute, der Wahlkampf nähert sich dem Ende. Da ist es Aufgabe des verantwortlichen Staatsmannes, dem deutschen Volke noch einmal kurz ein klares Bild der Lage und seiner Zukunft zu geben. Tiefste Trauer muß die Brust jedes Patrioten erfüllen, wenn er die geistige Zerrissenheit seines Volkes sieht, tiefste Trauer, wenn er sieht, wie Haß und Verleumdung, Lüge und Ehrabschneidung tiefe Furchen durch die deutsche Volksseele ziehen. Und das alles in einem Augenblicke, wo nationale Sammlung höchstes Gebot patriotischer und wirtschaftlicher Klugheit sein sollte. Um was geht der Streit? Er geht um die Herstellung einer neuen Staatsführung, die uns aus dem Sumpf der letzten Jahre heraus und der nationalen Wiedergeburt zuführen soll, einer Staatsführung des Zusammenvvirkens eines arbeitsfähigen Parlaments mit einer autoritären Regierung. Da ist es freilich nicht verwunderlich, daß diese Parteibürokratie, die bis heute geherrscht, sich aufbäumt und einen Kampf aller gegen alle inszeniert. [...]
Diese Parteibürokratie hat Deutschland in zwei große Lager gespalten, auf der einen Seite die Marxisten aller Schattierungen und auf der anderen Seite der Rest des deutschen Bürgertums. Wie hatten wir seinerzeit den Kampfruf Hitlers gegen den Marxismus und für die nationale Erneuerung begrüßt! Wie hatten wir gehofft, daß er die der bolschewistischen Lehre verfallene Arbeiterschaft der nationalen Sammlung zuführen sollte! Indes, sein Einbruch in die Reihen der Roten Front ist nur gering geblieben. Und das ist sicherlich nicht die Schuld dieser Regierung, die ihm und seinen Propagandamethoden zum letzten Wahlkampf und auch heute so freie Hand wie nur möglich gelassen hat. Aber es ist nicht verwunderlich, daß Herr Hitler in jenen Reihen keine Eroberungen macht, wenn er für die nationale Sammlung die gleichen Methoden des Klassenkampfes, der Verleumdung und Verhetzung anwendet, in denen jene ihm weit überlegen sind. in der Tat, der gottesleugnerische Bolschewismus, der uns um Religion, Familie und Eigenrecht der Persönlichkeit betrügen will, um uns in die Zwangsjacke kollektivistischer Methoden zu stecken, der ist der Tod unserer jahrtausende alten Kultur. Kein Mittel kann scharf genug sein, die Lehre seiner falschen Propheten in Deutschland mit Stumpf und Stil auszurotten. Und wir werden auf dem Vorposten europäischer Kultur, auf den uns die Vorsehung gestellt hat, unsere Pflicht als staatserhaltende Regierung restlos erfüllen. Dieser grenzenlosen Verhetzung unserer Jugend, dieser Aufreizung zum Klassenhaß, dieser Vorbereitung einer proletarischen Weltrevolution werden wir alle geistigen und materiellen Machtmittel des Staates gegenüberstellen. Darüber kann nicht der geringste Zweifel sein. [...]
Man kann nicht in fünf Monaten sechs Millionen Arbeitslose von der Straße bringen, die zerrütteten Finanzen ordnen, den aufgeblähten öffentlichen Apparat zusammenschweißen, staats- und wirtschaftspolitische Reformen durchfuhren, auf die das Volk seit Jahren wartet. Aber überall ist der Anfang gemacht, die Resultate der Parteiherrschaft zu beseitigen. In Preußen ist mit eiserner Hand zugegriffen, um durch rigorose Sparsamkeit in der Verwaltung oben und unten die unerträglichen Lasten zu senken. Für die Landwirtschaft und die Gesundung des Binnenmarktes sind Milliarden aufgewendet. Das gesamte Finanz- und Wirtschaftsprogramm ist ein Beweis eigener Kraft, denn nicht um einen Pfennig sind unsere Auslandsschulden vermehrt. All diese Arbeit soll gekrönt werden durch die Reform der Verfassung, die wir mit den Ländern und den Parlamenten durchzufahren hoffen. Diese Erneuerung muß unser Ziel sein, wenn wir am 6. November wählen."

Quelle: Deutsches Rundfunkarchiv, Frankfurt am Main

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