Joseph Wirth (Zentrum)
"Ein ernstes Wort an alle Republikaner", ca. 1929
"Kameraden, Republikaner! Mit herzlicher Freude schweift unser froher Blick
über den weiten Platz. Da wehen zu Tausenden die Schwarz-RotGoldenen Fahnen.
Die Fahnen des deutschen Volkes. Die Fahnen unserer Väter. Die Fahnen der
deutschen Freiheit. Die Fahnen die uns von außenpolitischem Druck im Laufe der
Jahre erlösen sollen. Noch sind wir nicht frei. Noch sind wir als Volk ohnmächtig
und in tiefer Not. Das müssen wir offen gestehen. Wir sind verpflichtet,
unserem Volk die Wahrheit zu sagen. Die Wahrheit mag manchmal bitter sein. Aber
nur wer den Mut hat, dem Volke die Wahrheit zu sagen, kann dieses deutsche Volk
auch zur Freiheit führen. Der Weg zur Freiheit wird durch Schwarz-Rot-Gold
vorgezeichnet. Kameraden, an euch liegt es, dieses Symbol des neuen Staates zu
schützen und zu diesen Fahnen zu stehen, damit alle die gerufen sind, dem
deutschen Volke die Freiheit zu geben, an das Werk gehen können und das Werk
der letzten 10 Jahre vorwärts führen helfen. [...] Ich appelliere an euch, an
euch Sozialisten, an euch Demokraten und auch an die Zentrumsleute, die in
diesem weiten Kreis versammelt sind. Wer zu Weimar steht, muß zu
Schwarz-Rot-Gold das Bekenntnis ablegen. Nur dann sind wir wahre politische
freie deutsche Männer und Frauen, wenn wir zum Bekenntnis Schwarz-Rot-Gold mit
Herz und Hand unter diesen Symbolen dem neuen Staate dienen. Deshalb vergeßt
nie das Reichsbanner. Steht zu euren Führern, die diese Fahne euch-vorantragen.
Ihr alle, die ihr politische Menschen sein wollt: Das Reichsbanner ersetzt keine
Partei. Neben dem Banner des Reiches muß das Bekenntnis zu einer politischen
Partei stehen. Wer deshalb dem deutschen Staate dienen will, und dazu seid ihr
alle berufen, der muß ernst machen mit dem hehren Namen Republikaner."
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