Schleichers Regierung

Material

 

Zur Vorgeschichte: Rücktritt der Regierung Papen

Am 17. November 1932 trat die Regierung Papen zurück, blieb jedoch geschäftsführend im Amt. Die politische Lage der Regierung war aussichtslos geworden. Auch der neue Reichstag würde ihr das Misstrauen aussprechen oder ihre Notverordnung aufheben. Schließlich wurde im Kabinett ein "Kampfplan" erwogen: Auflösung des Reichstages ohne Neuwahlen, Ausschaltung der Parteien mit Hilfe von Polizei und Reichswehr, autoritärer Umbau der Verfassung und spätere Billigung dieser Maßnahmen durch eine Volksabstimmung oder eine Nationalversammlung. Hindenburg gefiel der Plan; Schleicher lehnte ihn ab. Er fürchtete, dass die Reichswehr dabei in einen verlustreichen Bürgerkrieg verwickelt werden könnte. 

Am 2. Dezember ließ er den Oberstleutnant Eugen Ott im Kabinett über ein Planspiel im Reichswehrministerium berichten. Dabei hatte sich herausgestellt, dass größere Streikbewegungen auch mit Waffengewalt nicht unter Kontrolle zu bekommen waren. Das "Planspiel Ott" besiegelte das Ende des "Kabinetts der Barone". Noch am selben Tag entließ Hindenburg mit großem Bedauern die Regierung und ernannte Schleicher zum neuen Reichskanzler. Papen blieb jedoch ein enger Vertrauter des Reichspräsidenten.

Zuvor, am 21. November, war ein anderer Versuch fehlgeschlagen, Papen im Amt zu halten: Hindenburg bot Hitler (Reichskanzlerschaft Hitlers;Hitlerputsch) zum zweiten Mal nach den Juliwahlen die Regierungsbeteiligung in einer parlamentarischen Mehrheitsregierung an; der NSDAP-Führer lehnte dies erneut ab. Er wiederholte seine Forderung nach der Präsidialkanzlerschaft, die ihm Hindenburg abermals verweigerte. In einem Brief an Staatssekretär Meissner vom 23. November 1932 skizzierte Hitler unverblümt, wie er sich die Machtübernahme durch die NSDAP vorstellte: "Es ist daher in der Zukunft die Aufgabe eines Kanzlers, der [...] die Schwerfälligkeit des parlamentarischen Vorgehens als gefährliche Hemmung ansieht, sich eine Mehrheit für ein aufgabenmäßig begrenztes und zeitlich fixiertes Ermächtigungsgesetz zu sichern. Die Aussicht auf den Erfolg eines solchen Versuchs wird um so größer sein, je autoritärer auf der einen Seite die Position dieses Mannes ist und je schwerer auf der anderen die [...] schon in seinen Händen befindliche parlamentarische Macht in die Waage fällt."

 

Reichskanzlerschaft Schleicher

 

Generalleutnant Kurt von Schleicher behielt auch als Reichskanzler das Amt des Reichswehrministers (war er seit 1930) und tauschte lediglich zwei Minister aus. Mit der Ernennung eines "Reichskommissars für Arbeitsbeschaffung" setzte er jedoch einen arbeitnehmerfreundlichen Akzent. Dies veranlasste den Reichstag, der vorläufig keine erneute Auflösung befürchten musste, dazu, Schleicher - anders als Papen - nicht sogleich das Misstrauen auszusprechen, sondern eine abwartende Haltung einzunehmen. In den Sitzungen vom 6. bis 9. Dezember 1932 beschloss das Parlament die Aufhebung des arbeitnehmerfeindlichen sozialpolitischen Teils der Papenschen Notverordnung vom 4. September und eine Amnestie für politische Straftaten außer Tötungsdelikten. Außerdem wurde Artikel 51 WV so geändert, dass künftig nicht der Reichskanzler, sondern der Präsident des Reichsgerichts den Reichspräsidenten vertrat. Starb der greise Hindenburg, so sollte Schleicher nicht die drei mächtigsten Staatsämter auf sich vereinigen. Danach vertagte sich das Parlament, voraussichtlich bis zum Januar 1933.

Kurt von Schleicher wurde am 7. April 1882 in Brandenburg/Havel geboren. Ab 1913 gehörte er dem Großen Generalstab an und seit Beginn des 1. Weltkrieges der Obersten Heeresleitung (OHL). 1918/19 war er wichtiger Mitarbeiter Wilhelm Groeners, anschließend im Truppenamt als enger Mitarbeiter General Hans von Seeckts tätig. 1926 wurde er unter Reichswehrminister Groener Leiter der Abteilung Wehrmacht beim Reichswehrministerium und wenig später Chef des Ministeramtes im Reichswehrministerium und Generalmajor. Er gewann zunehmend an politischem Einfluss, vor allem auf den Reichspräsidenten Paul von Hindenburg. Mit dem Ziel, das parlamentarische System der Weimarer Republik durch eine autoritäre Präsidialregierung zu ersetzen, betrieb er 1930 den Sturz der Regierung Hermann Müller (SPD) und die Ernennung Heinrich Brünings zum Reichskanzler; im Mai 1932 sorgte er dann für den Sturz Brünings und die Berufung Franz von Papens an dessen Stelle. In der neuen Regierung übernahm Schleicher das Reichswehrministerium, und nach dem Rücktritt Papens war Schleicher selbst von Dezember 1932 bis Januar 1933 Reichskanzler. Durch ein Bündnis zwischen Reichswehr, Gewerkschaften und beinahe allen Parteien versuchte er im Januar 1933 eine nationalsozialistische Regierungsbildung zu verhindern, konnte sich jedoch nicht gegen Hindenburg durchsetzen. Er versuchte sogar die NSDAP zu spalten und den Arbeiterflügel der Nazis zu gewinnen. Deshalb ließ Hitler Schleicher 1934 im Röhmputsch mit erschießen. Am 28. Januar 1933 trat Schleicher zurück. Der Weg zum Dritten Reich unter den Nationalsozialisten war frei . Im Zuge des Röhm-Putsches wurde Kurt von Schleicher am 30. Juni 1934 von der SS in Neubabelsberg (Potsdam) ermordet. 

In der Weimarer Republik gewann Kurt von Schleicher als hoher Beamter im Reichswehrministerium zunehmend politischen Einfluss, vor allem auf den Reichspräsidenten Paul von Hindenburg. Diesen Einfluss nutzte er 1930 zum Sturz der Regierung Müller und zur Berufung der Regierung Brüning und 1932 zum Sturz Brünings und zur Ernennung von Papens zum Reichskanzler. Nach von Papens Rücktritt wurde Schleicher Anfang Dezember 1932 selbst Reichskanzler. Nach knapp zwei Monaten im Amt trat er am 28. Januar 1933 wieder zurück, nachdem sich sein Plan, mit Hilfe eines breiten Bündnisses aus Reichswehr, Gewerkschaften und Parteien eine nationalsozialistische Regierungsbildung abzuwenden, als aussichtslos erwiesen hatte.

 



Biographie

 

Kurt von Schleicher Rundfunkrede von 1932

 

 

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