Nach tagelangen
Wanderungen durch die Straßen Münchens gewann ich allmählich einen Überblick über den
Umfang der Zerstörungen. In der Innenstadt, in Schwabing und Sendling, in Giesing und
Neuhausen lagen ganze Stadtviertel in Trümmern oder waren doch ausgebrannt. Nur die
Ludwigskirche war noch benutzbar, die meisten anderen Kirchen waren schwer beschädigt,
darunter auch das Schiff der Frauenkirche. In Schutt lag das alte Rathaus, das neue war
zum größten Teil erhalten geblieben. Die Staatsbibliothek schien zunächst gänzlich
vernichtet, von der Universität stand noch der Teil an der Amalienstraße. In Trümmern
lag die Residenz, an der jahrhundertelang gebaut worden war, schwer angeschlagen war der
Justizpalast, ausgebrannt war das Nationalmuseum. Überall ragten Schutthaufen,
stehengebliebene Vorder- oder Rückmauern von Häusern auf. Das ausgegrabene Pompeji
schien mir im Vergleich zu München gut erhalten zu sein. Öffentliche Verkehrsmittel gab
es nicht mehr, keine Straßenbahn, keine Eisenbahn fuhr, man mußte alle Strecken zu Fuß
zurücklegen.
Erinnerungen des Heimkehrers Wilhelm Hoegner. |
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