Das Lied vom Bürgermeister Tschech (anonym)

 

Aber keiner war so frech

wie der Bürgermeister Tschech,

denn er traf um fast ein Haar

unser teures Königspaar.

Ja, er traf die Landesmutter

durch den Rock ins Unterfutter.

 

Wie die Uhr war kaum halb achte

und noch niemand Böses dachte,

ist ein Mann im grauen Mantel

durch das Schlossportal gewandelt.

Dies war Tschech, der Hochverräter,

Königsmörder, Attentäter.

 

Ach, es hat der Bösewicht

unsern Gott im Herzen nicht,

Pickel hat er im Gesicht,

sonsten sah man Böses nicht.

Friedrich Wilhelm trat heraus,

sah noch ganz verschlafen aus.

 

Tschech zieht sein Pistol hervor,

trifft den König fast ans Ohr,

doch es packt ihn ein Schandarme

an dem frevelhaften Arme.

Man verkeilt den Wüterich

auf der Stelle fürchterlich.

 

Wie der König ihn erblicket

von Gendarmen rings umstricket

zeigt er plötzlich viel Courage

und ruft nach der Equipage.

„Auf dem Schlossplatz halt mal still,

weil das Volk mich sehen will."

 

Da dreht er sich um und spricht:

„Leute, ick hab nischt gekriegt."

Dick und fett, es fehlt ihm wenig,

alles brüllt: „Es leb der König!"

Aber Leute hört nun mal

von dem Liede die Moral:

 

Hatte je ein Mensch so'n Pech

wie der Bürgermeister Tschech,

dass er diesen dicken Mann

auf zwei Schritt nicht treffen kann!

 

 

Ludwig Pfau, Der Leineweber (1847)

 

 

Der bleiche Weber sitzt am Stuhl,

Er wirft mit matter Hand die Spul' -

Knick, knack! -

Er hebt den müden Fuß zum Treten -:

"Herr Gott! Jetzt kann ich nimmer beten -

Knick, knack! -

Du Linnentuch, du Linnentuch!

Ein jeder Faden sei ein Fluch!"

 

Es webt und webt sein morscher Leib,

Am Boden liegt sein sterbend Weib -

Knick, knack! -

Die Not sitzt bei ihr, sie zu pflegen,

Der Hunger gibt ihr noch den Segen -

Knick, knack! -

"Du Linnentuch, du Linnentuch!

Ein jeder Faden sei ein Fluch!"

 

Der erste Fluch für unsern Herrn!

Hussa! Da springt mein Schifflein gern -

Knick, knack! -

Er darf am vollen Tische lungern,

Wenn wir am Webestuhl verhungern -

Knick, knack! -

"Du Linnentuch, du Linnentuch!

Ein jeder Faden sei ein Fluch!"

Und einer für den Pfaffen gleich,

Der uns verspricht das Himmelreich -

Knick, knack! -

Wir sollen sterben und verderben,

Das heißt die Seligkeit erwerben -

Knick, knack! -

"Du Linnentuch, du Linnentuch!

Ein jeder Faden sei ein Fluch!"

 

Der Faden hier sei dem verehrt,

Der Kugeln uns statt Brot beschert -

Knick, knack! -

Dem hohen Herrn von Gottes Gnaden:

O werd' ein Strick, du schwacher Faden! -

Knick, knack! -

"Du Linnentuch, du Linnentuch!

Ein jeder Faden sei ein Fluch!"

 

Die Lampe, wie sie plötzlich loht!

Gottlob, mein Weib, nun bist du tot -

Knick, knack! -

Das ist der Trost in unsrem Leben,

Daß wir das Bahrtuch selber weben -

Knick, knack!

"O könnt' ich weben, Fluch