Der bayrische Soldat Ludwig Maier schilderte die Situation vor Verdun:
"Wer soll diesen Todesweg beschreiben? Höhen und Schluchten liegen
unter stärkstem Feuer. In rasendem Lauf gewinnt der Zug die verqualmte
Schlucht. Verwundete schleifen sich zurück zum Verbandsplatz im Fossewald, der
eine trägt den Arm in der Schlinge, hinter ihm schleppen sich mehrere
Stöhnende in der Zeltbahn daher.
Die nächtliche Wanderung von Trichter zu Trichter, durch Krater und
Leichenfelder geht weiter. Es ist ein Wettrennen mit dem Tod. Wenn nur die
Leuchtraketen uns die schrecklichen Bilder des Schlachtfeldes nicht wie bei Tag
schauen ließen! Wenn doch die Nacht dieses Grauenvolle verhüllen dürfte!
Hier herrscht wirklich der Tod, der völlige Tod. Eine Granate an der anderen
saust in die Erde hinein. Vor uns steigt dunkel und drohend ein Hang empor. Da
stockt der Fuß vor einer Gruppe Gefallener. Kreuz und quer liegen sie
beieinander. Vor dem Verbandsplatz am Hang liegt einer, dem sie zwei Beine
weggeschossen haben. Die zwei Stümpfe sind fest zusammengebunden, allein das
Blut rieselt durch. Keine Rettung mehr, er muß verbluten.
Langsam vorarbeiten! Am Höhenkamm bezeichnet ein Berg von Leichen unseren
Weg.
Mit einem Schlag ist die Gegend wieder taghell erleuchtet. Im Nu liegt der
Zug an die Erde geschmiegt. Nichts rühren, alles erstarren, denn wir kommen dem
Feind immer näher, und er darf uns nicht bemerken.
Auf was liege ich denn? Eine weiße, klebrige Masse ist es, deren Geruch mir
im Hals würgt. Ja, es ist so, eine Soldatenleiche, die schon tagelang von der
Sonne ausgebrütet ist. Aber trotzdem nicht rühren! Drüben sieht man die
kleinste Bewegung. ...
Schweißgebadet erreichen wir endlich die Granatlöcher auf der kalten Erde.
Schnell falle ich in eins hinein. ...
Schmutzige, zerrissene Brotbeutel, zerbeulte Helme, eingedrückte
Feldflaschen, zerrissenes Koppelzeug, durchlöcherte Kochgeschirre, verrostete
Seitengewehre, alles wirr durcheinander, dazu Blindgänger, blutig zerfetzte
Leichen, mit zerschmetterten Köpfen, abgerissene Gliedmaßen: Das ist das Bild,
das sich hier uns in grauenerregender Weise bietet ..."
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