Internet im Unterricht: Allgemeine Zielsetzung

Das Gymnasium soll seine Absolventen studierfähig machen. Das bedeutet u.a. Arbeitstechniken zu erlernen und zu üben, die für ein Studium erforderlich sind: Umgang mit Texten und Sekundärliteratur, Recherchieren und Bibliographieren in Handbüchern, Fachliteratur, Bibliothekskatalogen usw. Einbezogen werden müssen die neuen Möglichkeiten der Internet-Recherche und der Umgang, das Navigieren mit elektronischen Katalogen und Datenbanken, Internet-Suchmaschinen, Internet-Portalseiten usw. An und für sich sind solche Arbeitstechniken wie Exzerpieren, Zitieren, Begriffe klären nichts Neues, die elektronischen Medien stellen lediglich ein neues Instrumentarium dar. Aber angesichts der unglaublichen Informationsfülle muss schon von einer qualitativ neuen Herausforderung gesprochen werden. (Alle 50 Tage soll sich die Informationsmenge im Netz verdoppeln!)

Nicht allein das Aufnehmen und Filtern von Information stellt eine neue Herausforderung dar. Ebenso sollen beim Verarbeiten, Darstellen und eigenen Produzieren von Information, in Form von Referaten, Facharbeiten, Aufsätzen und dergleichen mehr, neue Wege beschritten werden: Verwendung von Präsentationsprogrammen, eigene Veröffentlichung im Netz, elektronische Post (E-Mails), elek-tronische Diskussions-Foren (Chatrooms, Newsgroups).

Die angesprochenen neuen Kommunikations-Möglichkeiten finden rasend rasche Ausbreitung, unter jungen Menschen sowieso! Sie sollten weder verteufelt noch ignoriert, vielmehr im Unterricht durchaus zugelassen, mal spielerisch, mal gezielt eingesetzt und genutzt werden. Das erhöht die Motivation erheblich und fördert darüber hinaus das Sozialverhalten.

Schließlich dürfen über aller Begeisterung für die neue Wunderwelt gewisse Gefahren nicht außer Acht gelassen werden. Lebensqualität kann beeinträchtigt werden, wenn Surfen und Chatten zur Sucht ausartet, über virtuelle Welten die Wirklichkeit verloren geht oder ungeschützt persönliche Daten kommerziell ausgebeutet werden.

Internet im Unterricht: Spezielle Zielsetzung

In vielen Schulen (so auch an meiner! P.W.) sind Computer, Beamer, Internetanschlüsse zwar vorhanden, wenn auch etwas umständlich zu nutzen. Ein Problem ist (noch) die geringe Bereitschaft, diese neuen Medien zu nutzen.

Arbeitstechniken sollten nicht erst in der 12. oder gar in der 13. Jahrgangsstufe erlernt werden. Ein spezieller Studientag für Elftklässler wäre eine gute Lösung. In fast allen Fachlehrplänen dieser Jahrgangsstufe wird die Behandlung von Arbeitstechniken eigens betont. Es besteht noch nicht der Zeitdruck der Abiturvorbereitung. Vor allem sollte in der Kursphase der Kollegstufe die in Jahrgangsstufe 11 erlernte Arbeitstechnik bereits verfügbar sein.

Aus unserer Lehrerperspektive ist die eigene Kompetenzerweiterung das nächstliegende Ziel. Informationstechnologie ist nicht nur neu und in der Lehrerbildung nicht vorhanden. Die Kenntnisse haben wie heutzutage eigentlich jedes Wissen eine geringe „Halbwertszeit". Man muss also ständig, eben lebenslang lernen. Was bleibt einem da anderes übrig als nun tatsächlich zur Teamarbeit, zum Austausch mit Kolleginnen und Kollegen sich zu öffnen. Das ist eine Chance.

Es gilt auch diejenigen Schülerinnen und Schüler mit den Möglichkeiten der Internet-Nutzung vertraut zu machen, denen zu Hause dieses Medium nicht zur Verfügung steht. Eine wachsende Mehrheit Jugendlicher ist darin geübt und in der Lage umgekehrt uns Lehrkräfte zu belehren. Der Anteil von Kundigen im Lehrerkollegium wird überall weit geringer sein als in der Schülerschaft (Oberstufe). Dagegen können wir Pädagogen unsere größere Kompetenz hinsichtlich der Auswahl, Bewertung und Einordnung von Informationen in die Waagschale werfen und müssen uns nicht genieren, von den uns zur Unterrichtung Anvertrauten selber unterrichtet zu werden. In dieser ganz besonderen (einmaligen!) Situation lernen also Schüler von Schülern und Lehrer von Schülern – und umgekehrt. Das ist eine weitere große Chance!

Paul Walter