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Angaben in Mio Pfund
Indexstatistik zum selben Thema
Industriewachstum
Indexstatistik
was kann diese leisten- bzw. nicht leisten?
(1905-13 = 100)
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UK
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France
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Germany
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Russia
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Italy
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1781-90 |
3.8 |
10.9 |
- |
- |
- |
1801-14 |
7.1 |
12.3 |
- |
- |
- |
1825-34 |
18.8 |
21.5 |
- |
- |
- |
1845-54 |
27.5 |
33.7 |
11.7 |
- |
- |
1865-74 |
49.2 |
49.8 |
24.2 |
13.5 |
42.9 |
1885-94 |
70.5 |
68.2 |
45.3 |
38.7 |
54.6 |
1905-13 |
100.0 |
100.0 |
100.0 |
100.0 |
100.0 |
%
of world industrial production in 1913 |
14.0 |
6.4 |
17.7 |
5.5 |
2.7 |
Der
Wandel der Beschäftigtenstrukturen in England als Indikator der
industriellen Entwicklung
Warum
begann die Industrielle Revolution gerade in England? Der bedeutende
deutsche Historiker Franz Schnabel hat, in seinem auch heute noch
lesenswertem Werk "Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert",
eine heute noch nicht überholte Antwort zu geben versucht:
"Wenn Frankreich die Heimat
des wissenschaftlich-technischen Denkens war, so haben die Engländer
aus angelsächsischem Volkstum und aus den Antrieben der kalvinistischen
Religiosität den Industriegeist zu unvergleichlicher Wirkung
gesteigert, sie haben ihn mit dem wissenschaftlichen Geiste verbunden,
und sie sind dabei auch durch die drängenden Bedürfnisse des
wirtschaftlichen Lebens geleitet worden. Mehr als zweihundert Jahre
waren bereits seit der Renaissance und dem Zeitalter der Entdeckungen
vorübergegangen; immer entschiedener war das Bestreben geworden, die
Natur zu meistern und ihr stets neue Möglichkeiten abzugewinnen zur
Erleichterung, Verbesserung und Verschönerung des Lebens. Aber immer
waren die Erfinder Menschen von der Art gewesen, wie sie Swift in einem
berühmten Kapitel von "Gullivers Reisen" schildert - man weiß
nicht recht, ob sie Narren sind! Die Zeit war noch nicht gekommen, die
ihre Ideen nutzen konnte.
Erst in der zweiten Hälfte des
18. Jahrhunderts und erst in England waren aus dem Zusammenwirken von
vielen konkreten historischen Umständen schließlich die Vorbedingungen
für den modernen Industrialismus gegeben. Bis dahin war England in der
Entwicklung der äußeren Kultur weit hinter den kontinentalen Staaten,
besonders hinter Frankreich, zurückgeblieben. Da gab das Aufblühen
seiner Kolonien dem kleinen Insellande in der Nordsee eine unerwartete
Chance. Die maritime Lage ihres Landes hatte es den Engländern
erleichtert, gerade die aussichtsreichsten Gebiete als Kolonien sich
anzugliedern und zu entwickeln, so dass nicht nur genügend
Kapitalbesitz - eine ausreichende "primäre Akkumulation"- für
die neue Zeit zur Verfügung stand, sondern auch unvergleichliche Ländereien
der kommerziellen und industriellen Durchdringung offen lagen. In den Städten
des Mutterlandes aber drängte sich eine besitzlose, nach Arbeit
verlangende Menge, die ein allmächtiger Adel von der Scholle getrieben
hatte. ... keine Klöster reichten den Armen Almosen und Brot. Längst
waren die Wälder als Bau- und Brennholz verbraucht worden, es fehlte an
Stoff und an Kraft. So war es kein Wunder, dass man peinlich empfand,
wie langsam die Produktion und wie veraltet die Organisation der Arbeit
war. Eine führende Oberschicht von unternehmungslustigen und ökonomisch
denkenden Menschen stand bereit, die Aufgabe zu ergreifen: in der Schule
des Parlamentes hatte sie gelernt, wie der freie und selbstbewusste Mann
an großen Aufgaben mitzuwirken berufen ist, wie er einen soliden
Haushalt aufbaut und Vorsicht mit Wagemut verbindet. Ungehindert durch
absolute Fürstengewalt, durch Bürokratie und Militarismus hatte sich
in diesem Land die Selbsttätigkeit des Individuums und der Körperschaften
entwickelt. Tatkraft und Unternehmungsgeist wurden leicht auf
wirtschaftliches Gebiet gelenkt, wenn der rastlose Erwerbssinn geradezu
religiös begründet wurde und der Staat so wie hier in den Besitz von
Interessengruppen gebracht werden konnte. Die insulare Lage sicherte
zudem das Land und seine Bewohner vor jedem feindlichen Einbruch, während
zur gleichen Zeit die kontinentalen Völker sich durch eine unabsehbare
Reihe von Kriegen und Verwüstungen immer wieder in die Barbarei zurückgeworfen
sahen. Und wie unvergleichlich günstig für kulturelle und
wirtschaftliche Durchdringung war diese in sich geschlossene Insel! Die
Städte lagen nahe beieinander und jede von ihnen nur wenig entfernt von
der Küste, die Güter des Adels lieferten Schafwolle in großer Menge
und vorzüglicher Güte, der Boden aber beherbergte in seiner Tiefe die
Stoffe, welche die neue Welt brauchte - Kohle und Eisen."
(aus:
Franz Schnabel, Deutsche Geschichte im neunzehnten Jahrhundert. Die
moderne Technik und die deutsche Industrie (Nr. 208), Herder TB,
Freiburg 1965, S. 20/22)
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