1. Bekämpfung der Arbeitslosigkeit - Das Erreichen dieses Zieles
verschaffte Hitler die Popularität, um die Wirtschaft gleichzuschalten
und den Krieg vorzubereiten. Die Arbeitslosigkeit wurde beseitigt durch:
- Hinausdrängen der Frauen aus dem Arbeitsmarkt
- Verhaftung politischer Gegner
- Aufrüstung
- Wehrpflicht
- Arbeitsdienst
- Ankurbelung der Wirtschaft durch Staatsaufträge (Rüstung,
Autobahnbau, Wohnungsbau,...)
3. Autarkie - Deutschland sollte von Importen aller Art unabhängig
werden, um Krieg führen zu können (Hydrierwerke, Buna, Steigerung der
Landwirtschaft, ....)
4. Aufrüstung - Die Aufrüstung schon vor der Einführung der
allgemeinen Wehrpflicht schuf Arbeitplätze. Das Finanzierungsproblem
durch Mefo-Wechsel s.u. gelöst.
5. wirtschaftliche Kriegsfähigkeit
1. Auflösung aller Arbeiter (2. Mai 1933)- und
Unternehmerorganisationen, sowie deren Zusammenschluss in der Deutschen
Arbeitsfront.
2. Neues Berufsbeamtengesetz zur Arisierung von Staat und Verwaltung.
3. Organisierung der "Selbsthilfe" gegen die Korruption.
Sie diente hauptsächlich dazu, um Staatsaufträge an Nazi- oder ihnen
nahestehenden Unternehmen zu vergeben. Es wurden "auf eigene Faust
Boykott und Verhaftung von wirklichen und vermeintlichen Korruptionisten"
vorgenommen.
4. Hugenberg, der sich der Nazifizierung der Wirtschaft widersetzte,
wurde am 27. Juni 1933 zum Rücktritt gezwungen. Die DNVP löste sich
auf. Anlass für den Rücktritt Hugenbergs war dessen Auftreten auf der
Londoner Weltwirtschaftskonferenz im Juni/Juli 1933 gewesen. Er hatte
dort gefordert, dem "landlosen" deutschen Volk neuen Boden im
Osten zur Verfügung zu stellen. Neuer Wirtschaftsminister wurde Kurt
Schmitt von der Allianz- Versicherung, der das volle Vertrauen der
Naziführung hatte.
5. Ein neues Kartellgesetz (15.7.33) förderte die weitere
Konzentration in der Wirtschaft. Von 1933 bis 36 wurden über 1.600
Kartellverträge geschlossen und 120 Zwangskartelle errichtet.
6. Das "Gesetz zur Ordnung der nationalen Arbeit" (20.1.34)
erklärte die Arbeitnehmer zur Gefolgschaft der Unternehmer und
unterstellte sie deren Befehl (Durchsetzung des Führerprinzips im
Betrieb). Die gesamte Organisation, Entlohnung und Bestrafung bestimmte
allein der Unternehmer.
7. Das "Gesetz zur Vorbereitung des organischen Aufbaus der
deutschen Wirtschaft" organisierte die gesamte Wirtschaft in
Reichsgruppen die in den Staatsapparat eingegliedert wurden und direkt
dem Wirtschaftsminister unterstanden. Alle Unternehmen mussten ihnen
beitreten. Entscheidenden Einfluss besaßen die Reichsgruppe Industrie
und Banken.
8. Festlegung der Dividende auf 6 % (Ausnahme 8 %) zur Stärkung der
Großaktionäre.
9. Das "Gesetz über den Aufbau des Reichsnährstandes"
löste alle Genossenschaften und Handelsorganisationen für
landwirtschaftliche Produkte auf. An ihre Stelle trat der
Reichsnährstand, der die Preise und die Marktordnung festlegte. Das
"Reichserbhofgesetz" vom 29.9.1933 legte fest, dass der Erbhof
ungeteilt an den ältesten Sohn überging, sofern dieser seine
"arische Reinrassigkeit" seit 1800 nachweisen konnte.
Die Weltwirtschaftskrise hatte 1932 ihren Höhepunkt erreicht. 1933
entspannte sich die Lage bereits und die Konjunkturlage verbesserte sich
weltweit. Während man in den USA auf eine "liberale"
Wirtschaftspolitik setzte und zum ersten Mal eine antizyklische
Konjukturpolitik (New Deal) praktizierte, setzte man in Deutschland auf
totalen Dirigismus mit staatlich initiierter Geldschöpfung ohne Waren-
oder Devisendeckung.
Der Schwerpunkt der Maßnahmen richtete sich in Deutschland
ausschließlich auf die Aufrüstung. So entfielen im Staatshaushalt 1934
bereits 2,6 Mrd. RM auf Ausgaben für die Wehrmacht, während für die
"zivilen" Investitionen nur 1 Mrd. RM zur Verfügung gestellt
wurden. Dem Reichsarbeitsdienst, der im Rahmen der Arbeitsbeschaffung,
die "zivilen" Arbeiten durchführte, wurde bereits 1934
untersagt, Projekte weiter zu führen, wenn ihre militärische Bedeutung
nicht klar erwiesen war. Bis auf den Autobahnbau, der schon in der
Weimarer Republik projektiert wurde, wurden alle anderen zivilen
Arbeiten eingestellt. Dies beweist nur den strategischen Wert, den ihm
die Nazis beigemessen haben.
Die Hauptfinanzierung der Rüstung lief nicht über Staatsaufträge
und Staatsanleihen wie im ersten Weltkrieg, sondern konnte nur
verschleiert durchgeführt werden, da das Reichsbankgesetz die
Diskontierung langfristiger Investitionswechsel der Regierung über 400
Mill. RM Gesamtsumme untersagte. So bediente man sich eines von Schacht
(Reichsbankpräsident, Wirtschaftsminister und Generalbevollmächtigter
für die Kriegswirtschaft) ausgedachten besonderen "Tricks",
indem man den Mefo-Wechsel erfand (Mefo = Metallurgische
Forschungsgesellschaft m.b.H.). Alle Rüstungsaufträge wurden von der
Mefo vergeben und mit kurzfristigen Wechseln (Laufzeit sechs Monate, die
auf unbestimmte Zeit verlängert werden konnte) bezahlt. Abgelaufene
Wechsel wurden mit neuen Wechseln beglichen. So schaffte man die
Voraussetzung, langfristige in kurzfristige Wechsel zu verwandeln und
damit entstand die Verpflichtung der Reichsbank, diese Wechsel in
Zahlung zu nehmen. Von 1934 bis 1939 wurden Mefo-Wechsel in Höhe von 12
Mrd. RM ausgegeben. Die Mefo-Wechsel wurden vom Reich nie eingewechselt,
sondern die Reichsbank erwarb sie als Treuhänder für das Reich und
behielt sie als Belege für die Ausstellung von sogenannten
Mefo-Wechsel-Bescheinigungen. Des weiteren hat die Regierung von 1933
bis 1935 statt langfristiger Schatzwechsel, "kurzfristige
Arbeitsbeschaffungs-Wechsel" in Höhe von 3 Mrd. RM bei der
Reichsbank in Zahlung gegeben.
Somit ist eine enorme Geldschöpfung betrieben worden, die unter
normalen Bedingungen zu einer galoppierenden Inflation geführt hätte.
Um dies zu verhindern, wurde am 26. November 1936 zu dem schon
bestehenden Lohnstopp ein allgemeiner Preisstopp beschlossen.
Trotz dieser Manipulation funktionierte die Aufrüstung nicht so
schnell wie dies von Hitler gewünscht wurde, da ein Mangel an vielen
rüstungswichtigen Rohstoffen bestand, die aus Devisenmangel nicht
importiert werden konnten, obwohl man die Zwangsbewirtschaftung der
Importe (50 %) aus der Brüning-Zeit beibehalten hatte.
Der 1934 von Schacht entworfene "Neue Plan" sollte hier
Abhilfe schaffen. Es wurde ein volles Moratorium auf alle auswärtigen
Schulden erklärt. Jedes einzelne Außenhandelsgeschäft musste von
staatlichen Stellen genehmigt werden. Mit dieser hundertprozentigen
Kontrolle des Außenhandels wurden die Nahrungsmittelimporte zu Gunsten
von rüstungswichtigen Rohstoffenimporten gedrosselt. Des weiteren
wurden mit den von Deutschland ökonomisch abhängigen Staaten (Türkei,
Griechenland, Bulgarien, Rumänien und Ungarn) bilaterale
Handelsverträge abgeschlossen, die einen devisenlosen Zahlungsverkehr
beinhalteten. An die Stelle der Bezahlung für deutsche Importe trat
eine Gegenleistung in Ware - mit Verechnungseinheiten als Preismaßstab.
Um devisenbringende Exporte nach anderen Ländern zu steigern, wurde zur
Dumpingpolitik gegriffen. Die von 1933 bis 1935 entstandenen
Außenhandelsverluste in Höhe von 5 Mrd. RM wurden den Unternehmen aus
den Exportausgleichskassen ersetzt, in die alle Unternehmen einen
bestimmten Prozentsatz ihres Umsatzes einbezahlen mussten.
Der "Neue Plan" zeigte zunächst gewisse Erfolge. Das
Außenhandelsvolumen stieg beispielsweise um 19 %. Bereits Anfang 1936
zeigten sich erneut erhebliche Engpässe. Die Importmenge ging um 12 %
zurück, die Reserve an Arbeitskräften war erschöpft und die
Produktionskapazitäten der Industrie reichten nicht mehr aus, um das
gewünschte Tempo der Aufrüstung zu gewährleisten.
In dieser Situation verfasste Hitler im August 1936 eine geheime
Denkschrift für einen "Vierjahresplan", die im wesentlichen
auf den Ausarbeitungen des IG-Farben-Direktors Carl Krauch beruhte, der
eine Politik der wirtschaftlichen Autarkie vertrat. Ohne Rücksicht auf
die Kosten sollte die Selbstversorgung mit synthetischem Treibstoff,
Gummi und Erzen für den Kriegsfall sichergestellt werden. Hitler fasste
die Ziele dieser Autarkiepolitik in zwei Punkten zusammen:
1. Die deutsche Armee muss in vier Jahren einsatzfähig sein. 2. Die
deutsche Wirtschaft muss in vier Jahren kriegsfähig sein.
Göring, der Vertauensmann von IG-Farben, trug die Denkschrift in
einer Kabinettssitzung am 4. September 1936 vor. Er erörterte die
Pläne mit den Worten: "Sie geht von dem Grundgedanken aus, dass
die Auseinandersetzung mit Russland unvermeidbar ist." Er schloss
die Kabinettssitzung mit dem Hinweis: "Alle Maßnahmen haben so zu
erfolgen, als ob wir im Stadium der drohenden Kriegsgefahr uns
befänden."
Am 28. Oktober 1936 offerierte Göring im Berliner Sportpalast den
"Vierjahresplan" als eine Konzeption zur Sicherung der
Ernährung des Volkes. Unter der Parole "Kanonen statt Butter"
verkündete er lautstark: "Erst schafft eine starke Nation. Zuviel
Fett - zu dicke Bäuche. Ich habe selbst weniger Butter gegessen und
habe zwanzig Pfund abgenommen."
Göring wurde zum "Beauftragten für den Vierjahresplan"
ernannt und zog immer mehr Kompetenzen des Wirtschaftsministers Schacht
an sich. Er schuf ein neues System der Lenkung der Wirtschaft in Gestalt
weitverzweigter "Vierjahresplan"-Behörden. Für
Devisenvergehen wurde am 1. Dezember 1936 die Todesstrafe verfügt. Der
Investitionsbedarf zur Realisierung des "Vierjahresplanes"
wurde auf 8,6 Mrd. RM veranschlagt, wobei die Industrie lediglich 2,7
Mrd. RM selbst aufbringen sollte und der Staat 5,9 Mrd. RM aus dem
Staatshaushalt bereitstellte. Zusätzlich wurden 2,3 Mrd. RM für
besonders kostspielige Projekte als "verlorene Zuschüsse"
bewilligt. Im Rahmen des "Vierjahresplanes" wurden die Aktien,
die der Staat während der Weltwirtschaftskrise übernommen hatte, zu
günstigen Bedingungen reprivatisiert. Um den Konzentrationsprozess noch
zu beschleunigen, wurde am 30. Januar 1937 ein neues Aktiengesetz
verkündet. Alle Aktiengesellschaften mit einem Grundkapital unter
100.000 RM mussten aufgelöst werden. Neugründungen wurden nur mit
einem Grundkapital über 500.000 RM zugelassen. Zugleich erhöhte das
Gesetz die Vollmachten der Vorstände gegenüber der
Aktionärsversammlung (Führerprinzip).
Um die unrentable Erzförderung zu betreiben, wurde von der Nazi-
Regierung die AG "Reichswerke Hermann Göring" gegründet, die
den Anteil der in Deutschland geförderten Erze von 12,5 auf 50 %
steigerte. Die Rohstoffe wurden der Industrie zu günstigen Preisen zur
Verfügung gestellt. Die Verluste trug die Staatskasse.
Bereits am Ende 1937 waren sämtliche Rohstoffvorräte aufgebraucht
und die gesamten Gold- und Devisenreserven des Reiches betrugen nur noch
74 Mill. RM - eine Summe die kaum ausreichte, die Tagesausgaben zu
decken. Anfang 1938 war die Handelsbilanz wieder negativ und erreichte
im Laufe des Jahres ein Defizit von 132 Mill. RM. Die
Industrieproduktion ging drastisch zurück.
Die Gruppe um Schacht schlug vor, dem Export zeitweilig den Vorrang
zu lassen, eine enge Zusammenarbeit mit den Westmächten anzustreben, um
über eine Anleihe und die Rückgabe der Kolonien zu verhandeln.
Die IG-Farben-Gruppen setzte alles auf die Karte "Rüstung"
und verlangte den Vierjahresplan-Kurs auf Biegen und Brechen
fortzuführen und sofort mit der Ausführung des Eroberungsprogramms zu
beginnen - auch gegen die Westmächte.
Am 5. November 1937 fand in der Reichskanzlei eine Besprechung (siehe
"Hoßbach-Protokoll") statt, in deren Verlauf Hitler
eingestehen mußte, daß die Vierjahresplan-Politik fehlgeschlagen war.
Er erklärte, dass die ersten Schritte die Niederwerfung der
Tschechoslowakei und Österreichs seien und spätestens 1943/45 sei die
Raumfrage zu lösen.
Am 15. März 1938 erfolgte der "Anschluss" Österreichs.
Bereits elf Tage später war das ganze Bankwesen Österreichs unter der
Kontrolle der Deutschen- und Dresdener Bank. Die gesamte Schwerindustrie
wurde den Reichswerken "Hermann Göring" einverleibt.
Obwohl Deutschland die gesamte Finanz- und Wirtschaftskraft
Österreichs absorbierte, traten bereits im Sommer 1938 noch größere
Rohstoff- und Finanzprobleme als 1937 auf. Diese veranlassten den
Finanzminister, am 1. September 1938 Hitler mitzuteilen, dass die
Maßnahmen "die Kassenbestände vollkommen aufzehren". Göring
verordnete bereits am 22. Juni 1938 die "Dienstpflicht zur
Überwindung des Mangels an Arbeitskräften". Doch die
wirtschaftlichen Schwierigkeiten ließen sich nicht mehr überwinden,
somit kam zum politischen Willen Krieg führen zu wollen, die
ökonomische Notwendigkeit und damit wurde der Krieg unausweichlich.
Am Anfang des Krieges standen vorwiegend organisatorische Maßnahmen.
Am 17. März 1940 wurde das Reichsministerium für Bewaffnung und
Munition unter Todt gebildet, das der Ausgangspunkt für die weitgehende
Zentralisierung der Wirtschaft wurde. Bereits am 27. August 1939 wurde
mit Wirkung vom nächsten Tag die Rationierung von Lebensmitteln,
Kleidung, Energie und Grundstoffen angeordnet. Aufgrund der Erfahrungen
aus dem I. Weltkrieg wurde diese Maßnahme seit 1934 systematisch
vorbereitet und bis 1944 auf dem festgelegten Niveau durchgehalten. Dies
war nur möglich, da die Nahrungsmittel der besetzten Länder rigoros
dem deutschen Markt zugeführt wurden. Nur 1942 gab es eine Kürzung bei
wichtigen Grundnahrungsmitteln, die dann ab 1945 in zunehmendem Maße
durch Ersatzstoffe ersetzt wurden.
Auf industriellem Gebiet konnte der Ausstoß an Kriegsmaterial in
etwa gehalten werden, obwohl in Deutschland die Investitionen laufend
zurück gingen und 1944 nur noch 40 % des Standes von 1938 erreichten.
Die Differenz mussten die besetzten Länder liefern.
Um den enormen Finanzbedarf zu sichern, wurden seit Kriegsbeginn die
Steuern laufend erhöht. Das Steueraufkommen stieg bis 1943 an, um dann
bis Kriegsende stark abzusinken. Durch Steuern wurden während des
Krieges etwa 190 Mrd. RM für die Kriegsausgaben aufgebracht. Doch diese
Summe reichte bei weitem nicht aus. Deshalb wurde bereits vor
Kriegsbeginn am 15. Juni 1939 das Reichsbankgesetz geändert, das nun
den Schatzwechsel wie 1914 als Mittel zur Deckung der Währung wieder
zuließ (letzter Anlass für das "Zerwürfnis" mit Schacht).
Nur so ist es möglich gewesen, dass Deutschland im Laufe des Krieges
830 bis 850 Mrd. RM ausgeben konnte. Von diesen Staatsschulden stellten
die Privatbanken und Sparkassen 164 Mrd. RM zur Verfügung.
Die Auslandsschulden erhöhten sich von 1,8 Mrd. RM im Jahre 1940 auf
31,5 Mrd. RM im Jahre 1944.
Noch weitere Geldquellen erschlossen sich die Nazis in den besetzten
Ländern. Sie mussten Besatzungskosten bezahlen, die sich zwischen 1940
und 1944 auf 84 Mrd. RM beliefen. Die einfallsreichste Geldbeschaffung
war das Ausstellen von Kreditkassenscheinen, die von der Wehrmacht und
anderen Nazi- Organisationen als Zahlungsmittel ausgestellt wurden. Sie
stellten eine fiktive Anweisung auf das Guthaben des besetzten Landes
dar, die nach dem Krieg eingelöst werden sollte. Mit Hilfe dieser
Methoden gelang es den Nazis bis 1944 insgesamt 124,6 Mrd. RM aus diesen
Ländern herauszupressen.
.
Geld spielt keine Rolle - die Wirtschafts- und Finanzpolitik der
Nationalsozialisten - Vom Beschäftigungswunder zum Staatsbankrott
Geld spielt keine Rolle - das war, vom Anfang bis zum Ende, die
bestimmende Devise nationalsozialistischer Wirtschafts- und
Finanzpolitik. Hitler glaubte, sich über ökonomische
Gesetze hinwegsetzen zu können. Ihn interessierte nur, die Wirtschaft
so schnell wie möglich kriegsfähig zu machen. Als das NS-Regime
dann ab 1943 auf die völlige Zerrüttung der Staatsfinanzen zusteuerte,
blendete er die Tatsache einfach aus. (...)
Immer stärkere Eingriffe des Staates in die Wirtschaft kennzeichneten
von Beginn an die Wirtschaftspolitik des Nationalsozialismus.
(...)
Zunächst musste nach Hitlers
Machtergreifung die Massenarbeitslosigkeit bekämpft werden. Hitler
kam dabei nicht nur zugute, dass die Weltwirtschaftskrise
seit dem Spätsommer 1932 abklang und inzwischen auch das
Reparationenproblem gelöst war. Der "Führer" konnte darüber
hinaus auf jenes Instrumentarium aus steuerlichen Anreizen für
Unternehmer und öffentlich finanzierten Arbeitsbeschaffungsprogrammen
zurückgreifen, das schon vom letzten Weimarer Präsidentialkabinett
(...) zur Krisenbekämpfung eingesetzt worden war. (...) Immer mehr
ehemals arbeitslose Deutsche wurden in die "Deutsche
Arbeitsfront" eingegliedert, die 1933 an die Stelle der
gewaltsam aufgelösten Gewerkschaften getreten war. Der private
Wohnungsbau und der Bau neuer Autobahnen bildeten die Eckpfeiler der
verschiedenen Programme - letzeres verknüpfte in idealer Weise
Arbeitsbeschaffung und Kriegszielpolitik. 1937 war die Vollbeschäftigung
erreicht. (...)
Da die deutsche Wirtschaft (...) eine Art Kriegswirtschaft im Frieden
war, bedeutet der Beginn des Zweiten Weltkriegs für sie keine Zäsur.
Erst mit dem Scheitern der Blitzkriegstrategie im
Winter 1941/42, dem Übergang zum Durchhaltekrieg und schließlich, nach Stalingrad, der Entfesselung des totalen
Krieges traten immer größere Probleme auf. (...) Den durch die
militärische Entwicklung hervorgerufenen Arbeitskräftemangel konnte
der Generalbevollmächtigte für den Arbeitseinsatz (...) nicht
beseitigen. Im Ausland, vor allem in Osteuropa, war er aber mit
regelrechten Menschenjagden erfolgreich. Obwohl die "Fremdvölkischen"
nach der NS-Rassenindeologie angeblich die
"Blutreinheit" des deutschen Volkes bedrohten, zählte im
September1944 jeder dritte in der deutschen Wirtschaft Beschäftigte zu
der Kategorie "Fremdarbeiter", "Kriegsgefangener"
oder "KZ-Häftling". Innerhalb Deutschlands
gab es mehr als 30 000 Lager, in denen die Ausländer oft unter
menschenunwürdigen Bedingungen lebten. (...)
Arbeitsbeschaffungsprogramme und Aufrüstung, zum guten Teil auf Pump
finanziert, führten zwischen Anfang 1933 und Kriegsbeginn zu einer
Verdreifachung der Staatsschuld. Im Krieg dann stieg die Verschuldung in
astronomische Höhe, zuletzt auf mindestens 450 Milliarden Mark, das Fünffache
des im Haushaltsjahr 1943/44 erwirtschafteten Sozialprodukts. (...)
Die Bevölkerung hatte der Propanganda von der "Stabilität der
Reichsmark" lange Zeit geglaubt. Denn das NS-Regime verfolgte eine
Politik der "unsichtbaren", zurückgestauten Inflation, weil
"die Finanzlage des Reichs", wie Hitler befohlen hatte,
"nicht in der Öffentlichkeit diskutiert werden sollte." (...)
Da der Lohn- und Preisstopp eine Entlastung der Inflationspotentials
verhinderte, zapfte das Regime über verschiedene Umwege einen großen
Teil der privaten Guthaben bei Banken und Sparkassen ab. Das Geld stand
zwar noch im Sparbuch, war aber nur noch ein fiktiver Wert, in die Aufrüstung
geflossen und an der Front verpulvert worden. (...)
Der Nationalsozialismus hinterließ auch auf finanzwirtschaftlichem Feld
verbrannte Erde. Die Rechnung, den Schuldenberg auf die "besiegten
Feindstaaten" abzuwälzen, war nicht aufgegangen. Das wurde auch
dem letzten Deutschen am 20. Juni 1948 klar: Bei der Währungsreform gab
es für 100 Reichsmark ganze 6,50 D-Mark.
Michael Brackmann
"General-Anzeiger", Bonn, 5. September 1998
|