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Kurz nach Mittag rasseln
Sowjetpanzer durch die Friedrichstraße. In der offenen Turmluke eines T
34 steht ein sowjetischer Offizier, gibt Anweisungen an die
Volkspolizei. Man erkennt den sowjetischen Stadtkommandanten von Berlin,
General Dibrowa. Die Arbeiter pfeifen, schreien „Iwan raus!“ Die
Vopos preschen vor. Ein Steinhagel schlägt ihnen entgegen. Die Panzer
schieben sich vor. Eine Maschinengewehrsalve fegt in die Menge, eine
zweite, dritte. Verwundete. Tote. In panischer Flucht stieben die Massen
zurück, dem Potsdamer Platz zu, suchen in den Ruinen Schutz, werfen
sich hinter Mauern und Schutthügel. Die Panzer stehen. Die
Demonstranten fluten wieder vor. Arbeiter haken sich unter, gehen in
geschlossenen Reihen auf die Panzer zu. Junge Burschen springen auf die
Geschütztürme, werfen Holzstücke in die Geschützrohre, versuchen,
die Antennen abzureißen, ziehen Balken und Eisenträger aus den
Trümmern, versuchen, sie in die Ketten zu schieben. Neue Salven,
Flucht, Stille, Minuten des Wartens. Meter für Meter schieben sich die
großen schrecklichen Stahltiere durch die Leipziger Straße auf den
Potsdamer Platz herein. Wie Flut und Ebbe stürmen die Arbeiter vor und
zurück. Die Szene ist gespenstisch.
(in: Stefan Brant, Der Aufstand,
Stuttgart 1954, S. 131)
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