Gab es den Schießbefehl? |
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Ulbricht: |
„Dieser sagenhafte Schießbefehl
existiert bekanntlich nicht. Für unsere bewaffneten Kräfte einschließlich
der Grenzsicherungskräfte gibt es — ebenso wie für die bewaffneten
Kräfte aller Länder der Welt und an allen Grenzen der Welt —
bestimmte Vorschriften, die den Waffengebrauch, insbesondere den
Gebrauch von Schußwaffen, regeln."
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Peter Hagens |
Der Anfang 1966 geflüchtete 21 jährige Peter
Hagens, zuletzt Gefreiter in der l. Kompanie des 42. Grenzregiments des
„Kommandos Grenze" der NVA, bestätigte z. B., daß Anfang
Dezember 1965 dieser erweiterte Schießbefehl den Grenzsoldaten
verlesen, und zwar nur verlesen wurde." Danach muß auf Flüchtlinge
ohne Anruf und Warnschuß gezielt geschossen werden, wenn sie sich der
Grenze etwa auf 100 Meter genähert haben und dabei den ersten
Stacheldraht der Vorsperre bzw. den ganz West-Berlin umgebenden,
Alarmanlagen auslösenden „Kontaktzaun" überwunden haben. Hagens
berichtete das für seinen Zug, der auf dem Abschnitt zwischen
Johannisthaler Chaussee und Rudower Straße südlich von West-Berlin
eingesetzt war sowie für die anderen Züge seiner Kompanie. Der Erlaß
eines solchen erweiterten Schießbefehls ist dem Kommandeur der
jeweiligen Grenzeinheit gemäß seiner Beurteilung der örtlichen Geländegegebenheiten
freigestellt. Er muß dazu zwar das Einverständnis des Ostberliner
Stadtkommandanten Poppe einholen, jedoch ist das eine bloße Formalität.
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Oberst Heibig |
Oberst Heibig, stellvertretender Chef
der NVA-Polithauptverwaltung, erklärte vor Grenzsoldaten: „Aber
selbst der beste Schütze, der im Schlaf das Schwarze auf der Scheibe
trifft, kann nicht ein guter Grenzsoldat sein, wenn er nicht die
Klassenfrage in Deutschland begreift, wenn er nicht unterscheiden kann,
wer ist mein Freund und wer ist mein Feind, der glaubt, daß auch ein
Grenzverletzer ein guter Deutscher ist und der nicht alle seine Fähigkeiten
einsetzt, um jede Grenzverletzung und jede Provokation zu
verhindern." |
Verteidigungsminister Hoffmann: |
„Es gibt für unsere Grenztruppen
keinen besonderen „Schießbefehl" und erst recht keine
sogenannten „Abschußprämien", über die man seit einigen Wochen
in westlichen Redaktionsstuben viel Tinte verspritzt.
Wir haben die gleiche Ordnung an der Grenze wie jeder andere Staat. Wenn
irgendwo jemand illegal über die Grenze geht, ohne die Warnung des
Grenzpostens zu beachten, wird geschossen." |
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