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Wiederbewaffnung der BRD
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Demobilisierung nach dem 2. Weltkrieg |
Unmittelbar nach der Kapitulation
der deutschen Wehrmacht begannen die westlichen Demokratien - getreu
ihrer während des Krieges gegebenen Zusicherungen und eingedenk der
Forderungen ihrer Völker - ihre Streitkräfte zu demobilisieren. Durch
den Rückhalt den ihr Atommonopol bot war dies leicht möglich. Die
Vereinigten Staaten und Großbritannien zogen rasch die Masse ihrer
Truppen vom europäischen Kontinent ab. Zur Zeit der Kapitulation
Deutschlands betrag die Gesamtstärke der alliierten Streitkräfte in
Europa etwa fünf Millionen Mann. Ein Jahr später war diese Zahl auf
nicht mehr als 880.000 Mann gesunken. Die Sowjetunion hielt
demgegenüber ihre Streitkräfte auf Kriegsstärke; ihr Gesamtumfang
betrug 1945 mehr als vier Millionen Mann. Darüber hinaus ließ sie ihre
Rüstungsindustrie weiterhin auf vollen Touren laufen. Dies zeigt die
Angst der UdSSR vor einer Fortsetzung des Krieges gegen sie selbst.
Aussagen General Pattons und anderer schienen dies zu beweisen. Im
beginnenden Kalten Krieg setzte die UdSSR auf Masse statt wie die USA
auf Atomwaffen. |
1945/46 |
Wiederbewaffnung unvorstellbar |
Im Grundgesetz der Bundesrepublik
Deutschland war auf die Wehrhoheit nicht ausdrücklich verzichtet
worden - im Gegensatz zu Japan zum Beispiel - aber es gab auch keine
Bestimmung, aus der gefolgert werden konnte, dass die Bundesrepublik
Deutschland einmal die Wehrhoheit in Anspruch nehmen könnte. Es gab
lediglich wehrrechtliche Bestimmungen, so zum Beispiel das Recht auf
Kriegsdienstverweigerung aus Gewissensgründen. Für große Teile der
Bevölkerung war eine Wiederbewaffnung Deutschlands unvorstellbar.
Selbst Politiker wie Adenauer und Strauß schworen, keine deutsche
Armee anzustreben. In der SPD überwogen pazifistische Tendenzen. Alle
waren sich einig, dass nie wieder Bedrohung oder ein Krieg von
Deutschland ausgehen sollte. Der Bundestag lehnte in seiner ersten
außenpolitischen Debatte (24./25.11.1949) eine nationale
Wiederbewaffnung ab. Vor allem in einem geteilten Deutschland musste
jede Militarisierung eine weitere Spaltung des Vaterlandes mit sich
bringen. Dieser Konsens wurde aber insgeheim von der neuen Regierung
Adenauer unterlaufen. Da die UdSSR scheinbar eine größere Gefahr
darstellte als ein bewaffnetes Teildeutschland konnte sich Adenauer
auf Aussagen Churchills stützen, dass die freie Welt eine
Verteidigungsbeitrag der Westdeutsche brauche. |
1949 |
DDR |
In der Sowjetischen Besatzungszone
war auf sowjetische Weisung bereits vor der Gründung der DDR mit dem
Aufbau einer umfangreichen und zentral geführten Polizeistreitmacht
begonnen worden, die militärisch ausgebildet und bewaffnet war. |
1949/50 |
Kalter
Krieg |
Die zunehmenden Spannungen zwischen
den ehemaligen Siegermächten führten zur Bildung von militärischen
Beistandsorganisationen im Westen, die zunächst allerdings auch gegen
Deutschland gerichtet waren. So der 1947/1948 Vertrag von Dünkirchen
(04.03.1947), den England und Frankreich schlossen, sowie später der
Brüsseler Vertrag (17.03.1948), mit den Vertragspartnern:
Großbritannien, Frankreich, Belgien, die Niederlande und Luxemburg.
Dieser Vertrag enthielt bereits den Grundgedanken der gemeinsamen
west-europäischen Verteidigung. 1949 Die Gründung der NATO am
04.04.1949 war der Schlusspunkt des Bemühens, eine westliche Reaktion
auf das Vordringen der Sowjetunion in Mitteleuropa zu demonstrieren.
Gleichzeitig bot diese militärische Zusammenarbeit auch Schutz vor
Deutschland und erleichterte es den BeNeLux-Staaten einer Gründung
eines westdeutschen Staates zuzustimmen. Der Kalte Krieg führte über
die Truman-Doktrin zur Containment-Politik. Die UdSSR sollte
militärisch eingedämmt werden. Dies betrachtete Stalin als Bedrohung
und rüstete seinerseits die im Machtbereich der UdSSR liegenden
Staaten auf. Nach innen wurden dort eine zunehmende Ausrichtung auf
die Sowjetunion erkennbar (CSR-Putsch). |
1949 - 52 |
Koreakrieg |
Der Krieg zwischen dem
kommunistischen Nordkorea und der prowestlichen Militärdiktatur
Südkoreas führte in der BRD zur Angst, dass die DDR mit ihrer
kasernierten Volkspolizei in die BRD einrücken würde. Die westlichen
Partner und Adenauer sahen jetzt die Gelegenheit der pazifistischen
Bevölkerung der BRD eine Armee schmackhaft zu machen. Die
amerikanische Entschlossenheit, die Bundesrepublik Deutschland so
schnell wie möglich zu bewaffnen, veranlasste die französische
Regierung, sich um einen Kompromiss zu bemühen. Dies löste in
Westeuropa Ängste vor einem Wiedererstarken Deutschlands und einer
Revanchepolitik aus. |
1950 |
Pleven-Plan
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Der französische Ministerpräsident
Pleven schlug vor, eine Europa-Armee unter einem europäischen
Verteidigungsminister zu bilden (Pleven-Plan, 24.10.1950). Diese
Europa-Armee sollte keine Koalitionsarmee sein, sondern aus möglichst
weitgehend integrierten - bis hinunter zu kleinen Einheiten -
personellen Kontingenten der Teilnehmerstaaten bestehen. Da aber die
Staaten, die bereits über Truppen verfügten, neben dem Beitrag zur
Europa-Armee auch nationale Verbände unterhalten sollten, wurde mit
diesem Plan die deutsche Gleichberechtigung wesentlich eingeschränkt.
Bundeskanzler Adenauer wollte trotzdem zustimmen, weil er meinte, ohne
eine militärische Beteiligung an der Konstruktion eines einigen
Europas nicht mitwirken zu können und vor allem die Souveränität der
BRD nicht erreichen zu können. Die NATO-Staaten einigten sich dann
jedoch auf Kampfgruppen vom Umfang einer Brigade als nationale
Grundeinheiten. Im Bundestag stimmten am 08.11.1950 die
Regierungsparteien CDU; CSU, FDP und DP dem deutschen
Verteidigungsbeitrag auf der Basis des Pleven-Plans zu. Die
Verteidigungsminister der NATO billigten am 19.12.1950 die Teilnahme
deutscher Kontingente an einer europäischen Armee. Offen blieb jedoch,
ob das im Rahmen des Pleven-Planes oder in der Form deutscher
Divisionen im Atlantischen Bündnissystem erfolgen sollte. |
1950 - 52 |
Scheitern |
Die Verhandlungsführung für die
Bundesregierung übernahm der Bundestagsabgeordnete Theodor Blank
(CDU), den Adenauer am 26.10.1950 zum "Bevollmächtigten (später
Beauftragten) des Bundeskanzlers für die mit der Vermehrung der
alliierten Truppen zusammenhängenden Fragen" ernannt hatte. Die
Berufung Blanks erwies sich als eine geschickte Entscheidung
Adenauers, denn dem christlichen Gewerkschafter, der im Widerstand
gegen den Nationalsozialismus tätig gewesen war, konnte niemand
militäristische und restaurative Tendenzen unterstellen. Blank berief
die ehemaligen Generale Heusinger und Dr. Speidel zu seinen Beratern
und begann mit dem Aufbau seines Büros, das als "Amt Blank" die
Kernzelle für das spätere Verteidigungsministerium wurde. Pleven-Plan
gescheitert 1954 Es begann das nahezu vierjährige Ringen um die
Europäische Verteidigungsgemeinschaft (EVG) als Konsequenz des
Pleven-Planes. Am 30.08.1954 setzte die französische
Nationalversammlung den Vertrag über die EVG von der Tagesordnung ab.
Damit war diese Idee gestorben. In Frankreich war unterdessen ein
Umdenkprozess gegen eine integrierte Armee in Gange. Dies wurde
unterstützt durch die verheerende militärische und politische
Niederlage Frankreichs in Vietnam und einen Regierungswechsel nach
Neuwahlen. Die konservativen Gaullisten und die Kommunisten brachten
die EVG zu Fall. |
1954 |
Die
Wiederbewaffnung |
Auf Vorschlag des britischen
Außenministers Eden entschlossen sich die Teilnehmerstaaten, den
"Brüsseler-Vertrag" auf Italien und die Bundesrepublik Deutschland
auszudehnen und die Bundesrepublik als souveränen Staat mit eigenen
Streitkräften in die NATO aufzunehmen. Am 23.10.1954 wurden die
"Pariser Verträge" unterzeichnet, mit denen u.a. das Besatzungsregime
in der Bundesrepublik beendet und die Aufnahme der Bundesrepublik in
den Brüsseler Vertrag und die NATO vertraglich geregelt wurde.
Hinsichtlich des westdeutschen Verteidigungsbeitrages bestimmten die
Pariser Verträge: Aufstellung von 12 Divisionen; eine Höchststärke von
etwa 500.000 Mann sollte nicht überschritten werden. Unterstellung
unter den Befehl der integrierten NATO-Stäbe, Integration in der Regel
auf der Ebene der Heeresgruppen. Die Dislozierungen sollten in
Übereinstimmung mit der NATO-Strategie vorgenommen werden. Die
Partnerstaaten der NATO behielten sich das Recht der Kontrolle des
Verzichts der Bundesrepublik Deutschland auf die Herstellung
bestimmter Waffen vor. Die Bundesrepublik verzichtete auf die
Herstellung von ABC-Waffen auf ihrem Gebiet. In die NATO aufgenommen
1955 Das Vertragswerk trat am 06.05.1955 in Kraft. Am 09.05.1955, zehn
Jahre nach dem Zusammenbruch des Deutschen Reiches und der
Kapitulation der Wehrmacht, wurde die Bundesrepublik in die NATO
aufgenommen. Einen Monat später wurde das Amt Blank in das
"Bundesministerium der Verteidigung" umgewandelt (07.06.1955). Die
Gesamtkosten werden mit 51 Milliarden Mark veranschlagt. Die Spaltung
in Deutschland war danit vertieft und die Gefahr, dass Deutsche auf
Deutsche schießen würden größer geworden. Der Kalte Krieg und die
Politik Adenauers drängte den Gedanken an eine Wiedervereinigung
zurück. Die Regierungskoalition setzte die Wiederbewaffnung gegen den
Widerstand aus den Gewerkschaften , den Kirchen und der SPD durch.
Erst im Godesberger Programm von 1959 machte die SPD ihren Frieden mit
der neuen Bundeswehr und bekannte sich zur Westintegration. |
1954 - 55 |
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