Bericht in der Hamburger Volkszeitung am 16.Juli 1945 Ein big Dinner in german style" setzte der Direktor der
US-Militärregierung für Hessen seinen von drüben kommenden Gästen vor: eine Tasse
Kaffee-Ersatz, einen Teller Gemüse-Wassersuppe, zwei Pellkartoffeln, 40 bis 50 Gramm
Fleisch, eine Scheibe Schwarzbrot und 5 Gramm Margarine. Wert dieser kulinarischen
Speisenfolge: 600 Kalorien. Ein großes Essen", bestätigen wir bitter ernst.
Sogar eine tolle Schwelgerei für Leute, deren Tagesration 700 Kalorien kaum übersteigt.
Der Rest für Morgen und Abend wäre - ein Brötchen. Dennoch verdient die Bemühung des
Amerikaners, seinen Landsleuten einmal zu zeigen, wie sehr wir Deutschen hungern, Dank.
Vielleicht gelingt es einmal auf dem Umweg über den Magen, Verständnis und
Entgegenkommen für unsere Selbsthilfeforderungen zu finden. Walfang, synthetische
Fetterzeugung, Ölkuchenveredelung, Fettimporte für Kohlenmehrförderung wären Wege aus
der Not, die den Besatzungsmächten keinen Dollar und kein Pfund Kosten verursachen
würden. Aber diese Wege sind immer noch nicht freigegeben. Wir verlangen - als
Menschenrecht und Völkerrecht - das Recht auf Arbeit und das Recht zu leben. Dem Hunger
ohne Ende, der Arbeit ohne Hoffnung muß endlich der Garaus gemacht werden. Der große
Hunger nach deutscher Art ist bei täglich nur 738 einseitigen Kalorien so groß, daß
immer mehr und mehr Werktätige an ihren Arbeitsplätzen zusammenbrechen. Keine
Versprechen verhindern das Dahinsiechen unseres Volkes. Keine trostreichen Worte
verhindern weder das Kindersterben, noch schaffen sie Brot und Nährmittel. Brot und
andere Lebensmittel schafft allein unsere Arbeit. Deshalb muß sie endlich freigegeben,
die deutsche Wirtschaft von allen privategoistischen Hemmnissen befreit und die
Friedensproduktion unserer noch brauchbaren Industrie erhöht werden. |