Gesellschaft der Freunde

Als ich in Swarthmore Hall über den Marktplatz bummelte, sah ich eine Gruppe von Leuten, die sich um einen seltsam gekleideten Mann versammelt hatten. Als ich näher kam sah ich, dass dieser zur Menge predigte. Aus Langeweile hielt ich an um zuzuhören. Er sprach mit eindrucksvoller Stimme: „Alle blutigen Prinzipien und Praktiken, alle äußeren Kriege und Kämpfe und alles Streiten mit Waffen egal zu welchem Zweck lehnen wir ab." Er berichtete über die Botschaft der Liebe. Er verkündete die Lehre: Der Mensch sei für die Nächstenliebe geschaffen und die Konflikte der Zeit könnten nur durch Liebe gelöst werden. Er erzählte, wie er die Freiheit in der Gemeinschaft mit Christus gefunden hat. Seine Predigt erfasste meine Gefühle und bestärkte meine Gedanken und Anschauungen, die schon seid langem in diese Richtung tendierten. Nach der Predigt hatte ich Gelegenheit ein Stück des Heimweges mit dem Prediger zu gehen und dieser gab mir zu verstehen, dass die religiöse Gemeinschaft ca. 1650 von George Fox gegründet wurde. Ihr Grundgedanke ist die Lehre von einer über jeden Menschen kommenden Erleuchtung als Quelle der Gotteserkenntnis und alles wahrhaft christlichen Lebens. Sie verwerfen die Kindertaufe, das Abendmahl, den Eid und verweigern den Kriegsdienst. Ihre Gemeindeangelegenheiten werden durch Älteste geleitet. Sie leben einfach und kleiden sich schlicht mit einem großen Filzhut. Vom Volksmund erhielten sie den Spottnamen Quäker (Zitterer), da sie vor göttlichen Offenbarungen in heftige Zuckungen fallen. Dieser Prediger, der William Penn hieß, überzeugte mich durch seine Erzählungen und Taten. Ich schloss mich der „Gesellschaft der Freunde" an und begleitete William Penn 1681 nach Amerika, um unseren Glauben auch dort zu verbreiten. Als ich mit W. Penn nach Amerika kam, mussten wir feststellen, dass die puritanische Regierung von Bosten die Quäkerlehre als gefährlich bezeichnete. Freunde teilten uns mit, dass sie verfolgt und misshandelt wurden. Aus diesem Grund ließen wir große Vorsicht walten und bekamen mit wie zwei Freunde bei der Predigt gefangengenommen und danach von der Regierung ausgewiesen wurden. Der Gouverneur erließ sogar Gesetze gegen die Quäker, er bestrafte jeden Kapitän, der Quäker nach Boston brachte und drohte allen Quäkern, die trotzdem in die Kolonie gelangten mit Auspeitschen, Gefängnis und Verbannung. Sogar ein Bostoner Bürger protestierte gegen dieses grausame Gesetz, doch er wurde sofort bestraft und ebenfalls verbannt. Das schreckte die Einwohner von Boston natürlich ab. Einigen Freunden gelang es mit dem Schiff eines Freundes nach New Amsterdam und Rhode Island zu fahren und gründeten hier ihren Stützpunkt. Wir schlossen uns ihnen an und begaben uns von dort aus nochmals nach Boston um den Widerstand an seiner gefährlichsten Stelle herauszufordern. Wir fanden dort eine kleine Gruppe von gedankenvollen Menschen, wie wir sie überall angetroffen hatten, hier entstand eine neue Quäkergemeinschaft. Bei der ersten öffentlichen Predigt griffen jedoch die Behörden ein, nahmen Freunde gefangen und peitschten sowohl Männer als auch Frauen aus. Wir konnten gerade noch entkommen, indem wir im Trubel von einem Unbekannten in ein angrenzendes Haus gezerrt wurden. Dieser erwies sich als Gönner der Quäkergemeinde. Er wollte sich jedoch nicht zu den Quäkern bekennen, da er zuviel Angst vor der Verfolgung durch die Regierung hatte. Als er uns seine Ängste genauer zu erklären versuchte wurde die Tür eingetreten und bewaffnete Soldaten drangen in den Raum. Sie richteten ihre Waffen genau auf William Penn und mich. Uns wurde angst und bange, in diesem Moment wussten wir nicht was uns erwarten würde. Sie nahmen uns mit ins Regierungsgebäude, dort wurden wir verhört über unseren Glauben und unsere Gesinnung. Dabei ist uns immer wieder mit Auspeitschung und Verbannung gedroht worden. Dort erfuhren wir auch, dass uns ein rechtschaffener Bürger verraten hatte als wir in dieses Haus verschwunden sind. Nur durch William Penns Redegewandtheit und seiner Überzeugungskraft, dass wir der Regierung nichts Böses wollten, wurden wir nach ein paar Tagen Gefängnis wieder auf freien Fuß gesetzt. Ich musste immer wieder feststellen, dass der Weg den ich mir ausgesucht hatte sehr beschwerlich war. In dieser Zeit wurde ich oft beschimpft und gedemütigt. Doch ich fühlte mich meinem neuen Glauben so verbunden, dass ich alles Unangenehme auf mich nahm, wie so viele Andere der Freunde auch. Ich bin besonders stolz darauf, dass ich noch miterleben durfte, wie William Penn 1681 den Staat Pennsylvania gründete, in dem bereits 7000 Quäker lebten, hier übernahmen die Quäker bald eine führende Rolle.

Ich erreichte ein hohes Alter und konnte in Frieden sterben. Meinen Kinder erzählte ich alles Wissenswerte über unseren Glauben und die vielen Erlebnisse die ich als Einwanderer in Amerika gemacht hatte. Wer hätte zu meiner Zeit gedacht, dass unsere Nachkommen sich in aller Welt verbreiten würden und sich des Quäkertum in verschiedenste Richtungen weiterentwickeln sollte. So förderten sie Krankenhäuser für Arme, Universitäten für Studenten und öffentliche Laboratorien zur Prüfung für Heilmittel. Für Geisteskranke eröffneten sie ein Heim mit ärztlicher Versorgung. Viele Quäker fanden ihr Betätigungsfeld als Bürgermeister, Stadträte und Friedensrichter. Da Quäker den Kriegsdienst verweigerten halfen sie als Zivilisten wo sie konnten und waren aktiv beim Wiederaufbau vertreten. Im Bereich Wissenschaft erfanden sie das Teleskop, einige Instrumente und Zeitmesser. In Industrie und Handel bewiesen sie große Geschicklichkeit. Das selbständige Denken der Quäker erstreckte sich auf technische Prozesse, auf Marktprinzipien und das Planen zum Bauen der Fabriken. Auch weltweite Missionen gehörten zu ihren Aufgaben. Sie drangen dabei bis Madagaskar, Japan, China, Jamaika, Indien und Afrika vor. Nach dem 2. Weltkrieg organisierten die amerikanischen Quäker unfangreiche Hilfsorganisationen für das zerstörte Europa und wurden 1947 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Die Eigenheiten der heutigen Freunde (Quäker) wären unverständlich ohne ihre Geschichte. Ihr Denken und Handeln beruht nicht auf einem besonderen angeborenen Temperament sondern auf der Geschichtslektion, aus der sie lernten, die Dinge auf besondere Weise anzugehen.

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