Diese Karikatur zeigt den deutschen
Kaiser Wilhelm II., der feierlich seine Streitkräfte unter seiner Führung
aufmarschieren lässt. Es soll zeigen, dass er den Oberbefehl über das
Heer hat und er die Armee nach seiner Pfeife tanzen lassen kann. Durch
das Klavier soll dargestellt werden, dass die Deutschen, bzw. die
Europäer, zur Zeit des Imperialismus ein kulturelles Überlegenheitsgefühl
gegenüber nicht europäischen Völkern hatte. Auch die militärische Überlegenheit
der Imperialmächte wird durch die Masse der Soldaten, die aus dem
Klavier kommt, und durch die Ordnung und Haltung mit der sie in Reih und
Glied marschieren, ausgedrückt.
Außerdem wird dem um die
Jahrhundertwende auftretendem Militarismus und der Vorliebe Wilhelms II.
für das Militärische Ausdruck verliehen. Sogar die harmlosen Noten und
Töne eines Klaviers werden für ihn zu Soldaten.
Bei
Hof galt in diesen Jahren der Leutnant mehr als der Professor in Zivil,
es sei denn, er konnte den Rang eines Reserveoffiziers vorweisen oder
war höherer Beamter. Die Mitglieder der Volksvertretung rangierten
sozusagen zwischen Rittmeister und Major. Auch in der Bevölkerung
verdrängten die Leitbilder des preußischen Militärs stärker und stärker
das schlichte bürgerliche Selbstverständnis der ersten
Jahrhunderthälfte. Die Armee wurde der „Stolz der Nation ", und die
Mehrzahl der Deutschen erfreute sich an Uniformengepränge, Marschmusik
und schimmernden Paraden. Die Armee, das war für die meisten Deutschen
gleichbedeutend mit Glanz, Repräsentation, Ehre, Macht und Sicherheit
für das Reich, nach innen und nach außen. Die Erinnerung an die
schrecklichen Realitäten des letzten Deutsch-Französischen Krieges war
längst verblaßt - nur noch sein stolzes Ergebnis war gegenwärtig: das
geeinte Deutsche Reich. - So lachte man auch in ganz Deutschland
unbekümmert über den Streich des Schusters Wilhelm Voigt (1849-1922),
der in einer Uniform vom Trödler einen Trupp Soldaten so beeindruckte,
daß er das Köpenicker Rathaus, besetzen konnte Die Gefahr dieser blinden
Uniformgläubigkeit, des „Kadavergehorsams" angesichts eines
Militärrockes, stand wenigen deutlich genug vor Augen. Der Kaiser fand
den Streich „zum Piepen"und freute sich über die „Disziplin im Deutschen
Heer": Den ernsten Sinn dieser „Köpenickiade" wollte man nicht
wahrhaben.
russ. Karikatur: nach 1914: Wilhelm
II im Irrenhaus hängt seinen Phantasien der Weltherrschaft nach. Vor der
Tür die Ententemächte als Aufpasser
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In Phantasieuniform
Im Manöver
Kinder im Matrosenanzug
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