Abi Th 2000 Aufgabe 2
Weimarer Republik
- Fassen Sie die Kernaussagen der Erklärung Gustav
Bauers (Material 6) zum Versailler Vertrag zusammen!
Nennen Sie Beispiele aus der "... unabsehbaren Reihe mehr oder minder
unerträglicher Bedingungen ..." (Zeilen 3 bis 4), und erläutern Sie
diese!
- Werten Sie in diesem Zusammenhang die Karikatur
"Der Friedenskuß" (Material 7) aus!
- Der Historiker Horst Müller äußerte sich 1985 zur
Situation am Ende des Jahres 1918 wie folgt: "Jetzt die Regierung zu
übernehmen hieß, den Tanz auf einem Vulkan wagen. Die Zahl der
existenzbedrohenden Probleme des Reiches war unübersehbar (...). Keine der
vorangegangenen Reichsregierungen hatte vor einer solchen Fülle von
Problemen gestanden ..." Überprüfen Sie die Richtigkeit dieser
Feststellung!
- Vergleichen Sie die Lage in Deutschland bei Kriegsende
1918 mit der Situation zur Stunde Null im Jahre 1945!
Material 6
Am 22. Juni 1919 erklärte der neue
Reichsministerpräsident Gustav Bauer (SPD) vor der Nationalversammlung
in Weimar:
Die Reichsregierung hat davon abgesehen, aus der fast unabsehbaren
Reihe mehr oder minder unerträglicher Bedingungen, die eine oder
die andere noch abzuhandeln. Dieser Vertrag verliert seinen
vernichtenden Charakter nicht durch Veränderung von Einzelheiten. Die
Äußerungen der Parteien der Nationalversammlung, welche über die
Mehrheit der Stimmen verfügen, lassen kaum einen Zweifel, daß
diejenigen in der Minderheit sind, welche die Zukunft unseres Volkes
durch eine Annahme schwerer zu gefährden glauben als durch eine
Ablehnung. Dem muß eine Regierung Rechnung tragen, die das Volk nicht
nach 48 Stunden vor eine neue, vielleicht tödliche Krise stellen will.
Denn die Ablehnung wäre keine Abwendung des Vertrags. Ein Nein wäre
nur eine kurze Hinausschiebung des Ja! Unsere Widerstandskraft ist
gebrochen; ein Mittel der Abwendung gibt es nicht. Wohl aber bietet der
Vertrag selbst eine Handhabe, die wir uns nicht entreißen lassen
können. Ich denke hier an die feierliche Zusage der Entente in ihrem
Memorandum vom 16. Juni 1919, wonach eine Revision des heute
vorliegenden Vertrags von Zeit zu Zeit eintreten und diesen neuen
Ereignissen und neu eintretenden Verhältnissen angepaßt werden kann.
Das ist eines der wenigen Worte in diesem Friedensvertrag, das wirklich
Friedensgeist atmet. [...]
Die Regierung der deutschen Republik verpflichtet sich, die Deutschland
auferlegten Friedensbedingungen zu erfüllen. Sie will sich jedoch in
diesem feierlichen Augenblick mit rücksichtsloser Klarheit äußern, um
jeden Vorwurf einer Unwahrhaftigkeit, der Deutschland jetzt oder später
gemacht werden könnte, von vornherein entgegenzutreten. Die auferlegten
Bedingungen übersteigen das Maß dessen, was Deutschland tatsächlich
leisten kann. Wir fühlen uns daher zu der Erklärung verpflichtet, daß
wir alle Vorbehalte machen und jede Verantwortung ablehnen gegenüber
den Folgen, die über Deutschland verhängt werden könnten, wenn die
Undurchführbarkeit der Bedingungen auch bei schärfster Anspannung des
deutschen Leistungsvermögens in Erscheinung treten muß. Wir legen
weiterhin den größten Nachdruck auf die Erklärung, daß wir den
Artikel 231 des Friedensvertrages, der von Deutschland fordert, sich als
alleinigen Urheber des Krieges zu bekennen, nicht annehmen können und
durch die Unterschrift nicht decken. |
Aus: Geschichte und Geschehen II, Klett
Schulbuchverlag, Stuttgart 1995, S. 262
Material 7
Der Friedenskuß (1919)
Zeichnung von T. Th. Heine, Westfälisches Landesmuseum
für Kunst und Kulturgeschichte, Münster
Aus: Loch, W., Görres, K., Politische Karikatur und
ihr Einsatz im Unterricht, Frankoniusverlag, Limburg 1985, S. 116
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