Der Krimkrieg

 

 

Ablauf

Im Februar 1853 sandte der russische Zar Nikolaus den Fürsten Menschikow, der auch später das Kommando auf Krim führte, nach Konstantinopel. Er sollte eine Lösung zugunsten Russlands erzwingen. Dies gelang Anfang Mai sogar und er und der französische Botschafter unterschrieben einen Vertrag, die Franzosen hatten nachgegeben. Die Krise schien bewältigt doch dann stellte Menschikow eine neue Forderung: er wollte einen Vertrag zwischen Russland und der Türkei, der das Recht der russischen Regierung garantiert, die orthodoxen Untertanen zu schützen. Die Türkei lehnte das entsprechende Ultimatum ab weil sie es als eine direkte Einmischung in die türkische Souveränität ansahen. Diese Entwicklung beunruhigte England sehr, so dass es am 2.Juni eine anglo- französische Flotte in die Besika- Bucht außerhalb der Dardanellen sandte.

 Nikolaus wollte keinen Krieg. Dennoch befahl er seinen Truppen am 2.Juli den Pruth zu überqueren und die Moldau-Fürstentümer zu besetzen. Alle Beteiligten arbeiteten in Wien an einer neuen Verhandlungsbasis. Im August verwarf zuerst die Türkei einen Vorschlag weil sie darin eine französisch-russische Verschwörung sah. Im September vermutete England nach einem Treffen Nikolaus’ mit Franz Joseph eine österreichisch-russische Verschwörung. Die Verhandlungen scheiterten. Schließlich sandte England seine Flotte durch die Dardanellen, die französische folgte.

 Am 8.Oktober 1853 dann erklärte die Türkei Russland den Krieg. Die Türkei war sich dabei der Unterstützung der Seemachtflotten sicher. Zwei Wochen nach der Kriegserklärung überquerten erste türkische Truppen die Donau. Nachdem die Kampfhandlungen anfangs auf das Donaubecken und den Kaukasus beschränkt waren und alles in allem eher zugunsten Russlands verliefen, kam es am 30.November zu einem dramatischen Zwischenfall, der "Seeschlacht von Sinope", bei der die türkische Flotte im Hafen überrascht und vernichtet wurde, was der Schlacht auch den Namen "Massaker von Sinope" brachte. Dadurch hätte Russland die Macht über das Schwarze Meer gewonnen. England und Frankreich entschlossen sich im Januar 1854 schließlich einzugreifen um dies zu vermeiden. Sie durchquerten den Bosporus und forderten die Räumung der Moldau-Fürstentümer innerhalb von 2 Monaten. Österreich versuchte nochmals verzweifelt wenigstens ein Neutralitätsversprechen zu erlangen, blieb jedoch erfolglos.

 Als Nikolaus das anglo-französische Ultimatum vom 27.Februar einfach ignorierte, erklärten England und Frankreich am 28.März 1854 Russland ebenfalls den Krieg. Österreich war scharf geteilt. Es gab einerseits die Kriegspartei, die auf eine Kampfallianz mit England und Frankreich drängte um durch einen militärischen Sieg allen russischen Aktivitäten am Balkan für lange Zeit ein Ende zu setzen. Die konservativen Generäle erachteten andererseits die Auflösung der Allianz mit Russland als undenkbar. Im April entschlossen sich Österreich und Preußen zu einer Neutralitätsallianz. Nachdem Österreich ohne kriegerische Aktivitäten die Walachei besetzt hatte, schien ein Krieg vermeidbar. Frankreich, England und Österreich einigten sich auf vier Punkte. Russland lehnte am 26.August aber diese Bedingungen ab.

 Nach langer Überlegung beschlossen Frankreich und England eine Invasion auf der Halbinsel Krim um den großen Flottenstützpunkt Sewastopol einzunehmen. Am 14.September trafen 27000 Engländer, 25000 Franzosen und 6000-7000 Türken in Eupatoria ein. Bei einem ersten Aufeinandertreffen wurden die Russen geschlagen. Das hätte das Ende des Krieges sein können weil Sewastopol offen dalag. Die Alliierten wussten dies jedoch nicht und warteten ab anstatt den Angriff zu wiederholen. Tage später nahmen sie den Hafen Balaklawa ein, der ihnen auch als Nachschubplatz diente. Die Russen hatten weder ausreichend Waffen noch Ausbildung und so war es nur den Kanonieren an ihren Geschützen, den Pionieren und Sappeuren mit ihren Festungsbauten und Mienenfeldern zu verdanken, dass Sewastopol so lange durchhielt.

 Am 17.Oktober1854 begann der Großangriff auf die Festung. Die Franzosen wurden jedoch zurückgeschlagen und auch um England stand es nicht gut. Bei einem 2.Gefecht, der "Schlacht von Inkerman" am 5.November hatten die Alliierten jedoch daraus gelernt und sich erfolgreich verteidigt. Eine Woche nach "Inkerman" kam ein Sturm auf, Regen und Kälte ließen England beinahe den Feldzug beenden. Weggeschwemmte Versorgungsstrassen vom Hafen, Krankheit und Erschöpfung machten die Alliierten mehrere Monate lang kampfuntauglich. Aber auch auf russischer Seite sah es nicht besser aus. Es fehlten Ersatztruppen, es gab keine Spitäler, überall wurden Tote und Verletzte gelagert. Die Verletzten wurden Tag und Nacht von dem Chirurgen N.I. Pirogow, dem russischen Gegenstück zu Florence Nightingale, behandelt. 

Am 2.Dezember entschloss sich auch Österreich eine Allianz mit England und Frankreich einzugehen. Ebenso sandte Sardinien 35000 Soldaten nach Krim, eigentlich aber nur um bei der Friedenskonferenz Mitspracherecht zu erlangen. Der 18.Juni war der Wendepunkt. Russland schien die Evakuierung Sewastopols der einzige Ausweg, unwissend, dass auf Seiten der Alliierten ebenso Verzweiflung herrschte. Da eine ehrenvolle Evakuierung aber nicht möglich war, sollte ein alles entscheidender Großangriff gegen die sehr starken Stellungen der Alliierten am Tschernajfluss geführt werden. Dieser hoffnungslose Angriff wurde mit nur 2000 Verlusten zurückgeschlagen und die Alliierten konnten sich von da an ganz der Einnahme Sewastopols konzentrieren. Das letzte Bombardement von Sewastopol begann am 18.August und dauerte fast 3 Wochen. Schließlich gab es immer wieder falschen Alarm durch die Franzosen, so dass die Verteidiger beim richtigen Angriff auch wieder einmal nur an falschen Alarm glaubten.

Der wirkliche Angriff bestand dann aus der Vergrößerung der Reichweite der französischen Geschütze und einem überwältigendem Sturmlauf über 40 Meter offenes Terrains von 10000 Franzosen auf die Kornilow-Bastion. Weitere Tausend stürmten die zweite Bastion und die Schutzwälle, während die Aufgabe der Engländer darin bestand die dritte Bastion zu nehmen.

Am Ende dieses Tages sahen die Russen sich trotz großer Verluste auf beiden Seiten als Sieger an, da sie die Engländer in die Flucht geschlagen hatten und die zweite wie auch die fünfte Bastion vor dem Feind verteidigt hatten. Nur die Kornilow-Bastion wurde von den Alliierten eingenommen.

Einzig Gortschakow hatte begriffen, das der Kornilow-Bastion eine zu große Bedeutung zu kommt und der Krieg ohne sie nicht zu gewinnen ist. Da auch einen Gegenangriff aussichtslos war musste er sich für einen Rückzug entscheiden. Der nun folgende Rückzug war die taktisch beste Leistung dieses Krieges. Die Evakuierung wurde nur dadurch ermöglicht, da man sich auf diese Eventualität vorbereitet hatte. So hatten die Russen im Verlauf des Krieges unter der Nase der Alliierten eine schwimmende Holzbrücke gebaut der über einen halben Kilometer über die schmale Bucht führte. Auch ihr Bau war ein Glanzstück, da es unzähliger schwerfälliger Karren bedurfte um das ganze Holz quer durch die baumlose Krim zu schaffen. Um sieben Uhr begann die Evakuierung. Sämtliche Truppen und Geschütze wurden über diese Brücke aus dem Kriegsgebiet geschafft. Allein dieser Brücke ist es zu verdanken, dass die Truppen vor ihrer Vernichtung bewahrt wurden.

Der Krieg um Swastopol und die Herrschaft über das schwarze Meer war entbrannt. Vier Wochen nach dem Fall von Sewastopol wurde auch Kars eingenommen. Es zeigte sich erneut, dass die Russen ihren Feinden zwar bewundernde Hochachtung abringen konnten, mit besseren Generälen wäre jedoch mehr möglich gewesen.

Obwohl Sewastopol eingenommen wurde und die russische Schwarzmeerflotte nicht mehr existierte gelang es dem Feind nicht ins Landesinnere vorzudringen. Die Seemächte hatten ihr Ziel trotzdem durch die Neutralisierung der russischen Macht im Schwarzen Meer erreicht.

Zu diesem Zeitpunkt sah auch Österreich eine reelle Chance weitere zwei Forderungen gegen Russland durchsetzen zu können. Somit wurde die Übermacht der Alliierten erneut größer. Der neue russische Zar entschied daher am 15. Januar 1856 das er es mit dieser Macht nicht aufnehmen könne und gab sich geschlagen. Der Krieg war zu Ende

 

 

Quelle:

Werner Scheck: Geschichte Russlands, Von der Frühgeschichte bis zur Sowjetunion, München 1977