Die Revolution von
1848 |
Auslöser und Ursachen
Schwerpunkte
Probleme
Verlauf
Folgen und Ergebnisse
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48er Revolution / Auslöser und
Ursachen
Auslöser der revolutionären Ereignisse in
Berlin vom 18. März 1848 waren die vorangegangenen Revolutionen in Wien
Anfang März und Paris Mitte Februar, die in beiden Ländern die alten Systeme
( den Bürgerkönig Louis Philippe in Frankreich und die Regierung des Fürsten
Metternich in Österreich) hinweggefegt hatten.
Die eigentlichen Ursachen sind aber zu suchen
> in einer jahrelang angewachsenen Enttäuschung über den neuen König
Friedrich Wilhelm IV. (seit 1840), der die an ihn geknüpften nationalen und
liberalen Erwartungen nicht erfüllte;
> in der Zuspitzung wirtschaftlicher Krisen, verursacht durch Missernten,
Teuerung und Nahrungsmangel einerseits und die beginnende Industrialisierung
andererseits, eine Zuspitzung, die sich bereits 1844 im Aufstand der
schlesischen Weber angekündigt hatte;
> und vor allem in der Unmöglichkeit, offen über die Mängel zu sprechen und
Möglichkeiten ihrer Beseitigung zu diskutieren, da die Presse unter Zensur
stand und die Möglichkeit organisierter politischer Mitsprache nicht
existierte. |
Die politische Lage im gesamten Deutschland
entsprach also in etwa der Atmosphäre in einem ständig angeheizten
Dampfkessel ohne Überdruck-Ventil: Die Explosion war nur eine Frage der
Zeit.
Der Funke, der das Pulverfass zur Explosion brachte, war das brutale
Vorgehen preußischer Truppen gegen eine große Menge Berliner Bürger, die auf
dem Schlossplatz dem König zujubelten, weil der die seit langem geforderte
Einberufung des Vereinigten Landtages und die ebenso sehnlich erwartete
Aufhebung der Pressezensur unter dem ultimativen Druck einer Gesandtschaft
der Rheinprovinzen verkündet hatte, die andernfalls ihre Unabhängigkeit
erklären wollten. Als dem König die Situation bedrohlich erschien, befahl er
Ruhe zu schaffen, worauf hin Kavallerietruppen mit blanker Waffe in die
Volksmenge hineinsprengten. Als in dieser Situation auch noch
(versehentlich?) Schüsse fielen, fühlten sich die Bürger verraten, riefen zu
den Waffen, errichteten Barrikaden und erreichten nach stundenlangen
erbitterten Straßen- und Häuserkämpfen den Abzug der Truppen aus Berlin. Der
noch in der Nacht gedruckte und plakatierte Aufruf des Königs "An meine
lieben Berliner" vergrößerte wegen seiner Ignoranz die Verbitterung der
Bürger noch mehr, und so zogen sie am Morgen nach den Straßenkämpfen mit den
über 200 Gefallenen auf Tragbahren in den Hof des Stadtschlosses und zwangen
den König auf den Balkon hinauszutreten, sein Haupt zu entblößen und sich
vor den toten Revolutionären zu verneigen. |
Der 19jährige Schlossergeselle Wilhelm
Glasewaldt und der 17jährige Schlosserlehrling Ernst Zinna verteidigen die
Barrikade Jäger- / Ecke Friedrichstraße in Berlin am 18.3.1848
(Lithographie) |
Kämpfe an der Großen Barrikade vor dem
Köllnischen Rathaus ("Illustrierte Zeitung", 1848) |
48er
Revolution / Schwerpunkte
Schwerpunkte der revolutionären Entwicklung waren Wien und Berlin als
Hauptstädte der beiden größten deutschen Staaten sowie Frankfurt (als Sitz
des Deutschen Bundes), wohin die zu wählende deutsche Nationalversammlung
einberufen wurde.
Darüberhinaus kanm es auch in den meisten deutschen Kleinstaaten, vor allem
Süddeutschlands, zu Unruhen, Erhebungen und Bauernaufständen, die teilweise
äußerst entschlossene Formen annahmen. Beispielsweise zündeten die Bauern
das Schloss der Grafen von Waldburg-Zeil an als Rache für das Gemetzel unter
den Bauern, das Gerhard Truchseß von Waldburg 1525 nach deren Niederlage im
Bauernkrieg angerichtet hatte. Auch in Sachsen kam es zu Erhebungen der
Bauern, die das Schloss der Herren von Schönhausen-Waldenburg abbrannten.Vor
allem in Baden, dem vor 1848 am weitesten liberalisierten deutschen Staat,
kam es mehrmals zu militärischen Erhebungen unter der Führung der
Radikaldemokraten Hecker und Struve (im Mai und September 1848 und im
Frühjahr 1849). Die Niederlage des letzten Badischen Aufstandes bedeutete
das Ende der Revolution.
Die Impulse für die revolutionäre und gegenrevolutionäre Entwicklung gingen
jedoch von den Zentren aus, vor allem von Wien, dessen Rückeroberung durch
kaiserliche Truppen im Oktober den Sieg der Gegenrevolution einleitete.
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48er
Revolution / Probleme
Die inhaltlichen Fragen und Probleme, mit denen die Revolution konfrontiert
war, waren mannigfaltig und kompliziert: angefangen mit den Grundrechten und
Freiheiten der Bürger über die Frage, welche Gebiete zum künftigen
Deutschland gehören sollten (das Problem der großdeutschen (= unter
Einschluss Österreichs) oder kleindeutschen (= ohne Österreich) Lösung) und
was mit den nichtdeutschen Ländern Preußens (Polen) und Österreichs und
deren Bewohnern (Tschechen, Slowaken, Ungarn, Italienern, Balkanvölker)
geschehen sollte, die ihre Unabhängigkeit verlangten (= Nationalitätenfrage)
bis hin zur Staatsform (Monarchie oder Republik) und der Alternative eines
Erb- oder eines Wahlkaisertums. |
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Dazu kam die unterschiedlich fortgeschrittene
soziale, politische und wirtschaftliche Entwicklung in den deutschen
Einzelstaaten, die dazu führte, dass die Einwohner eines jeden Staates vor
anderen Problemen standen und sich für die ihrer Nachbarn nur wenig
interessierten (= Partikularismus).
Schließlich war das grundlegende Problem, das den Verlauf und das Ergebnis
der Revolution prägte, die Uneinigkeit in ihrer sozialen Basis, der sie
tragenden Schicht des liberalen Bürgertums. Diese Uneinigkeit wird
anschaulich durch die Verabschiedung zweier in wesentlichen Punkten
konträrer liberaler Forderungskataloge am Vorabend der Revolution, des
Heppenheimer Programms der Radikalen im September und des Offenburger
Programms der Gemäßigten im Oktober 1847. Hinzu kam, dass sich in der
Revolution zum ersten Mal die Arbeiter als eigenständige politische Kraft zu
Worte meldeten mit dem Kommunistischen Manifest von Karl Marx und Friedrich
Engels, das im Februar 1848 in deutscher Sprache erschien. Vor allem die
gemäßigten Kreise des Großbürgertums fürchteten eine Radikalisierung durch
diese unerwünschten Verbündeten und taten alles, um die Revolution möglichst
schnell zu beenden. |
Das Bonmot zum Thema:
Im Heppenheimer Programm forderten die badischen Demokraten die
staatliche Regulierung des Schulwesens, und heute fordern die
Sozialdemokraten die Deregulierung des staatlichen Schulwesens.
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Erstürmung und Brand des Schlosses
Waldenburg am 5.4.1848 |
"Nie soll ein Fetzen Papier sich
zwischen mich und mein Volk drängen!" (Friedrich Wilhelm IV zum
Verfassungsentwurf der preußischen Nationalversammlung) |
48er
Revolution / Verlauf
Nach anfänglichem Erfolg auf ganzer Linie - in allen Staaten wurden liberale
"Märzministerien" eingesetzt, der Deutsche Bund stimmte einer Reform und der
Wahl einer Nationalversammlung zu, in allen Staaten, in denen es sie noch
nicht gab, wurden Volksvertretungen gewählt - glaubten die führenden
Liberalen, ihre Position durchgesetzt zu haben. Sie verzichteten darauf, dem
Adel seine Machtinstrumente (Heer, Polizei und Verwaltung) zu nehmen und sie
den revolutionären Organen zur Verfügung zu stellen, um statt dessen mit dem
vermeintlich besiegten Adel gleichberechtigt Verfassungen zu vereinbaren.
Der Stillstand der Entwicklung, das Zögern der liberalen Führer und
Provokationen des Adels diskreditierten die Revolution bei ihren Anhängern.
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Nach dem als Provokation empfundenen
Unvermögen Preußens, eine beabsichtigte Annexion Schleswig-Holsteins durch
Dänemark militärisch zu verhindern (Waffenstillstand von Malmö), kam es zu
Erhebungen radikaler Kräfte, die mit der Entwicklung unzufrieden waren, aber
militärisch niedergeschlagen wurden. Wien wurde von kaiserlichen Truppen
zurückerobert, und in Berlin kam es zu Auseinandersetzungen zwischen
Bürgerwehr und Arbeitern und Studenten, die sich zur Verteidigung der
Revolution bewaffnen wollten. Die liberale Regierung Preußens wurde
entlassen und durch eine konservative ersetzt, das Militär nach Berlin
zurückgeholt, die Berliner Nationalversammlung durch Militär aufgelöst und
eine Verfassung vom König zwangsverordnet (= oktroyiert). |
Berliner Bürgerwehr schießt am
16.10.1848 auf aufständische Arbeiter und Studenten |
Jetzt beeilte man sich in der deutschen
Nationalversammlung in der Frankfurter Paulskirche: im Dezember wurden die
Grundrechte verkündet und im Februar 1849 die Verfassung insgesamt
angenommen. Der preußische König wurde zum Kaiser gewählt, lehnte dieses
Angebot aber als "Krone von Dreck und Letten" ab. Die meisten Staaten
beriefen ihre Abgeordneten aus der Nationalversammlung nach Hause. Die
Versamm-lung wurde mit militärischer Gewalt aus Frankfurt vertrieben und
tagte in Stuttgart eine Zeit lang als "Rumpfparlament" weiter. Letzte
Versuche, die Annahme der Verfassung gewaltsam zu erzwingen, wurden von
preußischen Truppen niedergeschlagen. Im September 1850 tagte in Frankfurt
wieder der Deutsche Bund. Die Grundrechte wurden aufgehoben, ebenso alle
Verfassungsänderungen in den deutschen Staaten seit dem März 1848,
politische Parteien und Vereine wurden verboten, die Presse wieder der
Zensur unterstellt. |
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Der Präsident der Nationalversammlung
v. Gagern steht flennend wie ein Rotzbengel vor der etwas dümmlichen
Germania, die eine preußische Pickelhaube trägt. Das Kartenhaus der
Reichsverfassung und die Kaiserkrone liegen ihm zu Füßen. Hinter der
Germania spielt der feiste preußische König mit dem russischen Bären. Die
kopflose Statue mit dem österreichischen Doppeladler auf dem Schild
symbolisiert die Bevorzugung der kleindeutschen Lösung. Die Bildunterschrift
lautet: "Wat heulst´n kleener Hampelmann?" - "Ick hab Ihr´n Kleenen ´ne
Krone geschnitzt, nu will er se nich!" |
"Deutsche Reichsbremse", Beiblatt zum
"Leuchtturm", Leipzig 1849 |
48er
Revolution / Folgen und Ergebnisse
Als Folge der Niederlage der Revolution setzt eine erste Auswanderungs- oder
besser Fluchtwelle politisch Verfolgter aus Deutschland ein. Ihr Ziel ist
vor allem Amerika, das als Hort der Freiheit gilt. Wer nicht fliehen kann,
muss mit gnadenloser politischer Verfolgung rechnen. Die überlebenden
Kämpfer des Badischen Aufstandes, die nicht an Ort und Stelle standrechtlich
von preußischen Truppen erschossen oder von preußischen Militärgerichten zum
Tode verurteilt und hingerichtet worden waren, wurden jahrelang in den
Kerkern verschiedener Festungen festgehalten. Gegen führende Vertreter der
Kommunisten, deren man habhaft werden konnte, wurde ein Schauprozess
vorbereitet (Kölner Kommunistenprozess 1852), der jedoch für die Beteiligten
- vor allem wegen des zeitlichen Abstandes zu den Ereignissen, aber auch
wegen des Mutes der Richter - relativ glimpflich ausging. Das politische
Leben in Deutschland kam für mehr als zehn Jahre fast völlig zum Erliegen.
Andererseits war die Lösung der nationalen Frage, die Herstellung der
deutschen Einheit als Problem auf die Tagesordnung gesetzt worden und in
allen deutschen Staaten mussten fortan bürgerliche Vertretungskörperschaften
in wie auch immer abgeschwächter Form an den politischen Entscheidungen
beteiligt werden. Eine Rückkehr zum Metternichschen System der Unterdrückung
war ausgeschlossen, und auch das Verbot jeglicher organisierten politischen
Betätigung ließ sich nicht mehr länger als ein paar Jahre durchhalten.
Schließlich entstand eine neue Rivalität zwischen Preußen und Österreich um
die Vormachtstellung innerhalb Deutschlands (= preußisch / österreichischer
Dualismus), die den weiteren Verlauf des Einigungsprozesses Deutschlands mit
prägen sollte. |
Karrikatur auf den Ausgang der Revolution von 1848:
Der österreichische Kaiser verdrischt seine aufmüpfigen nichtdeutschen
Völkerschaften, die Tschechen und Ungarn; der preußische König, hinter
dessen Rockzipfeln sich die Fürsten der deutschen Kleinstaaten verstecken,
fegt die letzten Reste der Revolutionäre des badischen Aufstandes in die
Schweiz; aus der Nationalversammlung in Frankfurt ist eine mit einer
zerfetzten schwarzrotgoldenen Fahne bekrönte Vogelscheuche geworden, die
unter einem Militärhelm steht; Frankreich schickt seine Revolutionäre in die
südamerikanischen Strafkolonien; der dänische König macht eine lange Nase
(Anspielung auf den Waffenstillstand von Malmö) und England schaut etwas
indigniert auf den Trubel in Europa und widmet sich ansonsten seinem
Überseehandel
(Merkur). |
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