DER DEUTSCHE VORMÄRZ:
1815 – 1848

  In Sachen: Vormärz
Das Metternichsche System des europäischen Gleichgewichts
Die Allgemeinen Deutschen Burschenschaften
Die Karlsbader Beschlüsse
Die Französische Julirevolution
Auswirkung der französischen Julirevolution auf ganz Europa
Die nationale Revolution in Griechenland
Die "Göttinger Sieben"
Der Deutsche Zollverein
Der Schlesische Weberaufstand
Die Auswirkung des Vormärzes auf die europäischen Revolutionen
Literaturverzeichnis
 

1. In Sachen: Vormärz


 

Vormärz nannte man die Zeit zwischen dem Wiener Kongress (1815) und der deutschen Märzrevolution (1848). Man teilt den Vormärz meist in zwei einzelne Epochen mit den Bezeichnungen "Restauration" (1815 – 1830) und "Vormärz" (1830 – 1848) ein. Unter "Restauration" versteht man den Drang des Adels zu den vorrevolutionären Zuständen, die vor 1789 in Europa vorhanden waren. "Vormärz" bezeichnet die revolutionären Unruhen innerhalb des Deutschen Bundes, die schon früh auf eine ankommende Revolution hinwiesen. Die allgemeinen Kennzeichen des Deutschen Vormärzes sind hauptsächlich die Zersplitterung in zeitweise 39 Einzelstaaten, die im Rahmen des Deutschen Bundes nur locker verbunden waren, und die innere Ruhe, die durch eine reaktionäre Knebelung aller nationalen und liberalen Bewegungen im "System Metternich" mit Hilfe von Bundesbeschlüssen erzwungen wurde. Weitere Kennzeichen des Deutschen Vormärzes sind die zögernd einsetzende Industrialisierung und ein viel verbreitetes Massenelend (auch: "Pauperismus").Es war der Kampf zwischen den Freiheits- und Einheitsbewegungen und der konservativen Einigungspolitik, zwischen Restauration und Revolution.
Die Aufstände im Vormärz forderten nach Schwurgerichten, Pressefreiheit und Bauernbefreiung, doch dieser Wunsch blieb weitgehend unerfüllt.


 


2. Das Metternichsche System des europäischen Gleichgewichts


 

Nachdem im Wiener Kongress (1815) die soziale und politische Ordnung der europäischen Staaten im vorrevolutionären Sinne restauriert wurde, wurde das Gleichgewicht der Mächte und die Beziehungen zwischen den europäischen Staaten wieder hergestellt. Diese Balance, das "System Metternich", wurde von Clemens Wenzel Nepomuk Lothar Metternich, Fürst von Metternich-Winneburg, der damals österreichischer Staatskanzler war, entworfen. Im einzelnen bedeutet das, dass Deutschland immer noch kein einheitlicher und unabhängiger Verfassungsstaat war, denn es entstand der Deutsche Bund aus den 35 deutschen Einzelstaaten und 4 freien Städten. Der Bundestag des Deutschen Bundes sollte in Frankfurt am Main sitzen und Abgeordnete aller Mitgliedsstaaten beinhalten.
Den Richtlinien der Verhandlungen im Wiener Kongress, "Restauration, Legitimität, Solidarität", entsprechend wurde eine "Heilige Allianz" zwischen den Monarchen Rußlands, Österreichs und Preußens geschlossen, um alle revolutionären und nationalen Regungen in ihren Staaten gemeinsam zu unterdrücken.


 


3. Die Allgemeinen Deutschen Burschenschaften


 

In 1814 entwickelte sich ein vorher noch nie dagewesenes Phänomen: die politische Jugendbewegung! Sie wurde verkörpert durch die studentischen Burschenschaften. Die Allgemeine Deutsche Burschenschaft wurde 1815 unter dem Wahlspruch "Ehre, Freiheit, Vaterland" von Jenaer Studenten gegründet. Im Laufe der Jahre schlossen sich der Gemeinschaft noch viele andere Universitäten an.
Das Ziel der Burschenschaft war es, Deutschland ein Einheitsgefühl zu verleihen, das heißt, die Studenten wollten Deutschland als einen unabhängigen Einheitsstaat mit einer Konstitution und einer Versammlung, wo gerecht gewählte Vertreter des Volkes mitentscheiden durften. Sie kämpften auch für die Presse-, Rede- und Versammlungsfreiheit.
Den Höhepunkt hatte die Studentengemeinschaft, als sie 1817, zwei Jahre nach ihrer Gründung und am Jahrestag der Leipziger Völkerschlacht, eine Demonstration veranstaltete, das sogenannte "Wartburgfest". Hierzu kamen insgesamt 468 Studenten aus den Universitäten von Berlin, Leipzig, Rostock, Kiel, Gießen, Erlangen, Würzburg, Heidelberg, Tübingen und natürlich über die Hälfte aus Jena. Die protestantischen Studenten waren in der Überzahl, da die lutherische Reformation genau 300 Jahre zurücklag, doch auch katholische Burschen waren anwesend. Nachdem die Studenten in einem "heiligen Zug" unter der schwarz-rot-goldenen Fahne ,deren Farben aus der Uniform der National-Liberalisten hervorgehen, die Burg betraten und im Luthersaal beteten, lobte der Jenaer Student Riemann den geschlossenen "Burgfrieden", der für drei Tage Streitigkeiten zwischen den Burschen verhindern sollte. Riemann setzte auch politische Akzente, natürlich mit Kritik am Deutschen Bund. Lob hingegen empfing Großherzog Karl August, der als erster in seinem Staat eine Verfassung abgeschlossen hat. Daraufhin sprach Riemann den Zweck der Versammlung an. Die Burschen sollten Kraft für die lebendigen, hoffnungsvollen Taten der Gegenwart aus den Bildern der Vergangenheit schöpfen. Mit der Ansprache heiterte der Redner die Gefolgsleute so auf, dass sie die Burg sofort verließen und Zeichen der Unterdrücker, wie der "Code Napoléon", das Gesetzbuch Napoleons, die "Deutsche Geschichte", ein Buch des verhaßten Autors August von Kotzebue, die "Restauration der Staatswissenschaften", eine Sammlung preußischer Polizeigesetze des hochkonservativen Staatsrechtlers Karl Ludwig von Haller und dazu noch andere Schriften des Staatsrats Theodor Schmalz, der ein Gegner des freien Vereinigungswesen war, wie bei einem Autodafé verbrannten. Auch Zeichen der absoluten Herrschaft wurden nicht ausgelassen, wie ein Zopf, eine Ulanenuniform und ein Korporalstock. Am Tage darauf gingen alle Teilnehmer wieder zufrieden in ihre Heimatorte zurück. Riemann legte in Jena nach dem Fest die Prinzipien der Burschenschaften, die politischen Forderungen des Liberalismus, zusammenfassend nieder.
1818, ein Jahr nach dem Wartburgfest, wurde innerhalb der Allgemeinen Deutschen Burschenschaft eine Verfassung eingeführt, die beinhaltete, dass die Burschenschaft eine Gemeinschaft der ganzen Jugend ist, die sich an Hochschulen bildet. Es wurde auch die Gleichberechtigung untereinander eingeführt.


 


4. Die Karlsbader Beschlüsse


 

Als der Student Karl Ludwig Sand 1819 den Schriftsteller August von Kotzebue, der als Polizeispitzel der russischen Regierung galt und in seiner Zeitschrift "Literarisches Wochenblatt" die Burschenschaft verspottete, erstach, hatten die Monarchen endlich ein günstiges Ereignis, um die Karlsbader Beschlüsse, die die Burschenschaften nach dem Wartburgfest vor weiteren antikonservativen Aktivitäten abhalten sollen, zu veröffentlichen. Die Beschlüsse wurden, auf Wunsch von Metternich, im Frankfurter Bundestag erstellt.
Die Karlsbader Beschlüsse wurden in vier verschiedene Gesetze unterteilt: das Untersuchungsgesetz, das Universitätengesetz, das Preßgesetz und eine vorläufige Exekutionsverordnung. Diese Gesetze sollten die monarchistischen Herrschaftshäuser sichern. Sie verbaten öffentliche Versammlungen und Demonstrationen, sowie die Allgemeine Deutsche Burschenschaft im Ganzen. Mit ihnen wurde die Pressezensur wieder eingeführt und es entstand die "Demagogenverfolgung", die die Volksaufhetzer endlos zerstören sollte. Um die Universitäten zu überwachen und die Demagogen aufzuspüren, führte man die "Zentral-Untersuchungs-Komission" ein, die ähnlich wie eine Geheimpolizei arbeitete. Kurzum: die Gesetze sollten die aufständischen Bewegungen zurückdrängen und eine Zeitlang Ruhe in den Deutschen Bund führen, was die Beschlüsse auch bis 1830 erreichten.


 


5. Die Französische Julirevolution


 

Einen weiteren Anstoß bekamen die deutschen Liberalisten und Demokraten 1830 durch die Pariser Julirevolution.
Nachdem König Ludwig XVIII. eine Verfassung erstellte, in der der Monarch die Legislative in zwei Kammern aufteilte, jedoch die Exekutive behielt und somit entgegen den Maßnahmen des Wiener Kongresses handelte, entstand in Frankreich ein politisches System, das zwischen den Wünschen des Adels und den Erwartungen des Bürgertums verlief. Dieses änderte sich, als König Ludwig XVIII. 1824 starb und Karl X. den Thron bestieg. Karl X. führte 1825 das "Gesetz zur Entschädigung der Emigranten", schuf sich dadurch aber mehr Feinde als Freunde, da der Wert der Sachgüter, die er den Auswanderern enteignete, größer war als die den Menschen zugesprochenen Gelder aus der Staatskasse. Trotz des unerwarteten Mißerfolgs wurde die Regierung unter Karl X. mit regierungsfeindlichen Agitationen überschwemmt. Anhand dieser restaurativen Politik gewann die Opposition an Verstärkung.
Als 1827 bei den Wahlen ein Regierungswechsel bevorstand, setzte König Karl X. begrenzte Reformen in Schul- und Pressewesen ein, um sich aus seiner beengten Lage zu befreien. Dazu schränkte er auch das Wahlrecht ein, und die Kirche, welche später behauptete, das Karl X. die 3-Stände-Gesellschaft wieder rekonstruieren wollte, bekam neue Rechte und eine bessere Stellung im Schatten der Heiligen Allianz.
Als der antiliberalistisch handelnde König 1829 dem ultraroyalistischen Jules Auguste Armand Marie, Fürst von Polignac, als Außenminister und Ministerpräsident die Leitung der Regierungsbildung und des Parlaments übergab, haben 221 Abgeordnete des Parlaments versucht, dem König das Recht der Ministerernennung streitig zu machen. Daraufhin löste Karl X. die Kammer auf, was jedoch die Opposition an Ansehen stärkte. Um die Opposition, welche durch rechtliche und parlamentarische Mittel nicht beherrscht werden konnte, zu bändigen, erließ Karl X. zusammen mit Polignac 1830 die "4 Ordonanzen", welche die Pressefreiheit verboten, die oppositionelle Abgeordnetenkammer auflöste, die Anzahl der Abgeordneten im Parlament verringerte und das nach Steuerabgabe auf Grundbesitz vergebene Wahlrecht weit einschränkte. Die vier Vorschriften hatten zur Folge, dass das Volk wieder auf dem vorrevolutionären Niveau zurückgedrängt wurde, dass nur eine politische Richtung, nämlich die von Karl X. und seinem Anhänger Polignac, verfolgt wurde, dass das Groß-/Besitzbürgertum an Wahlrecht verlor und dass der König somit uneingeschränkte Handlungen ausführen konnte.
Das konnte das Volk nicht einfach auf sich sitzen lassen und es brachen am 27.-29. Juli 1830 in Paris Straßen- und Barrikadenkämpfe aus. Karl X. musste sich geschlagen geben und fliehen, und Polignac wurde zu lebenslanger Haft verurteilt, 1836 jedoch wieder begnadigt. Als neuer König, als sogenannter "Bürgerkönig", wurde Louis Philippe von Orléans bestimmt, der auf die Verfassung schwor und "herrschen sollte, aber nicht regieren". Dazu wurde das Wahlrecht von etwa 94000 auf 241000 Wahlberechtigten erhöht, die Pressezensur ganz abgeschafft und der Katholizismus als Staatsreligion aberkannt. Die Tricolore wurde als Zeichen des Erfolgs wieder benutzt und die Marseillaise durch die Straßen gesungen. In Frankreich entstand eine konstitutionelle Monarchie!


 


6. Auswirkung der französischen Julirevolution auf ganz Europa


 

Durch die erfolgreichen Aufstände in Frankreich gewannen die Liberalisten vieler anderer europäischer Länder erneut an Hoffnung. Belgien trennte sich von den Niederlanden und die Polen bekamen neuen Mut gegen den russischen Zaren Nikolaus I. und seiner Großmacht, aufständisch zu werden. Der Aufstand wurde einige Monate lang gehalten, doch die polnischen Liberalisten mußten 1831 fliehen und wurden in Deutschland von den deutschen Freiheitskämpfern begrüßt und geehrt.
In Italien entstand die Gruppe "Giovine Italia" (= das junge Italien) mit dem Leiter Giuseppe Mazzini, und die beiden Königreiche von Sizilien, der Kirchenstaat, die Toskana und das Königreich Sardinien führten unter Druck der Liberalisten und Demokraten eine Verfassung ein.
In Deutschland wurden die Freiheitskämpfer 1832 mit der Gründung des Preß- und Vaterlandsvereins und beim Hambacher Fest aktiv, hatten aber schon 1831 in einigen Staaten eine Konstitution durchgesetzt. Das Hambacher Fest war, neben dem Wartburgfest, die zweite große öffentliche Demonstration am Jahrestag der bayrischen Verfassung von 1818. Es wurden 30000 anwesende Menschen aus dem Bildungs-, Klein- und Arbeiterbürgertum, unter ihnen auch Frauen und französische und polnische Liberalisten, geschätzt. Mittendrin die zwei Hauptakteure und Organisatoren: Philip Jakob Siebenpfeiffer und Johann Georg August Wirth. Sie erklärten in der Eröffnungsrede den Einheitsstaat als ein lebenswichtige Utensil für den Kampf gegen die Unterdrückung. Sie lobten das liberale Volk, "das seine Ketten bricht und mit uns den Bund der Einheit schwört". Es wurden auch die "internationale Solidarität aller Freiheitsbewegungen" und "die deutsche Republik" erwähnt. Ebenso sprach Siebenpfeiffer das Recht der Frauen an.
Die Rede hatte viel Ähnlichkeit mit der Rede des Wartburgfestes, und auch beim Hambacher Fest wurde unter dem deutschen Symbol von der Freiheits- und Einheitsbewegung gesprochen: der schwarz-rot-goldenen Fahne. Aufgrund der hohen Zahl an Teilnehmern mußte der Adel sofort reagieren, was nach dem "Frankfurter Wachensturm" 1833 möglich war. Hierbei handelte es sich um die missglückte Erstürmung der Hauptwache und der Konstabler Wache in Frankfurt durch Studenten und Handwerkern, mit dem Ziel, eine revolutionäre Erhebung auszulösen. Nach diesem Ereignis rief Metternich eine Versammlung im Bundestag zusammen und setzte für den Deutschen Bund Beschlüsse durch, die, ähnlich wie die Karlsbader Beschlüsse, die Presse-, Vereins- und Versammlungsfreiheit erneut einschränkten. Alle "Demagogen" wurden des Hochverrats angeklagt, und die zweite Kammer, die Opposition, die das Budget bewilligen mußte, durfte die Regierung damit nicht mehr unter Druck setzen.
Die aufgefrischte und politisch-liberalistische Bewegung ging nach diesen Beschlüssen von 1832 bis 1834 zurück, und nachdem die Untergrundbewegung von Georg Büchner, der die Flugschrift "der hessische Landbote" herausgab, zerschlagen wurde, wurde der politische Stand erreicht, der vor der Pariser Julirevolution herrschte.


 


7. Die "Göttinger Sieben"


 

Doch die Ruhe dauerte nicht lange an. Schon drei Jahre später, 1837, nachdem König Ernst August II. die Verfassung Hannovers von 1833 angriff und absetzten wollte, schlossen sich die Göttinger Professoren Friedrich Christoph Dahlmann, Wilhelm Ernst Albrecht, Heinrich Ewald, Wilhelm Weben, Georg Gottfried Gervinus und die Brüder Jakob und Wilhelm Grimm zusammen, um die Auflösung der Staatsverfassung zu verhindern. Man nannte sie die "Göttinger Sieben".
Als Ernst August II. 1837 die Verfassung für Verabschiedet erklärte, legten die "Göttinger Sieben" Protest ein, mit der Begründung, der Eid, den sie auf die Verteidigung der Verfassung, aber auch auf die Treue zum König gaben, sei immer noch in Kraft, und somit war für sie die Verfassung noch nicht abgesetzt. Als zweiten Grund nannten die sieben Professoren, wie ungläubig und nachgiebig sie vor der Jugend stehen würden, wenn sie ihre Eide nicht einhalten. Auf diese Weise könnten sie bei der Wahl eines Universitätsvertreters für eine neu einberufene Ständeversammlung nicht teilnehmen, womit sie ihr "Recht auf Widerstand gegen eine unrechtmäßig handelnde Obrigkeit" nicht ausüben könnten. Diese stehe im Unrecht, da nach der Verfassungsabsetzung alle Handlungen des Staats nicht legal seien. Sie meinten als Wahlberechtigten dürften sie nicht an einer Verfassungswidrigen Wahl teilnehmen. Mit dieser Meinung erhielten sie große Unterstützung aus dem Volk, jedoch nicht von der Göttinger Professorenschaft.
Der König klagte die Männer des Hochverrats an und die "Göttinger Sieben" wurden entlassen. Dahlmann, Jakob Grimm und Gervinus wurden des Landes innerhalb drei Tagen verwiesen.
Doch es bildeten sich an der Universität zu Göttingen Gruppen von Studenten, die die Bewegung der sieben Professoren weiterführten und sich dem König gegenüberstellten, obwohl die Gefahr einer Gefangennahme nahe lag. Die Zukunft der "Göttinger Sieben" sah anfangs nicht so gut aus, doch als sich der "Göttinger Verein" bildete und überregional Spenden, die den Professoren zukamen, gesammelt wurden, setzte sich die Universität für die Wiedereinstellung der Sieben ein. Mit den "Göttinger Sieben" wurde die ernstzunehmende, politische Gewalt von Professoren deutlich.


 


8. Der Deutsche Zollverein


 

Im Jahr 1834 gab es trotz neuerer Beschlüsse aus dem Frankfurter Bundestag einen neuen, aber sehr kleinen Schritt in Richtung deutscher Einheitsstaat: der Deutsche Zollverein.
Er wurde 1834 von Hessen-Darmstadt, Bayern, Württemberg, Kurhessen, Sachsen, den Thüringer Staaten und Preußen gegründet. Der Deutsche Zollverein machte den Deutschen Bund zu einem einheitlichen Wirtschafts- und Handelsstaat mit dem Ziel einer wirtschaftlichen Einigung durch den Abbau von Zöllen und anderen wirtschaftlichen Widerständen innerhalb des Deutschen Bundes. Er stärkte die Ausnutzung der natürlichen Ressourcen und bewahrte vor dem Mißbrauch seiner Produktivität durch die allgemeine Abhängigkeit der verschiedenen Staaten untereinander. Für das Volk erzeugte er ein Einheitsgefühl und die Identität mit einem nationalen Staat. Dem Deutschen Zollverein schlossen sich im Laufe der Jahre, seit 1868 mit einem Zollparlament, noch andere Staaten an, und er wurde eine Vorstufe des Deutschen Reiches von 1871.Somit war der Deutsche Zollverein eine "Vorhut" der Industrialisierung in Deutschland.


 


9. Der Schlesische Weberaufstand


 

Die Marktlage innerhalb des Deutschen Bundes verbesserte sich 1834 durch den Deutschen Zollverein, doch industriell blieben die deutschen Fabrikanten und Handwerker gegenüber England zurück. Es wurden nur wenige Maschinen in Betrieb genommen, und somit war man mit der Herstellung verarbeiteter Waren nicht konkurrenzfähig. Dies bekam vor allem die Stoffindustrie zu spüren, denn ausländische Stoffe wurden in der Qualität und Quantität schneller und besser produziert. Ebenso konnten die Engländer aus ihren Kolonien Baumwolle beziehen, dessen Stoffe billiger und modischer waren. Dazu kam noch die schlechte Abnahme der Stoffe, da sie nicht oft gebraucht und außerdem durch Großhändler vermarktet wurden. Diese Großhändler waren die einzigen Abnehmer der Stoffe von den Webern und hatten deren Existenz sicher in der Hand. Da die Großhändler mit den Preisen durch die Abhängigkeit mit den Webern so sehr variieren konnten, mussten die Weber oft einen Vorschuß an "Lohn" anfordern oder sogar anstatt des lebensnotwendigen Geldes sofort Garn annehmen. Somit kamen die Weber in Hungersnot und waren die ärmsten Leute der handwerklichen Gesellschaft, obwohl sie im Akkord arbeiteten. Doch 1844 schließlich bildeten sich erste Weberaufstände in Breslau, weil diese gerechte Arbeitsbedingungen forderten. Schon einige Wochen später hatten sie genug Unterstützung gefunden und stürmten in ihrer Wut das Haus eines mächtigen Verlegers. Ihr Haß richtete sich aber nur gegen die Großkaufleute, und nicht gegen den Adel. Dieser jedoch schaltete sich ein, als die Menge der Aufständischen auf 3000 anwuchs und auf die Dörfer zog, um die Stoffverleger zu überfallen. Der Adel stellte eine Armee auf, die die Arbeitsverweigerer blutig zerschlug und auseinandertrieb. Noch Tage später wurden Teilnehmer des Aufstandes festgenommen und zu langen Freiheitsstrafen verurteilt.
Doch diese Befreiungsbewegung fand auch Sympathisanten in den Bauernständen. Sie meinten, wenn alle Arbeiter mit der Bewegung mitziehen, wäre eine Befreiung aus der Unterdrückung gut möglich. Ihre Wut richtete sich hauptsächlich gegen die Großgrundbesitzer und den höfischen Adel.
Durch diesen Aufruhr schien die latente Ruhe, die seit 1834 vorhanden war, zu zerbrechen, und der Adel bekam Angst um seine Machtstellung und Regierung. Mit diesem industriellen Aufstand hatte auch das letzte Bürgertum das monarchische Regierungsprinzip erkannt und eine große Revolution war unvermeidbar.


 


10. Die Auswirkung des Vormärzes auf die europäischen Revolutionen


 

Erneut ging die revolutionäre Welle von Frankreich aus. Dort protestierte die unterste Gesellschaftsschicht gegen die Regierung, die unter dem Bürgerkönig Louis Philippe ein erweitertes Wahlrecht abgelehnt hatte. Dieser König wurde daraufhin sofort von der wirtschaftlich abhängigen aber besitzlosen Arbeitergesellschaft, welche dann auch das allgemeine Wahlrecht durchsetzte, gestürzt. Sie erreichte auch das Recht des Menschen, nicht arbeitslos zu sein.
Diese Welle schwappte auch auf das gereizte Deutschland über. Dort setzte die Revolution die Bildung von Schwurgerichten, der Pressefreiheit und der Bauernbefreiung durch, was zur Entstehung des deutschen Nationalparlaments führte.
In Preußen endeten die revolutionären Ereignisse mit der Wahl einer preußischen Nationalversammlung, und in Österreich setzte, seit dem Sturz Metternichs 1848, eine stärkere Radikalisierung bis zu den bürgerkriegsähnlichen Maiaufständen 1848, ein, welche zusätzlich durch die gleichzeitig einsetzende Revolution in Böhmen und Ungarn belastet wurde. Die deutschen Liberalisten schufen die "Frankfurter Nationalversammlung", die seit dem 18.5.1848 tagte. Sie setzte sich für die Schaffung einer gesamtdeutschen Verfassung und eines Nationalstaats ein. Anschließend begann am 18.9.1848 die "Septemberrevolution", am 6.10.1848 die "Wiener Oktoberrevolution", gefolgt 1849 von den Maiaufständen.


11. Literaturverzeichnis
 

Görtemaker, M.: Deutschland im 19. Jahrhundert: Entwicklungslinien; 3. Auflage, Opladen 1989
Hardtwig, W.: Vormärz Der monarchische Staat und das Bürgertum; 1. Auflage, München 1985
Langewiesche D.: Europa zwischen Restauration und Revolution; Band 13, 1. Auflage, München 1985
Reinalter, H.: Demokrat. und soz. Protestbewegungen in Mitteleuropa 1815-1848/49; 1. Auflage, Frankfurt/M. 1986
Schmid, H. D.: Fragen an die Geschichte; Band 4, 4. Auflage, Frankfurt/M. 1984
Sterk, H.: Biedermeier; 1. Auflage, Wien 1988