Operation Ranchhand
Mit 72 Millionen Litern Gift gegen den Feind

Ursache für den Einsatz

Eines der Hauptprobleme der amerikanischen Truppen in Vietnam war grün, dicht und erstreckte sich über zwei Drittel des Landes - der Dschungel. Aus der Deckung der Wälder heraus griffen Viet Kong und nordvietnamesische Armee erfolgreich immer wieder an und drohten die überlegene, aber nicht an Guerillakriege angepasste amerikanische Armee zu blamieren.

Schon vor Beginn des eigentlichen Krieges suchten daher die US-Militärstrategen fieberhaft nach einer effektiven Methode, dem Feind die Deckung zu nehmen. Die gerade erst entwickelten Phenoxy-Herbizide lieferten ihnen genau die Mittel, die sie brauchten - sie entlaubten Bäume und Krautpflanzen innerhalb von wenigen Tagen. Die "Operation Ranch Hand" konnte beginnen.

 

Von 1961 bis 1970 überzogen Flugzeuge, Spritzfahrzeuge und Soldaten mit Handpumpen zehn Prozent der gesamten Fläche Südvietnams mit einem hochgiftigen Herbizidcocktail. Insgesamt 72 Millionen Liter chlor- und arsenhaltiger organischer Verbindungen regneten im Laufe der neun Jahre dauernden systematischen Entlaubungsaktion auf das Land herab.

Entlang von Straßen, Kanälen, Eisenbahntrassen und anderen Transportwegen schlugen die Giftspritzen der "Operation Ranch Hand" mehrere hundert Meter breite Schneisen in die Vegetation. In Laos und Vietnam vernichteten die Herbizide große Waldflächen, in deren Deckung Nachschubwege von Soldaten und Material sowie Stützpunkte der Viet Kong und nordvietnamesischen Truppen vermutet wurden.

Während der ersten Zeit testeten die Verantwortlichen der Aktion noch mehrere Herbizidmischungen aus. Sehr schnell erwies sich jedoch ein Präparat als besonders wirksam - "Agent Orange"....

Während der "Operation Ranch Hand" regneten allein 170 Kilogramm Dioxin auf Menschen, Tier und Pflanzen herab. Als Folge verloren die Pflanzen der betroffenen Regionen innerhalb von wenigen Tagen alle Blätter, Bäume starben. Für immer?

 

 

 

 

 

Der Einsatz

Die Folgen

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(Bilder: US Air Force)

13 Millionen Tonnen Bomben, 72 Millionen Liter Entlaubungsmittel, zwei Millionen Hektar verbrannter, vergifteter und zerbombter Wald, 100.000 Hektar vernichtete Mangroven - so lautet die ökologische Bilanz des Vietnamkrieges.

Eine Studie, die das amerikanische Verteidigungsministerium 1967 in Auftrag gab, kam zu dem Ergebnis, dass die "Operation Ranch Hand" keinerlei bleibende Schäden hinterlassen werde. Schon bald, so der Bericht, werde die betroffene Region wieder vollständig bewachsen sein. Kleiner Schönheitsfehler der Untersuchung: Die Studie beruhte nur auf einer Sichtung der bereits vorhandenen Literatur, eigene Untersuchungen wurden nicht durchgeführt.

Während die Entlaubungsaktion weiterging, wuchsen allmählich die Zweifel an dieser Einschätzung der Folgen. 1968 sichtete ein Komitee der Nationalen Akademie der Wissenschaften die Ergebnisse der Studie und kam zu dem Schluss, dass "es bei dem momentanen Stand der Forschung überhaupt nicht möglich ist, Rückschlüsse auf die Konsequenzen von starkem und wiederholtem Herbizideinsatz zu ziehen."

Diese Bewertung konnte die "Operation Ranch Hand" zwar nicht stoppen, weckte aber Zweifel an der optimistischen Einschätzung der Militärs und führte dazu, dass erneute Studien in Auftrag gegeben wurden. Die "National Academy of Sciences" veröffentlichte 1974 die Ergebnisse ihrer Untersuchung, drei Jahre nachdem die "Operation Ranch Hand" - aus politischen, nicht aus ökologischen Gründen - beendet worden war.

Für die Natur Südvietnams war es da allerdings bereits zu spät. Zu diesem Zeitpunkt waren 35 Prozent der Mangrovenwälder Südvietnams dauerhaft zerstört - von natürlicher Regeneration keine Spur. Die Forscher mussten konstatieren, dass die Küstengebiete wohl in diesem Jahrhundert ohne Hilfe nicht mehr in ihren natürlichen Zustand zurückkehren würden.

Die Wälder im Inland erholten sich nur langsam von der Giftdusche. Eine nachhaltige Veränderung der Bodenfauna und das noch immer im Untergrund angereicherte Gift beeinflussten die Artenzusammensetzung der neuwachsenden Pflanzen und ließen die einst artenreichen Ökosysteme degradieren...

Das Beispiel der Hochebene von A Loui

 

 

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Die Hochebene von A Loui war bis 1965 von immergrünem tropischem Regenwald bedeckt: Baumriesen ragten 45 Meter in die Höhe, Elefanten, Büffel, Tiger, Panther, Affen, Hirsche, Wildschweine, Flughörnchen und 150 verschiedene Vogelarten bevölkerten die verschiedenen Schichten des Waldes.

 

Heute ist die Hochebene von A Loui eine tote, trockene Savanne, auf der lediglich hartes Unkraut wächst - nicht ein einziger lebender Baum - kein einziges großes Tier mehr. Nur noch die Ratten vermehren sich von Jahr zu Jahr, da ihre natürlichen Feinde längst tot oder abgewandert sind. Ganze 21 Vogelarten sind noch übriggeblieben. Selbst Insekten und Fische sind selten geworden.

Das Ende kam mit der "Operation Ranch Hand": Nach ersten Sprüheinsätzen starben bereits zehn bis 25 Prozent der Bäume, die zur obersten Waldschicht gehörten. Mit ihnen gingen 40 bis 60 Prozent der Biomasse des Waldes verloren. In der Folge veränderte sich das Klima der niedrigeren Waldschichten, es drang mehr Sonnenlicht durch, die Feuchtigkeit nahm ab. In der Trockenzeit entstand mehr Feuer, in der Regenzeit wurde mehr Boden weggeschwemmt. Hartstängelige Gräser mit starken Wurzeln bildeten sich - die Verwandlung in eine Steppe begann.

Pflanzenfressende Tiere verloren ihre Nahrungsquellen und wanderten ab oder starben aus. Die fleischfressenden Tiere folgten ihnen. Aber nicht nur Nahrungsmangel, sondern vor allem auch die Verseuchung der wenigen verbliebenen Nahrungsquellen durch die gifitgen Herbizide sorgte dafür, dass viele kleinere Tierarten zugrunde gingen

Durch die Kontamination der Böden mit giftigen Chemikalien wurden wichtige Mikroorganismen vernichtet, die Zusammensetzung des Bodens veränderte sich nachhaltig. Später unternommene Anstrengungen, die Flächen wieder auzuforsten, scheiterten daher, die gepflanzten Jungbäume gediehen nicht. Übrig blieb eine trockene Savanne.

Einst war fast die gesamte Küstenregion des tropischen Südostasiens von ausgedehnten Mangrovenwäldern geprägt. Die Mündungsdeltas der großen Flüsse und Flachwasserzonen entlang von Meerengen oder Lagunen bieten optimale Bedingungen für die Entwicklung des artenreichen, aber extrem sensiblen Ökosystems. Die mehr als 80 verschiedenen Pflanzenarten, aus denen sich Mangrovenwälder zusammensetzen können, bilden nicht nur wertvollen Lebensraum für seltene Tierarten, sie dienen auch als Puffer zwischen Land und Meer und schützen dadurch die Küstenregionen.

Vietnam gehörte lange Zeit zu einem der mangrovenreichsten Regionen Südostasiens. Mehr als 400.00 Hektar Mangrovenwald erstreckten sich entlang der Küsten und Mündungsdeltas im Süden des Landes. Doch mit Beginn des Vietnamkrieges änderte sich dies. Die im Rahmen der "Operation Ranch Hand" ab 1962 von den USA über den Wäldern ausgebrachten Herbizide vernichteten mehr als ein Viertel des gesamten Bestandes.

Während viele Pflanzenarten erst nach mehrmaliger Herbizidexposition dauerhaften Schaden erlitten, erwiesen sich die Mangroven als besonders sensibel. Schon nach einmaligem Kontakt mit dem hochwirksamen Pflanzengift starben die sensiblen Pflanzengemeinschaften unwiederbringlich ab. Mehr als 100.00 Hektar Mangroven fielen der Entlaubungsaktion zum Opfer.

Heute ist der Mangrovenwald auf ein Drittel seiner ursprünglichen Ausdehnung geschrumpft. Trotz einige Versuche der Wiederaufforstung sind weite Bereiche der Küsten fast mangrovenfrei. "Da ist jetzt nichts mehr, das die Küste festhält.", beschreibt Umweltwissenschaftler Arthur Westing die Situation. "Ein einziger Taifun reicht jetzt schon aus, um bis zu 15 Meter Boden wegzutragen."

Für den dramatischen Rückgang der Mangroven sind allerdings nicht mehr nur die Kriegsfolgen verantwortlich. Das starke Bevölkerungswachstum in den Küstenregionen und die damit verbundene Abholzung der Wälder hat die Mangroven noch weiter dezimiert. Die immer intensiver betriebene Garnelenzucht in den küstennahen Gewässern verändert zudem den für die Mangroven so entscheidenden Salzgehalt des Wassers. Ihr einstmaliger Artenreichtum dünnt aus, da nur wenige Arten diesen Wandel überleben.

Inzwischen ist allerdings auch die Regierung in Hanoi auf das "Mangrovenproblem" aufmerksam geworden - wenn auch eher aus wirtschaftlichen als aus ökologischen Beweggründen: Ohne den Puffer der Mangroven treibt der Monsun immer häufiger das salzige Meerwasser über die Flussmündungen weit ins Landesinnere. Dadurch versalzen die in Ufernähe gelegenen Felder vieler Bauern, die Ernte geht zurück. Premierminister Vo Van Kiet verkündete kürzlich immerhin die Absicht Vietnams, die Mangrovenwälder zu schützen und Wiederaufforstungsmaßnahmen einzuleiten. Mit einem 50 Millionen Dollar Kredit der Weltbank sollen unter anderem in drei südlichen Provinzen des Landes umfangreiche Aufforstungsprogramme beginnen.