Der Tag von Potsdam 1933

Am 21.3.33 wird statt im abgebrannten Reichstag in Berlin in Potsdam in der Garnisonskirche über den Gebeinen der Preußenkönige die Legislaturperiode feierlich eröffnet. Nur bürgerliche, deutschnationale und faschistische Gruppen üben mit dem "alten" Preußen und den alten Eliten des Kaiserreichs den Schulterschluss. Hitler wird dabei endgültig aufgenommen. Er findet die Anerkennung der alten Elite. Seine "revolutionäre" braune Bewegung vereinigt sich mit den schwarz-weiß-roten und den schwarzen.

Aus einer Rede des Oberbürgermeisters
der Stadt Potsdam zum 21. März 1993:

“Der ‘Tag von Potsdam’ jährt sich zum 60.Mal.

Potsdam ist vielen für Vieles ein Symbol. – Die einen bemühen mit dieser Stadt für sich den Toleranzbegriff, andere machen Militarismus an ihr fest und urteilen pauschal und scharf. – Es muß nicht gegen eine Stadt sprechen, wenn sie so unterschiedlich gesehen wird.

Der 21.März als “Tag von Potsdam”, in der geschriebenen Geschichte ein fester Begriff, jährt sich, und das im Jubiläumsjahr, zum 60. Mal. Dieser Tag darf nicht übergangen werden. Er berechtigt aber nicht zum Stolz, und wer diesen Tag benennt, wird mit zwingender Konsequenz zu dem Ereignis geführt, für das Potsdam noch einmal seinen Namen gegeben hat – dem “Potsdamer Abkommen”.

Der März des Jahres 1933 und der August 1945 rahmen ein Kapitel deutscher Geschichte ein, bei dem Anfang und Ende in engem ursächlichen Zusammenhang stehen – zu Beginn wird in Potsdams berühmtester Kirche dem “nationalen Retter” der Weg zum Verbrechen geebnet, am Ende ist diese Kirche zur Ruine gebombt; an ihr vorbei fahren Staatsmänner anderer Nationen zur Konferenz, um über uns und das zerstörte Deutschland zu beraten. Der Anfang wird als Aufbruch in die nationale Würde ausgegeben und ist doch der Beginn einer Katastrophe – das Ende mit dem Potsdamer Abkommen wird zum Ausgangspunkt in eine neue Freiheit.

Wir können diese Geschichte nicht ungeschehen machen, und wir stehen auch, bis zum heutigen Tag spürbar, in dieser Geschichte. Wir haben über 40 Jahre lang diesen Tag im ideologischen Raster des Klassenkampfes verstehen müssen. – Ich weiß auch, daß nicht wenige den 21. März 1933 mit verstecktem Behagen in ihrem Bewußtsein bewahren. Erlebte Macht umarmt und trübt das Urteil.

Wir sind zu einer Antwort auf diese Geschichte verpflichtet und verfügen heute über ein anderes Gesellschaftsverständnis: Gelebte, Gestalt gewordene Demokratie ist das ehrenwerte Unterfangen, Politik beherrschbar zu machen, Politik zu strukturieren und zu kontrollieren!

Der “Tag von Potsdam” lehrt uns, daß politische Herrschaft auf die einzelne Person hin nur befristet verliehenes Gut ist und bleiben muß, um jedweder Form von Diktatur zu entgehen.

(...) Es gilt noch vieles an diesem Ereignis zu lernen. Wir sind allein schon deshalb zur Auseinandersetzung aufgerufen, weil fehlende Nachdenklichkeit und stumpfsinnige Verharmlosung entgegen unseren Hoffnungen die skandalöse Wiederholung politischer Bosheiten nicht ausschließen. Manch Zeichen sollte uns rechtzeitig erschrecken lassen.”