Das Programm der NSDAP von 1920

 

 

Die Entstehungsgeschichte der NSDAP

Mit dem Ende der Novemberrevolution in Deutschland kam es zur Bildung einer Umbruchsstimmung, aus der viele neue Parteien hervorgingen. Unter anderem gründete der Schlosser Anton Drexler zusammen mit dem Journalisten Karl Harrer am 5. Januar 1919 in München die Deutsche Arbeiterpartei. Damit die bayrische Regierung den Überblick über die vielen Parteien und ihre Programme nicht verliert, wurde eine Sondereinheit der Reichswehr gebildet, welche politisch interessierte Personen mit rhetorischen Fähigkeiten als V-Männer einsetzte.

Am 12. September 1919 besuchte Hitler als Beobachter der Reichswehr eine stammtischartige Zusammenkunft im Sterneckerbräu. Er fand einen kleinen Debatierklub mit unscharfem Programm, in dem v.a. Antimarxismus und Antisemitismus eine Rolle spielten, maßgeblich formuliert von Drexler. Hitler ergriff das Wort und beeindruckte die Versammlung so sehr, daß er spontan in die Partei (Mitglied Nr.55, aus optischen Gründen als 555 angegeben) und als Propagandaobmann in ihren Ausschuß (Nr.7) im November 1919 aufgenommen wurde. Nach kurzer Zeit schon dominierte er die nun rasch wachsende DAP und veranlaßte im Februar 1920 die Umbenennung in Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP), gab sich ein 25-Punkte-Programm und wählte das Hakenkreuz als Emblem.

Hatte Drexler mit seiner Schrift "Mein politisches Erwachen" (1919) und den darin aufgestellten großdeutschen Thesen und Plänen zur Überwindung des Klassenkampfes noch erheblichen Einfluß auf Hitlers programmatisches Werk "Mein Kampf", so verdrängte ihn dieser schon im Sommer 1921 aus der Parteiführung. Seit dem bestimmte Hitler nach dem Führerpinzip allein die Richtlinien der Parteipolitik und die Interpretation dessen, was unter Nationalsozialismus zu verstehen war (Anrede und Bezeichnung Hitlers als "Führer" seit 1922). Nach dem mißlungenen Hitler-Putsch vom 9. November 1923 verboten, bestand die Partei in Ersatzorganisationen weiter und wurde am 27. Februar 1925 neu gegründet. Die Partei wurde geduldet, weil Hitler wiederholt versicherte, daß er von einer illegalen Machtübernahme absieht. Weiterhin war die Partei bis 1930 unbedeutend für die Regierungsparteien. Angeschlossen waren der Partei Verbände wie SA (zu Beginn als Saalschutz bei Parteiveranstaltungen) und SS (zu erst als Leibgarde für Hitler).

Mit der Reichstagswahl am 31. Juli 1932 wurde sie stärkste politische Kraft der Republik. Sie profitierte dabei von der Weltwirtschaftskrise und von der Zerrissenheit des Parteienspektrums sowie den Fehlern der etablierten Parteien, erzeugte aber auch durch bislang ungekannt hemmungslose Propaganda und massiven Straßenterror einen "Sog des Stärkeren", der schließlich auch die Konservativen erfaßte, die durch "Einrahmung" Hitlers in einer Regierung der "nationalen Konzentration" die Massenbewegung und ihren Führer bändigen zu können meinten.

Mit der Märzwahl 1933 (NSDAP 43,9 Prozent) und dem Ermächtigungsgesetz aber ging auch ihre Kontrolle verloren. Am 14. Juli 1933 gab es nach dem Gesetz gegen die Neubildung von Parteien nur noch die NSDAP. Bis 1945 wuchs ihre Mitgliederzahl trotz zurückhaltender Aufnahmepraxis auf 8,5 Millionen Parteigenossen. Am 10. Oktober 1945 wurde die NSDAP durch Gesetz Nr.2 der Alliierten aufgelöst und verboten.


Grundsätzliches Programm der nationalsozialistischen Deutschen Arbeiter-Partei

Das Programm der Deutschen Arbeiter-Partei ist ein Zeit-Programm. Die Führer lehnen es ab, nach Erreichung der im Programm aufgestellten Ziele neue aufzustellen, nur zu dem Zweck, um durch künstlich gesteigerte Unzufriedenheit der Massen das Fortbestehen der Partei zu ermöglichen.

 
1. Wir fordern den Zusammenschluß aller Deutschen auf Grund des Selbstbestimmungsrechtes der Völker zu einem Groß-Deutschland.

2. Wir fordern die Gleichberechtigung des deutschen Volkes gegenüber den anderen Nationen, Aufhebung der Friedensverträge in Versailles und St. Germain.

3. Wir fordern Land u. Boden (Kolonien) zur Ernährung unseres Volkes u. Ansiedelung unseres Bevölkerungs-Ueberschusses.

4. Staatsbürger kann nur sein, wer Volksgenosse ist. Volksgenosse kann nur sein, wer deutschen Blutes ist, ohne Rücksichtnahme auf Konfession. Kein Jude kann daher Volksgenosse sein.

5. Wer nicht Staatsbürger ist, soll nur als Gast in Deutschland leben können u. muß unter Fremdengesetzgebung stehen.

6. Das Recht, über Führung u. Gesetze des Staates zu bestimmen, darf nur dem Staatsbürger zustehen. Daher fordern wir, daß jedes öffentlich Amt, gleichgiltig welcher Art, gleich ob im Reich, Land oder Gemeinde nur durch Staatsbürger bekleidet werden darf. - Wir bekämpfen die korrumpierende Parlamentswirtschaft einer Stellenbesetzung nur nach Parteigesichtspunkten ohne Rücksichten auf Charakter und Fähigkeiten.

7. Wir fordern, daß sich der Staat verpflichtet, in erster Linie für die Erwerbs u. Lebensmöglichkeit der Staatsbürger zu sorgen. Wenn es nicht möglich ist, die Gesamtbevölkerung des Staates zu ernähren, so sind die Angehörigen fremder Nationen (Nicht-Staatsbürger) aus dem Reiche auszuweisen.

8. Jede weitere Einwanderung Nicht-Deutscher ist zu verhindern. Wir fordern, daß alle Nicht-Deutschen, die seit 2. August 1914 in Deutschland eingewandert sind, sofort zum Verlassen des Reiches gezwungen werden.

9. Alle Staatsbürger müssen gleiche Rechte u. Pflichten besitzen.

10. Erste Pflicht jedes Staatsbürgers muß sein, geistig oder körperlich zu schaffen. Die Tätigkeit des Einzelnen darf nicht gegen die Interessen der Allgemeinheit verstoßen, sondern muß im Rahmen des Gesamten u. zum Nutzen Aller erfolgen.

Daher fordern wir:

11. Abschaffung des arbeits- und mühelosen Einkommens.

Brechung der Zinsknechtschaft.

12. Im Hinblick auf die ungeheuren Opfer an Gut und Blut, die jeder Krieg vom Volke fordert, muß die persönliche Bereicherung durch den Krieg als Verbrechen am Volke bezeichnet werden. Wir fordern daher restlose Einziehung aller Kriegsgewinne.

13. Wir fordern die Verstaatlichung aller bisher bereits vergesellschafteten (Trust´s) Betriebe.

14. Wir fordern Gewinnbeteiligung an Großbetrieben.

15. Wir fordern einen großzügigen Aufbau der Alters-Versorgung.

16. Wir fordern die Schaffung eines gesunden Mittelstands und seine Erhaltung. Sofortige Kommunalisierung der Groß-Warenhäuser und ihre Vermietung zu billigen Preisen an kleine Gewerbetreibende, schärfste Berücksichtigung aller kleinen Gewerbetreibenden bei Lieferung an den Staat, die Länder oder Gemeiden.

17. Wir fordern eine unseren nationalen Bedürfnissen angepaßte Bodenreform, Schaffung eines Gesetzes zur unentgeltlichen Enteignung von Boden für gemeinnützige Zwecke. Abschaffung des Bodenzinses und Verhinderung jeder Bodenspekulation.

18. Wir fordern den rücksichtslosen Kampf gegen diejenigen, die durch ihre Tätigkeit das Gemein-Interesse schädigen. Gemeine Volksverbrecher, Wucherer, Schieber usw. sind mit dem Tode zu bestrafen, ohne Rücksichtnahme auf Konfession und Rasse.

19. Wir fordern Ersatz für das der materialistischen Weltordnung dienende römische Recht durch ein Deutsches Gemein-Recht.

20. Um jedem fähigen und fleissigen Deutschen das Erreichen höherer Bildung und damit das Einrücken in führende Stellungen zu ermöglichen, hat der Staat für einen gründlichen Ausbau unseres gesamten Volksbildungswesens Sorge zu tragen. Die Lehrpläne aller Bildungsanstalten sind den Erfordernissen des praktischen Lebens anzupassen. Das Erfassen des Staatsgedankens muß bereits mit Beginn des Verständnisses durch die Schule (Staatsbürgerkunde) erzielt werden. Wir fordern die Ausbildung geistig besonders veranlagter Kinder armer Eltern ohne Rücksicht auf deren Stand oder Beruf auf Staatskosten.

21. Der Staat hat für die Hebung der Volksgesundheit zu sorgen, durch den Schutz der Mutter und des Kindes, durch Verbot der Jugendarbeit, durch Herbeiführung der körperlichen Ertüchtigung mittels gesetzlicher Festlegung einer Turn- und Sportpflicht, durch größte Unterstützung aller sich mit körperlicher Jugend-Ausbildung beschäftigenden Vereine.

22. Wir fordern die Abschaffung der Söldnertruppen und die Bildung eines Volksheeres.

23. Wir fordern den gesetzlichen Kampf gegen die bewußte politische Lüge und ihre Verbreitung durch die Presse. Um die Schaffung einer deutschen Presse zu ermöglichen, fordern wir, daß:

    a) Sämtliche Schriftleiter und Mitarbeiter von Zeitungen, die in Deutscher Sprache erscheinen, Volksgenossen sein müssen.

    b) Nichtdeutsche Zeitungen zu ihrem Erscheinen der ausdrücklichen Genehmigung des Staates bedürfen. Sie dürfen nicht in deutscher Sprache gedruckt werden.

    c) Jede finazielle Beteiligung an Deutschen Zeitungen oder deren Beeinflussung durch Nichtdeutsche gesetzlich verboten wird, u. fordern als Strafe für Uebertrettungen die Schließung einer solchen Zeitung, so wie die sofortige Ausweisung der daran beteiligten Nichtdeutschen aus dem Reich. Zeitungen, die gegen das Gemeinwohl verstoßen, sind zu verbieten. Wir fordern den gesetzlichen Kampf gegen ein Kunst- u. Literatur-Richtung, die einen zersetzenden Einfluß auf unser Volksleben ausübt u. die Schließung von Veranstaltungen, die gegen vorstehende Forderungen verstoßen.

24. Wir fordern die Freiheit aller religiösen Bekenntnisse im Staat, soweit sie nicht dessen Bestand gefährden oder gegen das Sittlichkeits- u. Moralgefühl der germanischen Rasse verstoßen. Die Partei als solche vertritt den Standpunkt eines positiven Christentums, ohne sich konfessionell an ein bestimmtes Bekenntnis zu binden. Sie bekämpft den jüdisch-materialistischen Geist in und außer uns und ist überzeugt, daß eine dauernde Genesung unseres Volkes nur erfolgen kann von innen heraus auf der Grundlage:

Gemeinnutz vor Eigennutz

25. Zur Durchführung alles dessen fordern wir die Schaffung einer starken Zentralgewalt des Reiches.
Unbedingte Autorität des politischen Zentralparlaments über das gesamte Reich u. seine Organisationen im allgemeinen. Die Bildung von Stände- und Berufskammern zur Durchführung der vom Reich erlassenen Rahmengesetze in den einzelnen Bundesstaaten.
Die Führer der Partei versprechen, wenn nötig unter Einsatz des eigenen Lebens, für die Durchführung der vorstehenden Punkte rücksichtslos einzutreten.

Für den Partei-Ausschuß: Anton Drexler
München, den 24. Februar 1920.

(Fragen an die deutsche Geschichte, Deutscher Bundestag - Referat Öffentlichkeitsarbeit, 1994, S.286)