Wannsee-Protokoll
20. Januar 1942;
Geheime Reichssache
30 Ausfertigungen
16. Ausfertigung
Besprechungsprotokoll.
I.
An der am 20.1.1942 in Berlin, Am Großen Wannsee Nr. 56/58, stattgefundenen
Besprechung über die Endlösung der Judenfrage nahmen teil:
Gauleiter Dr. Meyer und Reichsministerium für die besetzten
Reichsamtsleiter Dr. Leibbrandt Ostgebiete
Staatssekretär Dr. Stuckart Reichsministerium des Innern
Staatssekretär Neumann Beauftragter für den Vierjahresplan
Staatssekretär Dr. Freisler Reichsjustizministerium
Staatssekretär Dr. Bühler Amt des Generalgouverneurs
Unterstaatssekretär Luther Auswärtiges Amt
SS-Oberführer Klopfer Partei-Kanzlei
Minsterialdirektor Kritzinger Reichskanzlei
SS-Gruppenführer Hofmann Rasse- und Siedlungshauptamt
SS-Gruppenführer Müller Reichssicherheitshauptamt
SS-Obersturmbannführer Eichmann
SS-Oberführer Dr. Schöngarth Sicherheitspolizei und SD
Befehlshaber der Sicherheitspolizei
und des SD im General-Gouvernement
SS-Sturmbannführer Dr. Lange Sicherheitspolizei und SD
Kommandeur der Sicherheitspolizei
und des SD für den Generalbezirk
Lettland, als Vertreter des Befehlhabers
der Sicherheitspolizei und des SD
für das Reichskommissariat Ostland.
II.
Chef der Sicherheitspolizei und des SD, SS-Obergruppenführer H e y d r i c h,
teilte eingangs seine Bestellung zum Beauftragten für die Vorbereitung der Endlösung
der europäischen Judenfrage durch den Reichsmarschall mit und wies darauf hin,
daß zu dieser Besprechung geladen wurde, um Klarheit in grundsätzlichen Fragen
zu schaffen. Der Wunsch des Reichsmarschalls, ihm einen Entwurf über die
organisatorischen, sachlichen und materiellen Belange im Hinblick auf die Endlösung
der europäischen Judenfrage zu übersenden, erfordert die vorherige gemeinsame
Behandlung aller an diesen Fragen unmittelbar beteiligten Zentralinstanzen im
Hinblick auf die Parallelisierung der Linienführung.
Die Federführung bei der Bearbeitung der Endlösung der Judenfrage liege
ohne Rücksicht auf geographische Grenzen zentral beim Reichsführer-SS und Chef
der Deutschen Polizei (Chef der Sicherheitspolizei und des SD).
Der Chef der Sicherheitspolizei und des SD gab sodann einen kurzen Rückblick
über den bisher geführten Kampf gegen diesen Gegner. Die wesentlichsten
Momente bilden
a/ die Zurückdrängung der Juden aus den einzelnen Lebensgebieten des
deutschen Volkes,
b/ die Zurückdrängung der Juden aus dem Lebensraum des deutschen
Volkes.
Im Vollzug dieser Bestrebungen wurde als einzige vorläufige Lösungsmöglichkeit
die Beschleunigung der Auswanderung der Juden aus dem Reichsgebiet verstärkt
und planmäßig in Angriff genommen.
Auf Anordnung des Reichsmarschalls wurde im Januar 1939 eine Reichszentrale für
jüdische Auswanderung errichtet, mit deren Leitung der Chef der
Sicherheitspolizei und des SD betraut wurde. Sie hatte insbesondere die Aufgabe
a/ alle Maßnahmen zur Vorbereitung einer verstärkten Auswanderung der Juden
zu treffen
b/ den Auswanderungsstrom zu lenken
c/ die Durchführung der Auswanderung im Einzelfall zu beschleunigen.
Das Aufgabenziel war, auf legale Weise den deutschen Lebensraum von Juden zu
säubern.
Über die Nachteile, die eine solche Auswanderungsforcierung mit sich
brachte, waren sich alle Stellen im klaren. Sie mußten jedoch angesichts des
Fehlens anderer Lösungsmöglichkeiten vorerst in Kauf genommen werden.
Die Auswanderungsarbeiten waren in der Folgezeit nicht nur ein deutsches
Problem, sondern auch ein Problem, mit dem sich die Behörden der Ziel- bzw.
Einwandererländer zu befassen hatten. Die finanziellen Schwierigkeiten, wie Erhöhung
der Vorzeige- und Landungsgelder seitens der verschiedenen ausländischen
Regierungen, fehlende Schiffsplätze, laufend verschärfte Einwanderungsbeschränkungen
oder - sperren, erschwerten die Auswanderungsbestrebungen außerordentlich.
Trotz dieser Schwierigkeiten wurden seit der Machtübernahme bis zum Stichtag
31.10.1941 insgesamt rund 537.000 Juden zur Auswanderung gebracht. Davon
vom 30.1.1933 aus dem Altreich rd. 360.000
vom 15.3.1938 aus der Ostmark rd. 147.000
vom 15.3.1939 aus dem Protektorat
Böhmen und Mähren rd. 30.000.
Die Finanzierung der Auswanderung erfolgte durch die Juden bzw. jüdisch-
politischen Organisationen selbst. Um den Verbleib der verproletarisierten Juden
zu vermeiden, wurde nach dem Grundsatz verfahren, daß die vermögenden Juden
die Abwanderung der vermögenslosen Juden zu finanzieren haben; hier wurde, je
nach Vermögen gestaffelt, eine entsprechende Umlage bzw. Auswandererabgabe
vorgeschrieben, die zur Bestreitung der finanziellen Obliegenheiten im Zuge der
Abwanderung vermögensloser Juden verwandt wurde.
Neben dem Reichsmark-Aufkommen sind Devisen für Vorzeige- und Landungsgelder
erforderlich gewesen. Um den deutschen Devisenschatz zu schonen, wurden die jüdischen
Finanzinstitutionen des Auslandes durch die jüdischen Organisationen des
Inlandes verhalten, für die Beitreibung entsprechender Devisenaufkommen Sorge
zu tragen. Hier wurden durch diese ausländischen Juden im Schenkungswege bis
zum 30.10.1941 insgesamt rund 9.500.000 Dollar zur Verfügung gestellt.
Inzwischen hat der Reichsführer-SS und Chef der Deutschen Polizei im
Hinblick auf die Gefahren einer Auswanderung im Kriege und im Hinblick auf die Möglichkeiten
des Ostens die Auswanderung von Juden
verboten.
III.
Anstelle der Auswanderung ist nunmehr als weitere Lösungsmöglichkeit nach
entsprechender vorheriger Genehmigung durch den Führer die Evakuierung der
Juden nach dem Osten getreten.
Diese Aktionen sind jedoch lediglich als Ausweichmöglichkeiten anzusprechen,
doch werden hier bereits jene praktischen Erfahrungen gesammelt, die im Hinblick
auf die kommende Endlösung der Judenfrage von wichtiger Bedeutung sind.
Im Zuge dieser Endlösung der europäischen Judenfrage kommen rund 11
Millionen Juden in Betracht, die sich wie folgt auf die einzelnen Länder
verteilen:
Land Zahl
A. Altreich 131.800
Ostmark 43.700
Ostgebiete 420.000
Generalgouvernement 2.284.000
Bialystok 400.000
Protektorat Böhmen und Mähren 74.200
Estland - judenfrei-
Lettland 3.500
Litauen 34.000
Belgien 43.000
Dänemark 5.600
Frankreich / Besetztes Gebiet 165.000
Unbesetztes Gebiet 700.000
Griechenland 69.600
Niederlande 160.800
Norwegen 1.300
B. Bulgarien 48.000
England 330.000
Finnland 2.300
Irland 4.000
Italien einschl. Sardinien 58.000
Albanien 200
Kroatien 40.000
Portugal 3.000
Rumänien einschl. Beßarabien 342.000
Schweden 8.000
Schweiz 18.000
Serbien 10.000
Slowakei 88.000
Spanien 6.000
Türkei (europ. Teil) 55.500
Ungarn 742.800
UdSSR 5.000.000
Ukraine 2.994.684
Weißrußland aus-
schl. Bialystok 446.484
Zusammen über 11.000.000
Bei den angegebenen Judenzahlen der verschiedenen ausländischen Staaten handelt
es sich jedoch nur um Glaubensjuden, da die Begriffsbestimmungen der Juden nach
rassischen Grundsätzen teilweise dort noch fehlen. Die Behandlung des Problems
in den einzelnen Ländern wird im Hinblick auf die allgemeine Haltung und
Auffassung auf gewiße Schwierigkeiten stoßen, besonders in Ungarn und Rumänien.
So kann sich z.B. heute noch in Rumänien der Jude gegen Geld entsprechende
Dokumente, die ihm eine fremde Staatsangehörigkeit amtlich bescheinigen,
beschaffen.
Der Einfluß der Juden auf alle Gebiete in der UdSSR ist bekannt. Im europäischen
Gebiet leben etwa 5 Millionen, im asiatischen Raum knapp 1/4 Millionen Juden.
Die berufsständische Aufgliederung der im europäischen Gebiet der UdSSR ansäßigen
Juden war etwa folgende:
In der Landwirtschaft 9,1 %
als städtische Arbeiter 14,8 %
im Handel 20,0 %
als Staatsarbeiter angestellt 23,4 %
in den privaten Berufen -
Heilkunde, Presse, Theater, usw. 32,7 %
Unter entsprechender Leitung sollen im Zuge der Endlösung die Juden in
geeigneter Weise im Osten zum Arbeitseinsatz kommen. In großen Arbeitskolonnen,
unter Trennung der Geschlechter, werden die arbeitsfähigen Juden straßenbauend
in diese Gebiete geführt, wobei zweifellos ein Großteil durch natürliche
Verminderung ausfallen wird.
Der allfällig endlich verbleibende Restbestand wird, da es sich bei diesem
zweifellos um den widerstandsfähigsten Teil handelt, entsprechend behandelt
werden müssen, da dieser, eine natürliche Auslese darstellend, bei Freilassung
als Keimzelle eines neuen jüdischen Aufbaues anzusprechen ist. (Siehe die
Erfahrung der Geschichte.)
Im Zuge der praktischen Durchführung der Endlösung wird Europa vom Westen
nach Osten durchgekämmt. Das Reichsgebiet einschließlich Protektorat Böhmen
und Mähren wird, allein schon aus Gründen der Wohnungsfrage und sonstigen
sozial- politischen Notwendigkeiten, vorweggenommen werden müssen.
Die evakuierten Juden werden zunächst Zug um Zug in sogenannte
Durchgangsghettos verbracht, um von dort aus weiter nach dem Osten transportiert
zu werden.
Wichtige Voraussetzung, so führte SS- Obergruppenführer H e y d r i c h
weiter aus, für die Durchführung der Evakuierung überhaupt, ist die genaue
Festlegung des in Betracht kommenden Personenkreises.
Es ist beabsichtigt, Juden im Alter von über 65 Jahren nicht zu evakuieren,
sondern sie einem Altersghetto - vorgesehen ist Theresienstadt - zu
überstellen.
Neben diesen Altersklassen - von den am 31.10.1941 sich im Altreich und der
Ostmark befindlichen etwa 280.000 Juden sind etwa 30 % über 65 Jahre alt -
finden in den jüdischen Altersghettos weiterhin die schwerkriegsbeschädigten
Juden und Juden mit Kriegsauszeichnungen (EK I) Aufnahme. Mit dieser zweckmäßigen
Lösung werden mit einem Schlag die vielen Interventionen ausgeschaltet.
Der Beginn der einzelnen größeren Evakuierungsaktionen wird weitgehend von
der militärischen Entwicklung abhängig sein. Bezüglich der Behandlung der
Endlösung in den von uns besetzten und beeinflußten europäischen Gebieten
wurde vorgeschlagen, daß die in Betracht kommenden Sachbearbeiter des Auswärtigen
Amtes sich mit dem zuständigen Referenten der Sicherheitspolizei und des SD
besprechen.
In der Slowakei und Kroatien ist die Angelegenheit nicht mehr allzu schwer,
da die wesentlichsten Kernfragen in dieser Hinsicht dort bereits einer Lösung
zugeführt wurden. In Rumänien hat die Regierung inzwischen ebenfalls einen
Judenbeauftragten eingesetzt. Zur Regelung der Frage in Ungarn ist erforderlich,
in Zeitkürze einen Berater für Judenfragen der Ungarischen Regierung
aufzuoktroyieren.
Hinsichtlich der Aufnahme der Vorbereitungen zur Regelung des Problems in
Italien hält SS-Obergruppenführer H e y d r i c h eine Verbindung Polizei-Chef
mit dem Polizei-Chef in diesen Belangen für angebracht.
Im besetzten und unbesetzten Frankreich wird die Erfassung der Juden zur
Evakuierung aller Wahrscheinlichkeit nach ohne große Schwierigkeiten vor sich
gehen können.
Unterstaatssekretär L u t h e r teilt hierzu mit, daß bei tiefgehender
Behandlung dieses Problems in einigen Ländern, so in den nordischen Staaten,
Schwierigkeiten auftauchen werden, und es sich daher empfiehlt, diese Länder
vorerst noch zurückzustellen. In Anbetracht der hier in Frage kommenden
geringen Judenzahlen bildet diese Zurückstellung ohnedies keine wesentliche
Einschränkung.
Dafür sieht das Auswärtige Amt für den Südosten und Westen Europas keine
großen Schwierigkeiten.
SS-Gruppenführer H o f m a n n beabsichtigt, einen Sachbearbeiter des Rasse-
und Siedlungshauptamtes zur allgemeinen Orientierung dann nach Ungarn mitsenden
zu wollen, wenn seitens des Chefs der Sicherheitspolizei und des SD die
Angelegenheit dort in Angriff genommen wird. Es wurde festgelegt, diesen
Sachbearbeiter des Rasse- und Siedlungshauptamtes, der nicht aktiv werden soll,
vorübergehend offiziell als Gehilfen zum Polizei-Attaché abzustellen.
IV. Im Zuge der Endlösungsvorhaben sollen die Nürnberger Gesetze gewißermaßen
die Grundlage bilden, wobei Voraussetzung für die restlose Bereinigung des
Problems auch die Lösung der Mischehen- und Mischlingsfragen ist.
Chef der Sicherheitspolizei und des SD erörtert im Hinblick auf ein
Schreiben des Chefs der Reichskanzlei zunächst theoretisch die nachstehenden
Punkte:
1) Behandlung der Mischlinge 1. Grades.
Mischlinge 1. Grades sind im Hinblick auf die Endlösung der Judenfrage den
Juden gleichgestellt.
Von dieser Behandlung werden ausgenommen:
a) Mischlinge 1. Grades verheiratet mit Deutschblütigen,aus deren Ehe Kinder
(Mischlinge 2. Grades) hervorgegangen sind. Diese Mischlinge 2. Grades sind im
wesentlichen den Deutschen gleichgestellt.
b) Mischlinge 1. Grades, für die von den höchsten Instanzen der Partei und
des Staates bisher auf irgendwelchen Lebensgebieten Ausnahmegenehmigungen
erteilt worden sind. Jeder Einzelfall muß überprüft werden, wobei nicht
ausgeschlossen wird, daß die Entscheidung nochmals zu Ungunsten des Mischlings
ausfällt.
Voraussetzungen einer Ausnahmebewilligung müssen stets grundsätzliche
Verdienste des in Frage stehenden Mischlings selbst sein. (Nicht Verdienste des
deutschblütigen Eltern- oder Eheteiles.)
Der von der Evakuierung auszunehmende Mischling 1. Grades wird - um jede
Nachkommenschaft zu verhindern und das Mischlingsproblem endgültig zu
bereinigen - sterilisiert. Die Sterilisierung erfolgt freiwillig. Sie ist aber
Voraussetzung des Verbleibens im Reich. Der sterilisierte "Mischling"
ist in der Folgezeit von allen einengenden Bestimmungen, denen er bislang
unterworfen ist, befreit.
2) Behandlung der Mischlinge 2. Grades.
Die Mischlinge 2. Grades werden grundsätzlich den Deutschblütigen
zugeschlagen, mit Ausnahme folgender Fälle, in denen die Mischlinge 2. Grades
den Juden gleichgestellt werden:
a) Herkunft des Mischlings 2. Grades aus einer Bastardehe (beide Teile
Mischlinge).
b) Rassisch besonders ungünstiges Erscheinungsbild des Mischlings 2. Grades,
das ihn schon äußerlich zu den Juden rechnet.
c) Besonders schlechte polizeiliche und politische Beurteilung des Mischlings
2. Grades, die erkennen läßt, daß er sich wie ein Jude fühlt und benimmt.
Auch in diesen Fällen sollen aber dann Ausnahmen nicht gemacht werden, wenn
der Mischling 2. Grades deutschblütig verheiratet ist.
3) Ehen zwischen Volljuden und Deutschblütigen.
Von Einzelfall zu Einzelfall muß hier entschieden werden, ob der jüdische
Teil evakuiert wird, oder ob er unter Berücksichtigung auf die Auswirkung einer
solchen Maßnahme auf die deutschen Verwandten dieser Mischehe einem
Altersghetto überstellt wird.
4) Ehen zwischen Mischlingen 1. Grades und Deutschblütigen.
a) Ohne Kinder.
Sind aus der Ehe keine Kinder hervorgegangen, wird der Mischling 1. Grades
evakuiert bzw. einem Altersghetto überstellt (Gleiche Behandlung wie bei Ehen
zwischen Volljuden und Deutschblütigen, Punkt 3.)
b) Mit Kindern.
Sind Kinder aus der Ehe hervorgegangen (Mischlinge 2. Grades), werden sie,
wenn sie den Juden gleichgestellt werden, zusammen mit dem Mischling 1. Grades
evakuiert bzw. einem Ghetto überstellt. Soweit diese Kinder Deutschen
gleichgestellt werden (Regelfälle), sind sie von der Evakuierung auszunehmen
und damit auch der Mischling 1. Grades.
5) Ehen zwischen Mischlingen 1. Grades und Mischlingen 1. Grades oder Juden.
Bei diesen Ehen (einschließlich der Kinder) werden alle Teile wie Juden
behandelt und daher evakuiert bzw. einem Altersghetto überstellt.
6) Ehen zwischen Mischlingen 1. Grades und Mischlingen 2. Grades.
Beide Eheteile werden ohne Rücksicht darauf, ob Kinder vorhanden sind oder
nicht, evakuiert bzw. einem Altersghetto überstellt, da etwaige Kinder rassenmäßig
in der Regel einen stärkeren jüdischen Bluteinschlag aufweisen, als die jüdischen
Mischlinge 2. Grades.
SS-Gruppenführer H o f m a n n steht auf dem Standpunkt, daß von der
Sterilisierung weitgehend Gebrauch gemacht werden muß; zumal der Mischling, vor
die Wahl gestellt, ob er evakuiert oder sterilisiert werden soll, sich lieber
der Sterilisierung unterziehen würde.
Staatssekretär Dr. S t u c k a r t stellt fest, daß die praktische Durchführung
der eben mitgeteilten Lösungsmöglichkeiten zur Bereinigung der Mischehen- und
Mischlingsfragen in dieser Form eine unendliche Verwaltungsarbeit mit sich
bringen würde. Um zum anderen auf alle Fälle auch den biologischen Tatsachen
Rechnung zu tragen, schlug Staatssekretär Dr. S t u c k a r t vor, zur
Zwangssterilisierung zu schreiten.
Zur Vereinfachung des Mischehenproblems müßten ferner Möglichkeiten überlegt
werden mit dem Ziel, daß der Gesetzgeber etwa sagt: "Diese Ehen sind
geschieden."
Bezüglich der Frage der Auswirkung der Judenevakuierung auf das
Wirtschaftsleben erklärte Staatssekretär N e u m a n n , daß die in
kriegswichtigen Betrieben im Arbeitseinsatz stehenden Juden derzeit, solange
noch kein Ersatz zur Verfügung steht, nicht evakuiert werden könnten.
SS-Obergruppenführer H e y d r i c h wies darauf hin, daß diese Juden nach
den von ihm genehmigten Richtlinien zur Durchführung der derzeit laufenden
Evakuierungsaktionen ohnedies nicht evakuiert würden.
Staatssekretär Dr. B ü h l e r stellte fest, daß das Generalgouvernement
es begrüssen würde, wenn mit der Endlösung dieser Frage im
Generalgouvernement begonnen würde, weil einmal hier das Transportproblem keine
übergeordnete Rolle spielt und arbeitseinsatzmäßige Gründe den Lauf dieser
Aktion nicht behindern würden. Juden müßten so schnell wie möglich aus dem
Gebiet des Generalgouvernements entfernt werden, weil gerade hier der Jude als
Seuchenträger eine eminente Gefahr bedeutet und er zum anderen durch
fortgesetzten Schleichhandel die wirtschaftliche Struktur des Landes dauernd in
Unordnung bringt. Von den in Frage kommenden etwa 2 1/2 Millionen Juden sei überdies
die Mehrzahl der Fälle arbeitsunfähig.
Staatssekretär Dr. B ü h l e r stellt weiterhin fest, daß die Lösung der
Judenfrage im Generalgouvernement federführend beim Chef der Sicherheitspolizei
und des SD liegt und seine Arbeiten durch die Behörden des Generalgouvernements
unterstützt würden. Er hätte nur eine Bitte, die Judenfrage in diesem Gebiet
so schnell wie möglich zu lösen.
Abschließend wurden die verschiedenen Arten der Lösungsmöglichkeiten
besprochen, wobei sowohl seitens des Gauleiters Dr. M e y e r als auch seitens
des Staatssekretär Dr. B ü h l e r der Standpunkt vertreten wurde, gewiße
vorbereitende Arbeiten im Zuge der Endlösung gleich in den betreffenden
Gebieten selbst durch zuführen, wobei jedoch eine Beunruhigung der Bevölkerung
vermieden werden müsse.
Mit der Bitte des Chefs der Sicherheitspolizei und des SD an die
Besprechungsteilnehmer, ihm bei der Durchführung der Lösungsarbeiten
entsprechende Unterstützung zu gewähren, wurde die Besprechung geschlossen.
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