Francesco Crispi (1819-1901) Ministerpräsident Italiens

  " Meine Herren, Italien ist sehr spät in die Familie der großen Staaten eingetreten. Es hatte die Ehre, Amerika zu entdecken, doch es hatte nicht die Macht, dort auch seine Herrschaft zu errichten. Unsere alten Republiken dehnten sich über die entfernten Meere Europas, Afrikas und Asiens aus, aber von ihren Eroberungen ist dort nicht mehr geblieben als Erinnerungen. Das neue Italien muß also alles von vorn beginnen; es muß sich im Innern festigen, und es muß seine Stellung gegenüber den anderen Völkern wiederaufbauen.
Die Kolonien sind eine Notwendigkeit des modernen Lebens. Wir können nicht untätig bleiben, während die anderen Mächte alle noch unerforschten Teile der Welt besetzen. Bleiben wir untätig, machen wir uns eines großen Versäumnisses gegenüber unserem Vaterland schuldig, denn wir würden für immer die Wege für unsere Schiffe, Märkte und Produkte versperren. Italien ... erlebt einen ständigen wirtschaftlichen Fortschritt. Es kann der Tag kommen, an dem wir leicht zugängliche und konkurrenzlose Märkte benötigen. Wir können uns nur behaupten, wenn wir unsere Fahne auf allen Weltmeeren zeigen . . .
Meine Herren, in den Staatsangelegenheiten zählen die Verdienste nicht nach Mark und Pfennigen. Die großen Nationen müssen sich in den verschiedenen Teilen der Welt zur Geltung bringen. Dies geschieht durch den Schutz ihres Handels und die Ausbreitung jener Kultur, an deren Triumph in der Welt wir unbedingt beteiligt sein müssen."

 in der italienischen Abgeordnetenkammer am 12.Mai 1885. 

Francesco Crispi, Discorsi di Politica Estera, Roma 1888, S. 93