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Aus
den Untersuchungen über Natur und Ursache des Wohlstandes der Nationen von Adam
Smith (1776):
... Da nun aber der Zweck jeder
Kapitalanlage Gewinnerzielung ist, so wenden sich die Kapitalien den
rentabelsten Anlagen zu, d.h. denjenigen, in denen die höchsten Gewinne erzielt
werden. Indirekt wird aber auf diese Weise auch die Produktivität der
Volkswirtschaft am besten gefördert. Jeder glaubt nur sein eigenes Interesse im
Auge zu haben, tatsächlich aber erfährt so indirekt auch das Gesamtwohl der
Volkswirtschaft die beste Förderung. Verfolgt er nämlich sein eigenes
Interesse, so fördert er damit indirekt das Gesamtwohl viel nachhaltiger, als
wenn die Verfolgung des Gesamtinteresses unmittelbar sein Ziel gewesen wäre.
Ich habe nie viel Gutes von denen gesehen, die angeblich für das allgemeine
Beste tätig waren.
Welche Kapitalanlage wirklich die
vorteilhafteste ist, das kann jeder Einzelne besser beurteilen als etwa der
Staat oder eine sonstwie übergeordnete Instanz.
Jeder kluge Familienvater befolgt den
Grundsatz, niemals etwas zu Hause anzufertigen, was er billiger kaufen kann. Dem
Schneider fällt es nicht ein, sich die Schuhe selbst zu machen, sondern er
kauft sie vom Schuhmacher; dem Schuhmacher andererseits fällt es nicht ein,
sich die Kleider selbst herzustellen, sondern er gibt sie beim Schneider in
Auftrag, und dem Landwirt kommt es nicht in den Sinn, sich dies oder jenes
selbst zu machen, sondern auch er setzt die einzelnen Handwerker in Nahrung.
Alle sehen den Vorteil darin, ihre Arbeitskraft ganz in der Weise zu betätigen,
in der sie etwas vor ihren Nachbarn voraus haben und sich mit einem Teil des
Ertrages oder, was dasselbe ist, mit dem Preis dafür das zu kaufen, was sie
darüber hinaus brauchen.
Was aber in der Wirtschaftsführung
eines Familienhaushalts klug ist, das kann auch im Ganzen einer großen
Volkswirtschaft kaum Torheit sein. Wenn uns nämlich ein anderes Land mit einer
Ware billiger versorgen kann, als wir sie selbst herzustellen im Stande sind, so
ist es vorteilhafter, dass wir dem betreffenden Lande diese Ware gegen Produkte
unseres eigenen Gewerbefleißes, in denen wir vor dem Auslande etwas voraus
haben, abkaufen.
Die natürlichen Produktionsvorteile,
die ein Land hinsichtlich bestimmter Waren vor einem anderen voraus hat, sind
mitunter so groß, dass es, wie alle Welt weiß, vergeblich sein würde, dagegen
ankämpfen zu wollen. Durch Treibhäuser, Mistbeete und Rahmen lassen sich in
Schottland sehr gute Trauben ziehen und auch ein recht guter Wein daraus
gewinnen, nur würde dieser vielleicht dreißigmal so viel kosten als ein ebenso
guter Wein, den man aus fremden Ländern bezöge. Würde nun ein Gesetz
vernünftig sein, das die Einfuhr aller fremden Weine verbietet, nur um die
Erzeugung schottischen Weiß- und Rotweins zu fördern? Ob die Vorteile, die ein
Land vor dem andern voraus hat, natürliche oder erworbene sind, ist hierbei
nicht
Ausschlag gebend. Solange das eine Land
diese Vorteile besitzt und das andere sie entbehrt, so lange ist es auch für
das letztere vorteilhafter, von dem ersteren zu kaufen, als die betreffende Ware
selbst herzustellen. Der Jahresertrag einer Volkswirtschaft ist höher, wenn sie
sich auf die Erzeugung derjenigen Waren beschränkt, in denen sie vor anderen
Ländern Kostenvorteile voraus hat, und sie ihrerseits von anderen Ländern
diejenigen Waren kauft, die dort billiger sind. Die Regelung dieser
Austauschverhältnisse aber muss dem freien Spiel der wirtschaftlichen Kräfte
überlassen bleiben. Es ist zwar möglich, dass durch wirtschaftspolitische
Maßnahmen, vor allem durch Einfuhrverbote und hohe Zölle auf fremdländischen
Waren, sich im Lande selbst eine Industrie entwickelt oder schneller entwickelt,
als es ohne solche staatlichen Maßnahmen der Fall gewesen wäre; es ist sogar
möglich, dass die betreffende Ware nach gewisser Zeit im Inland ebenso billig
hergestellt werden kann, aber es folgt daraus keineswegs, dass die Gesamtsumme
der gewerblichen Produktion oder des Volkseinkommens des betreffenden Landes
durch solche Eingriffe vermehrt werden kann. Die Industrie eines Landes kann
sich nur in dem Maße vermehren, wie das Kapital zunimmt, und das Kapital nimmt
nur in dem Maße zu, wie nach und nach aus dem Einkommen gespart wird.
Kapitalbildung und Industrieentfaltung müssen in einem Lande dem natürlichen
Gang der Entwicklung überlassen bleiben. Jede künstliche wirtschaftspolitische
Maßnahme lenkt die produktiven Kräfte der Arbeit und auch die Kapitalien in
eine falsche Richtung.
Die Vorteile, die ein Land vor einem
anderen voraus hat, können natürliche und erworbene sein. Natürliche Vorteile
bestehen darin, dass z.B. infolge des Klimas, der Bodenbeschaffenheit oder der
Lage bestimmte Produkte in manchen Gegenden wesentlich besser und billiger
hergestellt werden können. Erworbene Vorteile können auf dem besseren
Organisationstalent der Unternehmer oder auf erhöhter Geschicklichkeit der
Arbeiter beruhen.
Das natürliche Bestreben jedes
Menschen, seine Lage zu verbessern, ist, wenn es sich mit Freiheit und
Sicherheit geltend machen darf, ein so mächtiges Prinzip, dass es nicht nur
allein und ohne alle Hilfe die Gesellschaft zum Wohlstand und Reichtum führt,
sondern auch hundert unverschämte Hindernisse überwindet, mit denen die
Torheit menschlicher Gesetze es nur allzu oft zu hemmen suchte. Freilich ist die
Wirkung solcher Hindernisse jederzeit mehr oder weniger die, die Freiheit dieses
Prinzips zu beschränken oder seine Sicherheit zu vermindern. In Großbritannien
ist das Gewerbe vollkommen sicher, und ob es gleich weit davon entfernt ist,
vollkommen frei zu sein, so ist es doch ebenso frei oder noch freier als in
irgendeinem Teile von Europa.
(aus:
Treue-Pönicke-Manegold: Quellen zur Geschichte der industriellen Revolution,
Göttingen 1966, S. 163 ff.; zit. nach Goette, J.-W., Januschke, B., Schwalm,
E., Warner, K.-F., Die Industrielle Revolution (= Politische Weltkunde II.
Themen zur Geschichte, Geografie und Politik), Stuttgart 1980, S. 98)
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