Antrittsrede von DDR-Präsident Pieck, 11. Oktober 1949

 

 

Die Freude und die Genugtuung des deutschen Volkes über die wiedererlangte Souveränität, über die Gründung eines selbständigen, freien Deutschland, unserer Deutschen Demokratischen Republik, wird getrübt durch die Tatsache, dass Deutschland durch die westlichen Besatzungsmächte zerrissen wurde. Wir können nur der Hoffnung Ausdruck geben und alle unsere Kräfte daransetzen, dass die Spaltung Deutschlands überwunden und die Einheit Deutschlands hergestellt wird. (...)

 

Wie ganz anders ist die Lage unseres Volkes in den westlichen Besatzungszonen! Unsere Brüder und Schwestern leben dort unter dem entwürdigenden Druck eines der deutschen Bevölkerung von den westlichen Besatzungsmächten aufgezwungenen Besatzungsstatuts, Deutschland wurde gespalten und die wertvollsten Industriegebiete wurden einem Sonderregime der Ausbeutung und Ausplünderung unterworfen. Mit Hilfe des Besatzungsstatuts soll die Besetzung Westdeutschlands verewigt, ein Teil unseres Vaterlandes zu einer Kolonie des amerikanischen Imperialismus herabgewürdigt und zu einem Aufmarschplatz für einen neuen Krieg gegen das demokratische Deutschland, gegen die Sowjetunion und die Länder der Volksdemokratie, gegen das Lager des Friedens gemacht werden. (...)

 

Diese Regierung, die die Interessen des gesamten deutschen Volkes wahrnimmt und die Legitimation besitzt, für das ganze deutsche Volk zu sprechen, wird durch ihre Arbeit den Kampf um den Frieden, um die nationale Einheit Deutschlands und die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Ost und West auf einer höheren Ebene fortsetzen und zum Siege führen.

 

Niemals wird die Spaltung Deutschlands, die Verewigung der militärischen Besetzung Westdeutschlands durch das Besatzungsstatut, die Losreißung des Ruhrgebietes aus dem deutschen Wirtschaftskörper von der Deutschen Demokratischen Republik anerkannt werden, und nicht eher werden wir ruhen, als bis die widerrechtlich von Deutschland losgerissenen und dem Besatzungsstatut unterworfenen Teile Deutschlands mit dem deutschen Kerngebiet, mit der Deutschen Demokratischen Republik, in einem einheitlichen demokratischen Deutschland vereinigt sind.

 

(in: Die deutsche Nation, Verlag Wissenschaft und Politik, Köln 1976, S. 511 f.)