Der Beginn der Industriellen Revolution

 

Es gibt keinen feststellbaren Ausgangspunkt der Industrialisierung bzw. der "Industriellen Revolution" (der Begriff stammt wahrscheinlich von Friedrich Engels) in England. Nach 1750 führt jedenfalls das Zusammenwirken stets mehrerer Faktoren zu dem, was man Industrialisierung nennt. Zu diesen Faktoren gehören:

1.    Das Einhegungsgesetz (Enclosure Act 1769): Es führt nicht nur Brachland der Kultivierung zu, sondern beseitigt auch die Allmende. Dadurch entstehen größere, rentablere Agrarflächen in der Hand innovativer, profitorientierter Landbesitzer, die über neue Anbaumethoden, intensive Bewirtschaftung und letztlich die Abschaffung mittelalterlicher Flurzwänge den Agrarbereich revolutionierten. Diese Einhegungen setzten nicht mehr benötigte Arbeitskräfte frei (Arbeitskräftepotential!).

2.    Gute Ernten führen zu einem Anstieg der Bevölkerung. Die Nachfrage nach billigen Stoffen führt zu einer "industriellen" Herstellungsweise. Der Zwang, billiger zu produzieren, führt zur Erfindung von Maschinen und Verarbeitungsprozessen, die ihrerseits wieder andere Bereiche beeinflussen (z.B. Eisenproduktion und -verarbeitung; über Verhüttung: chemische Prozesse usw.).

3.    England ist ein früh im Welthandel führendes Land - eine reiche Unternehmerschicht hat Kapital, das angelegt werden soll. Dies führt zur Bereitschaft, in Profit versprechende Unternehmen zu investieren.

4.    Notwendigkeit neuer, besserer "Kraftmaschinen": Mangel an Holz, unzureichende natürliche Kräfte, z.B. beim Entwässern der Gruben im Bergau (Dampfmaschine, 1769 und Eisenbahn, 1814).

5.    Produzierte Güter müssen "verteilt" werden: England kann exportieren, einen Teil des Transports über die billige Küstenschiffahrt abwickeln, Ausbau eines Kanalnetzes (bis 1824 in England ca. 4000 km).

6.    Neue Produktionsform: Fabrik.

7.    England ist führende politische Macht in Europa nach 1750; Aufbau eines "Weltreiches" im Osten und im Westen; Ausbeutung der Kolonien.

8.    Ideologische Grundlagen: Calvinistische Einstellung (wirtschaftlich enorm tüchtig wegen Verdrängung aus der Politik und calvinistischer Arbeitsethik) und theoretische Schriften z.B. Adam Smith, The Wealth of Nations.

9.    Umwälzungen in Politik und Landwirtschaft führen am frühesten zu einer Ablösung der mittelalterlichen ständischen Gebundenheit und brechen verkrustete kontraproduktive Gesellschaftsstrukturen auf.

10.  Geschlossenes Staatsgebiet, damit z.B. keine Handelshemmnisse in Form vom Binnenzöllen

11.  Kontinuierliche Zunahme der Bevölkerung durch Verbesserung von Ernährung und Hygiene (steigende Geburts-, sinkende Sterblichkeitsrate, das sog. Malthus'sche Gesetz).