Bismarck über Kolonialpolitik

 
Aus einem Brief an Kriegsminister Roon (1868)
:

"Einerseits beruhen die Vorteile, welche man sich von Kolonien für den Handel und die Industrie des Mutterlandes verspricht, zum größten Teil auf Illusionen. Denn die Kosten, welche die Gründung, Unterstützung und namentlich die Behauptung von Kolonien veranlasst, übersteigen, weil die Erfahrungen der Kolonialpolitik Englands und Frankreichs beweisen, sehr oft den Nutzen, den das Mutterland daraus zieht, ganz abgesehen davon, dass es schwer zu rechtfertigen ist, die ganze Nation zum Vorteil einzelner Handels- und Gewerbezweige zu erheblichen Steuerlasten heranzuziehen. England hat auf Grund der daran gemachten Erfahrungen seine Kolonialpolitik aufgegeben, und Frankreich scheint ebenfalls wenig Wert auf die Gründung neuer Kolonien zu legen ... Andererseits ist unsere Marine noch nicht weit genug entwickelt, um die Aufgabe nachdrücklichen Schutzes in fernen Staaten übernehmen zu können. Endlich würde der Versuch, Kolonien zu gründen, deren Oberhoheit andere Staaten, gleichviel ob mit Recht oder Unrecht, in Anspruch nehmen, zu mannigfachen und unerwünschten Konflikten führen."

aus: Hans Spellmeyer, Deutsche Kolonialpolitik im Reichstag. Stuttgart 1931, S. 3