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Brief an den
deutschen Botschafter in London Aug 70
"Wir stehen
heute im Felde gegen den 12. oder 15. Überfall und Eroberungskrieg, den
Frankreich seit 200 Jahren gegen Deutschland ausführt. 1814 und 1815
suchte man Bürgschaften gegen Wiederholung dieser Friedensstörungen in
der schonenden Behandlung Frankreichs. Die Gefahr liegt aber in der
unheilbaren Herrschsucht und Anmaßung, welche dem französischen
Volkscharakter eigen ist und sich von jedem Herrscher des Landes zum
Angriff auf friedliche Nachbarstaaten missbrauchen lässt. Gegen dieses
Übel liegt unser Schutz nicht in dem unfruchtbaren Versuche, die
Empfindlichkeit der Franzosen momentan abzuschwächen, sondern in der
Gewinnung gut befestigter Grenzen für uns.
Wir müssen dem
Druck ein Ende machen, den Frankreich seit zwei Jahrhunderten auf das
ihm schutzlos preisgegebene Süddeutschland ausübt, und der ein
wesentlicher Hebel für die Zerstörung der deutschen Verhältnisse
geworden ist. Frankreich hat sich durch die konsequent fortgesetzte
Aneignung deutschen Landes und aller natürlichen Schutzwehren desselben
in den Stand gesetzt, zu jeder Zeit mit einer verhältnismäßig kleinen
Armee in das Herz von Süddeutschland vorzudringen, ehe eine bereite
Hilfe da sein kann. Seit Ludwig XIV., unter ihm, unter der Republik,
unter dem ersten Kaiserreich haben sich diese Einfälle immer und immer
wiederholt; und das Gefühl der Unsicherheit, welches sie zurückgelassen,
und die Furcht vor einer Wiederholung dieses Schrecknisses zwingt die süddeutschen
Staaten, den Blick stets auf Frankreich gerichtet zu halten. Wir können
nicht immer auf eine außerordentliche Erhebung des Volkes rechnen und
der Nation nicht ansinnen, stets das Opfer so starker Rüstung zu
tragen. Wenn die Entwaffnungstheorie in England ehrliche Anhänger hat,
so müssen dieselben wünschen, dass die nächsten Nachbarn Frankreichs
gegen diesen alleinigen Friedensstörer Europas mehr als bisher
gesichert werden. Dass in den Franzosen dadurch eine Bitterkeit geweckt
werde, kann dagegen nicht in Betracht kommen. Diese Bitterkeit wird ganz
in demselben Maße stattfinden, wenn sie ohne Landabtretung aus dem
Kriege herauskommen. Wir haben Österreich, wesentlich aus jener Rücksicht,
keine Gebietsabtretungen angesonnen, haben wir irgendeinen Dank davon
gehabt? Schon unser Sieg bei Sadowa hat Bitterkeit in den Franzosen
geweckt; wie viel mehr wird es unser Sieg über sie selbst tun! Rache für
Metz, für Wörth wird auch ohne Landabtretung länger das
Kriegsgeschrei bleiben als Revanche für Sadowa und Waterloo! Die einzig
richtige Politik ist unter solchen Umständen, einen Feind, den man
nicht zum aufrichtigen Freunde gewinnen kann, wenigstens etwas unschädlicher
zu machen und uns mehr gegen ihn zu sichern, wozu nicht die Schleifung
seiner uns bedrohenden Festungen, sondern nur die Abtretung einiger
derselben genügt."
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