Sein [des Sozialismus] großes Problem, die Hebung
des menschlichen Lebensniveaus, die Ausnützung des Sieges, den der
Menschen im Daseinskampf mit der übrigen Lebenswelt errungen hat, zur
Mehrung seiner Wohlfahrt und Steigerung seiner Kraft, dieses Problem
ruht auf nationaler Grundlage; die zu seiner Verwirklichung vorhandenen
Kräfte sind national und an die wechselnden Schicksale einer
Volksgemeinschaft geknüpft.
Der Sozialismus irrte demnach, wenn er sich
vorsetzte, dasselbe nicht für die eigene Nation allein, sondern für
die Welt, nicht für die Lebensdauer eines Volkes, sondern für die
relative Ewigkeit der Menschheitsentwicklung überhaupt lösen zu
müssen.
Dieses Bestreben ist seiner Natur nach
hoffnungslos.
Der Kampf um's Dasein wird auf ewig Sieger und
Besiegt haben, er wird mit der Schmälerung des Nähr- und
Ellbogenraumes für die Individuen stets heftiger werden.
Diesen Kampf durch einen allgemeinen
Friedensschluss zu beseitigen, ist ein frommer Wunsch, dem es in der
Geschichte wie im Wesen der Menschheit an jeder Voraussetzung fehlt. Was
wir dagegen im Folgenden nachweisen möchten, ist die Möglichkeit, in
diesem Kampf auf geraume Zeit für eine Nation das Übergewicht zu
erringen und auf Grund dieses Übergewichts dieser Nation breitere
Lebensbedingungen, reichere Entwickelung und damit eine höhere Stufe
geistiger und materieller Kultur zu sichern, als den übrigen.
Und zugleich hiermit zieht sich ganz von selbst
die weitere Folgerung, dass für uns Sozialismus nur die Bedeutung haben
kann, mit Anspannung aller Kräfte in vollem Zielbewusstsein und deshalb
mit ganzer Rücksichtslosigkeit dieses Übergewicht Deutschland
zuzuwenden und damit wenigstens für unsere Zeit und für unser Volk die
soziale Frage zu lösen [...].
Die Kolonialpolitik will nichts Anderes, als die
Kraftsteigerung und Lebensbereicherung der stärkeren, besseren Rasse,
auf Kosten der schwächeren, geringeren, die Ausbeutung der nutzlos
aufgespeicherten Reichtümer dieser im Dienste des Kulturfortschrittes
jener.
Es ist ein Irrtum, der gerade dem Deutschen nahe
liegt und der deshalb um so unzweideutiger zurückgewiesen werden muss,
wenn man meint, die Kolonialpolitik bezwecke allein die moralische und
materielle Hebung fremder Volksstämme.
Sie soll weitblickend genug sein, um sich diese
Aufgabe als ein hervorragendes Mittel zum Zweck zu stellen. Dieser ist
und bleibt aber schließlich die rücksichtslose und entschlossene
Bereicherung des eigenen Volkes auf anderer schwächerer Völker
Unkosten.
aus: Kolonial-Politische Korrespondenz. 2. Jg.
Berlin, 9. und 16. Februar 1886
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