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"Schaffen wir zwei, drei, viele Vietnam"
wurde 1967 in Habana unter dem "Titel Mesaje a la Tricontinental" veröffentlicht.
Die deutsche Übersetzung besorgten im selben Jahr Rudi Dutschke und Gaston
Salvatore. Sie erschien in der "kleinen revolutionären
Bibliothek" der westberliner Oberbaumpresse.
Es ist die Stunde der Weißglut und nichts anderes als
das Licht soll zu sehen sein. José Marti
Seit dem Ende des letzten Weltkrieges sind bereits 21
Jahre vergangen, und verschiedene Veröffentlichungen in vielen Sprachen feiern
als Symbol hierfür das Ereignis der japanischen Niederlage.
Es gibt einen trügerischen Optimismus in vielen Gruppen
der verschiedenen Lager, in die die Welt sich teilt. Einundzwanzig Jahre ohne
Weltkrieg scheinen in diesen Zeiten größter Auseinandersetzungen, gewaltiger
Zusammenstöße und plötzlicher Umwälzungen eine sehr lange Zeit zu sein. Aber
ohne die praktischen Resultate dieses Friedens weiter zu analysieren, eines
Friedens, für den wir uns alle entschieden zu kämpfen bereit erklärten,
sollte wegen der stets größer werdenden Misere, Erniedrigung und Ausbeutung
von großen Teilen der Welt gefragt werden, ob dieser Friede real ist.
Es ist nicht die Absicht dieser Bemerkungen, die
verschiedenen Konflikte lokalen Charakters, die sich seit der Kapitulation
Japans ereignet haben, historisch einzuordnen. Es ist auch nicht unsere Aufgabe,
von den zahlreichen und immer größer werdenden bürgerkriegsartigen Kämpfen,
die in diesen Jahren scheinbaren Friedens ausgetragen wurden, zu berichten. Die
Kriege von Korea und Vietnam reichen, um maßlosem Optimismus zu widersprechen.
Im Korea-Krieg, nach Jahren gewaltigen Kampfes, blieb der
nördliche Teil in der furchtbarsten Verheerung zurück, die die Annalen des
modernen Krieges kennen: durchlöchert von Bomben, ohne Fabriken, Schulen und
Krankenhäuser, ohne Wohnungen für die 10 Millionen Einwohner.
In diesem Krieg intervenierten unter der trügerischen
Fahne der Vereinten Nationen Dutzende von Ländern. Diese Länder wurden militärisch
von den Vereinigten Staaten geführt, gestützt durch die massive Teilnahme
amerikanischer Soldaten und unter Benutzung der zu den Waffen gerufenen südkareanischen
Bevölkerung als Kanonenfutter.
Auf der anderen Seite konnten die Armee, das Volk von
Korea und die Freiwilligen der chinesischen Volksrepublik mit dem Nachschub und
dem Rat des sowjetischen Militärapparates rechnen. Von den Nordamerikanern
wurde der Einsatz der verschiedensten Vernichtungswaffen unternommen, einschließlich
der begrenzten Anwendung bakteriologischer und chemischer Waffen, lediglich mit
Ausnahme thermonuklearer Waffen.
In Vietnam führten die patriotischen Kräfte des Landes
fast ununterbrochen militärische Aktionen gegen drei imperialistische Mächte:
gegen Japan, dessen Macht nach den Bomben von Hiroshima und Nagasaki vollkommen
zusammengebrochen war; gegen Frankreich, das sich von den besiegten Japanern
seine indochinesischen Kolonien zurückeroberte, indem es die in Zeiten der Bedrängnis
gemachten Versprechungen ignorierte; und gegen die Vereinigten Staaten, die in
der letzten Phase dieser Auseinandersetzung stehen.
In allen Kontinenten gab es begrenzte Konfrontationen. Auf
dem amerikanischen waren es lange Zeit nur Putsche und Versuche von Befreiungskämpfen.
Dann gab die kubanische Revolution die Signale, die die Bedeutung dieses
Gebietes unterstrichen. Sie zog sich dadurch aber den Haß der Imperialisten zu
und mußte ihre Küsten, zunächst in Playa Giron und dann während der
Oktoberkrise verteidigen. Dieser letzte Zwischenfall, die Konfrontation der
Amerikaner und Sowjetrussen vor Kuba, hätte einen Krieg unermeßlichen Ausmaßes
verursachen können.
Aber offensichtlich befindet sich im Augenblick der
Schnittpunkt der Widersprüche in den Territorien der indochinesischen Halbinsel
und deren Nachbarländern. Laos und Vietnam werden von Bürgerlcriegen erschüt
tert. Sie nehmen einen neuen Charakter an, wenn der nordamerikanische
Imperialismus mit seiner gesammelten Macht auftritt und damit das ganze Gebiet
zu einem gefährlichen Zeitzünder wird. In Vietnam hat die Auseinandersetzung
einen Grad extremer Zuspitzung erreicht. Wir möchten aber auch diesen Krieg
nicht historisch einordnen, vielmehr werden wir nur einige Phasen seiner
Entwicklung aufzeichnen. Nach der verheerenden Niederlage von Dien Bien Phu im
Jahre 1954 wurde das Genfer Abkommen unterschrieben. Das Abkommen teilte das
Land in zwei Zonen und ordnete die Abhaltung von Wahlen innerhalb von 18 Monaten
an, um die Regierung Vietnams zu wählen und die Form der Wiedervereinigung zu
bestimmen. Die Nordamerikaner unterschrieben dieses Dokument nicht und begannen
ein Intrigenspiel, um den französischen Marionetten-Kaiser Bao Dai durch einen
ihren Absichten entsprechenden Mann zu ersetzen. Das Resultat war Ngo Djen Diem,
dessen tragisches Ende allen hekannt ist: die vom Imperialismus ausgepreßte
Orange.
Im Lager der Befreiungskräfte herrschte in den Monaten
nach der Unterzeichnung des Abkommens Optimismus. Im Süden des Landes wurden
antifranzösische Kampfzentren aufgelöst und man erwartete die Erfüllung des
Vertrages. Bald aber verstanden die Patrioten, daß es keine Wahlen geben würde,
es sei denn, die Vereinigten Staaten wären in der Lage, ihren Willen in die
Wahlurnen zu zwingen. Das aber hätte nicht einmal bei Anwendung aller ihnen
bekannten Methoden des Betrugs geschehen können.
Von neuem begannen im Süden des Landes die Kämpfe und
nahmen bis heute ständig an Intensität zu. Die nordamerikanische Armee besteht
aus fast einer halben Million Invasoren, während die Marionettenkräfte an Zahl
abnehmen und darüber hinaus vollständig ihren Kampfgeist verloren haben.
Zwei Jahre nach der Eskalation
Vor zirka zwei Jahren begannen die Nordamerikaner die
systematische Bombardierung der Volksrepublik Vietnam als weiteren Versuch, den
Kampfgeist des Südens zu lähmen und eine Konferenz mit für sie günstigen
Ausgangspositionen zu erreichen. Zunäehst waren es einzelne Bombardements unter
der Maske von Repressalien für angebliche Provokationen des Nordens. Dann
nahmen sie an Intensität und Methode zu. Jetzt sind sie eine von den
amerikanischen Luftstreitkräften durchgeführte gigantische Treibjagd die von
Tag zu Tag mit der Absicht stattfindet, jede Spur von Zivilisation im Norden des
Landes zu zerstören. Es ist eine Episode der in trauriger Weise berühmten
Eskalation.
Die materiellen Erwartungen der amerikanischen Machtelite
haben sich trotz der äußersten Verteidigung der vietnamesischen
Luftabwehreinheiten, der mehr als 1700 abgeschossenen Flugzeuge und der militärischen
Hilfe des sozialistischen Lagers zu einem großen Teil erfüllt.
Es gibt eine peinliche Realität: Vietnam, jenes Land, das
die Erwartungen und Hoffnungen der verlassenen Völker vertritt, ist in
tragischer Einsamkeit. Dieses Volk muß die wilden Angriffe der US-Technologie
fast ohne eine Möglichkeit der Abwehr im Süden und mit geringen Verteidigungsmöglichkeiten
im Norden ertragen, aber immer allein.
Die Solidarität der fortschrittlichen Mächte der Welt
mit dem vietnamesischen Volk ähnelt der bitteren Ironie, die der Beifall des Pöbels
für die Gladiatoren im römischen Zirkus bedeutete.
Es geht nicht darum, den Opfern der Aggression Erfolg zu wünschen,
sondern an ihrem Schicksal teilzunehmen, sie bis zum Tode oder bis zum Sieg zu
begleiten. Wenn wir die vietnamesische Einsamkeit analysieren, so wirkt dieses
Moment der Unlogik innerhalb der Menschheit beängstigend.
Der nordamerikanische Imperialismus ist der Aggression
schuldig, seine Verbrechen sind ungeheuer und überziehen die ganze Welt. Das
wissen wir bereits, meine Herren!
Aber schuldig sind auch die, die in der Stunde der
Entscheidung zögerten, Vietnam zu einem unverletzlichen Teil des
sozialistischen Lagers zu machen. Zwar hätte die Gefahr eines weltweiten
Konflikts bestanden, aber andererseits wäre der Imperialismus zur Entscheidung
gezwungen worden. Schuld haben auch die, die einen Krieg von Beschimpfungen und
Zänkereien aufrechterhalten, der schon vor langer Zeit von den Vertretern der
beiden größten Mächte des sozialistischen Lagers begonnen wurde.
Fragen wir, um zu einer ehrlichen Antwort zu gelangen: Ist
Vietnam isoliert oder nicht?
Steht es nicht im gefährlichen Balanceakt zwischen diesen konkurrierenden Mächten?
Und was für ein großes Volk! Welche Ausdauer und welcher Mut!
Und welch eine Lektion wird der Welt mit diesem Kampf erteilt !
Erst nach langer Zeit werden wir erfahren, ob Präsident
Johnson wirklich ehrlich daran dachte, einige der notwendigen Reformen für sein
Volk zu beginnen, um die Klassengegensätze, die mit explosiver Kraft und immer
häufiger auftreten, zu mildern. Tatsache ist, daß die unter dem pompösen
Titel des Kampfes um die "Große Gesellschaft" angekündigten
Verbesserungen in die vietnamesische Kanalisation gefallen sind.
Die Strategie des Imperialismus
Die größte imperialistische Macht fühlt in ihren
Eingeweiden die Blutung, die ein armes und zurückgebliebenes Land verursacht.
Seine fabelhafte Ökonomie schwankt unter den Anstrengungen des Krieges. Töten
hört auf, das bequemste Geschäft der Monopole zu sein.
Verteidigungswaffen, und die nicht einmal in genügender
Zahl, sind alles, was diese wunderbaren vietnamesischen Soldaten haben außer
ihrer Liebe zur Heimat, zu ihrer Gesellschaft und zu unbeugsamer Tapferkeit. Der
Imperialismus hingegen versumpft in Vietnam. Er sucht verzweifelt einen Ausweg,
der es ihm ermöglicht, die gefährliche Situation, in der er sich befindet, mit
Anstand zu überwinden. Aber die Zange der "vier Punkte" des Nordens
und der "fünf Punkte" des Südens ergreift ihn und fordert der
Konfrontation immer mehr die Entscheidung ab.
Alles scheint darauf hinzudeuten, daß der Friede, dieser
prekäre Friede, dem man diesen Namen gegeben hat, nur weil keine weltweite
kriegerische Auseinandersetzung stattgefunden hat, wieder in Gefahr ist. Der
unwiderrufliche und inakzeptible Schritt der Nordamerikaner droht ihn zu zerstören.
Und wir, Ausgebeutete der Welt, welches ist die Rolle, die
auf uns zukommt? Die Völker dreier Kontinente sehen und lernen ihre Lektion in
Vietnam.
Da die Imperialisten die Menschheit mit der Drohung eines
Krieges erpressen, ist die richtige Antwort, den Krieg nicht zu fürchten. Die
Taktik dieser Völker muß sein, hart und ununterbrochen in jeder Phase der
Auseinandersetzung anzugreifen.
Aber in den Gebieten, in denen dieser miserable Friede,
den wir erleiden, gebrochen worden ist, welche Aufgabe werden wir dort haben?
Uns um jeden Preis zu befreien!
Die Situation der Welt zeigt eine große Vielfalt an
Aufgaben. Sogar die Länder des alten Europa warten noch auf die Aufgabe der
Befreiung. Sie sind zwar genügend entwickelt, um alle Widersprüche des
Kapitalismus fühlen zu können, aber zu schwach, um imperialistische Ziele
verfolgen oder diesen Weg jetzt noch beschreiten zu können. In den nächsten
Jahren werden dort die Widersprüche einen explosiven Charakter annehmen. Ihre
Probleme aber und darum letzten Endes auch deren Lösung sind verschieden von
denen unserer abhängigen und ökonomisch zurückgebliebenen Länder. Der
wichtigste Schauplatz der Ausbeutung durch den Imperialismus umfaßt die drei
zurückgebliebenen Kontinente Amerika, Afrika und Asien. Jedes Land hat seine
Besonderheiten, die sich dennoch auch in den Kontinenten als Gesamtheit
darstellen.
Amerika bildet mehr oder weniger eine homogene
Gesamtheit, und beinahe im ganzen Territorium behaupten die amerikanischen
Kapitalisten die absolute Vorherrschaft. Die Marionettenregierungen oder die im
besten Falle schwächlichen und ängstlichen Regierungen können den Befehlen
des Yankeeherrn nicht zuwiderhandeln.
Die Nordamerikaner haben fast den Höhepunkt ihrer
politischen und ökonomischen Herrschaft erreicht. Sie können nur wenig mehr
vorankommen. Jeder Wechsel der Situation könnte sich in einen Rückgang ihrer
Vorherrschaft verwandeln. Ihre Politik besteht darin, das Eroberte zu halten.
Die Leitlinie reduziert sich im gegenwärtigen Moment darauf, durch den brutalen
Gebrauch der Macht Befreiungsbewegungen jeden Typs zu verhindern.
Hinter der Losung "wir werden kein anderes Kuba
erlauben" versteckt sich die Möglichkeit der Aggression ohne eigenes
Risiko, wie die gegen Santo Domingo oder das Massaker von Panama. Dahinter steht
die klare Warnung, daß die Yankeetruppen bereit sind, in jedem Gebiet, in jedem
Ort Amerikas, wo die etablierte Ordnung in Frage gestellt wird, wo ihre
Interessen gefährdet sind, zu intervenieren. Diese Politik rechnet mit einer
fast absoluten Straflosigkeit. Die OEA [Organisation amerikanischer Staaten] ist
eine bequeme Maske, auch wenn sie an Prestige verloren hat. Die UNO ist von
einer Unfähigkeit, die am Rande des Lächerlichen oder Tragischen steht. Die
Armeen aller Länder Amerikas stehen bereit zur Intervention, um ihre Völker zu
unterjochen. Es hat sich in der Tat die Internationale des Verbrechens und des
Verrats gebildet.
Andererseits haben die nationalen Bourgeoisien ihre ganze
Widerstandskraft gegen den Imperialismus verloren. Wenn sie überhaupt je eine
hatten, bilden sie nur das letzte Rad am Wagen des Imperialismus. Reformen sind
nicht mehr möglich: entweder sozialistische Revolution oder Karikatur einer
Revolution.
Asien ist ein Kontinent mit einer Reihe von
Besonderheiten. Die Befreiungskämpfe gegen eine Kette von europäischen
Kolonialmächten brachten als Resultat die Etablierung mehr oder weniger
fortschrittlicher Regierungen. Ihre spätere Entwicklung führte in manchen Fällen
zu einer Intensivierung der anfänglichen Ziele der nationalen Befreiung und in
anderen Fällen zu einem Rückzug auf proimperialistische Positionen. Vom ökonomischen
Standpunkt aus hatten die Vereinigten Staaten in Asien wenig zu verlieren und
viel zu gewinnen. Die dortigen Veränderungen begünstigten die Vereinigten
Staaten. Sie kämpfen um die Ablösung anderer neokolonialistischer Mächte und
um neue ökonomische Einflußsphären zu erobern, manchmal direkt, oder auf dem
Umweg über Japan. Aber es existieren spezielle politische Bedingungen, vor
allem auf der indochinesischen Halbinsel, die Asiens Eigenarten fundamentale
Bedeutung geben und die eine wichtige Rolle in der globalen Militärstrategie
des nordamerikanischen Imperialismus spielen, die einen Zaun um China, von Südkorea
über Japan, Taiwan, Südvietnam und Thailand gezogen hat.
Diese Doppelsituation, das heißt einmal ein so wichtiges
strategisches Interesse wie der militärische Zaun um die Volksrepublik China,
und andererseits das Kapitalinteresse, in diese von ihm noch nicht beherrschten
Märkte einzudringen, machten Asien zu einem der explosivsten Orte der gegenwärtigen
Welt. Darüber kann auch die scheinbare Stabilität außerhalb des
vietnamesischen Bereichs nicht hinwegtäuschen.
Der Mittlere Osten, der geographisch zu diesem Kontinent
gehört, aber seine eigenen Widersprüche hat, ist in höchster Spannung. Man
kann nicht voraussehen, wohin dieser kalte Krieg zwischen Israel, von den
Imperialisten unterstützt, und den progressiven Ländern dieser Zone führen
wird. Der Mittlere Osten ist ein weiterer, die Welt bedrohender Vulkan.
Afrika bietet Eigenarten eines jungfräulichen
Gebietes für die neokolonialistische Invasion. Dort haben sich Veränderungen
ereignet, die in gewisser Weise die neokolonialistischen Mächte zwangen, ihre
alten Vorrechte absoluten Charakters aufzugeben. Aber mit dem Fortdauern dieser
Prozesse wird der Kolonialismus durch einen gewaltlosen Neokolonialismus abgelöst.
Er hat, was die ökonomische Beherrschung anbelangt, die gleichen Konsequenzen.
Die Vereinigten Staaten hatten in dieser Gegend keine
Kolonien. Jetzt kämpfen sie darum, in die abgeschlossenen Jagdgründe ihrer
Partner einzudringen. Man kann mit Sicherheit sagen, daß auf lange Sicht Afrika
das Reservoir der strategischen Pläne des nordamerikanischen Imperialismus
bildet. Seine jetzigen Investitionen sind nur in Südafrika von Bedeutung. Er
beginnt, den Kongo, Nigeria und andere Länder, wo eine gewaltige Konkurrenz
(bis jetzt friedlichen Charakters) mit anderen imperialistischen Mächten
herrscht, zu durchdringen.
Der nordamerikanische Imperialismus hat dort noch keine
großen Interessen zu verteidigen, wenn man vom angemaßten Recht absieht, an
jedem Ort der Welt, wo seine Monopole gute Gewinne erzielen oder die Existenz
großer Rohstoffvorräte wittern, zu intervenieren.
Alle diese Vorgänge legen es nahe, die Frage nach der Möglichkeit
der Befreiung der Völker in kurzer oder mittlerer Frist zu stellen.
Wenn wir Afrika analysieren, sehen wir, daß mit einer
gewissen Intensität in den portugiesischen Kolonien von Guinea, Mozambique und
Angola gekämpft wird, mit besonderem Erfolg in der ersten und mit
unterschiedlichem Erfolg in den beiden anderen. Im Kongo kann man noch immer den
Kampf zwischen den Nachfolgern Lumumbas und den alten Komplicen Tschombes
beobaehten. Der Kampf scheint zur Zeit die letzteren zu begünstigen, die zu
ihrem eigenen Nutzen einen großen Teil des Landes "befriedet" haben,
obwohl der Krieg latent bleibt.
In Rhodesien ist das Problem anders: der englische
Imperialismus benutzte alle in seiner Hand befindlichen Mittel, um seine
Herrschaft der weißen Minorität, die gegenwärtig an der Macht ist, zu übergeben.
Der Konflikt ist vom Gesichtspunkt Englands aus absolut inoffiziell. Diese Macht
hat nur mit der ihr eigenen diplomatischen Fähigkeit - was auf gut deutsch
Heuchelei heißt - eine Fassade der Verstimmung über die Maßnahmen der
Regierung Ian Smith aufgerichtet. In dieser schlauen Haltung wird England von
einigen folgsamen Commonwealth-Ländern unterstützt. Ein guter Teil der Länder
Schwarz-Afrikas, seien es die zahmen oder die unwilligen wirtschaftlichen
Vasallen des englischen Imperialismus, greift diese Einstellung an.
In Rhodesien könnte die Situation sehr explosiv werden,
wenn die Bemühungen der schwarzen Patrioten, sich bewaffnet zu erheben,
erfolgreich wären und diese Bewegung wirksam von den benachbarten afrikanischen
Nationen unterstützt würde. Aber zunächst werden diese Probleme in so unfähigen
Organisationen wie UNO, Commonwealth oder OUA (Organisation of United Africa] erörtert.
Dennoch läßt die politische und soziale Entwicklung
Afrikas eine kontinentale revolutionäre Situation nicht erwarten. Die
Befreiungskämpfe gegen die Portugiesen müßten wohl erfolgreich enden, aber
Portugal bedeutet nichts in der imperialistischen Namensliste. Die
Auseinandersetzungen, die revolutionäre Möglichkeiten enthalten, sind die, die
den ganzen imperialistischen Apparat in Schach halten. Dessenungeachtet sollten
wir nicht den Kampf um die Befreiung der drei portugiesischen Kolonien und um
die Vertiefung ihrer Revolutionen einstellen. Wenn entweder die schwarzen Massen
Südafrikas oder Rhodesiens ihren wirklichen revolutionären Kampf beginnen,
oder wenn die verarmten Massen eines Landes sich anschicken, das Recht auf ein
ehrliches Leben den Händen der regierenden Oligarchien zu entreißen, dann wird
in Afrika eine neue Epoche begonnen haben.
Bis jetzt folgt ein Putsch dem anderen. Eine Gruppe von
Offizieren löst eine andere ab. Sie lösen einen Regierungschef ab, der nicht
mehr ihren Cliqueninteressen oder den Interessen der Mächte, die sie in hinterhältiger
Weise manipulieren, dient. Aber es gibt keine vom Volk getragenen Aufstände. Im
Kongo ergaben sich kometenhaft günstige Umstände, die durch die Erinnerungen
an Lumumba vorangetrieben wurden. Sie haben aber in den letzten Monaten an Kraft
verloren.
In Asien, wie wir gesehen haben, ist die Situation
explosiv - und nicht nur in Vietnam und Laos, wo gekämpft wird, gibt es
Reibungsflächen. Auch in Kambodscha, wo jeden Augenblick die direkte
nordamerikanische Aggression beginnen kann, in Thailand, Malaysia und, natürlich,
Indonesien, von dem wir nicht meinen sollten, daß dort durch die Liquidierung
der KP und die Übernahme der Macht durch die Reaktionäre das letzte Wort
gesprochen worden sei, gibt es Reibungsflächen. Und selbstverständlich im
Mittleren Osten.
In Lateinamerika kämpft man mit der Waffe in der Hand in
Guatemala, Kolumbien, Venezuela und Bolivien. Es tauchen schon die ersten
Anzeichen des Kampfes in Brasilien auf. Auch andere Zentren des Widerstandes
erscheinen kurz und verschwinden schnell wieder.
Fast alle Länder des Kontinents sind für einen Kampf
reif, der, um siegreich sein zu können, sich nicht mit weniger als der
Einsetzung einer Regierung sozialistischen Typs begnügen darf.
In diesem Kontinent wird praktisch nur eine Sprache
gesprochen, mit Ausnahme Brasiliens, mit dessen Volk die spanisch sprechenden Völker
sich infolge der Ähnlichkeit beider Sprachen verständigen können. Es gibt in
diesen Ländern eine so große Identität zwischen den Klassen, daß sie die
Solidarität eines "international-amerikanischen" Typs erreichen,
vollkommener als in anderen Kontinenten. Sprache, Sitten, Religion und der
gleiche Herr vereinigen sie. Das Ausmaß und die Formen der Ausbeutung sind in
ihren Konsequenzen für Ausbeuter und Ausgebeutete in vielen Ländern Amerikas
ähnlich. Die Rebellion reift immer schneller heran. Wir können uns fragen:
Diese Rebellion, was wird sie befruchten? Welche Form wird sie annehmen? Wir
haben seit langer Zeit behauptet, daß der Kampf in Amerika auf Grund ähnlicher
Bedingungen in den einzelnen Ländern - wenn es dazu kommt - kontinentale
Dimensionen annehmen wird. Es wird der Schauplatz vieler großer Schlachten für
die Befreiung der Menschheit werden.
Fahnen der Völker
Im Rahmen dieses Kampfes kontinentalen Ausmaßes sind die
gegenwärtigen Kämpfe, die in aktiver Form geführt werden, nur Episoden. Die
ersten Märtyrer aber sind bereits vorhanden. Sie werden in die amerikanische
Geschichte eingehen als diejenigen, die bereits ihr Blut in dieser letzten
Etappe für die totale Befreiung des Menschen gegeben haben.
So werden die Namen des Kommandanten Turcios Lima, des
Pfarrers Camillo Torres, der Kommandanten Fabricio Ojeda, Lobaton und Luis de la
Puente Uceda herausragende Gestalten in den revolutionären Bewegungen von
Guatemala, Kolumbien, Venezuela und Peru sein.
Aber die aktive Mobilisierung des Volkes schafft neue Führer:
Cesar Montes und Yon Sosa erheben die Fahne in Guatemala, Fabio Vasquez und
Marulanda tun es in Kolumbien, Douglas Bravo und Americo Martin in Venezuela, im
Westen des Landes und in El Bachiller.
Neue Keime des Krieges werden in diesem und in anderen
amerikanischen Ländern, wie schon in Bolivien, auftauchen. Sie werden mit alle
den Wechselfällen wachsen, die jener gefährlichen Tätigkeit, ein moderner
Revolutionär zu sein, innewohnen. Viele werden ihren Irrtümern erliegen,
andere werden im harten Kampf, der immer näher kommt, fallen. Neue Kämpfer und
neue Führer werden aus der Glut des revolutionären Kampfes entstehen. Das Volk
wird seine Kämpfer und Führer im Krieg und aus dem Krieg bilden.
Die Yankee-Agenten der Repression werden zunehmen. Heute
gibt es schon Berater in all den Ländern, in denen der bewaffnete Kampf
stattfindet. Die peruanische Armee führte anscheinend eine erfolgreiche
Schlacht gegen die Revolutionäre jenes Landes durch - beraten und trainiert von
den Yankees. Aber wenn die hauptsächlichen Kampfgruppen mit genügender
politischer und militärischer Schlagkraft geführt werden, werden sie praktisch
unbesiegbar sein. Sie werden neue Verstärkungen der Nordamerikaner erforderlich
machen. Mit Zähigkeit und Stärke reorganisieren in Peru neue noch kaum
bekannte Führer den Guerillakampf. Stück für Stück werden die altmodischen
Waffen, die für die Niederhaltung kleiner bewaffneter Banden genügten, von
modernen Waffen abgelöst. Das wird so bleiben bis zu dem Punkt, an dem man sich
gezwungen sieht, zunehmende Mengen regulärer Truppen zu schicken, um die
relative Stabilität einer Macht zu sichern, deren nationale Marionettenarmee
sich durch die Kämpfe der Guerillas auflöst. Es ist der Weg Vietnams; es ist
der Weg, dem die Völker folgen müssen. Und es ist der Weg, dem Amerika in
gleicher Weise folgen muß; die bewaffneten Gruppen müßten sich als lose
Koordinationszentren formieren, um die repressive Aufgabe des
Yankee-Imperialismus zu erschweren und die eigene Sache zu erleichtern.
Amerika ist in der Zeit der jüngsten politischen
Befreiungskämpfe der Welt ein vergessener Kontinent gewesen. Es beginnt, sich
durch die Stimme der Avantgarde seiner Völker, der kubanischen Revolution,
mittels der Trikontinentalen Konferenz Gehör zu verschaffen. Es wird eine viel
größere Aufgabe zu erfüllen haben: die Schaffung des zweiten oder dritten
Vietnam in der Welt.
Man muß endlich berücksichtigen, daß der Imperialismus
ein Weltsystem, die letzte Stufe des Kapitalismus ist. Er muß in einer großen,
weltweiten Auseinandersetzung besiegt werden. Das strategische Ziel muß die
Zerstörung des Imperialismus sein. Die Aufgabe, die uns, den Ausgebeuteten und
Zurückgebliebenen der Welt, gestellt ist, besteht in der Eliminierung der Ernährungsbasen
des Imperialismus. Diese Ernährungsbasen sind unsere unterjochten Völker, aus
denen Kapitalien, Rohstoffe, Techniken und billige Arbeitskräfte herausgezogen
werden und wohin neue Kapitalien, Instrumente der Beherrschung, Waffen und Güter
aller Art exportiert werden. Das alles läßt uns in absolute Abhängigkeit
geraten.
Die reale Freiheit der Völker ist also der grundlegende
Faktor dieses strategischen Zieles, eine Freiheit, die in den meisten Fällen
erst der bewaffnete Kampf bringen wird. Dieser Kampf wird in Amerika fast
unabwendbar die Eigenschaft haben, sich in eine sozialistische Revolution zu
verwandeln.
Setzt man sich die Zerstörung des Imperialismus zum Ziel,
muß man dessen Kopf identifizieren. Dieser Kopf ist kein anderer als die
Vereinigten Staaten. Wir müssen eine Aufgabe allgemeiner Natur erfüllen, mit
dem taktischen Ziel, den Feind aus seiner Umwelt herauszudrängen, ihn zu
zwingen, in Gegenden zu kämpfen, in denen seine Lebensgewohnheiten gegen die
dort herrschenden verstoßen. Man darf allerdings den Feind nicht unterschätzen:
Der nordamerikanische Soldat verfügt über technische Fähigkeiten und Mittel
solchen Ausmaßes, daß er stets gefährlich bleibt.
Hingegen fehlt ihm die ideologische Motivation, die seine
heute unbarmherzigsten Rivalen - die vietnamesischen Soldaten - im höchsten
Grad haben. Wir werden nur in dern Maße eine solche Armee besiegen können, in
welchem wir ihre Moral unterminieren. Und man unterminiert sie, indem man der
Armee Niederlagen zufügt und ständige Strapazen aufnötigt.
Aber dieser knappe Entwurf einer Strategie schließt
immense Opfer der Völker ein, Entbehrungen, die von heute an in aller Öffentlichkeit
gefordert werden müssen. Sie sind immerhin vielleicht weniger schmerzhaft als
die, die wir ertragen müßten, wenn wir kontinuierlich den Kampf vermieden und
versuchten, andere für uns die Kastanien aus dem Feuer holen zu lassen.
Mit großer Wahrscheinlichkeit wird sich das letzte Land
ohne bewaffneten Kampf befreien. Die Leiden eines so langen und grausamen
Krieges wie der, den die Imperialisten führen, wird diesem Volk erspart
bleiben.
Wahrscheinlich aber wird es unmöglich sein, diesen Kampf
oder seine Auswirkungen in einer Auseinandersetzung weltweiten Charakters zu
vermeiden, und man wird dann gleichermaßen oder noch stärker darunter leiden.
Wir können die Zukunft nicht voraussagen, aber wir dürfen nie der Versuchung
verfallen, Fahnenträger eines Volkes sein zu wollen, das sich zwar nach der
Freiheit sehnt, aber den Kampf, den sie erfordert, vermeiden will in der
Meinung, die Freiheit werde als Brosamen vom Tisch der Sieger fallen.
Es ist vollkommen richtig, jedes unnütze Opfer zu
vermeiden. Deswegen ist es so wichtig, sich über die tatsächlichen Möglichkeiten
des abhängigen Amerika, sich in friedlicher Form zu befreien, klar zuwerden. Für
uns ist die Lösung dieser Frage klar: Es mag sein, daß der jetzige Moment der
richtige ist, um den Kampf zu beginnen - oder auch nicht. Wir dürfen uns aber
weder der Illusion hingeben, die Freiheit ohne Kampf erreichen zu können, noch
haben wir ein Recht darauf. Und die Kämpfe werden nicht bloße Straßenkämpfe
mit Steinen gegen Tränengas sein, nicht friedliche Generalstreiks und auch
nicht der Kampf eines empörten Volkes, das in zwei oder drei Tagen das
repressive Gerüst der regierenden Oligarchien stürzt. Es wird ein langer,
blutiger Kampf, dessen Front die Stützpunkte der Guerillas in den Städten, in
den Häusern der Guerilleros sein werden. Dort, wo die Repression die wehrlosen
Opfer unter Familienangehörigen suchen wird. Der Kampf wird inmitten der
massakrierten Bauernbevölkerung stattfinden, in den von feindlichen
Bombardements zerstörten Dörfern und Städten.
Der Haß als Faktor des Kampfes
Sie treiben uns in diesen Kampf hinein. Es gibt keinen
anderen Ausweg, als ihn vorzubereiten, sich zu entscheiden, ihn zu unternehmen.
Am Anfang wird es nicht leicht, vielmehr extrem schwer sein. Die ganze
Leistungsfähigkeit der Repression, das ganze Ausmaß an Brutalität und
Demagogie der Oligarchien wird sich in den Dienst der Unterdrückung stellen. In
der ersten Stunde haben wir die Aufgabe zu überleben. Dann wird das
fortdauernde Beispiel der Guerilla zu wirken beginnen. Sie wird die bewaffnete
Propaganda in der vietnamesischen Bedeutung des Satzes betreiben, das heißt die
Propaganda der Schüsse, der Kämpfe, die gewonnen oder verloren, aber gegen die
Feinde geführt werden: die große Lehre der Unbesiegbarkeit jenes Krieges, der
in den Massen der Entr,echteten sich mehr und mehr entzündet. Hinzu kommt die
Festigung des nationalen Bewußtseins, die Vorbereitung auf die härtesten
Aufgaben, um die gewaltsamsten Repressionen abzuwehren.
Der Haß als Faktor des Kampfes, der unbeugsame Haß dem
Feinde gegenüber, der den Menschen über seine physischen Grenzen hinaus
antreibt und ihn in eine wirksame, gewaltsame, selektive und kalte Tötungsmaschine
verwandelt. Unsere Soldaten müssen so sein; ein Volk ohne Haß kann über einen
brutalen Feind nicht siegen.
Der Krieg muß dorthin gebracht werden, wohin der Feind
ihn bringt: in sein Haus, in seine Vergnügungsviertel - der absolute Krieg. Man
muß den Feind hindern, auch nur eine Minute Ruhe zu finden, eine Minute Ruhe außerhalb
seiner Kasernen und sogar innerhalb derselben. Man muß ihn angreifen, wo immer
er sich befindet. Man muß erreichen, daß er sich wie ein gehetztes Tier fühlt,
wo immer er sich bewegt. Seine Moral wird damit mehr und mehr schwinden. Er
wird noch bestialischer werden, aber es mehren sich die Zeichen für das
Nachlassen seiner Kräfte. Dann wird sich ein wahrer proletarischer
Internationalismus herausbilden: mit internationalen proletarischen Armeen, in
denen gekämpft wird unter der Fahne einer heiligen Sache, der Erlösung der
Menschheit. Unter den Feldzeichen von Vietnam, Venezuela, Guatemala, Laos,
Guinea, Kolumbien, Bolivien, Brasilien zu sterben - um nur die gegenwärtigen
Schauplätze der bewaffneten Auseinandersetzung zu zitieren -, müßte gleich
ehrenvoll und wünschenswert für einen Amerikaner, einen Asiaten, einen
Afrikaner, ja sogar einen Europäer sein.
Jeder vergossene Tropfen Blut in einem Territorium, unter
dessen Fahne man nicht geboren wurde, ist Erfahrung, die der Überlebende sich
aneignet, um sie dann im Kampf um die Befreiung seines Geburtslandes anzuwenden.
Und jedes Volk, das sich befreit, ist eine gewonnene Etappe in der Schlacht um
die Befreiung des eigenen Volkes. Dies ist die Stunde, unsere Differenzen zurücktreten
zu lassen und alles in den Dienst des Kampfes zu stellen.
Daß große Differenzen die Welt, die für die Freiheit kämpft,
erschüttern, wissen wir alle, und wir können sie nicht verheimlichen. Daß sie
einen solchen Charakter, eine solche Zuspitzung erfahren haben, die den Dialog
und die Versöhnung äußerst schwierig, wenn nicht unmöglich machen, wissen
wir ebenfalls. Methoden zu suchen für einen Dialog, dem die Kontrahenten aus
dem Wege gehen, ist eine nutzlose Aufgabe. Der Feind hingegen ist da, er schlägt
jeden Tag und von neuem zu, und diese Schläge werden uns einen, heute, morgen
oder übermorgen. Diejenigen, die dies begreifen und sich auf die notwendige
Einigung vorbereiten, werden die Anerkennung der Völker finden!
Die Boshaftigkeit und die Unbeugsamkeit, mit der jeder
seine Position verteidigt, machen es uns, den Ent rechteten, unmöglich, Partei
für die eine oder andere Fraktion zu ergreifen, auch wenn wir mit manchen
Problemstellungen der einen oder der anderen Seite, oder überwiegend mit denen
einer Seite als mit denen einer anderen, übereinstimmen. Im Augenblick des
Kampfes bilden die aktuellen Differenzen in der Form, in der sie sichtbar
werden. eine Schwäche. Aber die Differenzen im augenblicklichen Stadium durch
Worte lösen zu wollen, ist eine Illusion: Die Geschichte wird sie allmählich
auslöschen oder ihre wirkliche Erklärung geben.
In unserer Welt, die sich im Kampf befindet, müssen alle
unterschiedlichen Auffassungen in Fragen der Taktik, der Aktionsmethoden zur
Erreichung begrenzter Ziele mit der Rücksichtnahme, die die Vorstellungen von
Dritten verdienen, analysiert werden. Aber in bezug auf das große strategische
Ziel, die totale Vernichtung des Imperialismus durch den Kampf, müssen wir
unbeugsam sein.
Fassen wir unsere Siegeshoffnungen folgendermaßen
zusammen: Vernichtung des Imperialismus durch die Eliminierung seiner mächtigsten
Basis, die imperialistische Herrschaft der Vereinigten Staaten von Nordamerika.
Die stufenweise Befreiung der Völker, eines nach dern anderen oder
gruppenweise, muß als taktische Aufgabe angesehen werden. Dadurch wird der
Feind zu einem komplizierten Kampf außerhalb seines Terrains gezwungen, und
seine Ernährungsbasen, die abhängigen Territorien, werden liquidiert.
Das bedeutet einen langen Krieg, und wir wiederholen es
noch einmal: einen grausamen Krieg. Niemand soll sich darüber täuschen, wenn
er ihn beginnt, und niemand darf schwanken, ihn zu beginnen, aus Angst vor den
Folgen, die für sein Volk entstehen könnten. Das ist fast die einzige Hoffnung
auf den Sieg.
Wir können den Ruf der Stunde nicht überhören. Das
lehrt uns Vietnam mit seiner permanenten Lektion des Kampfes und des Todes, an
deren Ende der Sieg steht.
Dort finden die Soldaten des Imperialismus, gewöhnt an
den Lebensstandard der nordamerikanischen Nation, die nötige Unbequemlichkeit,
dort werden sie einem feindlichen Land konfrontiert, dort erfahren sie die Un
sicherheit dessen, der keinen Schritt tun kann, ohne das Bewußtsein,
feindlichen Boden zu betreten, dort finden diejenigen den Tod, die die
befestigten Stützpunkte verlassen, dort begegnen sie der permanenten
Feindschaft der ganzen Bevölkerung. Und dies alles hat wieder Rückwirkung in
den Vereinigten Staaten selbst, indem es die Folge des Imperialismus erst in
vollem Umfang sichtbar macht: den Klassenkampf sogar innerhalb des eigenen
Territoriums.
Zwei, drei, viele Vietnam
Wie glänzend und nah wäre die Zukunft, wenn zwei, drei,
viele Vietnam auf der Oberfläche des Erdballs entstünden, mit ihrer Todesrate
und ihren ungeheuren Tragödien, mit ihren alltäglichen Heldentaten, mit ihren
wiederholten Schlägen gegen den Imperialismus, mit dem Zwang für diesen, seine
Kräfte unter dem heftigen Ansturm des zunehmenden Hasses der Völker der Welt
zu zersplittern.
Und wenn wir fähig wären, uns zu vereinen, um unsere
Schläge fester und gezielter durchführen zu können, um den kämpfenden Völkern
Hilfe jeder Art noch wirksamer leisten zu können, wie groß wäre dann die
Zukunft und wie nah. Wenn wir auf einem winzigen Punkt der Weltkarte die Aufgabe
erfüllen, die wir vertreten, und wenn wir das wenige, was wir opfern können,
unser Leben und unser Leiden, für den Kampf hingeben, an einem beliebigen Ort,
schon von uns besetzt und mit unserm Blut getränkt, und wenn wir an einem
dieser Tage unseren letzten Atemzug tun, so sind wir uns der Tragweite unseres
Tuns bewußt und halten uns für nichts anderes als für Menschen in der großen
Armee des Proletariats; aber wir sind stolz darauf, von der kubanischen
Revolution und von ihrem höchsten Chef die große Lehre gelernt zu haben, die
aus seiner Haltung in diesem Erdteil resultiert: Was bedeuten die Gefahren oder
Opfer eines Mannes oder eines Volkes, wenn das Schicksal der Menschheit auf dem
Spiele steht.
Unsere ganze Aktion ist eine Kampfansage an den
Imperialismus und ein Ruf nach der Einheit der Völker gegen den großen Feind
des Menschengeschlechts: die Vereinigten Staaten von Nordamerika. An welchem
Ort uns der Tod auch überraschen mag, er sei willkommen, wenn unser Kriegsruf
nur aufgenommen wird und eine andere Hand nach unseren Waffen greift und andere
Menschen bereit sind, die Totenlieder mit Maschinengewehrsalven und neuen
Kriegs- und Siegesrufen anzustimmen.
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