Vertrag zur Entente Cordiale

Vertrag zwischen Großbritannien und Frankreich über Ägypten und Marokko vom 8. April 1904:

 

Artikel I. 
Die Regierung Seiner Britischen Majestät erklärt, dass sie nicht die Absicht hat, den politischen Zustand Ägyptens zu ändern. 
Die Regierung der französischen Republik erklärt ihrerseits, dass sie die Maßnahmen Englands in diesem Lande nicht durch die Forderung einer zeitlichen Begrenzung oder auf irgendeine andere Weise erschweren wird... 
Es wird vereinbart, dass die Generaldirektion der Altertümer in Ägypten auch weiterhin, wie früher, einem französischen Gelehrten anvertraut werden soll. 
Die französischen Schulen in Ägypten genießen auch fernerhin die gleiche Freiheit wie früher. 
Artikel II. 
Die Regierung der französischen Republik erklärt, dass sie nicht die Absicht hat, den politischen Zustand Marokkos zu ändern. 
Die Regierung Seiner Britischen Majestät erkennt ihrerseits an, dass es Frankreich zukommt, vornehmlich weil es auf einer langen Strecke Marokkos Grenznachbar ist, über die Ruhe in diesem Lande zu wachen und ihm bei allen Verwaltungs-, Wirtschafts-, Finanz- und Militärreformen, deren es bedarf, Beistand zu leisten. Sie erklärt, dass sie die diesbezüglichen Maßnahmen Frankreichs nicht erschweren wird, unter dem Vorbehalt, dass diese Maßnahmen die Rechte unberührt lassen, die Großbritannien auf Grund der Verträge, Abkommen und Gewohnheiten in Marokko genießt... 
Artikel III. 
Die Regierung Seiner Britischen Majestät wird ihrerseits die Rechte achten, die Frankreich auf Grund der Verträge, Abkommen und Gewohnheiten in Ägypten genießt... 
Artikel IV. 
Die beiden Regierungen, in gleicher Weise Anhänger des Grundsatzes der Handelsfreiheit sowohl in Ägypten wie in Marokko, erklären, dass sie daselbst zu keiner Ungleichheit die Hand bieten werden, und zwar ebenso wenig bei der Aufstellung der Zollgebühren oder anderen Abgaben, wie bei der Aufstellung der Tarife für Eisenbahnbeförderungen. 
Der Handel jeder der beiden Nationen mit Marokko und mit Ägypten soll für den Durchgangsverkehr durch die französischen und britischen Besitzungen in Afrika die gleiche Behandlung genießen... Diese gegenseitige Verpflichtung ist für einen Zeitraum von dreißig Jahren gültig. Wird sie nicht mindestens ein Jahr vorher ausdrücklich gekündigt, so verlängert sich dieser Zeitraum von fünf zu fünf Jahren. 
Jedoch behält sich die französische Regierung in Marokko und die Regierung Seiner Britischen Majestät in Ägypten vor, darüber zu wachen, dass die Konzessionen für Wege, Eisenbahnen, Häfen usw. unter solchen Bedingungen vergeben werden, dass die Autorität des Staates über diese großen Unternehmungen von allgemeinem Interesse unvermindert bleibt. 
Artikel V. 
Die Regierung Seiner Britischen Majestät erklärt, dass sie ihren Einfluss dafür verwenden wird, dass die augenblicklich in ägyptischen Diensten stehenden französischen Beamten keine weniger günstigen Bedingungen erhalten als auf die englischen Beamten im gleichen Dienst angewendet werden. 
Die Regierung der französischen Republik hätte ihrerseits nichts dagegen einzuwenden, dass den augenblicklich in marokkanischen Diensten stehenden britischen Beamten entsprechende Bedingungen gewährt werden... 
Artikel VIII. 
Im Gefühle ihrer aufrichtigen Freundschaft für Spanien nehmen die beiden Regierungen besondere Rücksicht auf die Interessen, die sich für Spanien aus seiner geographischen Lage und seinen territorialen Besitzungen an der marokkanischen Küste des Mittelmeeres ergeben; die französische Regierung wird sich über diese Interessen mit der spanischen Regierung verständigen... 
Artikel IX. 
Die beiden Regierungen vereinbaren, einander bei der Durchführung der Bestimmungen dieser Erklärung über Ägypten und Marokko diplomatisch zu unterstützen ..."


Geheimabkommen zum Vertrag zwischen Großbritannien und Frankreich vom 8. April 1904:
"Artikel I. 
Falls eine der beiden Regierungen sich durch die Gewalt der Umstände gezwungen sieht, ihre Politik hinsichtlich Ägyptens und Marokkos zu ändern, bleiben die Verpflichtungen, die sie gegenseitig durch die Artikel IV, VI und VII der Erklärung vom heutigen Tage eingegangen sind, unverändert in Gültigkeit. 
Artikel II. 
Die Regierung Seiner Britischen Majestät beabsichtigt gegenwärtig nicht, den Mächten irgendeine Abänderung des Systems der Kapitulationen und der Gerichtsverfassung in Ägypten vorzuschlagen. 
Falls die britische Regierung es für wünschenswert erachten sollte, in Ägypten Reformen einzuführen, um die ägyptische Gesetzgebung der in andern zivilisierten Ländern bestehenden anzugleichen, wird es die französische Regierung nicht ablehnen, diese Vorschläge zu prüfen, in der Voraussetzung, dass die Regierung Seiner Britischen Majestät sich dazu versteht, die Anregungen zu prüfen, die ihr die französische Regierung etwa hinsichtlich der Einführung ähnlicher Reformen in Marokko machen sollte. 
Artikel III. 
Die beiden Regierungen kommen überein, dass ein bestimmter Teil des marokkanischen Gebiets, der an Melilla, Ceuta und die andern Präsidios angrenzt, an dem Tage, an welchem der Sultan aufhören sollte, darüber die Oberhoheit auszuüben, der spanischen Einflusszone zufallen soll, und dass die Verwaltung der Küste von Melilla bis zu den Höhen auf dem rechten Ufer des Sebou – diese nicht einbegriffen – Spanien übertragen werden soll. 
Jedoch hätte Spanien zuvor seine förmliche Zustimmung zu den Bestimmungen der Artikel IV und VII der Erklärung vom heutigen Tage zu geben und sich anheischig zu machen, sie auszuführen. 
Gleichfalls hätte sich Spanien zu verpflichten, die unter seiner Oberhoheit stehenden oder in seiner Einflusszone liegenden Gebiete nicht im ganzen oder teilweise zu veräußern. 
Artikel IV. 
Wenn Spanien der Aufforderung, den Bestimmungen des vorstehenden Artikels zuzustimmen, sich ablehnend gegenüber verhält, so würde das Abkommen zwischen Frankreich und Großbritannien in der Fassung der Erklärung vom heutigen Tage nichtsdestoweniger sofort anwendbar sein. ...